Liebe Martina,
ich weiß, wie du dich gerade fühlst, darum will ich dir mal meine Geschichte aufschreiben, auch wenn es schon acht Jahre her ist.
Wir waren 23 Jahre verheiratet und mein Mann hat sich fremdverliebt, in eine junge Frau mit 6jährigen Sohn, die eigentlich seine Tochter hätte sein können. Unser Sohn war damals gerade drei Jahre jünger, als seine Affäre. Die Gründe des Fremdverlieben lag bei uns beiden.
Ich habe schon länger gemerkt, dass was nicht mit ihm stimmt, habe aber immer die Augen geschlossen und es nicht sehen wollen, so ist es ja einfacher, als sich den Problemen zu stellen.
Den Tag, als ich es herausgefunden habe, wollte er sich eigentlich von ihr trennen (die Affäre ging drei Monate lang). Es kam am Mittwochabend zu einem nicht schönen Streit, ich war am Boden zerstört, meine Welt war zerbrochen wie ein Kartenhaus. Er packte seine Tasche, ließ sich des Nachts von ihr abholen und zog Hals über Kopf zu ihr. Ich konnte nicht mehr essen, schlafen und war wie in Trance und bin trotzdem den nächsten Morgen auf Arbeit gegangen, wie ich das geschafft habe, kann ich dir nicht sagen. Aber irgendwie musste es ja weitergehen.
Da wir in der gleichen Dienststelle arbeiten, bin ich rüber zu ihm ins Büro, da saß er wie ein kleines Häufchen Unglück, ich war wütend, unendlich traurig, enttäuscht, aber auch kämpferisch. Ich habe ihn gefragt, ob wir nochmal reden können, ohne Hass und Vorwürfe. Ich habe ihn nur gefragt, ob er das alles so will, nochmal ein Kind großziehen, wie gesagt, unsere Kinder waren schon groß und ob es das ist, was er wirklich will. Es kam keine Antwort von ihm. Ich habe gesehen, wie schlecht es ihm ging. Bei Rausgehen habe ich ihm gewünscht, dass er mit ihr glücklich wird und ich ihm dabei nicht im Wege stehen will. Er hat mich wortlos ganz fest in seine Arme genommen und gedrückt und mich auch geküsst und er hatte Tränen in den Augen, so kannte ich meinen Mann nicht, der sonst nach außen immer den Starken gespielt hat. Das hat in mir natürlich den Kampfgeist geweckt.
Tag für Tag hat er immer ein paar mehr Sachen aus unserem Haus geholt. Ich habe mich sehr zurück gehalten, habe nicht gefleht, er solle zurückkommen, obwohl ich es hätte rausschreien können. Mir sind nur die Tränen geflossen. Ich habe ihn aber auch nicht aufgehalten. (Er hat später mal zu mir gesagt, hätte ich gesagt, bleib, wäre er sofort geblieben, er dachte aber, ich will ihn nicht mehr). Er war auch selber tot unglücklich.
Am darauffolgenden späten Montagabend habe ich ihn unverbindlich per SMS gefragt, ob er nicht Lust hätte, mit mir ein Stück spazieren zu gehen. Seine Antwort, er weiß nicht, wie er von ihr wegkommen soll und ob ich ihn überhaupt noch haben wollte. Meine Antwort war natürlich ja und sofort hat dort bei ihr alle Zelte abgebrochen, seine Tasche gepackt und ist zu mir zurückgekommen. So habe ich meinen Mann noch nie erlebt. Weinend lag er in meinen Armen und hat gesagt, er bereut, so sehr, was er mir angetan hat und bewundert mich dafür, dass ich das ausgehalten habe und ihn trotzdem noch will.
Und wir sind heute immer noch zusammen, diese Erfahrung hat uns gestärkt und unsere Liebe ist noch intensiver geworden, klar hatte ich vieles aufzuarbeiten und es tut auch heute noch weh, wenn ich darüber schreibe. Wir haben viel danach gesprochen, haben die Vergangenheit aufgearbeitet.
Und weißt du, was eigentlich gar nicht so einfach für mich ist. Diese junge Frau habe ich bei mir ausgebildet, als er die Affäre mit ihr hatte. Und sie arbeitet heute immer noch mit bei mir auf demselben Flur. Stärke ist verzeihen, nicht jeder Mensch kann das. Sie wird nie meine beste Freundin werden, aber wir können ordentlich miteinander umgehen und auch miteinander reden.
Ich jedenfalls habe sie damals nicht kontaktiert, er sollte, wenn er zurückkommt, von sich aus zurückkommen und nicht, weil sie ihn wegen mir dann verlassen hätte. Das hätte ich nicht gewollt. Das war eine Sache zwischen ihm und mir. Und die musste ich mit ihm durchstehen. Er sollte nicht das Gefühl haben, wenn ich ihr stecke, dass er mit ihr unglücklich ist, das ich es war, die seine Affäre zerstört hat. Aber das ist nur mein Handeln und Tun. Jeder muss für sich entscheiden, was für ihn selber das richtige ist.
Ich wünsche dir von ganzem Herzen, dass du die Kraft hast, das durchzustehen und deinem Mann zur Seite stehen kannst und wenn du das Gefühl hast, es lohnt sich um eure Liebe zu kämpfen, dann lass dich nicht von anderen beirren und beeinflussen. Die nicht in so einer Situation sind, können das nie nachvollziehen, was du durchmachst und deine Beweggründe sind, egal, was du auch tust. Gehe deinen Weg, den du für richtig empfindest, auch wenn dir die anderen alle von allem abraten wollen, es ist nichts falsch, was du machst.
Ich drücke dich
Deine Hoffnung64
25.09.2015 12:14 •
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