oops, das ist gerade noch mal gut gegangen. Ich bin froh, dass ich bei dem Erlebnis, das ich unten beschreibe, nicht ausgerastet bin. Wer ist dem Neuen seiner Ex schonmal begegnet? Der Text ist ein bischen lang, aber ich mußte meine Gewaltphantasien mit dem Aufschreiben verarbeiten, und jetzt geht es mir besser:
Dienstags kocht immer H.. Heute schickte sie mir eine SMS in die Firma: „Werde krank, kannst du einkaufen gehen?“ Ich antwortete: „ok, ich bringe um 19:00 etwas schnelles zum Kochen mit, weil ich vorher noch zwei Wohnungsbesichtigungen habe.“
Später rief sie an: „Ich habe heute morgen Halsschmerzen gehabt, aber jetzt geht es besser, ich habe doch schon eingekauft, du brauchst nichts zu besorgen.“
Ich erwähnte nicht, dass ich vor den Wohnungsbesichtigungen noch zu Hause vorbei kommen würde.
Um 18:00 kam ich nach Hause, um die Unterlagen für die Wohnungen und mein Fahrrad zu holen. Sie war völlig erschrocken, als sie mich sah: „Oh, das wird aber jetzt peinlich. A. kommt gleich und klingelt.“ „Für wen ist das peinlich?“
Sie wollt ihn abfangen, ihn anrufen, damit er nicht vorbei kommt, sie lief zum Fenster, um ihn zu warnen. Sie war völlig aufgedreht, sie wollte absolut nicht, dass wir uns begegnen. Ich war auch aufgeregt, mein Herz schlug heftig, ich zögerte mein Blättern in den Unterlagen heraus, wollte mich nicht vor ihm davonschleichen.
Sie fragte: „Du wirst doch keine Streit anfangen?“ „Warum, sehe ich so aus?“ „ Ja!“ „Solange er nicht in deinem Bett liegt, ist alles ok, aber dann würde ich zum Berserker werden!“
Ich fand sie so attraktiv, so begehrenswert, so schön, wie nie zuvor.
Ich wühlte in meine Unterlagen herum, ich wollte ihm endlich mal ins Gesicht sehen. Als er um 18:10, 5 Minuten, bevor meine Wohnungsbesichtigung ganz in der Nähe begann, immer noch nicht da war, schnappte ich mein Fahrrad und fuhr los, in Richtung des Besichtigungstermins und gleichzeitig in Richtung seiner Wohnung. Ich wusste, ich würde ihn treffen.
Auf der Höhe des Antiquariats sah ich ihn. Er kam mit auf dem Fahrrad entgegen. Ich stellte mich in seinen Weg, mitten auf die Straße und sagte: „Hallo“. Er musste stehen bleiben, und sagte: „Was kann ich für dich tun?“ „Du bist A.?“ „Ja“ „Ich bin M..“ „Ich hätte dich nicht erkannt.“ „Ich will dir sagen, dass ich sie immer noch verdammt liebe.“
Mir stiegen Tränen in die Augen bei diesen Worten, ich fühlte mich schwach und zittrig, aber ich wollte ihm meine Standpunkt vermitteln.
Er versuchte, sich zu rechtfertigen:„Ich habe gar nichts damit zu tun, dass ist eine Sache zwischen dir und H., sie sagte mir schon im November/Dezember, dass sie nicht mehr mit dir glücklich ist, dass es ihr nicht gut geht, dass es vorbei ist und sie sich von dir trennen will.“
Ich zitterte, war sehr aufgeregt, aber nicht zu kopflos, um nicht zu sehen, dass es gut wäre sich von unserem Standpunkt mitten auf der Straße zu entfernen, obwohl es dramatischer gewesen wäre, dort weiterzureden, und ich vermute, er würde sich dann entfernen, aber nein, folgte mir an den Straßenrand.
„Ich weiß, dass ich verdammte Fehler gemacht habe, ich hatte viel Stress auf der Arbeit, aber die drei ein halb Jahre vorher waren eine absolut tolle Zeit. Sie hat nichts für die Beziehung getan, als es schwierig wurde, sie flüchtet vor Schwierigkeiten.
