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Bindungsangst und Verlustangst

S
Zitat von DieSeherin:
hast du deinen nick geändert, oder ?


Nein warum?

10.12.2024 12:42 • #181


DieSeherin
Zitat von Scherbenmeer:
Nein warum?

es klang gerade so... so, als würdest du die fragen für/als beide beantworten. es gibt ja hier manchmal user, die zwei accounts haben.

10.12.2024 12:43 • #182


A


Bindungsangst und Verlustangst

x 3


S
@DieSeherin
Immer noch Star76

Scherbenmeer hat sich hier auch ausgetauscht

10.12.2024 13:48 • x 1 #183


DieSeherin
Zitat von Star76:
Scherbenmeer hat sich hier auch ausgetauscht

dann habe ich wohl zu oberflächlich gelesen - sorry!

10.12.2024 13:50 • #184


S
@DieSeherin
Kein Problem

10.12.2024 13:53 • x 1 #185


M
Zitat von Scherbenmeer:
Ich auch nicht. Ich bin wirklich froh um jeden Tag, den ich es schaffe, ihn NICHT zu kontaktieren.

Sei stolz darauf, dass Du Dich beherrschen kannst. Der Drang ist manchmal schwer erträglich, aber was würde es denn bringen? Dir würde es nicht helfen und ihm womöglich Futter für sein Ego verschaffen, Sieh an, da ist sie wieder und kommt nicht los! Ha, so einfach geht es wohl doch nicht, sich von mir zu verabschieden.

Ich machte mir damals die 24-h-Regel. War der Drang wieder mal immens, sagte ich mir, morgen ist auch noch ein Tag und ich warte 24 Stunden. Dann war der Drang entweder verschwunden oder er erwachte doch wieder. Und dann verlängerte ich um weitere 24 Stunden. Und mit der Zeit ließt der Drang nach.

Der Drang ist ein Bonbon und Du hast schon lange nichts Süßes mehr gegessen. Der Bonbon würde Duir aber nicht gut tun, aber er schwebt vor Deinem Mund und Du glaubst, ich will nur mal daran l ecken, weil er sicher gut schmeckt.
Die Folge? Du bist enttäuscht von Dir selbst weil der Bonbon stärker war als Du und könntest Dich in den Hintern beßen, weil Du wieder schwach geworden bist.

Zufällig sah ich die letzten zwei Tage auf einer Fortbildung meinen Exgeliebten, der sich vor 10 Jahren getrennt hatte. Heute schau ich ihn an und fühle nichts mehr. Er wirkt deutlich älter und würde mich heute nicht mehr betören. Ich hatte Zeit ihn zu betrachten, weil er zufällig in der Reihe vor mir saß. Seine Hände hatten mich seinerzeit betört, heute nicht mehr. Er hat einen bescheidenen Haarschnitt, der ihm wohl ein jugendlicheres Aussehen verleihen soll, was aber nichts bewirkt. Die ausrasierten Haare an den Seiten und die kümmerlichen, etwas länger gelassenen Haarreste auf seinem Oberkopf sehen wirklich nicht gut aus. Außerdem trug er grauenhafte Schuhe.
Nein, jegliche Attraktivität ist verschwunden.

Als ich damals endlich über ihn hinweg war, fühlte ich mich unglaublich erleichtert, weil ich los gekommen war und unter ihm nicht mehr leiden musste. Du wirst auch an diesen Punkt kommen, wo Du Dir sagen kannst, ich bin darüber hinweg und mein Leben hat sich zum Positiven verändert und ich brauche sowas wie ihn nicht mehr. Ich bin daran gewachsen und darüber darf ich mich freuen.

Zitat von Scherbenmeer:
ER wird sich nicht melden, das macht er nicht. Denn er ist tief gekränkt, dass ich mich erdreistet habe, sein Verhalten zu kritisieren und somit bin ICH diejenige, die schuld ist.

Ja, und dieser Hochmut von Dir muss bestraft werden. Mit Missachtung, denn nichts erträgt ein Mensch schlechter als Missachtung, mangelnde Aufmerksamkeit. Ich schätze, das weiß er und hofft Dich damit zu treffen, dass es so aussieht, als würde er keinen Gedanken mehr an Dich verschwenden.


Zitat von Scherbenmeer:
Es tut sehr weh, ich schwanke zwischen Trauer, Sehnsucht, Wut und Mitleid…. im stündlichen Wechsel.

Das Buch ist da! Und ist sehr sehr deutlich…..


Deine Stimmungschwankungen sind normal und werden Dich leider noch eine Zeitlang begleiten. Auch wenn der Verstand weiß, es ist richtig so, brauchen die blöden Gefühle ungleich länger, bis sie das verstehen, dass er nichts mehr in Deinem Leben verloren hat..
Verstand funktioniert logisch, einsichtig und die Gefühle jammern und es dauert, bis sie wieder halbwegs im Einklang sind.Und die Gefülhle wollen Dich zu schädlichen Verhaltensweisen drängen, weil sie den Urzustand wieder herstellen wollen. Sie interessieren sich nicht für den Verstand.

Das Buch ist gut und wird Dir vermutlich in manchem die Augen öffnen. Davon kannst Du für Dich profitieren, indem Du irgendwann auch Deinen Anteil an der Dynamik erkennst.

Sei stolz auf Dich, dass Dir Dein Selbstschutz und Deine Einsicht geholfen haben.

12.12.2024 20:16 • x 1 #186


S
Zitat von Margerite:
Ja, und dieser Hochmut von Dir muss bestraft werden. Mit Missachtung, denn nichts erträgt ein Mensch schlechter als Missachtung, mangelnde Aufmerksamkeit. Ich schätze, das weiß er und hofft Dich damit zu treffen, dass es so aussieht, als würde er keinen Gedanken mehr an Dich verschwenden.

So ist es.
Er war eiskalt als ich mich heulend am Telefon verabschiedet habe.
Sagte, dass ich nicht nich mehr warten will und keinen weiteren Schmerz mehr ertrage.
Er wollte mich nämlich weiter hinhalten mit dem von mir gewünschten persönlichen Abschlussgespräch…. Er würde sich melden… wahrscheinlich hätte er das niemals getan.

