Hallo liebe Community,
ich lese hier seit einiger Zeit unregelmäßig mit und bin oft berührt davon, was für Schicksale rund um Trennungen und Liebesschmerzen viele von euch - quer durch alle Altersgruppen - erleiden müssen; manche davon recht ähnlich zu meinem, viele auch ganz anders gelagert. Und wie viele kluge oder hilfreiche oder einfach auch nur kurze, emphatische Kommentare abgegeben werden, wenn sich jemand mit seinen Sorgen hier in diesem Forum gegenüber fremden Menschen öffnet.
Ich habe mich nun entschlossen, hier auch meine Trennungsgeschichte zu erzählen. Vielleicht erkennt der eine oder die andere ja Parallelen und dass man nicht allein mit so einem Schicksal ist, was mitunter mental auch schon ein bisschen auf dem Weg durch den Schmerz helfen kann. Und für mich selbst ist das „von der Seele reden“ meiner Trennungsgeschichte hier vielleicht auch ein kleiner Baustein auf meinem eigenen Weg aus diesem Schmerz. Verzeiht bitte die Länge des Textes, ich hoffe, er ist dennoch gut und interessiert zu lesen.
Die Trennung
Ende letzten Jahres, für mich (ich bin Mitte 50) vollkommen überraschend und sich - eigentlich - durch nichts Offensichtliches ankündigend, hat sich meine Partnerin nach weit über 5 Jahren Beziehung (double income/no kids) von mir getrennt. Die Trennungsgründe waren sozusagen ein Klassiker: Es seien nicht mehr genügend Gefühle für eine Beziehung vorhanden, sie habe sich in den letzten Wochen innerlich sehr verändert, sie wolle ihr Leben neu überdenken usw. usf. Diese „Gründe“ sind ja vielen Verlassenen alles andere als unbekannt.
Unsere Beziehung war sehr harmonisch, wir hatten nie einen verletzenden Streit oder so etwas, redeten aber über die meisten Themen immer offen miteinander. Mir ging es, dass muss ich betonen, seit Mitte letzten Jahres schon einige Wochen lang nicht gut, weil ich durch berufliche Umstände (v.a. emotional) sehr belastet war und mich leider etwas in mich selbst zurückgezogen hatte. Bildlich gesprochen lag ich also mental schon etwas am Boden, als auch noch diese Trennung über mich hereinbrach - und zugleich hat meine Verfassung diese sicher auch befördert. Meine Ex, die ein liebevoller Mensch ist, aber leider recht unfähig, wirklich über tiefe Emotionen zu sprechen oder diese zu nah an sich heranzulassen, war leider nicht in der Lage, ihre aufkeimenden Gedanken und Gefühle frühzeitig zu äußern. Sie hat sich statt dessen, als sie merkte, dass in ihr tief gehende Fragen über mich und unsere Beziehung hochkochten, mir gegenüber völlig normal verhalten, alles nur still mit sich selbst ausgemacht und sich schlussendlich gefühlstechnisch von mir entkoppelt. Erst als sie diese innerliche Trennung für sich selbst entschieden und mental geschafft hatte, fand sie den Mut und sprach die Trennung mir gegenüber aus. Zu dem Zeitpunkt war ein Kämpfen um unsere Beziehung also schon verbaut; ich hatte keine Chance mehr, zu handeln oder durch Gespräche oder gemeinsame Reflexionen, obwohl sie dann stattfanden, etwas daran zu ändern - das hat sie auch deutlich gemacht.
Wie es mir danach erging
Mir hat es - wie vielen anderen, die so eine harte Trennung aus vermeintlich „heiterem Himmel“ erleben mussten - erst einmal komplett den Boden unter den Füßen weggezogen. Ich war über 2-3 Wochen in einer Art Schockzustand. Meine Hausärztin hatte mich auch mal für ein paar Tage krankgeschrieben, denn ich war kaum in der Lage, mich auf meinen Beruf zu konzentrieren. Ich litt an massiven Schlafproblemen, an Appetitlosigkeit, an Unruhezuständen und dumpfen Angstgefühlen.
Wir lebten zusammen in einer Wohnung, meine Ex hat sich im Januar eine neue gesucht und recht schnell gefunden: Kaum 4 Wochen nach der ausgesprochenen Trennung standen die Möbelpacker vor der Tür. Der Tag, an dem sie auszog, war wirklich schrecklich für mich; ich spürte auf einmal massiv, wie meine/unsere gesamte Lebensplanung, das Gefühl von Angekommensein, ja, mein „Urvertrauen“ in das Leben und - leider - auch mein Selbstwert komplett implodierten.
