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Depressiver Partner trennt sich

H
Hallo liebe Community,

nach langem Mitlesen, habe ich mich jetzt auch dazu entschieden nach Rat zu fragen, weil alle meine Kontakte sehr voreingenommen sind und meinen Ex-Partner verfluchen. Ich hoffe, dass ich hier konstruktiven Rat erhalte und eine oder einer schon einmal in einer ähnlichen Situation gesteckt hat.

Also zu meiner Geschichte: Mein Ex-Partner und ich waren insgesamt 4 1/2 Jahre zusammen, davon wohnten wir die letzten 1 1/2 Jahre in einer gemeinsamen Wohnung. Wir haben uns in unserer Jugend kennengelernt und er ist somit mein erster fester Freund und somit wohl auch meine erste (letzte?) große Liebe gewesen. Wir führten eine im Ganzen relativ schöne Beziehung, bis ich selbst einige Fehler gemacht habe, die mir glücklicherweise verziehen wurden und ich anschließend auch eine Therapie besucht habe um vieles an meinem eigenen Verhalten zu ändern. Ich habe sehr viel geklammert, aber ohne aggressiv zu werden oder massive Vorwürfe zu machen.

Ich bin ein generell sehr emotionaler Mensch und rede über quasi alles was in mir vorgeht. Das KOMPLETTE Gegenteil von meinem Ex. Er redet sehr wenig über seine Gefühle und über das was in ihm vorgeht. Er definierte sich sehr lange eher über sein sehr ambitioniertes Studium, träumte von hohem Ansehen und hatte große, wenn nicht sogar übermenschliche Erwartungen an sich selbst. Das ging tatsächlich so weit, dass er täglich 10 Stunden in der Bibliothek verbrachte und sich über Monate hinweg nicht um unsere Beziehung scherte. Ich war traurig, aber nahm es so hin. Ich denke, dass er dadurch irgendetwas kompensieren wollte. Ein eher kühleres Verhältnis zu seinen Eltern hat er auch. Es geht nur um oberflächliche Dinge, eine richtige Streitkultur gab es nicht und ob er jemals gelernt hat mit Konflikten umzugehen weiß ich nicht.
Nun kam es vor quasi einem halben Jahr dazu, dass er sich anfing schlecht zu fühlen. Er berichtete von Grübelzwängen, Antriebslosigkeit in den Morgenstunden und keine Möglichkeit für ihn ohne Melatonin einzuschlafen. Sein Zustand verschlechterte sich. wohl ein schlechtes Gefühl, dass ihn heimsuchte. Ich bekam davon leider relativ wenig mit, weil er nie redete, außer dass er sich einzig und allein von mir zurückzog, ständig mit Kopfhörern auf der Couch saß und irgendwelche belanglosen Videos guckte oder häufig bis in die Nachtstunden mit Freunden um die Häuser zog, was er sonst aber auch so gemacht hat.

Er ging dann im Dezember zu einem Allgemeinmediziner, der ihm Tabletten verschrieb und eine Depression diagnostizierte. Daraufhin suchte er sich auch einen Therapeuten. Die Therapie fängt aber erst jetzt allmählich an. Mitte Januar kam es dann zum Supergau. Er wüsste nicht mehr was andere Leute glücklich mache, stellt sein Studium, seine Zukunft und unsere Beziehung in Frage. Der sonst so ambitionierte Mensch, weiß nicht mehr was er vom Leben wolle - weiß aber, dass er wieder glücklich werden will. So hat er sein Studium kurz vor seinem Examen pausiert, seine sehr gute Arbeit pausiert/gekündigt und mir eine ein monatige Pause vorgeschlagen. Er sei sich unsicher mit uns und weiß nicht mehr ob er mich liebt oder mit mir weiterhin zusammen bleiben möchte. Diese Pause ging einen Monat, an meinem Geburtstag meldete er sich nicht. Das waren glaube ich die schlimmsten vier Wochen meines Lebens, habe 10 kg abgenommen und sehr gelitten und er wirkte so als hätte er sich damit nicht auseinander gesetzt.
Nun hat er sich dazu entschieden, seinen Neuanfang ohne mich zu starten. Er sei sich weiterhin unsicher mit unserer Beziehung, aber der Faktor, dass er nicht weiß wie lange er brauche um sich zu entscheiden und mich damit nur auf die Folter spannt und eventuell ein halbes Jahr brauche um mich dann zu verlassen, wäre inhuman. Ebenfalls weiß er, dass er alleine sein muss um seinen Zustand zu überwinden, er wolle einfach nur wieder glücklich sein.
Es läge nichts an mir und er hätte momentan jede Liebesbeziehung beendet, da er alle Kraft für seinen Prozess braucht und da alleine durchmüsse. Vor drei Tagen hieß es noch, dass er sich später wieder annähern wolle, da er an diese Beziehung glaubt. Gestern hat er diese Aussage revidiert und sagt, dass er mich auf keinen Fall für immer aus seinem Leben haben will, das wäre ihm sehr bewusst - jedoch wird sich mit der Zeit herausstellen, ob das hier gerade eine Trennung auf Zeit ist oder endgültig. Das könne man jetzt noch nicht sagen.

