Zitat von Scherbenmeer: Ich arbeite hart an meiner Verlustangst, schon ewig.
Er hat diese leider massiv gestriggert und ich seine Ängste…. Fatale Kombination, trotz übermäßiger Zuneigung zueinander.
Das Schlimmste ist, er verweigert sich jeglichem sachlichen Gespräch, so dass ich mir schon den Kopf blutig gerannt habe, an der Mauer, die er hochzieht.
Es ist fast unmöglich, von der Verlustangst richtig wegzukommen, denn dazu bräuchte man eine innere Sicherheit, eine innere Mitte, die wenn die Beziehung in eine festere Phase übergehen sollte, nicht da ist. Was tut Jemand, der Angst hat, etwas zu verlieren? Er strengt sich sehr an, er will sich dem Partner so zeigen, dass er ihm vermeintlich gefällt. Und wenn der Partner mal ein wenig anders ist? Dann vervielfachen sich die Ängste noch. Oh Gott, was hat er nur? Habe ich was falsch gemacht? Wahrscheinlich müsste ich anders sein, aber wie denn? Ich kann mich ja nicht ändern. Dann schluckt man die Ängste herunter, tut so, als ob sie nicht da wären, ist aber innerlich verkrampft und unfrei. Denn das Schauspielen ist ja nicht echt.
Oder man wählt die andere Strategie und fängt an den Partner praktisch zu überwachen. Ständig sondiert man SEINE Stimmung, SEIN Verhalten, weil man ja nichts falsch machen will. Und das geht dann oft mit einem Klammern einher, denn der Ängstliche will etwas festhalten, festkrallen und das geht nicht gut.
Der Partner merkt es und fühlt sich nicht mehr wohl, weil er auch die innere Anspannung und Wachsamkeit des Verlustängstlichen unberwusst wahrnimmt. Er hat das Gefühl, dass er eingeengt ist, dass die Freiheit dahin ist, dass sich alles verkrampft anfühlt, weil er sich in einer Art Bringschuld fühlt. Die Ewartungshaltung des Verlustängstlers kennt er durchaus und - solange er noch motviert ist - versucht er diese auch zu erfüllen. Den wenigsten Menschen macht es Spaß, einem anderen weh zu tun.
Aber wenn es so weit ist, ist jegliche Leichtigkeit dahin, denn beide agieren verkrampft und wirken blockiert. Derjenige, der weniger tief drin steckt, geht dann, weil er sich einfach nicht mehr wohl fühlt. Weil auch er merkt, dass er nicht einfach so sein kann, wie er sich gerade fühlt, denn der Verlustängster registriert ängstlich jede Änderung und will dann dagegen arbeiten. Es ist ein Teufeskreis und die Trennung ist oft das Beste, was dann passieren kann. Denn beide fühlen sich doch nicht mehr wohl. Der Verlustängstler freut sich über jedes Bröckchen Zuwendung, ja braucht sie, um sich zumihndest eine kleine Weile wieder sicher zu fühlen. Und der Partner verliert mehr und mehr die Lust. das Spiel mitzumachen und denkt sich, besser allein als so was.
Was kann man gegen Verlustängste tun? Es gibt keineTabletten, es gibt therapeutische Behandlungsmöglichkeiten, aber auch die sind nicht immer hilfreich. Weil die Ängste tief im Unterbewusstsein verankert sind, schon lange Jahre. Sie wurden meistens in der Kindheit erworben. Wenn ein Kind Unsicherheit bei den Bezugspersonen spürt, bekommt es Angst, denn es hat Angst um die innere Sicherheit innerhalb der Familie. Trennungen, ständige Konflikte der Eltern, der Verlust von Bezugspersonen, schwierige Änderungen der Lebensumstände sind ein guter Nährboden. Das Kind fühlt sich in der Welt nicht mehr sicher und aufgehoben und entwickelt Ängste und wenig Vertrauen zu anderen Menschen und noch weniger Vertrauen zu sich selbst.