Heute ist Tag 9….. ich bin stolz auf jeden Tag, den ich es schaffe, ihn NICHT zu kontaktieren.

Ich hatte es schon mal 1 Jahr geschafft, dann wurde ich rückfällig…. und zahle einen hohen Preis dafür.
Aber es geht mir inzwischen tatsächlich etwas besser, seit ICH für mich das Affentheater beendet habe. Es wird noch lange weg tun, aber lieber ein Ende mit Schrecken…..

Was du beschreibst, das ist so dermaßen nachvollziehbar für mich. Ich warte auf den Tag, wo der Gedanke an ihn NICHTS mehr auslöst.
Gleichgültigkeit ist das Ziel.

Das Buch ist super, es ist erschreckend wie sehr ich ihn und mich wiedererkenne.

Deine Beiträge sind auch super-hilfreich, ganz ganz lieben Dank dafür Margerite!

Ich denke, auch @Star76 profitiert davon.

Wie geht es dir, @Star76?

13.12.2024 16:51 • #187


S
Zitat von Margerite:
Mit Missachtung, denn nichts erträgt ein Mensch schlechter als Missachtung, mangelnde Aufmerksamkeit. Ich schätze, das weiß er und hofft Dich damit zu treffen, dass es so aussieht, als würde er keinen Gedanken mehr an Dich verschwenden.

Ja, das weiß er. Und es trifft mich sehr, aber ich weiß ja, wie er tickt.
ER hat es ja nicht nötig, die kommt schon wieder….. besser gesagt die Nächste……

13.12.2024 16:58 • #188


S
Zitat von Margerite:
Ich machte mir damals die 24-h-Regel. War der Drang wieder mal immens, sagte ich mir, morgen ist auch noch ein Tag und ich warte 24 Stunden. Dann war der Drang entweder verschwunden oder er erwachte doch wieder. Und dann verlängerte ich um weitere 24 Stunden. Und mit der Zeit ließt der Drang nach.

Sehr guter Tipp, danke Margerite.

13.12.2024 16:59 • #189


M
@Scherbenmeer
Zitat von Scherbenmeer:
Sagte, dass ich nicht nich mehr warten will und keinen weiteren Schmerz mehr ertrage.
Er wollte mich nämlich weiter hinhalten mit dem von mir gewünschten persönlichen Abschlussgespräch…. Er würde sich melden… wahrscheinlich hätte er das niemals getan.

Uiuiui, da hast Du Dich aber vor ihm ganz schön erniedrigt. Aber wenn der Schmerz momentan so jault, tut man manchmal Dinge, die man hinterher nicht mehr gut findet.
Dieses Hinhalten, diese verschwurbelten Äußerungen sind auch typisch für den aktiven Bindungsvermeider. Sie legen sich höchst ungern auf etwas fest (es kann sein, dass ich komme, aber es kann auch sein, dass ich doch nicht komme) und fertigen den Partner mit nichts sagenden Antworten ab.
Meiner sagte oft: Das hast Du falsch verstanden, nicht richtig begriffen, das habe ich nie so gemeint oder gesagt oder getan. Jedes Mal, wenn er zu dieser partnerschaftsvermeidenden Kommunikationstechnik griff, blieb ich irgendwie gedemütigt zurück.
Er leugnete schlichtweg, dass er dies oder jenes jemals gesagt hatte. Heißt Du bildest dir was ein, was gar nicht war. Aha, tja, klein Doofi, also ich, ist halt doof und bleibt doof.

Und noch schlimmer: Das habe ich nie behauptet! Ich weiß, dass ich oft ein Ar... bin.
Super für mich, denn Ar... bleibt nun mal Ar... und überhaupt übernimmt er keine Verantwortung für irgend etwas. Er ist halt manchmal ein Ar... Heißt für mich: Akzeptiere es und lebe damit oder lass es bleiben.

Dass er angeblich etwas nie behauptet hat, was dann aber doch stattfand, spielte keine Rolle und machte für mich nichts besser, im Gegenteil. Ich wurde damit ins Abseits gestellt und erlebte wieder mal eine Klatsche.

Auch ein probates Mittel, dem Partner seine Wahrnehmung abzusprechen und ihn als doof hinzustellen. Auch das Abwiegeln wie ich lerne halt gerne neue Leute (auch Frauen) kennen. Ich will aber nichts von dieser Frau fällt in diese Kategorie. Er hätte hinter meinem Rücken eine Verabredung mit ihr ausgemacht. Wollte er zumindest, aber es zerschlug sich. .

Ja, das ist ja sehr beruhigend, aber ein Mailaustausch, in dem er sich wieder mal glänzend darstellte, dass sie vor Bewunderung schier auf die Knie ging, musste dann doch sein.

Nie mehr würde ich so was hinnehmen und mir gefallen lassen, aber damals war ich ziemlich wehrlos und kleinmütig. Auch eine bewährte Taktik, den anderen klein zu halten und sukzessive das Selbstwertgefühl und den Drang sich zu behaupten zu demontieren. Das ist auch das Gefährliche an diesen Konstellationen. Der Unterlegene wird immer noch kleiner und der Überlegene dehnt seinen Machtbereich und Machtanspruch immer weiter aus.

Da dem Unterlegenen ja so viel daian liegt, die Beziehung zu halten, zumal er meist von falschen Liebesvorstellungen geleitet ist, steckt er immer mehr ein. Und das wiederum signalisiert dem Anderen, sie hat eh nicht viel zu melden. Mit einer Beziehung auf Augenhöhe hat das alles gar nichts zu tun. Im Gegenteil, die Positionen verstärken sich im Lauf der Zeit noch. Es sind schädliche Strukturen, die sich im Lauf der Zeit etablieren, zunächst unbemerkt und wen man sie merkt, hängt man emotional oft schon so tief drin, dass man sie hinnimmt und nicht aufmuckt und sich behauptet. Man kriegt ja gefühlt eh nur eine auf den Deckel.

