Zitat von Vienne: Die Beziehung light ist eben besser als gar keine Beziehung. Und natürlich hätte ich gerne eine engere Beziehung, aber ganz eng muss es nicht sein. Ich muss nicht mit ihm zusammenleben, aber einen Urlaub gemeinsam verbringen oder Mal ein gemeinsames Wochenende irgendwo, das wünsche ich mir sehr.
Es tut mir so leid, was du alles durchmachen musstest....das ist bitter...aber du hast dein Muster erkannt, exzellent analysiert, Hut ab! Ich hoffe sehr für dich, dass du aus dieser Quintessenz für dich daraus Strategien entwickeln könntest, dass dir so etwas nicht mehr passieren wird. Was musst du gelitten haben...und das noch dazu mehrmals...ich hoffe so sehr, dass du heute nicht mehr in so einem Dilemma steckst und erfolgreich dieses Muster bekämpfen konntest...
Die Beziehung light ist besser als nichts. Ja, das dachte ich mir damals auch. Alles, nur keine Trennung. Lieber wieder Ängste ausstehen, lieber wieder Tränen vergießen und wieder ratlos vor der Frage zu stehen, was mache ich nur. Es erschien mir unmöglich ihn jemals loszulassen. Ich war wie besesseln.
Das Schlimme ist, wenn man sich in dieser Phase befindet, dass man völlig eindimensional denkt und handelt und niemals links und rechts schaut, weil man die Lösungsmöglichkeiten auch gar nicht sehen will. Ach ja, da fällt es mir wieder mal auf, was die deutsche Sprache doch für schöne Worte beinhaltet. Lösungsmöglichkeit, da steckt ja lösen, also auch los lösen mit drin. War mir noch nie aufgefallen, das nur nebenbei.
Ich war wie vernagelt.Auch ein schönes Wort. Ich sah nicht klar, nur in eine Richtung, so als mein Denken und Fühlen eben mit einem Nagel festgenagelt gewesen wäre.
Wie lange Du diese Farce mit machst, musst Du selbst entscheiden. Aber irgendwann wird das Kartenhaus, das ja nur Du zusammenhältst, zusammen krachen. Dann, wenn Deine Nerven irgendwann blank liegen.
Man merkt erst viel später, wenn die Loslösung vollzogen und verarbeitet ist, wie hochstressig das alles war. All die Gedanken! Was soll ich nur tun, wie sein, damit er ...
Warum ist das alles so schwierig? Warum wuchsen Misstrauen und Ängste so stark an? Wieso musste ich das alles aushalten?
Musste ich? Nein, das war freiwillig, denn keiner hat mich zu irgendwas gezwungen. Lieber leiden als lösen, war meine Devise. Dieser Mann erschien mir unverzichtbar, einzigartig. Und dann musste ich eines Tages doch auf ihn verzichten.
Es war zu einer Zeit, in der ich mich hochgearbeitet hatte. Über Monate hatte ich mich unbemerkt untergeordnet, richtete mich nach ihm und SEINEN Bedürfnissen, meine blieben auf der Strecke. Es war kein Wunder, dass es mir nicht gut ging. Erst kam die Verzagtheit, die Angst vor dem Verlassenwerden, die Ungewissheit und Fragilität, die ich spürte. Später kam die Wut auf ihn. Ich titulierte ihn bereits mit Tier- und Schimpfnamen, wenn auch nur in Gedanken.
Ach, sieh an, der kleine Ar... geruht wieder mal sich zu melden. Ach, was schreibt er denn dieses Mal? Wieder die Story, wie schön es doch wäre, wenn ich jetzt da wäre?
Tatsächlich. Er war schon einen Tag vorher auf den Kongress gefahren, den wir beide besuchten - natürlich getrennt. Abends war er mit ein paar laaangweiligen Kolleginnen essen und danach fiel ich ihm wieder ein. Und er entwickelte wohl tatsächlich so was wie eine Sehnsucht. Nein, er fühlte sich nur allein und da wäre ich wieder recht gewesen. Es war nicht glaubhaft, denn die nettesten Mitteilungen bekam ich, wenn ich weit weg war. War ich dann da, fragte ich mich oft, wo die ach so große Wiedersehensfreude denn geblieben war?