Es ist hilfreich, sich sein Leben mal anzuschauen und diese Kette von gescheiterten Beziehungen anzuschauen, die meist einem Muster folgen. Anfangs der große Glorienschein und jeder fühlt sich glücklich und beschwingt und glaubt, dieses Mal wird es klappen. Aber dann wird es so wie immer, weil Verlustängstler oft die aktiven Bindungsängstler anziehen. Der eine rennt hinterher und will alles im Griff haben, klammert und spielt oft genug die Rolle des Unbeschwerten. Und der aktive ist ein Meister darin, ein ganzes Repertoire an bindungsvermeidenden Strategien aufzufahren. Auf einmal sind andere Dinge, andere Kontakte, Hobbies wieder viel wichtiger. Kein Wunder, denn der aktiver Vermeider fühlt sich eingeschränkt und kontrolliert. Dem möchte er verständlicherweise entfliehen. Und der Andere zerbricht sich den Kopf, wird traurig und fragt sich, warum nur, warum? Was kann ich tun? Warum nur kam alles so?
Weil sich beide nicht gut tun, darum. Und dann geht meist der aktive, denn ihm ist seine Freiheit, Ungebundenheit eh wichtiger als die Beziehungsblase, die ihm zu viel abverlangt.
Und wenn man nun feststellt, woher die Bindungsängste kommen? Damals, als Papa ging, habe ich mich sehr verunsichert und allein gelassen gefühlt. ich hatte Angst, Papa nicht mehr zu sehen. Ich habe geglaubt, dass er mich nicht mehr lieb hat. Daran war ich bestimmt selbst Schuld, weil ich nicht so war, wie ich hätte sein sollen. Wie fühlt sich ein Kind damit? Verdammt ängstlich und traurig und vor allem völlig verunsichert, denn große Änderungen der Lebensumstände machen Angst. Was kommt da jetzt, wie wird es werden? Und wo verdammt noch mal ist Papa? Er hat mich einfach nicht mehr lieb, weil ich alles falsch mache.
Das allein hilft nicht, ist aber ein erster Baustein. Ursachenforschung, diese unendliche Traurigkeit von damals nochmals zu spüren und anzuerkennen. Denn wir nehmen alles ins Erwachsenenleben mit, es verkleidet sich nur. Aber der Unterschied von der traurigen und ängstlichen Fünfjährigen zur traurigen und ängstlichen 30-Jährigen ist nicht sehr groß. Nur dass die Frau nicht mehr Angst um Papa hat, sondern um den Partner.
Es ist wichtig, anzuerkennen, dass man nicht unbeschadet durch die Kindheit gegangen ist, aber dass man selbst nicht daran schuld ist. Ein Kind ist niemals Schuld am Unvermögen der Erwachsenen. Aber die sind oder waren ja auch oft nur beschädigt und wussten es nicht besser. Wollten das Beste, das Glück, aber konnten es nicht halten,.
Wenn man das alles weiß, kann man sich auch mal davon verabschieden, aber dieser Weg ist lang, sehr lang,. Denn es gilt, innere Sicherheit zu entwickeln, sich seiner selbst sicherer zu werden und auch selbstständiger zu werden. Anstatt sich an einen Partner zu klammern, sollte man ihn los lassen, ihm Zeit und Raum geben, auch mal für sich sein lassen ohne ihn mit Vorwürfen, Tränen und traurigen Augen zu beobachten.
Auch ein Partner muss sich erst in eine Beziehung hinein finden und auch er bringt einen Rucksack mit Defiziten mit. Das muss man erst Mal aushalten.
Nur wer übt innerlich gelassener zu werden, kann Erfolg haben. Denn er bleibt autark, er bleibt selbstständig und kann für sich sorgen. Und bei einem solchen Menschen, der sich innerlich sicher ist, fühlt sich auch der Andere wohl. Weil der Druck weg ist, dieses krampfhafte Festhalten, diese ständige Anstrennung, dem Verlustängstlichen ständig seine Liebe zu versichern, ja nichts zu vergessen usw.