Halte Dir das immer vor Augen, wie es mit ihm war. Das hilft bei der Loslösung, denn was würde Dich schon erwarten? Sicher nichts Besseres.

Zitat von Scherbenmeer:
Ich hatte es schon mal 1 Jahr geschafft, dann wurde ich rückfällig…. und zahle einen hohen Preis dafür.
Aber es geht mir inzwischen tatsächlich etwas besser, seit ICH für mich das Affentheater beendet habe. Es wird noch lange weg tun, aber lieber ein Ende mit Schrecken…..

Oh Mann, die Rückfallgefahr ist in solchen Beziehungen durchaus hoch. Es kommt dann zu den On-Off-Beziehungen, weil der eine alles hinnimmt, alle Beteuerungen glaubt und sich wieder in die Hoffnung flüchtet. Jetzt wissen wir beide, worauf es ankommt, ab jetzt wird alles besser.
Von wegen, innerhalb kurzer Zeit kommen die alten Mechanismen wieder zum Vorschein. Man fährt ewig auf demselben Karussell, steigt höchstens mal vom Pferdchen ins Feuerwehrauto um, aber das Karussell dreht sich in der bekannten Art und Weise weiter. Bis einer aussteigt und das warst in dem Fall Du.

Es ist super, dass Du das geschafft hast. Ich ging damals nicht, obwohl es mehr als eine Situation gab, die mich sehr schmerzten und aufgrund derer ich hätte gehen müssen. Aber ich hoffte immer noch auf die Wende und entschied mich damit für weiteres Leiden.
Und Du fühlst Dich jetzt auch besser, weil Du die Regie übernommen hast und über ihn entschieden hast. Das ist ein großer Pluspunkt, weil Du nicht nur abgewartet hast wie ich seinerzeit. Es kann sich immer noch alles wenden, es kann besser werden, er ist ja doch oft recht lieb, ich kann ohne ihn nicht leben, das täte mir zu weh ...
Was man sich alles einredet! Und dann fällt es einem doch vor die Füße und schmerzt noch mehr, weil man nicht für sich eingetreten ist.

Denk immer dran, auch wenn es Dich wieder juckt, nur mal eine kleine Message, nur mal fragen wie es ihm so geht, ist Futter für ihn. Und Du degradierst Dich zur Wartenden, denn ein Signal an ihn erwartet ja ein Signal vom anderen. Aber dadurch gewinnt man definitiv nichts, sondern bringt sich nur wieder in die altbekannte Abhängigkeit.

Ich sah ihn mal dienstlich auf einer Veranstaltung, Die Trennung lag schon einige Zeit zurück und ich ging dem altbekannten Mechanismus wieder voll auf den Leim.
Ich verließ nämlich vor der Veranstaltung den Raum, um auf WC zu gehen und genau in dem Augenblick öffnet sich die Tür und wer kommt rein? Er. Ein kleines Lächeln, ein etwas schüchternes Hallo, er ging rein und ich raus.
Na super! Und doch interpretierte ich diesen Zufall als ein Signal für mich. Völlig bescheuert, aber so war es.

Ich sah diese Begegnung als Aufforderung, das Schweigen zwischen uns zu durchbrechen und dachte mir, wenn er günstig sitzt, geh ich hin und plaudere ein paar Worte. Das tat er dann auch, denn er hatte sich extra weit nach hinten gesetzt, obwohl weiter vorne noch jede Menge Platz bei ihm bekannten Personen gewesen wäre. Wie eine Aufforderung. Neben seiner Sitzreihe befand sich ein Tisch mit Getränken. Also holte ich mir ein Fläschchen und kam dann wie zufällig bei ihm vorbei. Ich begrüßte ihn sehr freundlich und wir redeten wenige Minuten belangloses Zeug.
Als ich ging, sagte ich blöde Kuh noch, na, vielleicht ruf ich Dich mal an oder schreibe Dir was.
Denn in mir war wieder mal der Wunsch aufgekeimt, doch noch ein wenig in Austausch mit ihm zu bleiben. So, dass wir nicht wie zwei Fremde agieren.

Er lächelte etwas gönnerhaft und sagte: Mach das!

Ich ging zu meinem Platz und fühlte mich großartig Was hatte ich jetzt geleistet, das Eis zwischen uns gebrochen und mir schon wieder ein Hintertürchen zu neuem Kontakt eröffnet. Was war ich doch geschickt und gewandt! einfach nur super, was ich da vollbracht hatte.

Auf die Begeisterung folgte innerhalb weniger Minuten die Ernüchterung, denn es war doch der alte Mechanismus, den ich wieder abspielte. Ich ging auf ihn zu, sprach ihn an, hatte das Eis durchbrochen. Ja, toll, und wofür? Für ein gönnerhaftes Mach das, was übersetzt bedeutete. Mir egal, aber ICH werde sicher nicht die Initiative ergreifen.
Die alte Leier, der Nähe suchende versucht, die Distanz zu verringern und der Andere bleibt passiv und abwartend. Niemals wäre er auf mich zugegangen, aber ich dumme Kuh ging natürlich auf ihn zu.
So wie immer halt, so wie in der Beziehung schon. Das wurde mir schlagartig bewusst und die anfängliche Euphorie und Selbstbeweihräucherung wurde durch Niedergeschlagenheit und die ernüchternde Erkenntnis abgelöst, das ich ihm damit wieder mal hinterher gelaufen war.

Traurig, was ich da abgezogen hatte. Ich wurde aktiv, aber er hätte niemals etwas in dieser Hinsicht getan. Er wäre nicht zu mir gegangen, hätte mir ein Gespräch aufgehängt. Musste er ja nicht, denn das tat ja ich.
Den Rest des Tages war ich dann wieder sehr traurig. Über mich, über ihn, the same old story. Oh Mann, das tat weh!

