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Das Elternhaus

G
Tolle Diskussion!

Bei uns gab es häusliche Gewalt. Psychische (durch die Mutter) und physische (durch den Vater). Habe meine Eltern trotzdem sehr lieb, aber Kinder hätten sie besser keine bekommen sollen.

Bei uns gibt es einfach kein respektvolles, liebevolles Miteinander. Konflikte werden auf Seiten meines Vaters mit Gewalt gelöst. Meine Mutter ist da besser. Trotzdem ist sie sehr kalt. Ich hatte als Kind nie das Gefühl, dass ich bedingungslos akzeptiert und geliebt werde. Da war immer das Gefühl, dass Liebe an Bedingungen gebunden ist. Der Umgangston war immer eher kalt und streng, Fehler wurden bestraft, gute Dinge aber nicht gelobt, Schuld hatten immer wir Kinder, die Erziehung meiner Eltern war nie falsch. Als Folge dessen löse ich Konflikte auch heute noch gerne wie ein Kind: ich bin schnell sehr verletzt, ziehe mich komplett zurück oder werde wahnsinnig ausfallend, ich kann mit solchen Situationen nicht erwachsen und souverän umgehen. In Beziehungen ist das schwierig, aber solange ich kommuniziere, dass ich etwas Zeit brauche und später darüber reden werde, wenn ich mich abgeregt habe, ist es okay. Partnermäßig finde ich offenbar leider solche Männer gut, die sich wie die Eltern benehmen. Sprich: viel Kritik oder Dominanz, Vereinnahmen meiner Person, gängeln und erziehen wollen, Schuld an Problemen immer auf mich schieben. Einerseits mag ich das unterbewusst offenbar, andererseits finde ich es eigentlich grauenhaft und wehre mich dagegen, was natürlich Disharmonie hervorruft. Komischerweise fühle ich mich bei Männern, die nicht so sind, aber nicht richtig zuhause. Vielleicht bin ich es nicht anders gewohnt, dass man so miteinander umgeht.
Angst in Bezug auf eigene Kinder habe ich vor allem wegen meiner hilflos-aggressiven Seite, die durchkommt, wenn ich mich Situationen nicht gewachsen fühle. Auf keinen Fall möchte ich, dass meine Kinder je Opfer häuslicher Gewalt werden.
Naja, ich arbeite mit meiner Therapeutin daran.

26.03.2018 00:56 • x 3 #16


D
Komisch wie so was läuft oder?

Aber um auch nochmal was Positives zu erwähnen:
Meine Eltern waren durchaus liebevoll.

Mama kennt ungefähr 3836 Schlaflieder und ist eine brilliante Vorleserin, wir haben immer viel gebastelt, gespielt und waren viel draußen.
Mit Papa konnte man sonntags auf der Couch unter der Decke liegen und Piratenfilme gucken, Staudämme bauen und er hat tolle breite Schultern zum in den Arm nehmen.
Auch heute noch
Ich liebe beide sehr, sie sind tolle Großeltern und auf sie ist unbedingter Verlass. Immer.

Das habe ich früher leider nicht so sehen können, bzw. standen andere Dinge im Vordergrund.
Heute sehe ich sie mit ihren Schwächen und begreife auch sie (wie mich) einfach als Menschen in einer Entwicklung

26.03.2018 01:05 • x 2 #17


A


Das Elternhaus

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Skogen
Nun, da es väterlicherseits in meiner Familie eine längere Historie von Alk. gibt, vermeide ich ziemlich stoisch zu häufigen bzw starken Konsum davon (gerade wenn auf der selben Veranstaltung meine Partnerin dabei ist). Ich winke auch eventuelle Kritik meiner Partnerinnen an mir nicht einfach ab, versuche aber auch zu reflektieren ob diese wirklich zutrifft. Ich denke mal bisher gelingt es mir auch ganz gut, die Fehler meines Vaters zu vermeiden.

Das ändert aber nichts daran, dass ich trotzdem ein gutes Elternhaus hatte und sowohl meine Mutter als auch mein Vater haben sich immer sehr bemüht, auch wenn es zwischen ihnen nicht funktioniert hat.