Was denkt ihr besteht hier Hoffnung? Wie kann ich vorgehen? Er scheint anscheinend befreit nach der Trennung zu wirken, er hat ja jetzt auch gar keine Verpflichtungen mehr. Zieht wieder zu seiner Mutter und geht wieder mit seinen Freunden feiern, seiner Aussage nach ,,Ablenkung''. Ich fühle mich schrecklich, ich wäre so gerne für ihn da und erkenne ihn nicht wieder. Wie geht man mit einer solchen Situation um? Es fühlt sich nämlich auch nicht nach einer normalen Trennung an, unter diesen Umständen. Ich hoffe irgendwer kann mir hier weiterhelfen.

11.02.2020 15:11 • #1


Nachtlicht
Liebe Hilfe1234,

erstmal willkommen hier bei uns, auch wenn die meisten wohl lieber woanders wären.

Schwierige Geschichte, die du da mitbringst. Ich stelle mal ein paar Dinge heraus, die mir aus deinem Bericht aufgefallen sind.

Das hier war vor der Trennungsphase, also während eurer Beziehung, wenn ich das richtig verstanden habe:

Zitat von Hilfe1234:
Das ging tatsächlich so weit, dass er täglich 10 Stunden in der Bibliothek verbrachte und sich über Monate hinweg nicht um unsere Beziehung scherte


Und das hier war als es in Richtung Trennung schon so langsam tendierte:

Zitat von Hilfe1234:
weil er nie redete, außer dass er sich einzig und allein von mir zurückzog, ständig mit Kopfhörern auf der Couch saß und irgendwelche belanglosen Videos guckte oder häufig bis in die Nachtstunden mit Freunden um die Häuser zog, was er sonst aber auch so gemacht hat.


Wobei du ja erwähnst, dass er das sonst auch so gemacht hat.

Als Außenstehender wird für mich nicht so ganz klar, was eure Beziehung eigentlich ausgemacht hat. Es liest sich nach gleichermaßen physischer wie psychischer Dauer-Abwesenheit deines Freundes. Und ein bisschen befürchte ich, dass du lange Zeiträume der Beziehung damit verbracht hast, auf ihn zu warten und zu hoffen.

Zitat von Hilfe1234:
Er scheint anscheinend befreit nach der Trennung zu wirken, er hat ja jetzt auch gar keine Verpflichtungen mehr


Entschuldige wenn ich das so flapsig sage aber - die hatte er ja vorher anscheinend auch nicht. Aber es spricht ja auch schon eine deutliche Sprache, wenn du eine Beziehung mit dir als Verpflichtungen beschreibst, von denen er befreit wirkt. Du hast ja sehr viel ihn beschrieben. Von dir selbst sagst du, dass du auf gewisse Weise geklammert hast, vielleicht mit stillen Vorwürfen, vielleicht lauter mit Tränen - so wie es ganz oft ist in Beziehungen, in denen einer mehr Bedürfnis nach Nähe und Zuwendung hat als der andere und dadurch ein starkes emotionales Ungleichgewicht entsteht.

Ein paar mMn wichtige Worte zum Thema Klammern:

Das Problem dabei ist, dass man dadurch vielleicht kurzfristig Nähe erzeugt, langfristig seinen Partner aber eigentlich immer von sich weg treibt. Zudem führt das Klammern dazu, dass der Partner genau weiß, dass er sich allen möglichen Mist erlauben kann, ohne dass er damit die Beziehung riskiert, weil der klammernde Part ja so sehr an ihm hängt. Dies führt leider dazu, dass der klammernde Part immer uninteressanter, immer weniger anziehend wird für den anderen und am Ende dieser Entwicklung steht oft das gelangweilt-respektlose Verhalten dem Klammernden gegenüber, das du beschreibst, während der Klammernde immer verzweifelter an der Beziehung festhält, die schon lange nicht mehr auf Augenhöhe ist.

