Hallo Freischwimmer,
ich lese gerade ein Buch, in dem wunderbar beschrieben wird, wieso viele langjährige Beziehungen einschlafen.
Hier geht es um ein Paar, das se,xuell keine Lust mehr aufeinander hat:
Das Geheimnis der se,xuellen Störung zwischen K und M lag....in dem, was Ulrich Clement die schonende Beziehung nennt. ...Außerdem gerierten sie sich als siamesische Beziehungszwillinge; sie erstickten damit jede Fremdheit und Lust. Man kann nicht nur eine Beziehung, sondern auch den S. zu Tode schonen. Mit hartnäckigem Schweigen zu ero. Wünschen und einer überhöhten romantischen Beziehungsvorstellung entsafteten sie ihre S.. Es war einfach nicht begehrenswertes mehr vorhanden.
Zitat:Ich weiß in dieser Sache nicht was richtig und falsch ist und ja ich scheue mich vor der Entscheidung. Ich versuche meine Gefühle zu meiner Frau zu prüfen, und wiederzufinden. Ich suche verzweifelt nach einem kleinem Rest der Glut. Um das Feuer eben doch nochmal anfachen zu können. Ich habe einfach das Gefühl es ihnen schuldig zu sein. Innerlich würde ich gerne allen sehr lange aus dem Weg gehen um zu mir zu finden.
Genau so würde ich es Deiner Frau sagen. Du versuchst all das für Dich allein im stillen Kämmerlein zu prüfen. Ohne Konfrontation, ohne Kontakt funktioniert das aber nicht. Denn erst in einer Dynamik zwischen euch, besteht überhaupt die Möglichkeit, dass sich eine Restglut wieder finden lässt.
So aber spielst Du nur Beziehung und träumst alles andere.
Natürlich wird es sie schockieren wenn sie von Deiner Affäre erfährt, aber sie wird im Grunde genommen nicht anders fühlen, sonst liefe mehr zwischen euch. Auch sie wird Sehnsüchte haben.
Sie wird sich, genau so wie Du auch, in ihrer Beziehungsrolle eingefunden haben. Ihr spielt Beziehung, statt euch einander zu zeigen. Dazu muss man bereit sein, Unsicherheiten auszuhalten.
Die Wahrheit auszusprechen macht gewaltig Angst, obwohl beide Partner doch genau wissen, was in der Beziehung fehlt. Das Aussprechen nimmt die Sicherheit und Geborgenheit. Aber andererseits fühlt man endlich einmal wieder, dass man keine Einheit ist, sondern dass zwei fremde Menschen mit individuellen Bedürfnissen voreinander stehen. Es ist schwer, nach so langer Zeit, dieses Getrenntsein auszuhalten. Noch genießt und leidest Du darunter im Verborgenen- ganz für Dich allein. Damit schonst Du nicht nur Deine Frau, sondern auch Dich. Für sich allein dahin geträumt, bewahrt man sich vor der Härte der Realität, die aber wirklich auch eine Chance ist. Eine Chance, den Partner als eigenständiges, individuelles Wesen wahrzunehmen. Was auch eine Chance ist, einander wieder zu begehren.
Natürlich ist eine Beziehung auch ein Schutzraum aber man kann auch einen geliebten Menschen nicht vollkommen vor der Realität bewahren. Das erstickt alle Gefühle, bewahrt aber vor Schmerz.
Die Liebenden müssen lernen, auf ihre Verschmelzungsfantasien zu verzichten. Partner sind keine sich synchron bewegenden Eiskunstläufer, sondern Individuen, andersartige Wesen, ja Gegensätze.Tatsächlich opfern sie oft ihr Bedürfnis nach Individualität und Selbstverwirklichung der grenzenlosen Sehnsucht nach dem Miteinander. Damit blockieren sie die eigene Entwicklung wie die des anderen.
Wenn dann einer von beiden eine Affäre eingeht, wird sich eine gewisse Freiheit, Eigenständigkeit, Abgrenzung vom Partner nur heimlich erlaubt. Viele rechtfertigen ihre Verschwiegenheit damit, dass sie den Partner nicht verletzen wollen. Ich glaube aber, dass die eigene Angst, das Getrenntsein spüren zu müssen der Hauptgrund für die Heimlichkeit ist. Man möchte eben beides haben: einerseits Beziehungszwilling sein (Sicherheit), andererseits aber auch frei sein und das Andersartige genießen.
Aber sofern man mit dem Gedanken spielt, sich für die Affäre zu entscheiden, stellt sich oftmals ganz schnell wieder die Sehnsucht nach Sicherheit ein. Und so bleibt man lieber im sicheren Hafen. Wagt es nicht, die Wellen mal an den Hafen schlagen zu lassen, wagt sich andererseits aber auch nicht auf`s offene Meer hinaus. Und so stagniert die Situation.
Meiner Meinung nach ist jede langjähige Beziehung eine riesen Herausforderung, sonst gäbe es nicht all die Komplikationen und Dramen. Seitdem es Menschen gibt, ringen sie mit diesen Themen. Man kann es nicht immer vermeiden, den Partner zu verletzen.
Ich glaube auch nicht, dass eine Affäre den Partner zerstören kann, wie es hier so oft gesagt wird. Was sich so zerstörerisch anfühlt, ist das Zusammenbrechen der Illusionen. Ich habe es selbst erlebt und glaube, dass es nicht ganz zu vermeiden ist, will man sich auch nach Jahren noch lebendig begegnen. Es kann ein Schock sein, vom geliebten Partner vermittelt zu bekommen: mich reizen auch andere Menschen, ich begehre nicht nur Dich. Gewahr zu werden, dass der Partner, wie man selbst voller Schwächen ist. Oder zu erkennen, dass beide gewissen unangenehmen Themen jahrelang aus dem Weg gegangen sind und sie sich nun mit voller Wucht zeigen.
Noch nie haben sich Menschen von der Ehe so viel Erfüllung und Glück erwartet wie heute. Die hohen Scheidungsraten zeigen, wie gewaltig unsere Erwartungen sind- und wie wenig wir in der Lage sind, ihnen zu genügen.
So eine Einsicht könnte doch auch versöhnlich stimmen- sofern man sich wirklich liebt.
Meine Zitate sind aus: Mathias Jung Liebesrausch und Liebeskater