Wenigstens tat ich eines nicht. Ich nahm keinen Kontakt auf, das wenigstens war ich mir schuldig. Keinen Anruf, keine Nachricht. Wenn er was wollte, könnte er sich ja melden. Tat er aber nie, denn ich war doch reichlich bedeutungslos für ihn geworden.

Aus einem vermeintlichen Sieg wurde umgehend eine Niederlage. Aber immerhin, ich erkannte es und nochmals würde mir das nicht passieren. Tat es auch nicht, ich hielt eisern durch mit dem Schweigen. Bis heute und von da an weiterhin.
Was hatte ich mir da auch erhofft? Ein paar nichtssagende Informationen über sein Leben vielleicht? Brauchte ich das? Nein. Wollte ich das? Nein.
Aber damals offenbar schon.
Daher bleib dieses Mal stark und lass Dich von emotionalen Eingebungen nicht fehl leiten.

16.12.2024 14:50 • x 1 #190


M
Zitat von Scherbenmeer:
Er war eiskalt als ich mich heulend am Telefon verabschiedet habe.

Das ist richtig gehend grausam. Aber zeigt auch wie er ist. Reichlich gefühllos, unfähig, sich in einen anderen hinein zu versetzen, umempathisch.

Diese Kälte spürte ich auch oft und auch davor hatte ich Angst. Wovor hatte ich eigentlich keine Angst?

Einmal standen wir im Bahnhof und warteten auf meinen Zug. Ein paar Minuten noch, dann würde der Zug einfahren. Merkwürdig, die Hintergrundgeräusche des Bahnhofs haben sich mir eingebrannt. Lautsprecherdurchsagen, sprechende Menschen, kreischende Bremsen. Es war kalt und bereits dunkel, kurz vor Weihnachten.
Ich war traurig, denn das Wochenende bei ihm war wieder mal irgendwie schwierig gewesen. Auf einmal erkannte ich die Aussichtslosigkeit dieser Beziehung, sie wurde mir bewusst und mir wurde bewusst, dass ich entsetzlich darunter litt und doch nichts tun konnte.
Ich begann zu weinen und als die Schleuse mal offen war, konnte ich nicht mehr aufhören. Ich stand da und die Tränen liefen mir wie Sturzbäche runter. Und er? Stand bedröppelt daneben und tat ... nichts. Warum weinst Du jetzt denn?, fragte er.
Ich schob es auf den Abschiedsschmerz, was gelogen war und was tat er nun? Wieder nichts, er sagte nur: Da kann ich jetzt auch nichts machen.

Und ich heulte weiter, denn nun erkannte ich auch, dass ihn meine Tränen nur nervten, er wohl froh sein, dass ich in Kürze weg sein würde. Er legte mir nicht beschwichtigend die Hand auf meinen Arm, er nahm mich schon gar nicht in den Arm. er suchte nicht mal nach einem Taschentuch. Nichts, einfach nichts. Diese gefühllose Kälte verstörte mich zutiefst.
Er würde, es war Sonntag Abend, zu seiner Mutter fahren, ihr seine Dreckwäsche geben, die sie wusch. Mütterliche Fürsorge für den übrig gebliebenen kleinen Buben. Ja, es war richtig, das zu tun, aber ich dachte mir nur: Ja, daran liegt Dir was, der Mutter willst Du nicht weh tun, aber mir schaust Du zu wie ich mich abplage! Und es ist Dir sch.gal.

Ich war so froh, dass wir weit weg von den meisten anderen Menschen standen. Und es war dunkel, da sieht man meine Tränen nicht so, dachte ich mir. Der Zug fuhr ein und ich stieg ein und fand einen Platz für mich. Keiner, der mich direkt im Blick hatte, Gott sei Dank. Denn ich heulte weiter, konnte einfach nicht aufhören. Leise zwar, aber die Tränen flossen und flossen. Warum nur musst ich so leiden, warum seine Teilnahmslosigkeit spüren, warum nur, warum?

Dann kam der Schaffner. Ich zog meine Fahrhkarte raus, reichte sie ihm und die Tränen rannen und rannen. Er ging rasch weiter, was hätte er auch machen sollen mit einer weinenden Frau?
Erst eine halbe Stunde später beruhigte ich mich halbwegs, hörte mit dem Weinen auf, wischte mir die Tränen ab. Raus gings aus diesem Zug, umsteigen und weiter in Richtung nach Hause. Je näher ich kam, desto besser fühlte ich mich wieder.
Und als ich dann beim Auto war und den Schnee abkehrte, überfiel mich eine Erleichterung. Ich hatte es ja noch, mein Zuhause, in dem ich mich wohl fülhlte. Ich konnte der Eishöhle entrinnen, hier leben und einfach sein. Meine Welt, ohne ihn. Wie gut, dass ich sie noch hatte!

Dieser Kummer ging vorüber, aber neuer kam. Immer wieder und immer wieder.
Heute schwer vorstellbar, in welchem Hamsterrad ich damals lief. Ich lief und lief, aber kam an kein Ziel.
Und dieser Kälte von ihm konnte ich schon gar nichts entgegen setzen. Daher ja auch die Tränen, die Verzweiflung, die Dich bei ihm aber wieder nur Deine Machtlosigkeit spüren lassen.

Sie sind oft gleich, die aktiven Vermeider. Gefühlskalt, sozial inkompetent, denn sie haben es schon in der Kindheit nicht gelernt, wie sich Empathie und Mitgefühl und Verständnis anfühlen. Dafür können sie nichts, aber da hilft dem Partner ja auch nichts, denn der spürt es ja, immer und immer wieder.

