Hey, ich kenne das Gefühl sehr, sehr gut. Ich habe mit den Jahren festgestellt, dass gutes Wetter mich unter Druck setzt (genau, wie @Doppelherzchen es beschreibt) und mich mit meinen eigenen Defiziten in Berührung bringt. Alle kennen die Winterdepression, aber dass Sonnenschein solche Tücken mit sich bringen kann, geht oft unter.
Ich muss dazu sagen, dass Depressionen generell eine Rolle in meinem Leben spielen und ich deswegen sensibler reagiere bzw. schneller in negative Gedankenkreisläufe abdrifte, als andere. Mir ging es zB während des ersten Lockdowns so gut, wie ich es selten erlebt habe. Die Abwesenheit jeglicher Erwartungen hat mich enorm erleichtert, mein Schlaf war viel erholsamer, ich selbst ausgeglichener. Mittlerweile geht es vielleicht auch wieder etwas besser, aber ich bin heute zum Beispiel auch schlecht drauf und bin Zuhause geblieben, weil ich keine Lust auf Menschenmassen habe und den ganzen Stress auf den Strassen Berlins.
Den Eindruck, man sei Außenseiter, teile ich vollkommen - obwohl ich auf rationaler Ebene weiß, dass das nicht mal so ist und ich lieber alleine bin, als in fragwürdiger bzw. unbefriedigender Gesellschaft. Mich verwirrt es, dass Menschen in meinem Umfeld da oft ganz anders sind, und das gibt einem natürlich das Gefühl von fehlender Zugehörigkeit. Ich werde zu manchen Sachen mittlerweile nicht mehr eingeladen, einfach weil ich keinen Bock habe mich komplett vollzutanken beispielsweise. Dabei ist es nicht mal so, dass ich jmd. belehre oder meine fehlende Affinität betone. Mein Gefühl ist, dass, je mehr man sich mit sich selbst auseinandersetzt, je mehr man destruktive Verhaltensweisen ablegt oder eben schlechte Beziehungen beendet, das Netz an Menschen kleiner wird und die eigene Toleranzgrenze höher wird. Ich weiß natürlich nicht, ob das auf dich zurtrifft.
Aber dasselbe kann man auch auf Lebensmodelle übertragen: Viele Menschen sind in Freundschaften, Liebesbeziehungen etc., die du mit Sicherheit nicht so führen willst. Und davon siehst du einige auf der Strasse. Nur weißt du eben auch nicht, wie viele glücklich sind und wie viele nicht - und ich vermute, dass es das ist, was dich wurmt. Ich gehe komischerweise auch davon aus, dass es denen besser geht, einfach weil sie in Gesellschaft sind. Aber die Definition von GUTER Gesellschaft ist eben sehr individuell und bedeutet für jeden was anderes - und ich denke, man kann ohne großartiges Zögern sagen, dass wirklich gute Gesellschaft schwer zu finden ist. Aber Alleinsein hat einen so schlechten Ruf und erweckt den Eindruck von Seltsamkeit oder ähnliches, obwohl mittlerweile klar sein dürfte, dass das nicht stimmt. Ich habe das aber auch so verinnerlicht, dass ich es oft nicht aus mir rausbekomme. Als Frau Anfang 30 kommt sowieso noch das Mutterthema dazu, aber das ist ein anderes Ding.
Zu dem Zugehörigkeitsgefühl allgemein kommt ja noch hinzu, dass man manchmal einfach gerne in einer Partnerschaft wäre, weil es ja viele schöne Dinge ermöglicht und gute Gefühle auslösen kann. Ich finde auch, dass es zu zweit oft mehr Spaß macht, weil man über dasselbe lachen kann oder der andere eine interessante Beobachtung mit einem teilt. Insofern finde ich es mehr als legitim, wenn einem genau das fehlt. Nur diese Person zu finden ist eben häufig auch Glück.
Ich habe wahrscheinlich nichts geschrieben, was dich weiterbringen kann, aber vielleicht hilft es dir ja zu wissen, dass du bei weitem nicht alleine damit bist und viel mehr Menschen deine Gefühle teilen, als du denkst. Sie haben oft bloß andere Mechanismen, damit umzugehen - also zB Verbindungen aufrechterhalten, die sie eigentlich nicht erfüllen oder sich mit Alk und co. ablenken, bloß, um die eigene Leere nicht spüren.