Ich reagierte nicht und schwieg und fuhr am nächsten Tag mit dem Zug. Da kam wieder eine SMS. Wann ich denn da sei? Im Zug, aber bis zwei Uhr würde ich es locker ins Kongressgebäude schaffen. Ob wir uns kurz vor zwei vor Saal zwei treffen könnten?
Ich wollte mich mit ihm an diesem Abend verabreden, weil die anderen Abende schon verplant waren.
Er schrieb zurück, das könnte klappen, dass er kurz vor zwei vorbei kommt.
Mein Blutdruck stieg schon wieder, weil ich mir wütend dachte, schreib halt ja oder nein, Du Depp! Bereits kurz nach halb zwei Uhr bezog ich meinen Posten vor Saal zwei. Es wurde dreiviertel zwei und er kam nicht. 10 vor zwei und er kam nicht. Fünf vor zwei sah ich ihn kommen und ich sah es sofort an seiner Haltung. Er kam nur weil er musste, er wollte eigentlich nicht. Erstaunlich was sich alles durch Körpersprache mitteilt.
Schließlich stand er vor mir, grinste dämlich und sagte: Was machst Du denn hier?
Ich hätte schon wieder vor Wut schreien könnten, erwiderte aber nur bissig, wahrscheinlich dasselbe wie Du!
Ich riss mich zusammen und beschloss ihn wegen heute Abend zu fragen. Ach, schaute er mich bedröppelt an, da gehe ich doch mit meiner EDV-Truppe essen. Wir haben morgen das Meeting und am Vorabend gehen wir immer essen. Das weißt Du doch?
Ja, ich wusste es, dass es diese Gepflogenheit gab, aber ich wusste nicht, dass am nächsten Tag dieses IT-Meeting anberaumt war.
Weißt du, da muss ich schon hingehen, meinte er noch.
Musst Du nicht, dachte ich mir, aber es ist Dir eben lieber als mit mir, Du Ar.!
Ich entgegnete nur scheinbar kühl, tja, man soll den Tag nicht vor dem Abend loben und drehte mich um, um in Saal zwei zu gehen. Ich hätte heulen können, verspürte Sehnsucht nach meinem Hotelzimmer, wo ich den Tränen freien Lauf hätte lassen können. Mein Herz klopfte, mein Körper war aufgrund dieser Enttäuschung in Aufruhr, aber ich musste Haltung bewahren.
Nach Ende der Veranstaltung redete ich mit ein paar Kollegen die ich kannte und wir verabredeten uns am Abend. Selten hatte ich so einen lustigen Abend verbracht! Wir waren zu acht, ließen Wein auffahren, aßen und die Stimmung war großartig. Meine Güte, das Heulen im Zimmer hätte gar nichts gebracht, aber dieser Abend war gelungen. Ich freute mich so sehr, dass es so gekommen war und dachte mir so nebenbei, es ist zwar schlimm, aber dieser Abend war viel schöner als wenn ich ihn mit der Trantüte verbracht hätte ...
Später als ich im Bett lag, kam wieder eine SMS mit etwas Belanglosem. Ich überlegte, lass ihn doch auflaufen, aber ich antwortete doch und ergänzte noch, dass ich übrigens einen wunderbaren, lustigen Abend mit Kollegen verbracht hätte.
Schade, meinte er, meiner war nicht so lustig.
Recht so, dachte ich mir und schlief zufrieden ein.
Am nächsten Abend Festabend, den wir natürlich getrennt verbringen würden. Ich ging mit einer befreundeten Kollegin hin, an die sich noch ein anderer gehängt hatte, der sie flüchtig von einer Fortbildung kannte. So waren wir zu dritt und hatten wieder viel Spaß.