Er lachte nicht, er weinte nicht, er war lau. Allenfalls mal ein Lächeln, aber richtig lachen sah ich ihn nie. Was fand ich nur an ihm?
Ich fragte ihn mal, ob er schon mal geweint habe. Er könne sich nicht daran erinnern, meinte er. Er weine sehr selten.
In seiner Welt gab es ja keinen Grund dazu.
Ich meinte, aber vor ein paar Jahren, als Dein Vater an einem Hirntumor starb, da wirst Du wohl geweint haben. Ja, damals schon, sagte er, aber es hörte sich teilnahmslos an. Ich glaubte es ihm nicht, was ich ihm nicht sagte. Ich traute ihm zu, dass er nicht mal damals geweint hatte. Denn sein Vater war nicht gut zu ihm gewesen. Und daher kam ja dann auch diese Empathielosigkeit. Lass Dich nicht auf andere ein, lass Dich nicht auf zu viele Gefühle ein, denn Du wirst nur enttäuscht von den Anderen. Aus der Angst im Inneren, die ihn quält, was er aber nicht merkt, resultiert dann der Selbstschutz. Kälte, Distanz, sich nicht von anderen abhängig machen, eigenständig bleiben. Und keine Gefühle, weder Freude noch Trauer.

Möchte ich so leben? Oder DuI? Nein, denn wer nie leidet, nie weint, der fühlt auch keine Freude. Denn das ist der Preis dafür, den wir nicht bezahlen wollen.

16.12.2024 15:48 • x 1 #191


S
Zitat von Margerite:
Uiuiui, da hast Du Dich aber vor ihm ganz schön erniedrigt. Aber wenn der Schmerz momentan so jault, tut man manchmal Dinge, die man hinterher nicht mehr gut findet.

Ach von mir aus kann er sich dafür feiern, wie ich mich erniedrigt habe.
Ist mir fast egal.

Mir ging es in dem
Moment so dreckig, ich wusste, das ist die letzte Chance mich zu verabschieden.

Er wird nie mehr die Eier haben, sich einem persönlichen Gespräch zu stellen. Daher musste ich es am Telefon zu Ende bringen.
Er hätte mich weiter hingehalten.

Die Eiseskälte, die er mir gegenüber ausstrahlte, all diese Psychospielchen, sein ständiges Bestätigung-Einsammeln, besonders von Frauen, seine Heiß-Kaltspiele, aber ganz besonders seine Feigheit mit mir zu sprechen, es k….. tzt mich an.

Aktuell habe ich überwiegend Wut und teils auch Mitleid mit ihm. Ich will ihn nie wieder sehen.

Er ist eine arme Wurst, der seinen Ego-Trip auf Kosten der Zuneigung von wechselnden Partnerinnen auslebt.

Ich bin nur froh, dass ich so früh, wenngleich auch zu spät den Absprung geschafft habe.
Hoffentlich für immer

Es tut weh, ich hatte seinen Worten, Versprechungen und auch seiner sehr charmante, liebevolle Art( wenn ER mich gerade wieder einlullen wollte!) geglaubt.
Naja, das Leben geht weiter.

Danke Margarite, du hast auch mächtig viel Sch…. erlebt damals mit ihm…..

16.12.2024 19:08 • x 1 #192


S
Zitat von Margerite:
Daher bleib dieses Mal stark und lass Dich von emotionalen Eingebungen nicht fehl leiten.

Danke

16.12.2024 19:18 • #193


M
@Scherbenmeer
Zitat von Scherbenmeer:

Mir ging es in dem
Moment so dreckig, ich wusste, das ist die letzte Chance mich zu verabschieden.

Es ist eigentlich nicht schlimm, wenn man mal seine Gefühle rauslässt. Es ist manchmal sogar heilsam und befreiend. Dir ging es dreckig und ihm? Naja, sein Wohlfühlthermometer befindet sich etliche Grade unter Deinem. Er lässt nichts an sich ran, lässt stattdessen alles abprallen was mit Gefühlen zu tun hat.

Ich denke oft an die Situation mit meinen Tränen am Bahnhof. Und sie zeigte auch meine Machtlosigkeit. Hätte ich mehr Selbstwertgefühl, mehr Selbstbewusstsein gehabt, hätte ich anders damit umgehen können. Aber es war eine Rückkehr in die Kindheit. Ich kannte dieses Gefühl des Kaltgestelltseins nur zu gut und es machte mir Angst und verursachte Weinen - damals wie heute. Ich hätte das nicht mitmachen müssen, ich hätte gehen können, jederzeit und tat es nicht weil ich es nicht konnte. Ich fühlte Liebe, aber war das Liebe? Ich weiß es nicht, aber ich weiß heute, dass er mein hauptsächliches Defizit massiv getriggert hatte. Es war immer noch da, verschüttet im Alltagsleben, aber die Seele vergisst nichts. Und in dieser Beziehung zeigte es sich mir wieder ganz deutlch. Damals erkannte ich es nicht, ich kannte diese Zusammenhänge auch nicht, ich fühlte nur eine maßlose Enttäuschung und Traurigkeit. Das Kind damals fühlte sich machtlos, die Frau von 45 Jahren ebenfalls - kein Unterschied.

Und ich glaube, dass er deswegen auch in mein Leben kam. Ein Hinweis der Seele, das Trauma mal genauer anzuschauen und sich ihm zu stellen. Es war ja nicht die erste Beziehung nach diesem Muster, es wiederholte sich, aber ich hatte nie etwas dazu gelernt, wartete nur immer, bis es nicht mehr weh tat. Und nach ihm fühlte ich, dass ich etwas tun musste, für mich, denn ein Muster ist niemals Zufall.


Zitat von Scherbenmeer:
Er hätte mich weiter hingehalten.

Ja,. mit lauwarmen Aussagen, die alles und nichts bedeuten. Es ist ja ganz praktisch, wenn er Dich hält und auch er lebt an Dir sein persönliches Trauma aus.

Weit nach der Beziehung dachte ich mir, dass ich die Gefühle, die er niemals fühlen würde, in sein Leben brachte und dass er in irgendeiner Art und Weise profitierte. Er sah mein Lachen, er sah meinen Schwung, er sah auch meine Traurigkeit, meine Unfähigkeit Konsequenzen zu ziehen. Er sah zu wie ich mich emotional abstrampelte, aber ich denke, diese Welt blieb ihm verschlossen und er sah mir irgendwie beim Fühlen zu. Ich brachte was in sein Leben, was ihm verwehrt bliebt, denn er fühlt ja auf einem niedrigen Level. Ich war heiß, ich war auch mal kalt und er war immer allenfalls lauwarm und blieb es auch.