Zitat von Hilfe1234:
ich wäre so gerne für ihn da und erkenne ihn nicht wieder


Aber du warst doch immer für ihn da, oder? Und er wollte das nicht. Scheint es nie großartig gewollt zu haben, wenn man deinen Bericht so liest war er doch sehr mit Lebensbereichen außerhalb der Beziehung beschäftigt. Für mich liest sich sein Verhalten dir gegenüber eher durchgängig und konstant und ich kann nicht ganz nachvollziehen warum du ihn nicht wieder erkennst.

Zitat von Hilfe1234:
Das waren glaube ich die schlimmsten vier Wochen meines Lebens, habe 10 kg abgenommen und sehr gelitten und er wirkte so als hätte er sich damit nicht auseinander gesetzt.


Liebeskummer ist wirklich schlimm und es tut mir sehr leid für dich, alle hier kennen das Elend. Ich glaube aber, dass deine jetzige Situation ganz viel mit deiner inneren sehr passiv wirkenden Haltung zu tun hat, und hier ist die gute Nachricht: daran kannst du etwas ändern.

Du erduldest bisher die Unzufriedenheit in einer dich schon sehr lange nicht mehr erfüllenden Beziehung, du erduldest bisher seine Abstürze und sein Sich-Entfernen, und zum Schluss duldest du bisher die sehr respektlose und gleichgültige Art, mit der er dich an die Seite schiebt und, dein schweres Leid in Kauf nehmend, dich noch ein bisschen warm hält falls es ihm mit seinem Wunsch, ohne dich zu sein, doch noch unbehaglich werden sollte.

Ganz ehrlich? Mein erster Gedanke war, dass eigentlich doch DU der depressive Part von euch beiden bist. Du stehst bis jetzt hilflos daneben, während ein Außenstehender schnell erkennt dass dir die ganze Beziehung mehr schadet als nutzt, und versinkst im Sumpf.

Was du dringend brauchst, ist ein Schuss Selbstwertgefühl. Gut wäre es, wenn du deine Handlungsfähigkeit wieder erlangst und aufhörst, dein Wohlbefinden vom Wohlwollen dieses Eiermannes (sorry) abhängig zu machen. Er überlegt, ob oder wie lange er Schluss machen möchte? Muss er doch gar nicht, du hast genug Selbstwert, diese unwürdige Hängepartie für ihn abzukürzen und dich erhobenen Hauptes aus seinem Leben zu verabschieden.

Wie geht es dir bei dem Gedanken, aus der Warte- und Trauerschleife auszubrechen und deine eigene Version eures Beziehungsendes zu schreiben?

Zitat von Hilfe1234:
Wir haben uns in unserer Jugend kennengelernt und er ist somit mein erster fester Freund und somit wohl auch meine erste (letzte?) große Liebe gewesen


Mit allergrößter Wahrscheinlichkeit ist er weder deine letzte noch deine große Liebe. Das glaub mal ruhig einer alten Dame, du bist erst am Anfang und hast ganz sicher noch viel schönere und erfüllendere Beziehungen in deiner Zukunft.

11.02.2020 16:10 • x 1 #2


A


Depressiver Partner trennt sich

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Luto
Zitat von Hilfe1234:
und mir eine ein monatige Pause vorgeschlagen.

wie habt Ihr das gemacht? ist er dann erst einmal ausgezogen?
Zitat von Hilfe1234:
Was denkt ihr besteht hier Hoffnung? Wie kann ich vorgehen?

auf jeden Fall solltest Du nicht hoffend in der Warteschleife steckenbleiben.
Er will da jetzt erst einmal alleine durch, das solltest Du so hinnehmen, auch wenn es Dir verdammt schwer fällt. Brich den Kontakt zu ihm komplett ab, und schaue nur noch in die Zukunft. Unternimm nichts, was ihn betrifft!
Er ist sich sowieso sicher, dass Du gerne für ihn da wärest, wahrscheinlich zu sicher ... deshalb: schmeiß ihn gnadenlos aus Deinem Leben, ohne Ankündigung!

11.02.2020 16:19 • #3


H
Hallo Nachtlicht, vielen vielen Dank erstmal für deine ausführliche Antwort. Es tut gut nicht alleine mit all dem zu recht kommen zu müssen!

