Hallo Sterni, hier meldet sich ein ehemaliger Leidensgenosse. Habe das auch alles so erlebt wie du, nur noch einen Zacken schärfer.
Meine Ex (wir waren 16 Jahre zusammen), wohnt nicht irgendwie hundert Meter weiter, sondern in direkter Sichtachse, keine 15 Meter entfernt im Einfamilienhaus gegenüber. Sie zog damals halt zum Nachbarn, mit dem sie zu unserer Zeit, über 2 Jahre eine faustdicke Affäre pflegte. Noch dazu nahm sie natürlich auch unsrereTochter mit, damals 11Jahre alt. Und wenn die Kleine dann aus der Schule kam, konnte ich immer sehen, wie sie hinter der Tür des Nachbarhauses verschwand. Wie ich überhaupt alles sah und sehe, was sich da drüben abspielte, denn die großen Fensterfronten meines Hauses zeigen direkt in Richtung des Nachbarhauses.
Die ersten beiden Weihnachten war ich allein. Hatte natürlich für mich keinen Baum aufgestellt. Ich saß mit einem halben Brathähnchen in der Alufolie allein am Tisch und sah wie gegenüber der Baum nur so funkelte....Du kannst dir sicher vorstellen, dass solche Momente und Zeiten, nicht zu den besten meines Lebens gehören.
Genau wie du suchte ich (trotz aller Schmach und Schande), den freundschaftlichen Kontakt zu ihr. Der war Anfangs auch gegegeben. Ich vermute, es war vielleicht ihr schlechtes Gewissen mir gegenüber, weshalb sie noch Kontakt zu mir hatte. Doch mit der Zeit legte sich ihr schlechtes Gewissen und der Kontakt wurde weniger und weniger bis sie ihn ganz einstellte.Treffen wir uns heute zufällig zB beim Einkaufen, geht sie wort-und blicklos an mir vorbei. Spreche ich sie an, lässt sie mich ohne eine geringste Reaktion, einfach stehen. Keine Ahnung was sie treibt, ich habe ihr jedenfalls nichts Böses angetan.
Vielmehr als meine Geschichte interessiert dich sicher, wie ich damals mit dieser für mich enormen emotionalen Belastung klargekommen bin. Ich hatte keinen Plan. In den ersten Wochen und Monaten habe ich einfach nur gelebt , so Atemzug für Atemzug. Den Rest hatte dann wohl irgendwie mein Körper übernommen, denn ohne Therapie und ohne seelischen Austausch im Freundeskreis ging es dann Stück für Stück wieder aufwärts. Zwei Dinge haben mich durch diese Zeit begleitet. Zum einen war es mir wichtig, dass es bei der Arbeit seinen gewohnten Gang gehen sollte und niemand von meinem Befinden etwas mitbekommen sollte, denn um alles in der Welt wollte ich kein Mitleid. Das hätte mich nur noch stärker heruntergezogen. So war ich während der Arbeit darauf konzentriert, so normal wie immer zu wirken, was gut für die Ablenkung war. Zum anderen habe ich auch bewusst so gut wie gar nichts mehr gegessen. Das tat auch irgendwie gut, denn oft war das Hungergefühl dann präsenter als der Liebeskummer. Wenn man so auf Sparflamme fährt, ist der Körper gut damit beschäftigt, die lebenserhaltenden Funktionen zu bedienen und hat kaum Energie für irgendwelche seelischen Befindlichkeiten. Naja, 30 kg abgenommen, ein völlig neues Körpergefühl, was mich auch emotional ordentlich puschte. Und so fand ich Stück für Stück wieder zu mir.
Heute wohnt meine Ex immer noch dort und ihr Leben spielt sich vor meinen Augen ab. Aber es interessiert mich nicht die Bohne und hebt mich nicht mal mehr im Ansatz an.
Ich bin wieder verheiratet. Glücklicher und zufriedener in einem Maße, wie ich es mir nie hätte träumen können. Und ich bin mir sicher, Sterni, da kommst du auch hin.
12.12.2021 20:12 •
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