Hallo Eye!
Ich versuche mal eine Antwort. Vorher eine Anmerkung:Ich nehme Dich hier so wahr, dass Du durchaus einen sehr hohen Anspruch an Dich selbst hast, manchmal vielleicht einen zu hohen. Klar gibt es Menschen, die es sich einfach machen und alles rechtfertigen mit Ich bin halt so. Die könnten ein bißchen mehr Ideal-Anspruch an sich selbst gebrauchen. Aber Dich sehe ich absolut nicht in der Gefahr, es Dir zu einfach zu machen. Du könntest im Gegenteil etwas mehr von dem Ich bin halt so gebrauchen. Ich sehe das als zwei Pole: der eine Pol ist die Selbstgerechtigkeit, der andere Pol ist die Selbstkritik. Das beste ist (wie immer ;)) der Mittelweg dazwischen, wobei man ruhig mal ein wenig mehr zum einen oder zum anderen Pol tendieren kann. Denn beide Pole sind wichtig, um sich selbst, aber auch anderen gerecht werden zu können (wenn man das denn überhaupt will).
Nun aber zu Deinem momentanen Zustand: Ich denke, dass das eine Phase ist. Ob Dich das wirklich einschneidend verändert, wirst Du erst feststellen können, wenn mehr Zeit vergangen ist. Aber ich denke nicht, dass Du ein komplett anderer Mensch sein wirst. Das, was anders ist, ist dass Du jetzt weißt, dass es Dir passieren kann und wie es sich anfühlt, verlassen zu werden. Das ist eine große Erschütterung und kann einen tief verunsichern. Eine harte, abgeklärte Haltung kann eine Möglichkeit sein, diese Verunsicherung zu bewältigen. Denn den Harten, Abgeklärten kann so leicht nichts mehr schocken. Aber wenn es Dir so wichtig ist, ein gefühlvoller Mensch zu sein, dann ist es ziemlich unwahrscheinlich, dass Dich diese harte Haltung dauerhaft bestimmen wird. Vielleicht ist sie momentan auch so eine Art Selbstschutz. Vielleicht dient sie ja sogar dazu, dass Du Dich irgendwann wieder richtig zurückbekommst und nicht zerbrichst. Vielleicht kannst Du es aber auch so sehen, dass Du jetzt eine Seite kennenlernst, die in Dir vorhanden ist, die Du aber bisher nicht kanntest. Und die auch ihr Gutes haben kann. Und die Dein persönliches Spektrum erweitert.
Ich kenne solche Phasen auch, in denen man sich kälter und härter fühlt. Aber sie haben sich immer wieder gelegt. Mir haben diese Phasen für eine bestimmte Zeit gut getan. Und dann kippte das irgendwann, und das Bedürfnis, mich so *beep* und verletzlich zeigen zu können (und mich auch fühlen zu können), wie ich nun mal bin, wurde wieder stärker, und damit kehrte das Weiche und Gefühlvollere wieder zurück.
Hm, ob mich das Verlassenwerden nachhaltig verändert hat? Ich weiß es nicht, zumal ich mich über längere Zeiträume immer ein wenig verändert habe. Manchmal denke ich, ich müsste besser mit Trennungen zurecht kommen, da ich nun schon 2 schwere Trennungen überlebt habe, aber ich stelle fest, dass es immer wieder ein Hammer ist, ich die gleichen Gefühle und Ängste habe (inkl. dass ich nie wieder glücklich sein werde). Andererseits gehe ich mit den Gefühlen etwas anders um, aber es wird sich noch zeigen, ob das besser ist oder nicht. Was ich für mich aus dem Verlassenwerden gelernt habe, ist, dass ich mich immer gut um mich kümmern muss, damit ich mich bei mir selber mehr zu Hause fühle und darin nicht so abhängig von einem anderen Menschen bin.
Aber ansonsten habe ich meine Trennungen als ziemlich traumatisch erlebt. Teilweise ist es mir nur durch therapeutische Hilfe gelungen, dauerhafte negative Folgen zu vermeiden (z.B. beziehungsunfähig zu werden).
Weiß nicht, ob Dich meine Gedanken weiterbringen. Wünsche Dir aber alles Gute.
Liebe Grüße! gusi