Das Gedankenkarussel dreht sich wieder

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...und das ganz unverhofft nach nunmehr 17 Monaten Trennung und Scheidung seit einem halben Jahr. Ich denke nicht, dass es noch was mit Liebe für Ex zu tun hat, sondern eher damit, dass ich irgendwie versuche, die ganze Geschichte im Nachhinein vernunftsmässig auf die Reihe zu bekommen. Wie kann man mit solch rasantem Tempo sein ganzes Leben umkrempeln und die Vergangenheit hinter sich lassen?
Wenn ich sehe, was Ex mit ihrem Freund in der kurzen Zeit alles an unserem früheren gemeinsamen Haus verändert hat, wie ihr neues Leben einfach so weitergeht, als wenn es das Vorher nicht wirklich gegeben hätte oder zumindest als sei es wegradiert aus ihren Gedanken und Gefühlen, verfalle ich in Denkmuster, die ich eigentlich nach den ersten Monaten abgelegt zu haben glaubte. Nun aber scheint mich einiges wieder einzuholen, obwohl ich bereits zwischenzeitlich in eine andere verliebt war, aber vielleicht liegt der Grund für meinen leichten Rückfall gerade im Umstand, dass aus dieser Geschichte leider nichts geworden ist.
Ausserdem bin ich seit einigen Tagen in meiner neuen Wohnung, die ich allein ausgesucht und allein eingerichtet habe, auch wenn es darin natürlich ein Zimmer für meine Kinder gibt. Aber das Gefühl allein zu sein, nimmt mich jetzt stärker ein, als dies in der vorherigen Mietwohnung der Fall war. Möglicherweise gönne ich Ex auch nicht glücklich zu sein, weil ich selbst mehr oder weniger auf der Stelle trete. Obwohl, ist sie wirklich glücklich? Die Kinder fühlen sich immer mehr zu mir hingezogen und wenden sich zunehmends von ihrem Typen ab.  Ach, ich weiss auch nicht, wie ich mich ausdrücken soll, aber vielleicht hilft es ja, dass ich mal versucht habe, meine mich zur Zeit verwirrenden Gedanken nieder zu schreiben.

In diesem Sinne, danke für's Lesen und liebe Grüsse
taka

06.10.2004 11:05 • #1


H
Lieber Taka,


ich halte es für völlig normal, dass dir solche Gedanken kommen. Du hast einen neunen Schritt getan in deiner Ablösung. Du hats dir eine neue Wohnung genommen und sie dir neu eingerichtet. Diese Wohnung muss jetzt erst mit neuem Leben gefüllt werden. Das muss wachsen.
Ich habe es auch erlebt und erlebe es immer wieder, dass solche Schritte ins Neue mit dem alten Scmerz nochmal in Verbindung treten.

Mir geht es zuweilen auch so, dass mir das Alleinesein stark ins Bewusstsein schießt und nochmal Schmerzen und Ängste verursacht. Es ist eben ein Prozess der langsamen Lösung.

Ich erlebe es allerdings so, dass es eigentlich nicht mehr primär um meinen Ex geht. Der ist schon in weite Ferne gezogen, auch innerlich. Aber das Aufgeben des Lebensentwurfes und der Ideale tut noch manchmal weh. Ich hhabe bis heute noch keinen neuen Lebensentwurf entwickeln können.

Wie unsere Exen es hinbekommen, ihr Leben so umzukrempeln weiß ich nicht. Ich denke, dass sie sich eben schon sehr lange innerlich gelöst haben, bevor sie endgültig gegangen sind. Vielleicht machen sie sich auch etwas vor und erwachen später einmal. Ich kann es alles so lassen, denn er ist nicht mehr Teil meines Lebens. Diesen Schritt hab ich wenigstens geschafft.

Ich habe auch zwischenzeitlich eine Beziehung gehabt und nach der Trennung wurde mir mein Alleinsein nochmal sehr stark bewusst. Aber mir wurde auch klar, dass ich noch keinen neuen Entwurf entwickeln konnte. Mein Prozess war und ist noch nicht abgeschlossen. Mein Weg zu mir alleine, ohne Familie ist noch nicht zuende.

