Ich muss mein Elend auch einfach mal los werden. Wenn ich hier lese, erschreckt es mich, wie sehr sich die Affären ähneln. Ich hatte ein Jahr lang eine Affäre mit meinem Chef. Ich muss dazu sagen, dass es mich von Anfang an erwischt hat, ein intimes Verhältnis aber nie zur Debatte stand, weil wir beide verheiratet sind, er zwei Kinder (18 und 20), ich drei Kinder (4,6,8). Wir haben uns immer gut verstanden, viel geredet, auch privat, mehr nicht. Ende 2013 wurde der Kontakt intensiver, aber immer noch freundschaftlich, bis es dann doch passiert ist, von ihm ausgehend. Ich war sehr überrascht, überfallen, aber auch geschmeichelt, da er ein echter Frauentyp ist, gutaussehend, charmant, und ich nie damit gerechnet hätte, dass er für mich etwas empfindet. Er war beruflich und privat zu dem Zeitpunkt sehr unglücklich und heute ist das meine einzige Erklärung, warum es überhaupt so weit kommen konnte. Er ist nämlich Kirchenbeamter und auch in seiner Überzeugung sehr katholisch von wegen Ehebruch ist eine Todsünde. Ich bin evangelisch, hab mit Glauben wenig am Hut. Die Anfangszeit war sehr schön, obwohl er sehr labil war, vielleicht auch depressiv. Der S. war unglaublich, von großer Intensität und Nähe. Es war schnell klar, dass wir beide mehr wollten als eine Affäre, aber er war ja Kirchenbeamter, würde also bei einer Scheidung und neuen Beziehung seinen Job verlieren. Außerdem seine Angst, die Kinder zu verlieren und seiner Frau wehtun zu müssen. Es war ein Hin und Her. Wir haben keine Zukunft bzw. wir schaffen es. Ich war völlig zerrissen, wurde immer unglücklicher, hab immer mehr gelitten, seine Reaktion war Distanz. Ich hab angefangen zu klammern, er sagte, ich würde ihn unter Druck setzen, noch mehr Distanz. Irgendwann waren wir in der Schiene wie alle Affären: Ich hab mein Leben nach ihm ausgerichtet, auf eine Nachricht, auf ein Treffen gewartet, er fühlte sich nur noch unter Druck. Die Lösung sah er darin, sich wegzubewerben, 200 km weit weg. Er hat das gemacht, ohne das mit mir oder auch seiner Frau abzusprechen. Ich war entsetzt. Er dachte, ich würde mitkommen, aber ich konnte doch meinem Mann seine Kinder nicht komplett wegnehmen und meine Kinder nicht ihrem sozialen Umfeld entreißen. Irgendwo sind Grenzen. Heute denke ich, er wusste das. Er ist weggelaufen vor allen Problemen, beruflich, zu Hause, mit mir. Ende Januar hat er es beendet, Mitte Februar seine neue Stelle angetreten. Mir ist das Herz gebrochen, weil ich mir so sehr eine gemeinsame Zukunft gewünscht habe. Dieser Mann war mein Traummann, obwohl extrem schwierig. Er wollte zunächst online Kontakt halten, irgendwann vielleicht wieder persönlich. Jetzt hat er geschrieben, dass er es mit seiner Frau nochmal versuchen will. Da hab ich endgültig den Kontakt abgebrochen, dabei kann ich nun wirklich nicht zusehen. Im Nachhinein kann ich nicht verstehen, was passiert ist. Ja, ich habe diesen Mann geliebt, hatte vor der Affäre aber auch eine weitgehend intakte Ehe, dazu drei kleine Kinder. Ich war ein zufriedener, ausgeglichener Mensch. Nach diesem Jahr bin ich ein Wrack. Ich hab mich meiner Familie entfremdet und meine Ehe steht auf der Kippe. Ich bin depressiv und hab nun eine Therapie begonnen.
Das ist das Ende meiner Affäre: Er wurde befördert und ich bin nun beim Psychiater. Eigentlich was fürs Kabarett. Ich hoffe, ich kann irgendwann mal drüber lachen.
04.03.2015 19:32 •
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