Um es vielleicht ein bisschen besser darzustellen, hatte er quasi die ganze Beziehung versucht seinen Träumen nachzueifern, was mich auch gefreut hat, da er sehr ambitioniert war und mich dadurch auch sehr motiviert hat. Nur ist diese Ambition schon fast zu einem Dauerzustand geworden, sodass er neben einem sehr erdrückenden Jura-Studium auch gleichzeitig mehrere Unternehmen gründete, einen sehr einnehmenden Job annahm und sich sehr viel mit der Weiterbildung seines Horizonts beschäftigte. Dass er sich so extrem zurückzog und sich die Nächte um die Ohren gehauen hat, fing meines Erachtens erst im August an. Ich bin mir eigentlich zu 100% sicher, dass seine Unsicherheit nicht schon im Dezember bestand, deshalb würde ich die Trennungsgedanken erst Mitte Januar datieren.

,,Als Außenstehender wird für mich nicht so ganz klar, was eure Beziehung eigentlich ausgemacht hat. Es liest sich nach gleichermaßen physischer wie psychischer Dauer-Abwesenheit deines Freundes. Und ein bisschen befürchte ich, dass du lange Zeiträume der Beziehung damit verbracht hast, auf ihn zu warten und zu hoffen.'' Da hast du vollkommen Recht, er war wirklich häufig psychisch und physisch nicht anwesend, aber das habe ich akzeptiert, weil wir bis dato trotzdem eine schöne Zeit hatten, auch wenn ich viel gewartet und gehofft habe.. In der Beziehung war ich eigentlich die treibende Kraft, die Person die immer wieder Nähe gesucht hat. Jedoch ist er charakterlich so und genauso habe ich ihn auch geliebt. Wir haben die Zeit miteinander beide genossen.

,,Entschuldige wenn ich das so flapsig sage aber - die hatte er ja vorher anscheinend auch nicht.'' - Da hast du auch recht. Zumindest nicht was unsere Beziehung anging, ihm reichte es auch mir eine Schulter zu sein, wenn ich weinte und abends gemeinsam bei einem Film einzuschlafen. Aber ich beziehe das auch auf seinen Zustand, er hat alle wichtigen Baustellen aus seinem Leben ausgemerzt. Sein Studium, seine Arbeit (das wäre vor einem halben Jahr nicht vorstellbar gewesen!) und nun auch mich, damit er sich vollständig auf seine Genesung einstellen kann.

Das mit dem Klammern ist mir bewusst Könnte mir selbst in die Finger beißen, aber da ich immer selten Zuneigung bekam, weil er viel mit seinen Zielen beschäftigt war, hat es mich weiter darein getrieben. Die Angst ihn zu verlieren war riesig. Jetzt ist es eingetreten und ich kann es nicht ganz akzeptieren, weil es eine Trennung unter ganz komischen Umständen ist.

,,Aber du warst doch immer für ihn da, oder? Und er wollte das nicht. Scheint es nie großartig gewollt zu haben, wenn man deinen Bericht so liest war er doch sehr mit Lebensbereichen außerhalb der Beziehung beschäftigt. Für mich liest sich sein Verhalten dir gegenüber eher durchgängig und konstant und ich kann nicht ganz nachvollziehen warum du ihn nicht wieder erkennst.''
Ich war kaum für ihn da, da er sich mir gegenüber nie geöffnet hat. Ich dachte bis vor einem Monat, dass er sich schlichtweg mit bestimmten Dingen nicht auseinander setzt. Das scheint sich jetzt geändert zu haben. Wir hatten ein ,,klärendes' Gespräch am WE, indem er sich mir gegenüber zum ersten Mal geöffnet hat. Dass er sich als Kind viel allein gefühlt hat, dass er ein sehr kaltes Verhältnis zu seinem Vater hat und noch nie mit ihm über Emotionen geredet habe. Ich erkenne ihn nicht wieder, insofern, dass ein ganz anderer Mensch vor mir steht, total egoistisch, keine Rücksicht auf Emotionen, extreme Gefühlskälte und der komplette Verlust an der Freude sich ,,weiterzubilden'', großes Ansehen zu haben und generell ein kompletter Verlust jeglicher Ambitionen. Außer eben die Freude am Ablenken und Spaß mit Freunden haben ist geblieben.


,,Ganz ehrlich? Mein erster Gedanke war, dass eigentlich doch DU der depressive Part von euch beiden bist.''
Tatsächlich habe ich das Gefühl, dass es mir durch diese ganze Situation wirklich schlechter geht als ihm. Ich will kein Leid abwägen. Aber ich bin nunmal gerade in einer Phase, in der ich es seit einem Monat nicht mehr schaffe aus meinem Bett aufzustehen und an irgendetwas anderes zu denken.