26.03.2018 01:18 • x 1 #18


K
Das Verwirrende ist ja die Erkenntnis, dass die meisten Eltern ihr Bestes geben, aber dass es eben doch manchmal grundfalsch für die Kinder ist. Man kann niemandem vorwerfen, wenn er gibt, was er kann. Wenn er seine für uns besonders als Kinder und Jugendliche nicht nachzuvollziehende Bewältigungsstrategien nutzt, die nun wieder aus seiner Sozialisation stammen usw. Gerade bei den Eltern von uns Älteren ist es ja auch nicht so, dass man mit jeder Eigenart zum Therapeuten geganen ist, um daran zu arbeiten.

Eine Kollegin formulierte es mal so oder so ähnlich:

Meine Eltern haben alles für uns getan und ihr Bestes gegeben, aber leider war das absolut nicht bedarfsgerecht.

Das hat sich mir eingeprägt, denn so könnte ich meine Eltern auch beschreiben. Sie haben wirklich das gegeben, was sie zu geben vermochten (mit all ihren Vorzügen und Defiziten) und das war mit Sicherheit immer von dem getrieben, es richtig undi im Interesse der Kinder machen zu wollen und dennoch ist so viel falsch gelaufen.

26.03.2018 04:42 • x 7 #19


A
Hallo!

Interessant wie sich viele Geschichten ähneln.

Auch ich wurde streng erzogen. Habe eine Schwester, die ist 1,5 Jahre älter und war der Liebling.
Ich habe mich nie gesehen gefühlt, war emotional sehr einsam, wurde zum Rebell, was mit immer mehr Ärger verbunden war. Ich bekam oft Schläge väterlicherseits und wünschte mir oft, dass mein Vater nicht mehr von seiner Dienstreise zurück kehrt...

Meine Mutter war auch irgendwie überfordert und lies uns das psychisch spüren und meinte immer, dass alle anderen besser sind als wir uns sie sich wünschen würde wie wären wie die anderen Kinder und dass sie sich wünscht, wir wären endlich 18 und aus dem Haus...

Wir beide haben nicht lange gefackelt und sind mit 17 jeweils ausgezogen. Das ist nun über 20 Jahre her und noch heute heult sie, sie wäre so einsam und würde sich wünschen einer von uns käme zurück.

Beiden Eltern habe ich alles verziehen. Der Kontakt ist okay, denn auch sie sind ein Produkt ihrer Vergangenheit und konnten nicht anders. Dieses Bewusstsein wie es heute stattfindet gab es (glaube ich) früher noch nicht so...

Meine Eltern interessieren sich nicht für mein Leben, fragen nie wie es mir geht, was ich so mache und ob wir uns sehen (wohnen 300 km auseinander)...

Meine Eltern und meine Schwester sind emotional recht unterkühlt. Über Gefühle wird geschwiegen, Themen tot geschwiegen.

Ich bin komplett anders als die 3. Trage das Herz auf der Zunge, bin ein sehr herzlicher Mensch der viele Kuscheleinheiten braucht, spreche viel mit Menschen und interessiere mich dafür wie es ihnen geht. Versuche mich in sie hinein zu versetzen und zeige Empathie... Und: ich lebe gern mit viel Spaß an der Freud und genieße und ich tue und lasse was ich möchte und wonach mir der Kopf gewachsen ist.

Aber das Tal mit ohne Selbstwertgefühl und Depressionen einschließlich einer Krebserkrankung habe ich ebenfalls hinter mir. Es ist lange her, ich bin daran gewachsen und habe es als Chance gesehen und bezeichne mich als echt glücklichen Menschen und ich freue mich immer wieder, dass ich die Probleme haben darf, die ich habe. Denn es sind schöne Probleme.

26.03.2018 07:28 • x 6 #20


K
Mich würde interessieren, ob Eure Eltern auch der Auffassung sind, ihr würdet ihnen gehören, Ihr seid ihnen etwas schuldig und habt infolgedessen alles zu unterstützen, unabhängig von Euren Problemen miteinander, und sie zu bespaßen.

Eine weitere Frage:

Sind Eure Eltern in der Lage Konflikte konstruktiv zu lösen oder auch mal stehen lassen zu können oder stellen Sie, wie meine, bei Konflikten Eure gesamte Beziehung in Frage?