Nach meiner Trennung hatte ich ein Gefühl, ich gehe nun auf eine Reise, von der ich nicht zurückkehren werde. Dieses Gefühl ist jetzt wieder da und erfüllt mich mit Neugier und Aufbruchstimmung.

Und so wander ich weiter auf meinem Weg. Wo er mal enden wird und ob überhaupt, ob das Leben nicht überhaupt immer eine Reise ist, vermag ich nicht zu beantworten. Wichtig ist nur, nicht stehen zu bleiben, den Blick nach hinten geheftet, denn Stillstand ist der Tod.

Ich wünsche dir, dass du deinen Blick in deine Gegenwart richten kannst, sehen kannst, wie es heute aussieht und was du tun kannst und möchtest, dass es dir gut geht.

Und wirklich alleine sind wir nie


Lieben Gruß
Renate

06.10.2004 12:02 • #2


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Das Gedankenkarussel dreht sich wieder

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Hallo taka,

die Rückschau gehört zum Dasein dazu, man dreht sich um und blickt zurück... und sieht die alte Zeit, erinnert sich an die starke Verbindung und den Schmerz. Es ist normal, daß man Momente hat, wo man auch zurückblickt.

Aber es tut nicht mehr so weh wie anfangs. Und man hat Momente, wo es einem gutgeht - wo man nach vorne blickt, sich an neuen Zielen orientiert und die Vergangenheit nicht mehr so wichtig ist. Dieser Blick ist meist schmerzfreier, er gibt oft Optimismus und Hoffnung. Magsein, daß für manche dieser Blick auch noch eingetrübt ist, da noch Hürden zu bewältigen sind... aber die sind auch irgendwann genommen.

Ich schaue gerade an meinem Arbeitsplatz hoch und sehe ein Hinweis, den ich mir 2002 dort hingehängt habe...

[glow=blue,2,300]Erfolg im Leben zu haben bedeutet:

Viel zu lachen;
die Liebe von Kindern zu gewinnen;
den Verrat falscher Freunde zu ertragen;
die Welt zu einem ein klein wenig besseren Ort zu machen, als sie es war, bevor wir in sie hineingeboren wurden;
die gesellschaftlichen Verhältnisse in irgendeiner Beziehung verbessern, oder einen Menschen helfen, gesünder zu werden;
zu wissen, daß ein Leben leichter atmet, seit Du lebst...

(Ralph Waldo Emerson)[/glow]

Dellen gehören dazu, Taka, wie bei einem Konjunkturzyklus... es geht aber wieder aufwärts. Gruß, Gerd

06.10.2004 13:32 • #3


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Hallo taka,

auch mir kommen immer noch Gedanken an die Trennung und ich versuch auch nach 1,5 Jahren soetwas wie Logik hinein zubekommen.
Vielleicht liegt es einfach daran das man endlich zur Ruhe kommt und diese Gedanken sich nur noch Nachwehen.Auch steht bald Weihnachten vor der Tür und die dunkle Zeit hat wieder begonnen.Man sollte auch die Jahreszeit nie außer Acht lassen.
Also lass es über dich ergehen es hört von ganz alleine wieder auf.Richtig glücklich weden wir wohl alle erst dann, wieder wenn wir einen neuen Partner haben.Bis dahin sollten wir uns nicht klein kriegen lassen.

06.10.2004 14:59 • #4


E
Lieber taka,

weisst du, ich glaube was du momentan durchlebst, ist eine Art Standortbestimmung. 17 Monate sind vergangen, die Ex und ihr Neuer haben ihr Leben gemeinsam gestaltet, und das, an dem du früher einmal teil hattest, ist nun nicht mehr dein Leben, sondern das Leben eines anderen.

Aber, schau doch mal genau hin, auf all die Dinge die DU in deinem neuen Leben umgekrempelt und gemeistert hast!
Ein neuer Alltag, neue Wohnung, neue Freunde, das Gefühl wieder lieben zu können, zu wollen und zu dürfen! Die Erkenntnis, dass das Leben weiter geht, in anderen, neuen und spannenden Bahnen.

Der Blick zurück mit ein wenig Trauer und Wehmut, vermischt mit etwas Neid auf das Glück der Ex zeigt dir wie weit du schon gekommen bist, und dein tiefer inneren Wunsch, auch wieder glücklich zu sein überlagert den ausgestandenen Schmerz.