Für den Februar diesen Jahres hatten wir eigentlich eine mehrwöchige Urlaubsreise geplant, die ich dann - nach reiflicher Überlegung - allein antrat. Diese Alleinreise (Fernreise) war die richtige Entscheidung! Die ersten 2-3 Tage waren mental wahrlich nicht einfach, aber recht schnell kam ich in einen „Flow“, reiste quer durchs Land, genoss die Eindrücke, unternahm viel (für mich allein), las gute Bücher, genoß Wetter, Strand, Essen und Leute und kümmerte mich um mich selbst. Meine Stimmung besserte sich merklich, ich war zum einen abgelenkt und zum anderen auch wieder mehr bei mir selbst.
Doch nach meiner Rückkehr nach Deutschland, nach knapp 4 Wochen, fiel ich wieder in das tiefe Loch der Realität und des Alltags: Wieder wurde mir schmerzlichst bewusst, dass ich nun allein bin, dass all die schönen Momente und das Leben zu zweit mit der Frau, die ich zutiefst liebe, vorbei sind, dass unsere Vorstellungen über eine gemeinsame Zukunft nicht mehr existieren. Auch körperlich kamen Symptome zurück, vor allem eine fast unerträgliche, innere Unruhe, die mich morgens nach dem Aufwachen mit Heftigkeit empfing und meistens erst gegen Abend zurückging.
Ich wollte mich diesem Schicksal und auch diesen Symptomen aber nicht einfach ergeben und so ergriff ich einige Maßnahmen: psychotherapeutische Beratung; Yoga-Kurs (für meine mentale Ausgeglichenheit); viele Bücher und Podcasts zum Thema Trennung gelesen/gehört (um die Mechanismen zu verstehen, die meinen Zustand vielleicht erklären); die einstmals gemeinsame Wohnung umgeräumt; spontane Kurzreisen und Ausflüge unternommen (manchmal allein, manchmal mit einer Freundin/einem Freund); viel mit Freunden und meiner Mom gesprochen; die schlimme innere Unruhe (die leider nicht wegging) medikamentös behandelt usw. Wie man sieht: Ich war alles andere als untätig - und setze mich ehrlicherweise dennoch manchmal unter Druck, nicht genug zu tun, um mich wieder zu stabilisieren.
Mit meiner Ex habe ich seit dem Auszug im Januar kaum noch Kontakt, wir haben uns zweimal kurz geschrieben und einmal telefoniert. Ich habe diese Trennung in meinem Kopf akzeptiert, aber meine Gefühle für sie sind natürlich nicht komplett weg. Da man jedoch nicht um Gefühle kämpfen kann, die (bei ihr nach eigener Aussage) nicht mehr vorhanden sind, ist dieser Kontaktabbruch wohl der beste Weg. Ich hege auch keinerlei Hoffnungen, dass wir wieder zusammenkommen, denn ich weiß, was es bedeutet, wenn die Gefühle für den anderen nicht mehr vorhanden oder stark genug für eine Beziehung sind - auch ich habe mich ja in meinem Leben aus solchen Gründen schon getrennt.
Wo stehe ich heute, knapp 6 Monate nach der Trennung?
Der tiefe Schmerz ist nach wie vor präsent - mal mehr und auch mal weniger. Zwar bin ich nicht mehr in diesem Schock- oder Ausnahmezustand, wie Anfang diesen Jahres, aber ich habe meine Gelassenheit, mein Vertrauen in das Leben und meine Fähigkeit, mich an kleinen Dingen zu freuen oder einfach genießen zu können, im Moment weitgehend verloren. Auf mir liegt, selbst in Gesellschaft mit guten Freunden, sehr oft eine Schwermut, die sich in schlimmeren Momenten extrem bleiern bzw. wie eine Depression anfühlt (was sie wahrscheinlich auch ist) und in besseren wie eine stille Melancholie. Ich bin, wenn man so will, mit einer Lebenskrise konfrontiert, in der ich vieles infrage stelle, in der ich mir plötzlich übertriebene Sorgen um die Zukunft mache, in der ich merke, dass ich mich auf gewisse Weise selbst verloren habe, mich „unerfüllt“ fühle bzw. nicht mehr genau weiß, was ich eigentlich vom Leben noch will oder erwarte. In der mich die Angst befällt, dass ich nun für immer allein bleibe. Und natürlich durchfluten mich manchmal auch Momente voller Sehnsucht nach meiner Ex, nach unseren Gesprächen, unseren Unternehmungen, nach der Zweisamkeit.
