Hallo, Lebenskünstler,
Deine Aussage mit dem love bombing trifft es wirklich gut und jetzt verstehe ich auch, warum das betrieben wird. Innerlich wissen die BPs, dass auch diese Beziehung nicht halten wird und gerade deswegen weben sie den ahnungslosen Partner so schnell und so geschickt in ihr Leben ein, dass der auch von der nun endlich gefundenen großen Liebe überzeugt ist.
Die ersten Wochen - ein Rausch der Gefühle! Herzklopfen nur beim Gedanken bei ihm, Glücksgefühle, die sich auf alle Lebensbereiche auswirken und dazwischen wieder Sehnsuchtsanfälle, weil ich ihn ja nicht so ohne weiteres sehen konnte. Und ihm ging es genauso.
Er sprach von Liebe, der S. war granatenmäßig, wir waren beide davon überzeugt, dass wir nun in höherem Alter die Liebe unseres Lebens gefunden hatten. Es konnte gar nicht anders sein!
Diese Übereinstimmung in vielen Dingen, aber auch diese wundervollen Unterschiede - wie liebenswert das doch alles war.
Das ging die ersten vier Monate so und doch tauchten auch hier schon die ersten Ungereimtheiten auf. Z.B. die Sache mit seiner Chefin, die ich kannte. Ich traf sie mal dienstlich und sie palaverte ständig von Herrn Sowieso und wie toll Herr Sowieso dies und jenes gemacht hat und wenn wir Herrn Sowieso nicht hätten!
Es kam mir komisch vor, weil sie ihn über den grünen Klee lobte und gerne über ihn sprach. Hmm, sehr merkwürdig und eine leise Ahnung stieg in mir auf.
Beim nächsten Wiedersehen berichtete ich ihm über das seltsame Verhalten und fragte, sag mal, war da mal was mit der? Ich meine ja nur, aber diese ständige Lobhudelei mag ja Gründe haben, wirkt aber doch auffällig.
Er zögerte mit der Antwort und dann sagte er: Ja, wir hatten eine Beziehung. Zwei Jahre sei sie gegangen, aber dann hätte sich die anfängliche Liebe bei ihm in Freundschaft gewandelt und er hätte sich zurück gezogen.
Das Ende kam auf Nachfrage von ihr von ihm. Sie hatte ihn angerufen und gefragt, was los sei und da schenkte er ihr reinen Wein ein. Sie hatte geweint, was sonst? Und es dauerte einige Monate ehe sie wieder einigermaßen normal miteinander umgehen konnten.
Irgendwie gab mir das damals zu denken. Niemals hätte er es mir gesagt, wenn ich nicht selbst Lunte gerochen hätte. Und das Ende, von dem er berichtete, war ein Vorgriff auf das, was er mit mir dann machte. Nur dass er sich per Mail verabschiedete.
Ich tat das damals ab, wollte mir meinen Traum vom Glück nicht zerstören lassen und ihn keinesfalls aufgeben. Und doch wirkte diese Geschichte in mir irgendwie nach. Damals bereits fühlte ich das erste Mal die Angst, die mir später zu einem treuen Begleiter während dieser Beziehung werden würde.
Als er dann merkte, dass es mir ernst wurde mit der Beziehung, kamen die auf leisen Pfoten die ersten Distanzmanöver um die Ecke. Noch eher leicht. Schwammige Aussagen, von wegen, er wisse nicht, ob er das ganze Wochenende für mich erübrigen könnte.
Ich begann, das erste Mal zu weinen, heimlich natürlich und nicht vor ihm. Aber ich ahnte schon, wohin die Reise führen würde. Aber wieder verdrängte ich alles, redete mir alles schön und wartete auf Zeichen der Zuneigung, die mich immer sofort und für den Moment ruhig stellten.
Die nächsten Monate wurde es immer schlimmer, Ich verzehrte mich nach dieser hoffnungslosen Liebe, die ich nie erreichen würde und er schaffte immer wieder Distanz. Durch unscharfe Aussagen, durch Schuldzuweisungen an mich (durch diese Aussage wertest Du unsere Wochenenden ab!), durch verschwurbelte Antworten auf meine Fragen und durch sein Verhalten. Er konnte mich in Null komma nichts von Wohlfühltemperatur in einen Eiseskeller der Angst und der Enttäuschung stossen und merkte es nicht mal.