Er, der kleine Ar... saß weit weg mit seiner EDV-Truppe. Im Lauf des Abends trabte er mindestens dreimal an unserem Tisch vorbei und tat als sähe er mich nicht. Er kontrollierte gerne. Ich sah ihn einmal kommen mit seinen schlenkerigen Gangwerk, das Gesicht wie eine Maske, ausdruckslos. Da dachte ich mir, er wirkt so einsam und verlassen und er strahlt eine Traurigkeit aus. Genau das hatte mich zu ihm hingezogen. Er war keiner, der gerne glänzte und den großen Auftritt liebte. Er war wie ich, nicht von sich überzeugt, ängstlich und sich lieber im Hintergrund haltend.
Später traf wieder mal eine SMS ein. Ob ich noch da sei. Du Idiot, dachte ich mir, schau doch nach, dann siehst Du es. Du weißt ja genau wo ich sitze.Ich verspürte wieder Wut.
Ich beschloss aber, ihm eine Brücke zu bauen und schrieb ihm, dass ich noch ein Wasser trinke und dann ins Hotel gehe.
Irgendwie hoffte ich, er würde vielleicht mitgehen wollen, aber das Handy blieb stumm.
Eine halbe Stunde später ging ich in Richtung Ausgang und sah ihn stehen. Warum stand er dort rum? Ich wusste es nicht. Ich ging an ihm vorbei und fragte ihn, ob er noch bleiben würde. Ja, sagte er.
Ich ging wortlos Richtung Garderobe und verließ das Lokal. Auf dem Weg zum Hotel heulte ich Rotz und Wasser. Ich war so verzweifelt, denn egal, welches Angebot ich auch machte, er schaffte es immer wieder, mich ins Abseits zu stellen.
Ein paar Monate später ging es mir besser, denn ich hatte mich endlich aus meiner Rolle der Verzagtheit gelöst. Ich hatte mit ihm gesprochen, über uns, über ihn und darüber wie ich mich fühlte. Es war keine Anklage, es war nur eine Art Stellungnahme von mir. Er reagierte direkt verständnisvoll und sagte, ja es sei ihm bewusst, dass er ein guter Verliebter sei, aber kein guter Liebender.
Ja, das hatte ich mehr als einmal bemerkt. Aber was half es mir, er würde sich nicht ändern mir zuliebe. Dieser Gedanke blieb ein Wunsch. Allerdings war er eine Zeitlang dann anders und ich dachte mir, wir wären über den Berg. Einerseits beruhigte es mich, andererseits verspürte ich, dass seine neue Rolle als beziehungsfähiger Mann irgendwie doch aufgesetzt war. Ich spürte instinktiv, dass er sich Mühe gab. Tja, dafür ist eine Beziehung nicht da, dass man sich abmüht ...
Wenige Wochen später, in denen sich noch einiges, ja viel ereignet hatte, weil zudem noch eine andere Frau aufgetaucht war (nur eine Kollegin, er wolle nichts von ihr ... Ah ja, die Mails die ich unrechtmäßig gelesen hatte, klangen für meinen Geschmack anders ...) , ging es zu Ende.
Zu einem Zeitpunkt als ich mich sozusagen emanzipiert hatte und mich traute, Ansprüche zu stellen.
Ich fragte ihn mal am Telefon, ob wir nicht ein WE zusammen weg fahren würden.
Er reagierte ausweichend. Ja, wo ich denn hin wollte, fragte er. Er fragte das um Zeit zu gewinnen. Ich meinte, weiß ich doch nicht, ist mir egal, aber ich könnte es mir schön vorstellen, gemeinsam irgend wohin zu fahren.
Gleichzeitig merkte ich dass er nicht zog und hilflos war.
Ich schlug vor dass wir uns am Montag nochmals darüber unterhalten könnten. Es war Freitag. Ich hatte ihm das Messer auf die Brust gesetzt und er wusste nicht wie er da raus kam. Er wusste nur, er wollte das nicht, denn es war zu viel.