Nur wenn es um ihn, um seine Befindlichkeiten ging, fühlte er. Er hatte seine schwankenden Tage. Einen Tag fühlte er sich aufgeräumt und voller Schwung und Tatendrang und einen Tag später stand er wieder mal neben sich und kam nicht aus seiner Stimmung raus, dass ihm ohnehin nichts gelingen würde, dass sein Leben irgendwie arm war und er sich nicht wohl in seiner Haut fühlte. Meine Güte, wie oft versuchte ich ihm zuzureden und warum eigentlich? War ich dafür zuständig, dass er sich besser fühlte? Nein, ich bildete es mir nur ein. Ich nahm Anteil, interessierte mich, aber im Grund genommen konnte ich sowieso nicht zu ihm vordringen, denn da war ja diese Mauer, die er gebaut hatte und hinter der er sich schützte. Was wollte ich mit ihm? Ich galube, meine innere Mission war, ihn glücklicher zu machen.
Und wozu, hatte mich Jemand dazu beauftragt?. Nein, nur ich mich selbst. Ich wollte Sonne und Wärme in sein Leben bringen. Heute finde ich das direkt zum Lachen. Wie könnte ich einen Menschen, der kaum Gefühle hat, dazu bewegen, diese zu fühlen? Gar nicht, geht nicht. Falsche Mission, die ich gewählt hatte. Ich lebte ein falsches Programm.

Zitat von Scherbenmeer:
Die Eiseskälte, die er mir gegenüber ausstrahlte, all diese Psychospielchen, sein ständiges Bestätigung-Einsammeln, besonders von Frauen, seine Heiß-Kaltspiele, aber ganz besonders seine Feigheit mit mir zu sprechen, es k….. tzt mich an.

Du glaubst nicht, wie gut ich das verstehen kann. Es ist eins zu eins dasselbe wie damals bei mir. Die Kälte, die mir entgegen schlug, seine Psychospielchen, mit denen er mich manipulierte und auch dieses Ego-Boosting, was er dirigend brauchte.
Er erzählte mir mal, wen er alles berulfich kennengelernt hatte. Frau X von der Firma Y habe er letzthin auch gesprochen und Herr R. hätte ihm das Du angeboten, etwas, was Herr R. sehr selten tut und nur ausgewählten Personen zuteil werden lässt. Ich hörte mir das damals an und spürte, wie sehr er diese Bestätigungen aufsog und nötig hatte. Ich schwieg damals, war irgendwie auch peinlich berührt, wie durchsichtig das alles war und fühlte gleichzeitig Mitleid mit ihm. Denn er hatte es einfach nötig, weil es ihm wie mir an innerer Stärke, an einem ruhigen Selbstwertgefühl mangelte. Ein kleiner Bub auf der Suche nach Anerkennung. Bei beruflichen Kontakten und bei privaten.

Ich checkte einmal (später mehrmals, eher er drauf kam) seine Mails, denn die Gelegenheit war günstig wie nie. Denn sein PC war offen, seine Mailbox und er war zum einkaufen gegangen. Ich schaute vom Bett aus auf den Bildschirm und natürlich war mir klar, dass man so etwas nicht tut, aber der Drang war viel stärker. Die Zeit war kurz, er würde bald wieder da sein, Also Brille geholt und die Mailabsender angeschaut. Dienstlich, dienstlch, uninteressant, aber was war das ganz am Ende?. Ein mir unbekannter Frauenname. Sofort ging mein Alarm los und ich öffnete die Mail und sah, dass sich dahinter ein Mailwechsel verbarg.

Ach, da schau her, er hatte auf der Kongressparty, die wir selbstverständlich getrennt verbrachten, denn unsere Beziehung bleib geheim, eine Kollegin getroffen, die er schon kannte, aber mit der er wohl intesiv ins Gespräch gekommen war, Sie hatte ihm eine ecard von einer nordeutschen Insel geschickt und er reagierte prompt darauf. Bist Du also doch noch auf Juist gefahren, sicher keine schlechte Entscheidung und weiteres Blabla.
Sie freute sich offenbar riesig über seine Resonanz und schickte ihm vor Begesiterung gleich himmelblaue Grüße, angeblich weil endlich die Sonne rausgekommen war. Ich dachte mir nur bissig, schick ihm doch gleich rosarote, das würde besser passen. Natürlich hatte sie keinerlei Ahnung dass er eigentlich liiert war, aber sie hatte zweifellos irgendwie angebissen.
Es ging noch weiter. Er schlug ein Treffen vor, zwar war ihr Wohnort 60 km entfernt, aber er sei nächste Woche ohnehin dort und könnte es gut einrichten nach einem dienstlichen Termin.

Mir wurde ganz flau und mein Blutdruck erreichte ungeahnte Höhen. Und sie reagierte hocherfreut, aber der Tag, den er vorgeschlagen hatte, passte ihr leider, leider nicht, aber sicher würden sie einen anderen Termin finden. Mir fiel die Klappe runter. Hinter meinem Rücken würde er sich mit dieser Sandra (mittlerweile hatte ich kapiert, um wen es sich handelte, ich kannte sie vom Sehen) verabreden, an ihren Ort fahren, mit ihr ins Cafe gehen und dann? Ach, dann würde man wohl etwas anschauen, eine Ausstellung z.B. und daran würde sich ein Abendessen anschließen. Und dann würde man sich wahrscheinlich verabschieden, aber das nächste Treffen schon im Auge haben. Und dann war ich passè, ausgetauscht.

