Einmal im Leben LiLaBeLiLaBe ist eine Faschingsparty hier im Norden. Der Norden feiert Fasching oder Karneval nicht so exzessiv wie andere Landstriche. Wir sind ja eher so der reservierte Menschenschlag. Meistens.
Doch LiLaBe bildet eine Ausnahme. LiLaBe ist, seit ich denken kann, eine feste Größe in der Hamburger Partylandschaft. LiLaBe ist laut, schrill, gigantisch, wild und frivol und findet seit Jahrzehnten am Rande der Stadt in einer Fachhochschule statt.
Mein bester Freund T und ich wollten das mit Mitte 20 einmal erleben. Wir hatten so eine Art Faschingsjahr, denn wir besuchten auch noch andere Faschingspartys in dieser Zeit. Ich war seit 3 Jahre Single und hatte zuvor nie einen ONS, aber die feste Absicht, mich zu amüsieren. Damals groß, schlank, mit langen Beinen und langen rot gefärbten Haaren bot es sich an, sich als eine erwachsene Pippi Langstrumpf zu vekleiden.
Wir fuhren mit öffentlichen Verkehrsmitteln durch die halbe Stadt. Allein die Anreise dauerte über eine Stunde. Es war morskalt in den leichten Klamotten unter der Winterkleidung.
In dem riesigen Eingangsbereich der Party ließ T mich allein, weil er zur Toilette musste. Schon bevor er wieder da war, hatte ich Anschluss gefunden. Irgendein Typ, von dem ich beim besten Willen nicht sagen könnte, als was er verkleidet gewesen ist, hatte sich an mich herangemacht. Er war im Gesicht komplett grün geschminkt, trug einen Hut mit Jahrmarktrose und an mehr, als dass er wie die Marmelade aus Bad Schwartau kam, kann ich mich nicht erinnern.
Wir blieben den Abend zusammen .. T feierte irgendwo mit irgendwem. Der Hutmann und ich kamen uns näher und hatten aufgeheizt von Alk. und Partystimmung Bedürfnisse, von denen wir glaubten, dass sie dringend augelebt werden müssten. Doch wo?
Wir fanden einen Treppenabsatz voller knutschender und fummelnder Paare - kein Platz mehr für uns.
Er besorgte den Autoschlüssel eines Kumpels - viel zu kalt im Auto (Standheizungen waren 1994 noch nicht so verbreitet).
Wir fanden einen ruhigen Flur - dort fand uns ein Wachmann, der uns fast der Verantstaltung verwiesen hätte. SO frivol war LiLaBe dann anscheinend doch nicht.
Nichts zu machen, wir kamen einfach nicht ans erklärte Ziel. Also beschlossen wir irgendwann in der Nacht, T zu suchen, ein Taxi zu nehmen und zu mir zu fahren. Das war das erste Mal im Leben, dass ich einen Unbekannten mit nach Hause nahm.
Im Taxi waren wir für T und den Fahrer vermutlich schwer zu ertragen.
Endlich, endlich waren wir irgendwann nach einer teuren Fahrt am Ziel und in meinem Schlafzimmer. Wir hätten tun können, was wir schon seit Stunden hatten tun wollen, wenn ....
... ja, wenn wir nach den Stunden der Suche nicht vollkommen müde und ernüchtert gewesen wären. Es ging einfach überhaupt nichts mehr zwischen dem Mann mit dem grünen Gesicht und Pippi. Er konnte nicht. Ich wollte nicht. Die stundenlange Überreizung hatte zum totalen Aus für die Libido geführt.
Wir stellten uns wohl beide schlafend und während ich mich mit der Frage beschäftigte, wie ich den wieder los werden könnte, der da so grün und verschmiert und gar nicht mehr als scharf anzusehen, neben mir lag und ob der wohl etwa bei mir frühstücken wollte, muss er sich wohl mit der Frage beschäftigt haben, wo eigentlich diese Villa Kunterbunt steht, in der er im Bett lag, dass ich womöglich gar nicht die echte Pippi wäre (oder nüchtern betrachtet sch***e aussehe oder was auch immer) und wie er nach Bad Schwartau kommen sollte ohne Kumpels und ohne Geld.
Was war ich froh, als er nach einer Weile leise seine Klamotten anzog und die Wohnungstür hinter sich zu zog. Meine Probleme hatten sich gelöst.
Sehr niedlich war aber nach dem misslungenen Ende der Partynacht:
er hatte seine Jahrmarktrose für mich auf dem Kopfkissen hinterlassen.