,,Wie geht es dir bei dem Gedanken, aus der Warte- und Trauerschleife auszubrechen und deine eigene Version eures Beziehungsendes zu schreiben?'' - Mir bleibt ja mittlerweile nichts anderes mehr übrig. Ich hatte starke Hoffnung, dass er sich fängt und an uns festhält, aber anscheinend ist da nicht mehr genug vorhanden und ich wünschte es wäre nicht wegen einer Depression, dann hätte ich jetzt mehr Klarheit. Ich bin leider sehr schlecht im Loslassen...

Vielen vielen Dank, für deine netten Worte und die Zeit die du dir genommen hast. Es tut gut eine andere Perspektive zu lesen und hilft mir sehr viel weiter.

11.02.2020 20:51 • #4


H
Hallo Luto,
,,wie habt Ihr das gemacht? ist er dann erst einmal ausgezogen?''
In der Pausenzeit bin ich zum Teil zu meiner Familie gezogen und er auch zu seiner. Ich bin nach zwei Wochen wieder in die gemeinsame Wohnung zurückgekehrt und bin bis dato hier. Er wohnt wieder bei seinen Eltern.
Da er jetzt einen halben Monat einen Trip in sein ,,Heimatland'' macht, um andere Perspektiven und kulturelle Einflüsse wahrzunehmen - soll wohl bei der Heilung helfen, um auch einen klareren Blick zu bekommen, werde ich bis dahin warten müssen bis er seine Sachen abholt.

Wie schmeißt man denn jemanden gnadenlos aus seinem Leben? Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass das jetzt das Ende gewesen sein soll.

11.02.2020 20:58 • #5


Nachtlicht
Liebe Hilfe1234,

es freut mich wenn ich dir ein bisschen gut tun konnte.

Zitat von Hilfe1234:
sodass er neben einem sehr erdrückenden Jura-Studium auch gleichzeitig mehrere Unternehmen gründete, einen sehr einnehmenden Job annahm und sich sehr viel mit der Weiterbildung seines Horizonts beschäftigte


Hmmm. Dass er keine Zeit für eure Beziehung hatte, liegt also nicht an äußeren Umständen (das wäre vielleicht ein erdrückendes Studium und ggf. die Notwendigkeit eines Jobs, um sich zu finanzieren), sondern an bewusst von ihm getroffenen Entscheidungen: gegen gemeinsame Zeit mit dir und stattdessen für einen einnehmenden statt schlichten Job, mehrere Unternehmensgründungen und persönliche Weiterbildung. Es liest sich fast, als sei er vor dir in die Arbeit geflüchtet!?

Zitat von Hilfe1234:
Ich bin mir eigentlich zu 100% sicher, dass seine Unsicherheit nicht schon im Dezember bestand, deshalb würde ich die Trennungsgedanken erst Mitte Januar datieren.


Angesichts der Tatsache, dass er sich schon lange zuvor für alles mögliche, aber nicht für Zeit mit dir entschieden hat, fürchte ich fast dass er davor einfach nur der Entscheidung aus dem Weg gegangen ist.

Weißt du, man sagt allgemein: wer will findet Wege, wer nicht will findet Gründe. So banal das klingt, so wahr ist es.

Es wäre vielleicht gut für deine Genesung (und für deine zukünftigen Beziehungen) wenn du den Gedanken zulässt, dass Warten und Hoffen ganz, ganz schlechte Voraussetzungen für eine Partnerschaft sind. Es hat dich deine wertvolle Zeit gekostet und jetzt kostet es dich Herzschmerz, der geringer ausgefallen wäre, wenn du damals entschieden hättest, nicht auf einen permanent abwesenden Mann zu bauen.

Du hast noch nicht vor dir selbst akzeptiert, dass du einen zu dir unpassenden Partner gewählt hast, obwohl die Signale doch unübersehbar waren: deine Ängste, dein Klammern, seine Gefühlskühle, seine Abwesenheit. Und er hat es ebenso ignoriert, bis bei ihm am Ende die Belastung durch die Beziehung so groß wurde dass er es nicht weiter aussitzen konnte - und sich jetzt befreit verhält. So jedenfalls liest es sich für mich.