Ich wünsche Dir, dass Du irgendwann mal so leidest wie ich jetzt. Ich wollte dir das nur sagen, es nutzt mir nichts, es nutzt dir nichts, aber ich muss es dir sagen: Behandle sie gut. Pass gut auf sie auf, sie ist sehr wertvoll und sehr verletzlich, Spiele nicht mit ihr und verletzte sie nicht!“ „Das kann sein, aber ich denke auch, H. kann sehr gut für sich selbst sorgen“ „Ja, das kann sie.“
„Tschüß“ „Tschüß“
Ich fuhr zu meinen Wohnungsbesichtigungen. Eine zu klein und zu teuer, die andere bezahlbar, aber dunkel, schlecht geschnitten, mit Schimmel an den Wänden und runtergekommen.
Ich führ zurück, holt mir noch Zig., fuhr viermal an M. (H.s Ex-Mann) Friseurladen vorbei und kam um fünf vor sieben in die Wohnung zurück.
H. stand im Flur, mit erschrecktem Gesicht. Er saß in der Küche, an dem Platz, auf dem ich auch mal gesessen hatte, als G., H.s Partner vor mir eines Abends nach Hause kam. Auch mir hatte sie damals erzählt, alles sei vorbei, sie hätten keine Beziehung mehr.
Ich stürmte auf ihn zu: „Ich will nicht, dass Du in meiner Wohnung bist. Das ist auch meine Wohnung und ich will es einfach nicht. Gehe jetzt sofort!“ Er war lächelte nervös, sagte: „Gut, ich gehe.“, aber anstatt sich sofort auf den Weg zu machen, sah es so aus, als wolle er noch seine Zig. fertig rauchen. Das war nicht genau dass, was ich von ihm gefordert hatte: „Ich will, dass Du jetzt gehst, sofort!“
H. mischte sich ein: „Es ist gut, er hat nichts damit zu tun.“
Er sagte: “Aber du wusstest doch, dass ich H. abholen wollte“. Er bewegte sich immer noch kaum in Richtung Ausgang, saß unsicher auf dem Stuhl.
„Das ist die tollste Frau, mit der ich jemals zusammen war, und ich will, dass du sofort diese Wohnung verlässt. OK, ich zieh hier aus, aber solange, wie ich noch hier wohne, komme nicht mehr hierher, du kannst kommen, wenn ich nicht da bin, aber ich will dich nie hier mehr sehen, wenn ich nach Hause komme!“
Für mich klang meine Stimme zittrig, meine Augen wurden wässrig, ich weiß nicht, ob ich ihm immer in die Augen sah, oder mich manchmal abwand, damit er dass nicht sehen sollte, aber vielleicht bemerkte er nicht meine Unsicherheit, oder er merkte trotzdem, dass es mir sehr ernst war, und dass ich nicht bereit war, mit ihm hier zu reden.
H. wiederholte: „Es ist alles ok, er hat nichts damit zu tun“
Ich wiederholte mich auch noch einmal, aber lauter und nachdrücklicher: „Jetzt sofort! gehe jetzt!“
Er schnappte sich die Jacke, ich folgte ihm zur Tür.
Ich glaube, wenn er in diesem Moment nicht auf meine Worte gehört hätte, wäre ich zu Handlungen übergegangen, obwohl ich ein friedliebender Mensch bin und mich seit meiner Grundschulzeit nie mehr geprügelt habe.
Er ging raus. Ich hatte die Tür in der Hand, wollte sie schließen, H. machte einen Schritt in Richtung Tür, ich öffnete sie wieder ein Stück, sie ging doch wieder einen Schritt zurück, wollte selber die Tür in die Hand nehme, vielleicht wollte sie nur verhindern, dass ich die Tür zu schlug, aber ich hatte die Tür in der Hand, und schlug sie heftig laut zu, nicht so fest, dass Gefahr für die Fenster bestand, aber ziemlich laut.
H. öffnete die Tür wieder, ging ihm hinterher, ich schnappte mir eine Flasche B.. Nach dem ich sie schnell getrunken hatte, nach ca. 5 Minuten, kam sie zurück.
