Hallo …
Als wir uns vor 21 Jahren im Urlaub kennen lernten war es für mich Liebe auf den ersten Blick. Ich hatte noch nie solche blauen Augen in einem so sonnengebräunten Gesicht gesehen.Aus einer Urlaubsbekanntschaft wurde Liebe, ich fühlte es irgendwie. Du warst meine 2. Hälfte. Du warst witzig und klug, ich konnte mit dir reden und mich einfach fallen lassen. Ich habe mich so sicher und geborgen gefühlt, wie mein ganzes Leben vorher nicht.
Du warst der 1. Mensch, der das verurteilte was mir mein Stiefvater angetan hatte. Der 1. Mensch, der mir Trost gab und mir sagte, dass es Unrecht war und das Schlimmste was man einem Kind antun kann. Bis dahin dachte ich, es war meine Schuld, dass so etwas mit mir passierte.Obwohl wir die ersten drei Jahre auf Grund meiner Ausbildung eine Wochenendbeziehung führen mussten, tat diese Zeit unserer Liebe keinen Abbruch. Im Gegenteil:Wir heirateten überstürzt, genau 9 Tage vor der Geburt unserer Tochter, damit du das Mütterjahr nehmen konntest. (Das war damals Bedingung, es gab noch keine Frau-von-der-Leyen) Und ich war so glücklich endlich den Namen meines Vaters loszuwerden.Am Entbindungsbett sagtest du mir dann folgende Worte: Das werde ich dir mein Leben lang nicht vergessen.
Du warst der beste Papa, den man sich denken konnte. So einen hätte ich mir immer gewünscht. Du selber sagtest von der Zeit im Mütterjahr, es war bis dahin deine intensivste und schönste Lebenserfahrung.Ich folgte dir in deine Stadt, meine Familie ließ ich freudig zurück17 Jahre haben wir versucht unsere Tochter vor meinem Stiefvater zu schützen. Die Entfernung und eine gefühlskalte Beziehung zu meiner Mutter halfen uns dabei, meine Vergangenheit vor der ganzen Familie geheim zu halten. Bis letzten Sommer, als er versuchte mit unserer Tochter zu tanzen. Ich konnte meine Empfindungen und meine Angst nicht verbergen.
Es kam alles raus und O Wunder: die ganze Familie (wohl gemerkt: ich bin mit keinem von denen blutsverwandt) hat sich von heut auf morgen von ihm abgewandt, kein Kontakt. Bis heute.Ich war so glücklich: kein Versteckspiel mehr, offener und ehrlicher Umgang mit allen. Endlich war alle Last weg.Ich glaubte, jetzt kann endlich das wahre Leben beginnen….Genau zu dieser Zeit hast du die Beziehung mit deiner 16 Jahre jüngeren Kollegin angefangen. Ich war so blind und naiv und habe nichts bemerkt, zumindest nicht, dass da eine 3. Person bei unseren Problemen eine Rolle spielte. Du sagtest mir im Oktober: du hast das Gefühl, ich liebe dich nicht mehr. Ich habe diesen Satz nicht verstanden, weil ich bei mir keine Veränderung wahrnahm.Ich merkte erst allmählich, dass du dich vor mir immer mehr zurückzogst. Ich habe dich immer wieder, unter Tränen, darauf angesprochen.
Du hast immer absolut verneint und mein Bauchgefühl verkannt.Ich gab dir so viele Möglichkeiten endlich deine Beziehung zu deiner Kollegin aufzudecken. Aber du hast diese Chancen nie genutzt. Auf was hast du noch gewartet? Okay, da war Weihnachten, der 18. Geburtstag unserer Tochter, der Geburtstag deines Bruders, Vaters, Neffen, Ostern. Und dann endlich, als ich vor dir stand und sagte: irgendwas stimmt hier nicht. Erst da kam von dir die Aussage, dass du dich verliebt hattest. Alles noch platonisch. Mehr nicht. Und dein stolzer, überzeugter Brustton, dass „ja, der Altersunterschied ganz schön extrem ist“. Ich war wie vor den Kopf geschlagen, völlig tot. Totaler Schock. Was dann folgte, war ein Höllentrip durch mein Gefühlsleben. Hass, Wut, Ekel, Erniedrigung, Entsetzen, Eifersucht, Angst, Unglaube, Verzweiflung und dann wieder alles von vorn. Das werde ich so lange ich lebe nicht vergessen. Und vor allem dir nicht!Ich habe dich aus der Wohnung geschmissen. Unsere Tochter ist bei mir geblieben. Ich habe eine Flut von Aktionismus losgetreten, um mich irgendwie am Leben zu erhalten. Und da war noch soviel Hoffnung in mir…Bis du mir dann auf meine Fragen am Telefon sagtest, dass du schon seit 8 Monaten (oder noch länger?) eine s.uelle Beziehung mit ihr hast. Das war dann die Hölle. Ich glaubte, jetzt endlich sterben zu können.
Du hast mir genau das angetan, zumindest empfinde ich es so, was mir mein Stiefvater antat. Du hast mich benutzt, erniedrigt, mit Dreck beschmiert.Und du hast gelogen, etwas was du absolut verurteilst. Wie deinen Vater, der auch deine Mutter betrog und fremd ging Du hast deinen Vater dafür gehasst. Und mir gab das diese trügerische Sicherheit…Bei unserem letzen Telefongespräch, hast du mir auf mein Warum? geantwortet: dass du schon seit 10 Jahren mit mir nicht glücklich bist. Warum habe ich das nicht gemerkt, warum haben die anderen nichts davon bemerkt? Warum galten wir als Traumpaar? Warum konntest du 10 Jahre nicht mit mir darüber sprechen, was war ich für dich? Hast du 10 Jahre dein Absprungbrett in Form deiner Kollegin gesucht? Okay, Freunde hattest du nie. Wie und wo hättest du jemanden kennen lernen sollen? Das ist so stinknormal, sich in seine jüngere Kollegin zu verlieben… ich dachte, wir wären was Besonderes. Ich dachte, du wärst was Besonderes.
Ich habe seitdem keinen persönlichen Kontakt mehr (außer unvermeintliche E-Mails wegen Scheidung, Konten u.dergl.), aus Angst, du könntest mir erzählen, dass alle 21 Jahre vergeudet waren. Ich würde dir das zu trauen.Ich habe alles was dir gehört zurückgeben, auch sämtliche Geschenke deiner Familie. Du warst darüber entsetzt, nach dem Motto: aber das ist doch deine Vergangenheit.Tja, diese Vergangenheit hast du mir geraubt. Du hast 20 Jahre meines Lebens kaputtgemacht, so wie der erste „Mann“ mir meine Kindheit gestohlen hat.Ich werde in zwei Monaten 40, in 6 Wochen ziehe ich um, ich werde weiterhin atmen, ein bisschen essen, weinen, versuchen zu schlafen, Angst vor dem Scheidungstermin haben, und dann endlich deinen Namen abgeben und meinen Geburtsnamen annehmen.
Vielleicht kann ich dich irgendwann vergessen, meine Gedanken abschalten, mir ein Leben vorstellen ohne dich. Ich wünsche es mir.
12.06.2008 19:06 •
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