26.03.2018 07:51 • x 1 #21


A
Nein, meine Eltern sehen mich nicht als ihr eigen. Auch nicht, dass ich ihnen etwas schuldig bin. Eher das Gegenteil. Egal wie emotional verkrüppelt sie sind, sie tun alles für mich. Bedigungslos, ohne eine Gegenleistung zu erwarten. Und ich bin selbstverständlich uneingeschränkt für sie da, falls sie mich brauchen. Das ist Gesetz.

Bespaßt werden möchten sie nicht. Sie haben eher die Sorge, mir zur Last zu fallen.

Zum Thema Konflikte: Konflikte aller Art werden tot geschwiegen. Es wird nicht über Probleme und Gefühl gesprochen sondern alles so hingenommen wie es ist.

Leider habe auch ich nie gelernt mit Konflikten umzugehen. Das ist sehr schade, weil ich es gern besser können würde.

26.03.2018 08:34 • x 4 #22


D
Konflikte lösen heißt bei uns: kämpfe, bis du deinen Willen durchgesetzt hast. Kompromisse werden nur zähneknirschend und im allerletzten Notfall geschlossen.
Ansonsten hat der Recht, der den größeren Dickschädel hat.

Mein Exmann hat mir das oft gespiegelt, aber ich konnte und kann nur schlecht raus aus meiner Haut.
Da ist immer dieses tiefe Gefühl, dass ich einfach Recht habe und richtig ist, was ich mache.
Es fällt mir schwer, da andere Wege zuzulassen.
Manchmal lenke ich ein, aber widerstrebend, teilweise verächtlich und oft genug nach einiger Zeit wieder die Grenzen aufweichend, um doch noch in meine Richtung umzulenken.

Das ist meine größte Baustelle in Beziehungen.

Edit: um Gottes willen!
Das klingt richtig kacke unsympathisch, wenn man es so liest.

26.03.2018 09:35 • x 2 #23


K
@Aramis

Leider ist meine Antwort abgeschmiert und auch nicht reproduzierbar.

Ich danke Dir für den Einblick.

Vielleicht ist für Dich die folgende Literatur interessant:

Das brave Tochter Syndrom

'kann auch

Der brave Tochter Komplex


heißen. Bin mir nicht ganz sicher. Es hilft, manches besser einordnen zu können. Denn ich bin bei das ist gesetzt hellhörig geworden. So war es bei mir auch früher und ich habe nicht in Frage gestellt, dass ich das auch genauso will.

26.03.2018 09:54 • #24


A
Danke KBR!

Ja also damit meine ich, dass ich natürlich für meine Eltern einstehe, wenn sie mich brauchen.
Z.B. Mein Vater ist vor einigen Jahren sehr schwer verunglückt und meine Muddi mit allem hoffnungslos überfordert. Natürlich bin ich da und gehe erst, wenn es wieder geht.

Meine Elter standen ja auch für mich ein und haben mich groß gezogen und mir viel mit auf den Weg gegeben...

Ansonsten mach ich das was ich will. Jetzt z.B. müsste ich Ostern zu ihnen. ich will aber nicht - und deswegen fahre ich auch nicht.

26.03.2018 09:59 • x 2 #25


K
@Aramis

Ich hatte schon verstanden, was Du meinst.

Ich wünsche Dir, dass es so bleibt, aber würde Dich gern in einigen Jahren nochmal sprechen.

Vielleicht denkst Du dann an das Buch .

Ich möchte hier nicht nochmal ausführen, was ich alles selbstverständlich und gern gemacht habe und wie es dann vor zwei Jahren quasi endete, denn das habe ich schon an anderer Stelle.

Dafür, Dankbarkeit gegenüber den Eltern zu verspüren, sehe ich keine Veranlassung. Es fragt einen ja keiner, ob man überhaupt leben wollen wrde. Man wird einfach hinein geschmissen ins Leben, weil zwei Menschen meinen, sich fortpflanzen zu müssen, obwohl sie gar keinen Elternführerschein gemacht haben.

Dann ist man gezwungen, miteinander auszukommen - ganz egal, ob man sich gegenseitig auch freiwillig ausgesucht hätte. Als Kind hat man keine Wahl.