Meinen Gefühlen gebe ich in unterschiedlicher Form Raum (Tagebuch schreiben; Achtsamkeitsübungen usw.). Ich will sie bewusst nicht unterdrücken (und genauso wenig in Selbstmitleid verfallen). Ich lenke mich also nicht permanent ab sondern versuche eine Balance zwischen wohltuender Ablenkung und bewusster Beschäftigung mit mir selbst (vor allem im Alleinsein) und meinen Gefühlen und Gedanken herzustellen. Und ich lasse auch Tränen zu.
Ich organisiere mein Single-Leben im Grunde problemlos und „funktioniere“ nach außen (vor allem im beruflichen Umfeld usw.) ziemlich gut; aber ganz tief in mir drin sieht es oft ziemlich traurig aus. Momente, in denen es mir wirklich gut geht, ich Mut schöpfe und mir bewusst werde, dass es mir abgesehen von diesem Schicksalsschlag in vielen Aspekten doch sehr gut geht, existieren durchaus, aber sie sind noch relativ selten. Zu selten für meinen eigenen Anspruch. Insbesondere an den Wochenenden falle ich regelmäßig in ein Loch, denn das war früher besonders durch unsere Gemeinsamkeit geprägt; die Leerstelle in meinem Leben, die meine Ex hinterlassen hat, spüre ich dann am stärksten.
Erkenntnis
Manchmal im Leben, so habe ich für mich erschreckend festgestellt, sind wir offenbar auch als nach außen relativ stark und selbstbewusst erscheinende Personen emotional abhängig von einer Beziehung; sie gibt uns einen Halt, den wir uns selbst ganz offensichtlich nicht mehr geben können. Und unser Selbstwert ist dann bei einer Trennung so stark erschüttert und am Boden, dass wir es kaum glauben können. Das wieder aufzubauen ist harte Arbeit. Und die beginnt vielleicht mit ersten, tröstenden Worten einer Podcasterin, die ich ab und an gehört habe: „Du bist wertvoll. Und dein Wert nimmt nicht ab, basierend auf der Unfähigkeit einer Person, diesen zu erkennen.“
Ich befinde mich, bildlich gesprochen, auf einem Weg, dessen Richtung zwar klar ist, aber Ende und genaues Ziel ich noch gar nicht kenne, weil ich mich selbst in Teilen komplett neu erfinden muss (ich habe die letzten beiden Jahrzehnte immer in Beziehungen gelebt). Und dieser Weg ist nach wie vor sehr steinig und auch von Rückschlägen gezeichnet. Er ist also mitunter sehr schmerzvoll und selten einfach. Ich hätte von mir selbst nie gedacht, wie sehr mich eine Trennung trotz aller Lebenserfahrung niederwerfen kann und wie viel Arbeit (an mir selbst) ich leisten muss - aber vielleicht wurde ich auch zu bequem und hinter dem Schicksal solch einer schmerzhaften Trennung steckt die Chance für eine Entwicklung, die ich bisher nie gesehen oder als notwendig erachtet habe. Oder, um ein anderes Zitat anzuführen: „Manchmal braucht es ein gebrochenes Herz um uns wachzurütteln, damit wir sehen, dass wir so viel mehr wert sind als das, womit wir uns bisher zufrieden gegeben haben.“ Rational erfasse ich diese Erkenntnis auch, nur mein Herz stolpert noch etwas unentschlossen vor sich hin…
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Soweit meine Trennungsgeschichte (to be continued im realen Leben…). Vielleicht findet sich darin ja eine/r von euch wider. Oder hat konkrete Fragen oder Anmerkungen oder spannende Tipps aus eigener Erfahrung im Umgang mit so einer Krise. Mich würde auch speziell die Meinung von Verlassenen in meiner Altersgruppe (ab 50) interessieren, denn so eine Trennung hat in diesem Alter vielleicht noch mal eine andere bzw. zusätzliche Dimension (so meine aktuelle Erfahrung).
Und allen, die auch gerade so etwas Ähnliches durchleiden, wünsche ich von Herzen alles Gute: Verliert bitte die Geduld und den Mut nicht!
16.06.2024 14:26 •
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