Sie musste ja kochen. Sie kramte in der Speisekammer herum, mit gesenktem Kopf, aber irgendwie routiniert und gefasst, ohne sich etwas anmerken zu lassen, sie kochte Spagetti mit Spinat und Schafskäse, ein einfaches essen, bei dem man nichts falsch machen konnte. Ich hätte aber in diesem Moment noch nicht einmal das hinbekommen, und ich war auch nicht in der Lage, ihr irgendwie behilflich zu sein, außer beim Tischdecken.
Ich saß am Tisch, trank mein B., schaute ihren zügigen, schönen Bewegungen bei den Essensvorbereitungen zu, sie erschien im Gegensatz zu mir bemerkenswert gefasst, konzentrierte sich auf das Kochen, wie eine Maschine.
Ich begann zu reden: „Ich verstehe nicht, dass du so wenig Rücksicht auf meine Gefühle legst. Warum musste er hier rein kommen? Ich hatte gesagt, dass ich um sieben kommen würde.
Sie sah auf die Uhr: „Es ist drei vor Sieben! .... Du verstehst das nicht, Du hörst nicht zu! Hat er dir nicht gesagt, dass wir keine Beziehung haben?“ „Nein, das habe ich nicht gehört, weder hier, noch auf der Straße, und das ist mir auch egal, du schläfst mit ihm, du schmust mit ihm und er macht mich damit kaputt“
„Warum macht er dich kaputt?“
„Weil er mit dir zusammen ist und ich nicht mit dir zusammen sein kann. Soll ich lieber Aggressionen auf dich haben?“
„Ja, das wäre mir lieber. Was hat er gesagt?“
„Er hat gar nichts gesagt, nur dass es nichts mit ihm zu tun hat. Ich bin stinksauer, dass Du ihm im November gesagt hast, es wäre vorbei zwischen uns. Im November hast du ihm das gesagt, aber mir erst im Februar. Warum hast Du nicht mit mir geredet?“ Sie schwieg zu meiner Frage.
„Warum sagst Du ihm, dass er auf mich aufpassen soll? Ich konnte immer für mich alleine sorgen, ich brauchte nie jemanden, der sich um mich kümmert, ich bin immer alleine zurecht gekommen. Ich brauche keinen Aufpasser!“ „Ich meinte das nicht im Sinne von Aufpasser, sondern wollte sagen, dass er Dich gut behandeln soll. Aber warum brauchst Du niemanden? Was ist so schlimm daran, jemanden zu brauchen, dir geht es manchmal schlecht, und ich habe dich immer, bis auf die letzten Monate unterstützt und das tut mir verdammt leid. Ich verstehe nicht, warum mir das passieren konnte. War es der S., der dir gefehlt hat, den Du jetzt mit ihm haben kannst? Ich finde dich jetzt so begehrenswert, ich habe keine Erklärung dafür, warum ich dich in den letzten Monaten nicht begehrt habe. Ich muss aber herausbekommen und ich werde es herausbekommen in einer Therapie. Das wird mir nicht noch mal passieren.“
„Es ist nicht der S., es ist das Reden!“
„Ich hoffe, er wird auch für dich das sein, wenn es dir mal schlecht geht, und auch noch nach drei ein halb Jahren für dich da sein, dir wünsche ich nicht, dass Du mal so leidest, wie ich jetzt.“
„Das wird er dann bestimmt nicht nach drei ein halb Jahren, das ist nicht sein Ding. Ach was, das geht dich überhaupt nichts an.“
Ihr Sohn L. kam irgendwann rein, wie immer, fragte, wann das Essen fertig sei. Ich sagte: „Hast du das Schreien vorhin gehört?“ „ Ich weiß nicht“ „Ich will es dir sagen, was passiert ist: Ich habe A. gesagt, habe, dass ich nicht will, wenn er in dieser Wohnung ist, solange ich noch hier wohne.“
H. schaute mich total erschreckt an, wollte mir mitteilen, dass ich nicht weiter reden sollte. Ich sagte “Ich wollte es ihm nur erklären.“ L.: „ Es ist mir völlig egal, was ihr zusammen habt, aber lass ihn doch ausreden.“
„Ich glaube immer mehr, dass du vor deinen eigenen Problemen flüchtest, wir hatte ein gemeinsames Lernprogramm: uns trotz einer hoffnungslosen Situation unserer Gefühle zu bekennen. Du flüchtest lieber vor Schwierigkeiten, Du suchst das Gefühl, verletzt zu werden, weil es deinem Muster entspricht. Wir aber haben unsere Probleme 49 mal gelöst, ich habe 49 um dich gekämpft, nur einmal war ich nicht dazu in der Lage. Du hast nie um mich gekämpft und als ich nicht um dich kämpfen konnte, hast mir nicht geholfen.