Ich schloss die Mail, er kam zurück. ich flüchtete ins Bad und machte die Dusche an und konnte dann fast nichts essen. In mir Panik, Ratlosigkeit. Daher war er nach dem Kongress so schwungvoll, was mich schon gewundert hatte. Es bezog sich nicht etwa auf mich, aber da tat sich ja was Neues auf für ihn und das verlieh ihm Flügel und hob seine Laune beträchtlich. Er war damals so merkwürdig fröhlich, was mich einerseits zwar freute, aber irgendwie auch misstrauisch machte. Jetzt wusste ich den Grund.
Und ich hatte widerrechtlich seine private Mail gelesen. Das konnte ich nicht sagen, was konnte ich überhaupt tun? Würde sie ihm gefallen würde er mich umgehend abservieren, das war mir klar. Ich sollte gehen, mich trennen, umgehend, sofort, aber was dann? Dann hätte er es noch leichter, denn was zählte ich denn schon?

Die beiden hatten unverbindlich Ostern ins Auge gefasst und wieder fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Nach dem Kongress war es zwei Wochen vor Ostern und er hatte mich mal so ganz nebenbei gefragt: Sag mal, wann kommst Du denn wieder? Ostern wird wahrscheinlich nicht so günstig sein wegen Familie und so ...

Ach, dieses und so kannte ich nur zu gut, es bedeutete immer dass er etwas verbarg. Als ich die Mail gelesen hatte, war es eine Woche vor Ostern. Er wollte sich die Osterfeiertage frei halten von mir. Mich hatte diese Frage schon gewundert, denn ich hatte gleich das Gefühl, dass hier was im Argen lag.

Ich blieb und überlegte, konnte kaum schlafen, nicht offen und ehrlich reden. Er merkte sogar dass ich wenig aß, was mich wunderte. Und abends sprach ich dann mit ihm. Nein, nicht über Sandra und das Treffen an Ostern, sondern allgemein. Dass ich oft das Gefühl einer Mauer hatte, gegen die ich erfolgos anrenne und manches Andere. ich stellte sogar eine Trennung in den Raum und ich spürte dass ich ihn erreicht hatte. Ich sprach von Perspektiven und wie er sich denn sein weiteres Leben vorstelle. Von Beziehung zu Beziehung, bis er irgendwann alt und einsam ist?
Am nächsten Tag packte ich am Vormittag zusammen und er fragte mich irritiert, was ich da tue? Ich fragte, was soll ich denn noch hier? Und dann geschah etwas Eigenartiges und Einzigartiges. Er sagte, bleib doch noch bis zum Abend, ich würde Dich gerne noch hier haben.
Naja, was geschah? Natürlich blieb ich und fühlte seit langem mal wieder eine Verbindung zu ihm. Abends fuhr ich heim und hatte ein besseres Gefühl, denn ich spürte, ich hatte ihn getroffen. Und alles Weitere würde ohne mein Zutun geschehen.

Als ich wieder kam, checkte ich wieder seine Mailbox und dann nochmals. Ich war zwei Wochen in Urlaub gewesen, natürlich ohne ihn, denn eine gemeinsame Reise wäre nur mein Wunsch gewesen, aber nicht seiner. Diese Sandra war kein Thema mehr, aber er hatte sie angeschrieben, der Dreckskerl, als ich im Urlaub war. Dort erklärte er sich und sprach davon, dass er in einer Beziehung sei und er hoffe, dass sie versteht, warum er sich nicht mehr gemeldet hat. Die Beziehung läuft besser jetzt obwohl er wisse, dass es nicht von Dauer sein würde.

Damals fühlte ich mich verraten. Beziehung, ja, die lief jetzt sogar besser, aber im Grund genommen gab er uns keine Chance. Und ich ging immer noch nicht, wartete, harrte aus und fuhr weiter im Hamsterrad. Ein paar Wochen noch, als ich mir einbildete, wir hätten jetzt besser zueinander gefunden, trennte er sich per Mail.
Und dann begann meine lange Reise, in der ich mehr in Beziehung zu mir ging. Mir war klar, es war endgültig vorbei, aber die ganzen Phasen des Abschieds mussten durchlebt werden. Von großer Trauer und vielen Tränen zu großer Wut bis zum allmählich wachsenden Abstand. Erst viel später konnte ich einen klaren Blick auf ihn werfen, auf mich und auf die Beziehung.

Nichts Besonderes, nur eine aussichtslose Beziehung von zwei Menschen, die sich aneinander abarbeiteten mit einer klaren Rollenverteilung. Eigentlich beschämend, aber so ist das eben, wenn man uralte Muster nachlebt. Man sieht sie erst im Rückblick und erkennt nur mit emotionalem Abstand seinen Anteil am Scheitern. Ein trauriges Zweipersonenstück von zwei innerlich unsicheren Menschen, die es nicht schafften, sich gegenseitig zu helfen, weil jeder in seiner Welt blieb und mit sich selbst nicht zurecht kam..

Später habe ich viel gelesen, viel rekapituliert und vieles begriffen. Auch ihn verstehe ich heute besser, was nichts daran ändert, dass ich nichts mehr mit ihm zu tun haben will. Es ist vorbei - ein langer Abschied.
Aber ich habe davon doch profitiert und sehe auch mich viel klarer.

Ein Therapeut bei dem ich seinerzeit zweimal war, sagte mir damals, kein Mensch kommt ohne Grund ins Leben. Er war ein Botschafter für sie selbst, denn ihre Seele muss heilen und das geht nur durch Rekapitulation , durch Erinnern und durchs Begreifen, was nie aufgearbeitet wurde.
Die Seele kennt nur den Zwang zur Wiederholung. Das ist ihre Botschaft mit der Aufforderung, hier mal genauer hinzuschauen.
Es stimmte, was er sagte. Er kam in mein Leben, weil mir durch ihn meine Seele etwas mitteilen wollte. Vielleicht habe ich es nun begriffen. Daher war ich auch so irritiert, als der Therapeut mich über mich ausfragte. Elttern, Geschwister, Umfeld und er, weswegen ich da war, kam gar nicht groß zur Sprache. Denn er war unwichtig, es ging um mich und nicht darum, ihn zu analysieren und zu zerpflücken. Er war nicht weiter wichtig, es hätte auch ein anderer sein können mit dem ich das hätte erleben können.
Diese Beziehung mit so viel Lug und Trug von beiden Seiten, voll von Selbstaufgabe und Kaltstellen, von Hinterherlaufen und Distanz schaffen. Jeder hatte seine Rolle und spielte sie, füllte sie aus.