Einen Lebensenwurf suchst du? Lebe einfach, taka, geniesse die sonnigen und stürmischen Stunden, die Zeit mit deinen Kindern, mit Freunden, und die Zeit, die du für dich allein hast.
Soviele Überraschungen hält das Leben noch für dich bereit, sei nicht ungeduldig, wenn Dinge nicht so schnell voran gehen, wie du es gern hättest. Menschen werden kommen und gehen, Spuren in deinem Leben hinterlassen und dich weiter auf dem Weg zu dir selbst bringen.

Sicher ist all das verwirrend, oftmals ermüdend und anstrengend......aber sooooo schön! :)
Ein neues Kapitel in deinem Leben beginnt jetzt, deine Stagnation ist wie die Ruhe vor dem Sturm des neuen Abschnitts in deinem Leben, welches du und nur du allein für dich gestalten kannst.

Lieber taka, ich wünsche dir alles Liebe für deine Reise, long days and pleasant nights ;)


Thilde

06.10.2004 16:20 • #5


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Hallo und vielen Dank für euere Antworten.

Liebe Renate, nicht zum ersten Mal triffst du es genau auf den Punkt und hast Worte gefunden, die mir nahe gehen und mich wirklich berühren. Die neue Wohnung, die erstmal mit Leben gefüllt werden muss und mir leerer erscheint, als dies vielleicht normalerweise der Fall wäre, weil der noch nicht ganz überwundene Trennungsschmerz vieles schwieriger und mich empfindlicher macht. Ängstllicher bei Veränderungen und vor dem Ungewissen und empfindsamer für trübselige Stimmung. Eigentlich geht es mir richtig gut, und doch fühle ich mich manchmal richtig träge, wie begraben unter einem schweren grauen Mantel, den ich dann erst ablegen muss, bevor ich etwas unternehmen kann. Mitunter kostet mich dieses Aufraffen zeimlich grosse Überwindung; an anderen Tagen jedoch schöpfe ich gerade die Kraft daraus, dass ich mir nun etwas angeschafft habe, was nur mir gehört und wo ich genau das tun kann, wonach mir ist.
Du schreibst, dass du selbst noch immer auf der Suche nach dem Weg zu dir alleine bist, nach einem Leben ohne Familie.
Fraglich, ob wir alleine wirklich glücklich werden können.

@nachdenklich: eben diese Frage hast du auch aufgeworfen und es ist eigentlich genau das, was mich seit längerem beschäftigt: gibt es wirklich nur diesen einzigen Ausweg, oder können wir auch ohne den richtigen Partner dauerhaft ein zufriedenes Leben führen?  

@ Gerd: Ja, mit der Zeit nehmen die Schmerzen nach, vieles relativiert sich und erscheint in anderem Blickwinkel. Und doch: kann man wirklich ganz damit abschliessen? Die Liebe meiner Kinder ist mir unendlich wichtig, mein Beruf auch, usw, aber es fehlt halt etwas, wenn man abends nach Hause kommt und morgens aufsteht, das, was hier einmal als Heimweh bezeichnet wurde. Irgendwie fühle ich mich so, als wäre ich nach der schweren Zeit oben am Gipfel angekommen und hätte den Wegweiser für die nächsten Schritte verloren.

taka

06.10.2004 16:29 • #6


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@ thilde,

Ich habe eben erst deine schönen Zeilen gelesen und danke dir sehr dafür. Du hast mir sehr viel Mut germacht.

Viele liebe Grüsse,

taka

06.10.2004 16:32 • #7


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Liebe Tato,

Ja, diese Texte sind sehr schön und ansprechend und ich danke dir dafür. Nicht selten fühle ich mich bereits ungemein frei und kraftvoll, aber es zieht mich halt noch gelegentlich runter.
Wie dem auch sei, ihr habt mir sehr geholfen und mir gezeigt, dass ich nicht allein mit meinen Gedanken und Ängsten, und durchaus auf dem richtigen Weg bin. Einfach nur schön geduldig einen Schritt nach dem anderen machen. Wenn mir damals nach der Trennung jemand gesagt hätte, dass ich mich anderthalb Jahre später schon wieder so gut fühlen würde...

Viele liebe Grüsse.

taka

07.10.2004 11:23 • #8




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