Am Wochenende erreichte ich ihn nicht. Wir sahen uns nicht, aber ich wollte mal anrufen. Er ging nicht ran. Er meldete sich nicht. Am Sonntag Abend hatte ich es mehrmals probiert, aber er war nicht erreichbar. Ich hatte ein merkwürdiges Gefühl und gleichzeitig Angst. Vielleicht hatte er einen Schlaganfall erlitten und lag hilflos ins einer Wohnung? Vielleicht war er plötzlich erkrankt? Womöglich hatte er einen Unfall?
Irgendwann kam eine SMS (damals gab es noch kein WA), er sei mit den Meiers unterwegs und könne nicht reden .
Wenigstens war ihm nichts zugestossen, dachte ich mir. Dennoch, diese Worte waren dahin geworfen, pflichtschuldig, keine Anrede, kein bis morgen, nichts. Nur ein Satz.
Am nächsten Morgen öffnete ich meine Mailbox und er hatte geschrieben. Ich wusste es bereits, ich ahnte es. Es war die Trennungsmail. Per Mail verabschiedete er sich von mir. Es täte ihm leid, aber er könne es einfach nicht. Ich weiß, ich müsste es können, aber in mir schreit alles nur Nein, Nein, Nein! Es tut mir leid dass ich das ausgerechnet Dir sagen muss, denn ich schätze Dich sehr, aber es geht nicht.
Tja, aus dieser Mail sprach eine gewisse Verzweiflung und zugleich rettete er sich damit selbst. Ich war todtraurig, ich weinte den ganzen Tag. Am Abend telefonierten wir und ich meinte, ich wolle ihn als Freund behalten.
Schon wieder war ich nicht in der Lage, eindeutig zu handeln, sondern suchte Möglichkeiten. Von nun an würden wir halt Freunde sein. Wie blöd das war, merkte ich dann mit der Zeit. Denn ich erfuhr was er so alles vorhatte, während ich ...
Da waren so seltsame Unternehmungen, so verschwurbelte Äußerungen wie ich bin dahin eingeladen worden. Gemeint war eine kulturelle Veranstaltung, die sich irgendwie merkwürdig anhörte.
Aha, eingeladen, von wem? Diese Frage stelle ich mir, aber nicht ihm. Denn es ging mich ja nichts an, wir waren ja nur noch Freunde.
Zwei Wochen später stellte ich ihn auf die Probe. Ich kannte ihn ja wie meine Hosentasche. Seine Ausflüchte, seine verschwurbelten Aussagen, seine diffusen Schuldzuweisungen (das habe ich doch nie behauptet! oder So habe ich das nicht gesagt, das hast Du falsch aufgefasst! usw.).
Ich stellte mich unwissend und fragte scheinbar beiläufig, sag mal, da war doch vor einiger Zeit diese Veranstaltung mit dem seltsamen Namen. Warst Du jetzt da dort?
Er erzählte, ja und was das eigentlich gewesen war. Das interessierte mich eigentlich null die Bohne, denn ich wollte was anderes wissen. Und da fragte ich, da ich auch sein kurzes Gedächtnis für alles, was mich betraf, kannte, sag mal, wie bist Du denn darauf gekommen?
Die Antwort war symptomatisch für ihn: Hmppff, ööhh, weiß ich nicht mehr. Muss ich in der Zeitung gelesen haben oder so!
Oder so beinhaltete immer eine Unwahrheit, das wusste ich. Er hatte gelogen, die Version mit der Einladung stimmte. Von wem, wusste ich nicht, aber ich sagte nichts und fragte nichts.
Nun ja, diese Freundschaft bestand nur aus einigen Mails wobei meine länger und häufiger waren und ein paar Telefonaten. Wenige Monate erhielt ich wieder eine seiner verschwurbelten Mails, aus der ich unschwer schloss, dass eine Next vermutlich längst den Plan betreten hatte. Er helfe einer Kollegin beim Umzug nach D (einige hundert Kilometer weg). Aha. Er habe es ihr zugesagt, jetzt habe er aber Schnupfen und es ist lausig kalt. Damit wollte er mir signalisieren, dass er aufgrund seiner Hilfsbereitschaft dummerweise zugesagt habe.