Wenn Jemand ständig Forderungen spürt, muss er dem Druck ausweichen. Und wie? Er geht, weil er sich wieder frei und ohne Druck fühlen möchte, ja sogar muss. Er empfindet eine Beziehung mit einem Verlustängstler, der oft genug auch noch eifersüchtig ist, als eine Belastung. Völlig zurecht, denn keiner kann ständig mit Druck leben. Der macht widerwillig, grantig, wütend und wird als belastend empfunden.
Und auf einmal ist von der einstigen Traumfrau nichts mehr übrig. Sie nervt nur noch, sie fragt zu viel, sie macht Vorwürfe, sie will kontrollieren - davon muss er weg. Er flüchtet, denn es ist alles zu viel. Dieses ständige Beschwören, dass es dieses Mal die große, unvergleichliche Liebe ist, dass man ja nie geglaubt hat, so was zu empfinden, dass alles nur schön und rosarot ist und man einer gllücklichen Zukunft entgegen sieht.
Der eine hält sich am Traum fest (er hat ja sonst nichts) und der andere stellt den Traum in Frage.
Verlustängste los zu werden, ist eine Lebensaufgabe. Denn am Anfang steht die Selbstsicherheit, die nicht da ist. Wenn man die Schritt für Schritt gewinnt, fühlt man sich auch mit sich selbst wohler. Und das wiederum strahlt auf die Umwelt aus. Man wird anders wahrgenommen und gesehen. Da ist ein Mensch, auf den ich bauen kann, auf den ich mich verlassen kann und einer, der sich nicht von Ängsten und Zwängen dirigieren lässt. So was wirkt anziehend - aber nicht auf aktive Bindungsvermeider, denn die sind innerlich auch unsicher und ängstlich, weil sie an Beziehungen nicht glauben. Sie probieren es vielleicht immer wieder, aber die Ängste sind viel stärker und machen wieder Mal alles kaputt.
Dass jeder NIederlagen erlebt, ist in jedem Leben so. Aber Niederlagen müssen einen nicht noch ängstlicher und noch unsicherer machen, denn sie sind manchmal sogar wichtig. Weil man in Niederlagen viel erkennen kann, über sich und über den Expartner. Das geht aber erst, wenn die Gefühle nicht mehr auf 180 sind, sondern man abgeklärter drauf schauen kann.
Was führte mich seinerzeit zu dem unvergleichlichen Johannes? Ich fühlte eine unglaubliche innerliche Übereinstimmung, denn der war ja wie ich! Voller Selbstzweifel, voller Selbstunsicherheit. Beide halten sich aneinander, profitieren eine Zeitlang voneinander, ehe die Beziehung dann kippt und die uralten Mechanismen wieder zum Vorschein kommen. Ich die Ängstliche, die alles tat, um einer Trennung entgegen zu wirken und er, der nichts Besseres zu tun hatte, als sein Leben weiterzuleben und mich als Zaungast behandelte. Zumindest fühlte ich mich so, als Zaungast, der ihm bei seinem tollen Leben zusah. Ach herrje, wenn ich nur daran denke, was mich damals ritt. Wie unsicher und verzagt ich oft war, weil er dieses und jenes vorhatte, während ich doch nur mit ihm zusammen sein wollte.
Eine Katastrophe, die er nach einigen Monaten beendete. Dann saß ich da, wieder mal gescheitert, wieder mal war alles schief gegangen. Aber ich fühlte auch, dass es dieses Mal nicht umsonst sein durfte. Das war kein Zufall, das war ein Muster, das ich lebte. Und damit war ich bei mir angekommen und ich fühlte, ich müsste mir selbst helfen. Ein Partner ist kein Therapeut, keiner, der mit Sicherheit gibt, sondern sie eher nimmt. Wie sollen zwei Lahme zusammen auch gehen können?
Und dann schaute ich mich selbst an, immer wieder und fand so manches, was im Argen lag. Schön war das nicht, denn nun kam die Enttäuschung über mich selbst dazu.
Ich war halt einfach unfähig, nicht gut genug. Wie immer, wie damals als ich ein Kind war. Damals fühlte ich mich oft allein gelassen, weil die Erwachsenen mit sich beschäftigt waren, mit ihren Konflikten, ihren Streitereien, denen ich ängstlich zusah.Wo war denn da mein Platz? Ich war halt zufällig da, aber nicht so wichtig. Mein Vertrauter war mein Stoffpinguin, dem ich alles erzählte. Auf den war Verlass, der war da.