Ob er was gelernt hat, weiß ich nicht. Es ist auch nicht mehr wichtig für mich. Er trägt seit Jahren einen Ehering. Er hatte ja bald nach mir eine Neue, die er schätzungsweise irgendwann geheiratet hat. Ob er glücklich ist oder nicht, ist für mich ohne Belang. Es gibt einen Menschen, der wichtiger für mich als er geworden ist und das bin ich selbst.
Ich stellte letzthin nur fest, dass er irgendwie alt aussieht. Es liegt ja lange Jahre zurück, kein Wunder. Aber heute könnte ich mich nicht mehr für ihn begeistern und ich würde ihn auch nicht mehr heilen wollen. Soll er in seiner einsamen Welt bleiben oder jetzt zum braven Ehemann mutiert haben, für mich ist es egal. Und das ist ein gutes Gefühl. Ich habe es irgendwann geschafft und bin anders daraus herausgekommen als ich hinein ging.

Das wünsche ich Dir auch. Die Einsicht in das, was geschah und vor allem warum es alles geschah. Aber das geht erst mit viel Abstand, wenn es nicht mehr weh tut. Darauf musst Du noch Wochen und Monate warten, denn das will auch durchlebt werden.
Die Wut ist nicht verkehrt, denn sie bezieht sich zwar auf ihn, aber auch auf Dich selbst. Du bist wahrscheinlich auch wütend darüber, dass er Dich wieder weichkochen konnte, Dich wieder in seinen Orbit brachte und wie einfach er es hatte. Das ist Dein Anteil an der Geschichte. Zu viel Hinwendung zu ihm, zu viel Hoffnung auch wenn die Lage aussichtslos ist und viel zu wenig Eigenständigkeit und Selbstständigkeit und Selbstschutz.
Man kann viel über sich selbst daraus lernen. Später sagte ich mir oft, es war gut, dass er kam und es war gut, dass er ging. Er hat mir geholfen, auf seine Weise, ein Werkzeug, nicht mehr. Daher kam er beim Gespräch mit dem Therapeuten auch nur sehr wenig zur Sprache, er war eine Randfigur und die Botschaft eine andere. Schau Dich an, kümmere Dich um Dich, lerne, für Dich zu sorgen anstatt Deine Fürsorge einem zuzuwenden, der sie doch gar nicht will und braucht und den Du auch gar nicht bekehren oder heilen
kannst.
Er lebt in seiner Welt und ich bin froh, dass ich keinen Anteil mehr daran habe. Manchmal tut er mir noch ein wenig leid, aber das verfliegt auch sehr schnell wieder. Er konnte nicht viel dafür, andere haben ihn zu dem gemacht, was er wurde. Seine Eltern, vor allem sein Vater hatte einen großen Anteil daran. Er starb an einem Hirntumor, ein Tod, den ich ihm nicht wünschen würde, mir natürlich auch nicht. Ein Mann, der auch zu keiner tiefen Beziehung fähig war, was ich aus dem wenigen erschloss, was ich erfuhr. Das hatte schon gereicht um zu erkennen, dass der Apfel nicht weit vom Stamm fällt. Wenn ich mal die Augen aufgemacht hätte anstatt mir zu sagen, dass er mit mir glücklich hätte werden können. Und ich? An mein Glück dachte ich nur am Rande, denn alles drehte sich um ihn.

Er wird Dir irgendwann egal sein. Aber es geht hier um Dich, nur darum, um Deine Defizite, die nur Du selbst finden und beheben kannst. Nütze diese Chance, damit schützt Du Dich auch davor, es nochmals zu wiederholen.

Zitat von Scherbenmeer:
Ich bin nur froh, dass ich so früh, wenngleich auch zu spät den Absprung geschafft habe.
Hoffentlich für immer

Das liegt an Dir. Deine Verantwortung, Dein Leben, Deine Entscheidung. Wenn Du Dich irgendwann doch für eine Wiederholung entscheidest, wird das Karussell seine Runden von vorne drehen. Vielleicht am Anfang die Illusion, dass es ab jetzt funktionieren wird, die aber schon bald der Realität Platz machen wird. Eine Endlosschleife - nicht mehr.
Er wird sich nicht ändern, auch nur einer mometanen Illusion glauben, ehe die alten Muster wieder durchkommen. Seine Kälte, seine Distanz, seine Selbstbeweihräucherung, mit der er sich helfen will, sein Hunger nach Bestätigung und Bewunderung, um sein kleines Ego zu pushen. Er ist innerlich zutiefst unsicher, er lebt es nur anders aus als Du.
Kaputt sind in solchen Beziehungen beide. Aber man kann auch daran wachsen, wenn man sie nützt.

18.12.2024 13:09 • x 3 #194


S
Zitat von Margerite:
Er ist innerlich zutiefst unsicher, er lebt es nur anders aus als Du.
Kaputt sind in solchen Beziehungen beide.

Das sehe ich auch so.

Ich könnte jeden Satz von dir kommentieren, das würde hier den Rahmen sprengen.
Deswegen, DANKE Margerite und ganz viel Glück für dich!

Ich habe schon viele Jahre an mir gearbeitet, alles aufgearbeitet, dennoch bin ich sehenden Auges in die Beziehung mit ihm, das Risiko war mir durchaus bewusst.

Doch der Wunsch, es möge doch gut ausgehen, den hatten wir sicher beide.

Allerdings reflektiert er nicht, sucht nur nach Schuld und will auch nicht an sich arbeiten.
Das schlimmste ist, dass er nicht mit mir ein normales Gespräch führt, nur mauert und blockt. Er lies mich unentwegt auflaufen.

Deswegen musste ich mich verabschieden, so weh es mir tut.

Von daher habe ich keine Chance, ist vielleicht auch besser so für mich.

@Star76 wie geht es dir?

18.12.2024 18:52 • #195


A


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