Na, egal, meinte er, es müsse sein. Danach würde er noch ein paar Tage in D bleiben. Und dann würde er sich bei mir melden.
Mir fiel die Klappe runter. Es war Freitag und er würde noch einige Tage bleiben. Ja, warum wohl? Und klar, ich helfe auch einem Kollegen der ein paar Hundert Kilometer weiter weg zieht!
Da war es mir klar, meine Zeit war längst abgelaufen, ich hatte es nur nicht bemerkt. Er meldete sich nicht mehr und ich mich auch nicht. Ich hatte ihn endgültig verloren. Erst da begann allmählich das Loslassen. Ich hatte es weg geschoben, obwohl mir klar war, dass es nie ein Comeback geben würde. Nicht mal ich hätte mich nochmals auf dieses halbgare Konstrukt eingelassen!
Dass er sich trennte, als ich mich mehr traute, ist nicht ungewöhnlich. Das Oben und Unten, das wir beide unbewusst festgelegt hatten, sorgt auch immer für eine gewisse Distanz. Wenn ich mich aber neben ihn stelle und die Rolle der Untergeordneten verlasse, geht Distanz verloren und das hält er nicht aus.
Und dann fing ich mit mir an. Ich war bereits bei einem Therapeuten gewesen, nur zweimal, aber auch das hatte etwas in Gang gebracht. Wir leben immer das nach was wir kennen, sagte er. Er begann sofort bei der Kindheit. Vater, Mutter, die Beziehung der beiden zueinander. Dabei wollte ich doch über ihn reden, aber scheinbar war er nicht wichtig.
Die Vergangenheit meiner Eltern. Mein Vater von hier, Sohn aus einem Arbeiterhaushalt, der früh zum Familieneinkommen beitragen musste. Er wäre so gerne weiter auf dei Schule gegangen, hätte studieren wollen, aber es ging halt nicht wegen des Geldes. Daheim waren 6 jüngere Geschwister und das Geld war knapp.
Meine Mutter, Vertriebene aus dem Sudetenland. Sie strandete mit ihrer Mutter und Schwester hier. Der Bruder war gefallen, der Vater in russischer Kriegsgefangenschaft. Er war einer derjenigen, die erst ganz spät zurück kehrten. Er fand seine Familie über das Rote Kreuz.
Mit der Zeit begriff ich mehr. Die Launen meiner Mutter, ihre oft unbegründete Wut, die ich ab bekam. Sie galt nicht mir, das hatte ich immer gespürt, da wirkten andere Kräfte. Traumatische Erlebnisse, die zu viel für ein junges Leben waren ... Damals gab es keine Therapeuten und über seelische Blessuren dachte man nicht nach.
Ab da machte ich meinen Frieden mit meiner Mutter, die schon lange tot war.
Ich sah die Ehe beider an und erkannte mich wieder. Was hatte ich alles unbewusst übernommen? Wie agierte ich in einer Beziehung? Ähnlich wie meine Mutter. Es war beschämend.
Es kam eines zum anderen. Es war als ob auf einmal Vorhänge zurückgezogen wurden und ich sah mich wie ich wirklich war. Es war erbärmlich.
Wie verlogen ich in dieser Affäre gewesen war! Wie ängstlich ich vorging! Ihn nur nicht überfrachten, vorsichtig und wohl dosiert musste ich vorgehen und ich passte immer auf. Da war doch keine Freiheit, das war doch keine Entspannung, sondern Anspannung. Permanent.
Wie ich micht verstellt hatte, getan hatte als ob ... Wie blöd ich gewesen war. Und das alles für ein bißchen Liebe, die doch immer zu wenig war.
Ich hatte mich verleugnet, mich verbogen, gelogen dass sich die Balken bogen und musste es doch mit mir aushalten. Meine Ehe lief derweil weiter, aber ich brauchte viel Zeit für mich. Ich musste nachdenken, den Film wieder und wieder abspulen bis es irgendwann besser war.