Die ständigen Launen meiner Mutter. Heute sang sie (sie hatte eine wunderbare Stimme) und die Sonne schien, aber am anderen Tag war sie wieder so komisch, wirkte ungehalten und verhalten wütend. Dann ging ich in Habachtstellung, passte auf, ja nichts falsch zu machen, denn jeder Fehler konnte das Fass zum Überlaufen bringen. Auch das trug ich in Beziehungen, dieses ständige Sondieren des Partners. Klar, der sollte mir ja Sicherheit geben, die ich in mir nicht fand.Wie damals bei meiner Mutter.
Das musste anders werden Musste ich denn jeden Mist von früher behalten? Musste ich ständig mit der Angst vor Niederlagen und mit Verunsicherung durchs Leben gehen?. Nein, das musste ich nicht. Ich war erwachsen, ich konnte wählen, ich konnte etwas für mich tun. Und das übte ich dann. Selbstständige Unternehmungen trotz anfänglicher Ängste und ich lernte mich zu loben. Das hatte ich gut gemacht, darüber durfte ich mich doch freuen und mir selbst auf die Schulter klopfen. Das war weniger toll gelaufen, aber so what? Geht die Welt deswegen unter? Nein? War es schlechte Laune wert? Nein. Ich würde es das nächste Mal besser machen, vielleicht, vielleicht auch nicht.
Man muss sich innerlich entspannen, den Druck gegenüber den Selbstansprüchen rausnehmen, das Leben auch mal laufen lassen und vor allem, es genießen. Sich selbst Freude zu machen, ist so wichtig. Sich zu pflegen, seine Seele zu streicheln, achtsam mit sich und der Umwelt umzugehen sind wichtige Pfeiler für mehr Selbstsicherheit.
Bin ich jetzt geheilt? Vermutlich nicht, aber ich fühle mich besser mit mir. Ich übe es immer noch, gut zu mir und mit mir zu sein. Und das strahlt auch auf den Partner ab. Ja, er ist manchmal genervt von mir, ich bin manchmal genervt von ihm, jeder hat seine schlechten Eigenschaften. Aber im Großen und Ganzen ist es entspannt, jeder lässt den anderen sein wie er ist. Und ich denke, das ist eine bessere Basis als Angst vor dem Verlassenwerden.
Wenn einer gehen will, geht er eh. Davor muss ich keine Angst zu haben, denn ich kann es nicht aufhalten. Ich brauche nicht ständig Aufmerksamkeit und schon gar keine Liebesbekundungen. Ich fühle ja, wie er zu mir steht und das genügt. Und ich sehe was er tut, für mich und für uns. Und ich denke er sieht auch, was ich tue - obwohl ich jenseits von perfekt bin. Schlampig, schlecht organisiert, unordentlich. Aber ich habe auch gute Eigenschaften. Mein Humor ist eine meiner guten Eigenschaften und auch meine Zuversicht, dass schon alles werden wird und dass es das Leben gut mit mir, mit uns meint.
Und vor allem, dass ich weiß, dass ich Krisen überleben und meistern kann.
Tu was für Dich anstatt den Partner zu analysieren oder begreifen zu wollen. Alles, was mann für sich tut, ist wichtig und gut. Und wer sich mit sich gut fühlt, kann auch gut zu Anderen sein. Und er hat weniger Angst. Warum sollte der Partner auch gehen? Wenn er sich bei mir wohl fühlt, geht er nicht. Er wäre ja blöd. Und wenn er sich nicht wohl fühlt, kann ich versuchen, herauszufinden, was ich tun kann. Und wenn das nicht hilft, geht er. Aber auch davon geht die Welt nicht unter. ich bin nur traurig und enttäuscht, aber ich kann auch wieder aufstehen, wenn die Zeit reif dafür ist. Meine Wahl, ob ich liegen bleibe oder aufstehe.