Ich liebe dich immer noch, aber ich kann auch gut ohne dich zurecht kommen, ich bin mir jetzt sicher, dass ich das kann, ich bin nicht abhängig von Dir, ich suche mir eine eigen Perspektive, aber ich würde es lieber mit dir machen.“
„Das ist ja perv.“ „Ist es perv., etwas zu begehren, was man nicht bekommen kann? Das ist genau dein Problem! Du willst nicht um eine Beziehung kämpfen, Du willst sie lieber austauschen “
„Wenn du mir nicht antwortest, musst du damit rechnen, dass ich Vermutungen anstelle.“ „Ja, mach dir nur Vermutungen, da ist mir völlig egal!“
Zwischendurch suchte sie nach ihrem Pass. Sie braucht ihn für den Flug mit A. nach Gomera. „Ich weiß genau, wo ich ihn hingelegt habe, da ist er nicht mehr! Du hast ihn genommen.“ Ich war total schockiert über ihre Vermutung „Es kann nicht wahr sein, dass Du mir das zutraust, ich verhalte mich doch nicht wie ein russischer Zuhälter.“ Ich schwor ihr, dass ich ihn nicht habe. Wenn sie ihn nicht findet, wird es Gründe geben. Sie hat irgendwie Angst vor dem Flug und der Reise.
Sie hörte mir zu, ohne viel selbst zu sagen, kochte das Essen. Als es fertig war, gab sie L. etwas auf sein Zimmer und nahm sich auch etwas, verschwand damit in ihrem Zimmer, sie muss es verschlungen haben, nach sehr kurzer Zeit holte sie sich einen Nachschlag.
W. kam, ich fuhr mit ihm zu der Bandprobe, aber ich sagte, dass ich heute wahrscheinlich keinen Ton auf der Gitarre spielen könnte. Wir redeten lange, ich erzählte ihnen von dem Erlebnis und wie es dazu gekommen war. W. und C. hörten mir zu, ich weiß nicht, ob sie meine Gefühle nachvollziehen konnten, es war mir auch egal, ich musste nur reden.
Irgendwann entfernte sich das Thema immer mehr von H., wir kamen auf Elternbeziehung zu sprechen, auf die Beziehung zu Vätern und sie redeten über traumatische Erlebnisse in ihrer Kindheit, von enttäuschten Erwartungen, Misserfolgen, Missverständnissen, sehr viel sehr persönliche Gefühle brachen auf, wir hatten noch nie so zusammen geredet.
Nach drei Stunden reden begannen wir zu improvisieren, denn ich wollte keine Stücke spielen, mich nicht an Regeln halten, ich war nur noch zu grobmotorischen Bewegungen fähig, deshalb setzte ich mich ans Schlagzeug. Schon nach den ersten Tönen klang es verdammt nach BeBob Jazz, nach schwarzem Harlem, Ich hätte nie gedacht, dass ich BeBob am Schlagzeug spielen könnte, aber es klang, als hätte ich nie etwas anderes gemacht. W. blies ein irrsinniges Rohr zu dem räudigen Brummen des Bass und dem verzögerten, stolpernden, manchmal streichelndem, manchmal explodierenden Schlagzeug. Jeder war ganz nah bei sich, deshalb konnten wir uns musikalisch ganz nahe kommen.
Irgendwann wechselte der Stil, wurde härter, der Bass gab ein Thema vor, und wir gröhlten in einer virtuosen, grausamen und von Blut, Schweiß, B. und Sper. triefenden Version:
„Why don´t we do it on the road?
Nobody´s really watching us!
Why don´t we do it on the road?
W. sagte auf dem Rückweg: „Das war ein Abend, wie er sehr selten unter Männern vorkommt.“
17.04.2002 11:39 •
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