Der AM war im Nebel der Geschichte verschwunden und ich merkte, wie sehr mich das alles gestresst hatte. Dass ich mich verbogen hatte, mit vielem hinter dem Berg hielt, nicht sagte was mich bewegte und beschwerte.
Wir hatten am Anfang mal gesagt, dass wir ehrlich miteinander umgehen würden ...
Was war daraus geworden? Ich trat mit Samthandschuhen auf, um ihn nur ja nicht zu überfordern. Die Beziehung light hätte von mir sein können. Heute könnte ich fast kotz..., wenn ich so was lese!
Heute bin ich anders. Ich fühle mich anders. Es war eine harte Zeit, sich von der Selbstverleugnung zu lösen und hinter die Kulissen zu schauen. Ich würde mich heute niemals mehr auf so was einlassen und wenn mir ein Mann sagen würde, er würde ja gerne, aber er habe Probleme mit Bindungen, würde ich ihn sofort weiter schicken. Denn das wird nichts.
Was soll das? Ich will einen Mann an meiner Seite, kein Windei, das rumschwurbelt und notfalls mir die Schuld zuweist. Ich will Ehrlichkeit, Offenheit und ich will auch Spaß. Aber doch nicht so was! Und ich will Verlässlichkeit und keinen der sich mal meldet, wenn ihm gerade danach ist, aber sonst nicht verfügbar ist.
Dafür muss ich auch was geben. Und das kann ich jetzt, nicht perfekt, aber besser als früher. Meine Ehe hat es - oh Wunder - überlebt. Und es läuft gut. Wir sind ein gutes Team geworden und wir halten zusammen. Wir sind sehr verschieden, aber ich muss nicht alles teilen. Ich lasse ihn wie er ist und er lässt mich wie ich bin. Ich mache immer noch gerne etwas allein. Das habe ich durch den AM gelernt, wie prima man auch alleine mit sich Zeit verbringen kann. Und dann freue ich mich wieder auf das Gemeinsame.
Ich will diese Lügen, dieses So-tun-als-Ob nicht mehr. Und ich verbiege mich nicht mehr. Lieber ecke ich mal an. Ich bin wie ich bin und das ist in Ordnung so.
Das Getriebensein von früher, die permanente latente Unzufriedenheit mit mir selbst, das Schielen auf andere die dies und jenes können, sind Vergangenheit.
Es hat lange gedauert, aber erst durch den AM und das Scheitern mit ihm kam ich dahin wo ich jetzt stehe. Es hat alles ein gutes Ende genommen. Was mit ihm ist, weiß ich nicht. Es ist mir egal. Er lebt, ab und an sehe ich ihn dienstlich. Aber wir grüßen uns nur, wenn wir aneinander mal vorbei gehen. Ansonsten tut er als sähe er mich nicht. Noch immer ist er verkrampft und falsch. Heute lächle ich darüber und frage mich manchmal, ob er wohl auch was aus unserer Beziehung light gelernt hat. Aber ich muss es nicht wissen. Auch eine Art Freiheit.
Unglaublich, aber man kann sich lösen. Es dauert nur seine Zeit, aber dann kapieren die Gefühle irgendwann dass er nicht weiter relevant ist.
Und das fühlt sich dann nach Freiheit an. Noch heute bin ich erleichtert, dass ich letztendlich von ihm los kam.
Was für ein Trugschluss zu glauben, es ginge nicht ohne ihn. Ach, die Liebe führt uns immer wieder zueinander. Wir können einfach nicht ohne einander ...
Du lügst Dir in die eigene Tasche.
Aber es kommt alles zurück im Leben. Und vielleicht ziehst Du auch Deine Lehren daraus. Dann war es nicht umsonst, sondern er war notwendig gewesen. Manchmal bin ich ihm sogar dankbar. Wäre er nicht gewesen, würde ich immer noch mit der Selbstverleugnung leben.