26.03.2018 12:15 • x 3 #26


A
Zitat:
Dann ist man gezwungen, miteinander auszukommen - ganz egal, ob man sich gegenseitig auch freiwillig ausgesucht hätte. Als Kind hat man keine Wahl.


Hab es nicht gelesen: Hast du Kinder?

Ich habe keine (meine Schwester 3) und gerade dieses We dachte ich wieder, dass Kinder absolut nichts ist für mich.

26.03.2018 12:24 • x 1 #27


T
Ich bin Meisterin im Verdrängen.

Und es gibt Musik.

Meine Freundin meinte vergangene Woche zu mir, wenn ich das in diesem Leben nicht angehe, dann verfolgt mich das noch im nächsten. Ich habe mich entschieden das Päckchen mitzunehmen.

26.03.2018 12:29 • x 2 #28


M
Meine Eltern sind uneinsichtig. Es gab mal eine Zeit, als ich das erste Mal in Therapie war, da war ich auf Kriegsfuß mit meiner Mutter. Sie sieht nicht oder will nicht sehen, was sie falsch gemacht hat. Heute stellt sie sich als Opfer hin, meint, ich sei unterkühlt. Zu ihr bin ich das sicherlich auch manchmal. Ich habe zwar mittlerweile meinen Frieden damit gemacht, aber ich werde noch sehr sauer, wenn sie das Opferlamm spielt und mich so beurteilt. Da merke ich immer wieder, sie wird es nie begreifen oder will es nicht. Streit oder Diskussionen fange ich allerdings nicht deswegen an.
Mein Vater war der Passive, der meiner Mutter alles recht machen wollte. Er sagte mal, sie sei eine gute Mutter gewesen (und hätte getan, was sie konnte). Da sie selbst eine emotionslose Kindheit hatte und sie sowie alle ihre Geschwister Probleme mit Alk hatten, muss man das wohl so hinnehmen. Sie konnte eben nicht anders. Mein Vater vermutlich auch nicht. Er hat mich nie schlecht behandelt, aber eben der Duckmäuser. Von ihm erwarte ich genauso wenig Einsicht wie von ihr.

26.03.2018 12:41 • x 3 #29


A
Ich hatte auch alles andere als eine behütete Kindheit, habe Lieblosigkeit und Missbrauch erfahren. Heute habe ich verstanden, dass meine Eltern aufgrund eigener traumatischer Erlebnisse in ihrer Kindheit nicht anders dazu in der Lage waren. Wie schon KBR schrieb, denke ich, sie haben mit ihren Mitteln eben versucht ihr Bestes zu geben.

Allerdings hatte ich das große Privileg, nahezu in der Natur aufzuwachsen. Ich habe als Kind sehr viel Zeit allein in der Natur verbracht und fühlte mich mit ihr völlig verbunden und eins. Die Natur hat mir sehr viel Kraft und Liebe gegeben. Auch hatte ich schon sehr früh und bis ca. Mitte 30 immer sehr liebevolle und nährende Beziehungen, die viel wett gemacht haben. Keine Ahnung, warum ich mir da offensichtlich die richtigen Männer ausgesucht habe - entgegen dem Vorgelebten aus der Beziehung meiner Eltern. Vielleicht habe ich einfach Glück gehabt. Den Rest habe ich durch das Philosophiesystem des Yoga, Therapie und verschiedene Workshops so weit ins Lot bringen können.

Ich habe heute zwei erwachsene Söhne. Es fiel mir sehr leicht, ihnen zu geben, was Kinder brauchen - war mir doch immer klar, was mir alles gefehlt hatte. Im liebevollen Umgang mit ihnen konnte ich mir, bzw. meinem inneren Kind auch gleichzeitig sehr viel geben und vieles nachholen. Wir haben bis heute ein sehr vertrauensvolles und schönes Verhältnis zueinander, können auch Spannungen aushalten und Konflikte gut lösen.

Meine Mutter ist schon sehr lange verstorben und zu meinem Vater habe ich kaum Kontakt. Das ist gut so.

Ob ich nochmal eine Beziehung haben werde, weiß ich nicht, da ich seit einiger Zeit durch eine schwere Erkrankung größtenteils an meine Wohnung gebunden bin. Aber man weiß ja nie.

26.03.2018 13:15 • x 7 #30


A


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