Das Model
Ich brauche Ablenkung und darum gibt es jetzt noch eine Geschichte von mir, die ich zeitlich gar nicht mehr so richtig einzuordnen weiß. Vermutlich war ich so Mitte/Ende 20 oder Anfang 30. Ich weiß es wirklich nicht mehr.
Kennt Ihr noch Lycos? Ich habe es gerade mal gegoogelt. Tatsächlich gibt es das ja noch; wenn auch in völlig anderem Gewand als damals. Das wusste ich gar nicht. Egal.
Eine zeitlang war ich dort aktiv. Irgendwann schrieb mich ein Typ an, der ca. 5 Jahre jünger war als ich und verschickte Fotos von sich, die ihn als Model bei einer Werbekampagne für Jeans zeigten. Meine Güte sah der gut aus. Ich glaubte ja im Leben nicht, dass er das wirlich wäre. Da äußere Schönheit i.d.R.an mir abgleitet, interessierte mich das auch nicht weiter.
Doch er blieb hartnäckig und so kam es dann (zur Kompensierung von Liebeskummer) doch zu einer Verabredung. Er lud mich zu sich ein, um mich dort zu bekochen. Ja, ich weiß, das ist leichtsinnig, aber ich ging dennoch dorthin.
Der Typ, der mir die Tür öffnete, war wirklich der aus der Werbung. Hinter ihm entlang seines langen Altbauwohnungsflures leuchten Kerzen. Er hatte sich Mühe gegeben und wirklich sehr gut asiatisch gekocht. Wir unterhielten uns stundenlang in seiner großen Küche angeregt, während wir aßen und tranken.
Er hatte im Laufe des Abends mehrfach erwähnt, dass er am Morgen um 6 Uhr aufstehen müsse, da er bei einem Fußballturnier spielen würde.
Eigentlich war das gar nicht so geplant und ich habe auch daran keine richtige Erinnerung mehr, wie das passieren konnte (Teufel Alk.!), aber wir landeten in seinem Schlafzimmer, das wie ein Viertel eines Kreises geschnitten war mit Fenstern an der runden Seite. Ich fahre heute noch jeden Tag auf dem Weg zur Arbeit Haus vorbei. Manchmal muss ich dann an diese Geschichte denken.
Ich hatte Lust auf diesen jungen, gut aussehenden, durchtrainierten, gut kochenden Typen mit den wuscheligen Locken und den braunen Augen.
Er hatte auch Lust. Für zwei Minuten oder so. Dann war seine Lust gestillt und er schlief laut schnarchend ein.
Ich versuchte noch ein paar Mal, ihn zu wecken, weil ich so überhaupt nicht auf meine Kosten gekommen war, aber das war zwecklos. In meinem benebelten Hirn machte sich Wut breit und so stellte ich den Wecker, den er pflichtschuldigt gestellt hatte, eine Stunde zurück.
Wenigstens sein bescheuertes Turnier sollte er als Strafe verpassen. Ich fand das zunächst relativ genial. Zumal mir Rache ansonsten irgendwie fremd ist - zumindest in Taten. In den Gedanken nicht so sehr. Ich fühlte mich also unbefriedigt, aber wild und verwegen als ich mich anzog.
Jedenfalls so lange, bis ich die Kerzen im Flur gelöscht hatte (ja, ich bin dann doch manchmal verantwortungsbewusst) und die Wohnungstür von außen hinter mir zugezogen hatte.
Ihr könnt Euch denken, was dann passierte.
Es gab in diesem Wohnhaus noch mehr verantwortungsvolle Menschen. Irgendjemand hatte die Hauseingangstür abgeschlossen. Ich war sonntagmorgens um 4 oder 5 Uhr sturzbetrunken im Treppenhaus gefangen. Unbefriedigt und gar nicht mehr wild und verwegen.
Ein Sturmklingeln bei dem Model nützte natürlich nichts. Ich hatte ohnehin auch etwas Schiss, dass er die Sache mit dem Wecker bemerkten würde. Wenn ich auch natürlich behauptet hätte, das Ding nie angerührt zu haben.
Also was blieb? Nachbarn wachklingeln? Never!
Also wartete ich auf der Treppe sitzend um die zwei Stunden und fühlte mich nicht mehr wild und verwegen sondern wie eine *beep*. Als zum Glück jemand recht fürh seinen Hund ausführte, suchte ich das Weite.
No risk, no fun, ging nicht so richtig auf in diesem Fall. Aber gut gegessen hatte ich.
17.02.2017 16:40 •
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