Und nun ist es deine Aufgabe zu erkennen dass eigentlich auch du aus einer unsäglich lieblosen, kalten, inhaltsleeren Beziehung befreit wurdest (ich habe es absichtlich so hart ausgedrückt, um es dir zu verdeutlichen).

Zitat von Hilfe1234:
In der Beziehung war ich eigentlich die treibende Kraft, die Person die immer wieder Nähe gesucht hat


Schau, es soll aber doch ausgeglichen sein, im besten Fall sollte vielleicht sogar der Mann die Frau einen Ticken mehr lieben als sie ihn. Du musst dir nochmal die von mir beschriebenen Mechanismen vor Augen führen: wenn einer immer einseitig Nähe sucht, wird der andere ihn mit der Zeit immer weniger wertschätzen und auch immer weniger lieben. Das macht unglücklich, vor allem den, der mehr Gefühle hat.

Wann immer du merkst, dass jemand sich dir nicht mit der gleichen Intensität zuwendet wie du ihm, bist du gut beraten, ihm gerade eben NICHT hinterherzugehen - sondern deinerseits auf den gleichen Abstand zu gehen, bei dir zu bleiben, dich um deine Freunde, Familie, Hobbies, Beruf etc. zu kümmern. Entweder der andere findet dann von selbst wieder den Weg zu dir, oder es wäre auf Dauer eh nur ein solches Hoffen und Warten geworden wie bei dir jetzt - und dann ist ein rechtzeitiger Schnitt immer ratsamer als ein langsames Siechen.

Sprich: das Gegenteil von Klammern ist in der Regel das empfehlenswerte Handeln. Leider muss man dabei oft gegen sein Gefühl handeln, und sich nicht von seiner Verlustangst lenken lassen. Das ist schwer, aber du bist noch jung und wenn du dich jetzt intensiv mit dieser Thematik befasst, kannst du dich für deine Zukunft sehr viel besser aufstellen und in deinem weiteren Leben viel schönere Beziehungen führen, mit Partnern, die dich wirklich und auf Augenhöhe lieben. Die gern Zeit mit dir verbringen und sich dafür extra frei nehmen, die dich mit Zuwendung und Aufmerksamkeit glücklich machen wollen und es auch tun, und die deine Zuwendung und Aufmerksamkeit genießen - und vor allem: sie auch wirklich verdienen! Nämlich durch ihr wertschätzendes Verhalten dir gegenüber.

Zitat von Hilfe1234:
da ich immer selten Zuneigung bekam, weil er viel mit seinen Zielen beschäftigt war, hat es mich weiter darein getrieben. Die Angst ihn zu verlieren war riesig


Siehst du, das meine ich. Deine Angst hat dich getrieben, aber Angst ist nie ein guter Ratgeber. Besser wäre es gewesen, ihn sich selbst zu überlassen, und auch mal wütend zu werden, dass er dich so am ausgestreckten Arm verhungern lässt, und ohne ihn los zu ziehen und dir ein schönes Leben zu machen. Es gibt genug Männer da draußen, die sich in dich verlieben möchten und dir Zuneigung schenken. Nutze die Zeit jetzt, zu ergründen, warum du ausgerechnet an jemandem festhalten wolltest, der dir all dies nicht geben konnte! Es gibt dazu tolle Literatur, ich kann dir nur sagen dass es sich wirklich lohnt sich mit seinen eigenen Persönlichkeitsstrukturen, Ängsten und schädlichen Verhaltensmustern frühzeitig auseinander zu setzen!

Zitat von Hilfe1234:
Ich bin leider sehr schlecht im Loslassen...


Ja liebe Hilfe1234... das war ich auch immer, bin es noch, werde es wohl immer sein. Man muss begreifen, dass Loslassen nichts Schlimmes ist, sondern etwas Befreiendes... etwas Schönes, das uns am Ende viel mehr gut tut, als an etwas fest zu halten, das uns Leid zufügt.

Zitat von Hilfe1234:
werde ich bis dahin warten müssen bis er seine Sachen abholt.


Wieder warten?

Du könntest auch anders handeln. Ihm sagen, dass er seine Sachen vorher abzuholen hat. Ihm eine Frist setzen, innerhalb derer er persönlich oder durch Dritte abzuholen hat, ansonsten Entsorgung ankündigen. Ihm ein Paket mit seinen Sachen schicken. Die Sachen selbst bei ihm vorbeibringen, oder bei seinen Eltern abgeben... ich bin sicher, dir würde etwas einfallen, wenn du dir erlauben könntest, aus deiner Passivität auszubrechen

12.02.2020 21:21 • #6




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