Ich war wie ein Spiegel. Hauchte er zartfühlend in den Spiegel, blühte ich auf, sofort und mit Wohlbefinden, Genauso schnell andersrum. Ich wurde empfindlich und ich fühlte die Abhängigkeit.
Mir war klar, wie toxisch diese Beziehung war, denn ich war nicht mehr Ich. Ich lebte nur noch für diese Beziehung und wenn ich ihn nicht sah, so dachte ich über ihn nach. Das Misstrauen bei mir wuchs. Es war schlichtweg Verlustangst und Eifersucht, denn ich wusste, würde er die nächste Miss Perfect treffen wäre ich geliefert. Alles, nur keine Trennung! Das war meine Devise.
Ich fuhr zu ihm, getrieben von der Aussicht auf Liebe und hatte die Angst im Gepäck. Was würde er dieses Mal aus dem Ärmel schütteln.
Ein unglaublicher Hormoncocktail hielt mich bei der Stange. Glücksgefühle, Erleichterung, dann wieder Anspannung, Angst vor ihm und einer Trennung und Enttäuschung. Die Hormone fuhren rauf und runter. Normalzustand? Was ist das? Ich hatte vergessen wie das Leben auch sein konnte, vor ihm.Ha, aber jetzt, jetzt lebte ich. Nur wie? Wie auf Dro.. Er war mein Dealer, der mir schadete und der entschied, ob ich meinen Stoff bekam oder nicht und wenn ja, wie lange. Entzug war unvorstellbar, aber er kam.
Nach einigen weiteren Monaten Hin und Her fühlte ich wenigstens mal Wut auf ihn. Das kleine A...h, so titulierte ich ihn in mir. Ah, sieh an, das kleine A... geruht mal wieder eine SMS zu schreiben! Was sülzt er denn dieses Mal?
Seine Abwertung war meine Strategie, nicht vor die Hunde zu gehen. Ich hatte noch so was wie Selbsterhaltungstrieb.
Die Beziehung änderte sich, als ich ihm drauf kam. Eine Kollegin hatte ihn angebaggert und er war darauf eingegangen und fühlte sich mächtig gebauchpinselt (ich kannte seine Sucht nach Bewunderung und Bestätigung). Ein Treffen war unverbindlich vereinbart worde. Das wusste ich, weil ich in seinen Mails gestöbert hatte.
Ich funkte dazwischen, aber im Verborgenen. Ich sprach unsere Beziehung an, die Probleme und ich fragte ihn, was er eigentlich mit dem Rest seines Lebens anfangen wollte. Ewig der lonesome Cowboy auf der Suche nach der perfekten Frau, die nicht kommt?
Er war zugänglich, er überlegte. Wir hatten endlich mal ein halbwegs ehrliches Gespräch. Am nächsten Tag wollte ich vor der Zeit fahren. Was passierte? Unglaubliches, er bat mich zu bleiben. Hatte er mich jemals um etwas gebeten? Nein, es war das einzige Mal und das blieb es auch. Ich schmolz und blieb bis zum Abend.
Ab da ging es mir besser, abgesehen davon, dass er irgendwann merkte, dass ich seine Mailbox kontrollierte. Hier wurde die alte Ordnung wieder hergestellt. Er oben und ich unten. Denn ich kroch zu Kreuze, erläuterte die Gründe und entschuldigte mich. Und er? Er reagierte verstädnisvoll, nachsichtig und gab mir nicht gleich die rote Karte.
Es war die Ordnung in der Beziehung, die wir praktiziert hatten. Er oben und ich zu seinen Füßen.
Weil ich mich ihm bildlich gesehen unterwarf mit meiner Entschudligung, eröffnte ich ihm die Möglichkeit, edel aufzutreten.
Das wurde mir erst hinterher klar. Kriech zu Kreuze und er fühlt sich oben und bestätigt, denn er hatte die Machtposition wieder erlangt. Der Mächtige kann dann auch gnädig und nachsichtig sein. Gnädig trat er auf, das trifft es genau.
Ich war ja noch froh über seine Gnade, zumal ich wusste, was ich getan hatte.Aber ich hatte ihn auch erreicht, das fühlte ich. Ich fühlte mich endlich sicherer und Sicherheit geht mit Mut einher. Ich äußerte den Wunsch auf eine Wochenendreise. Er reagierte wieder mal verschleiert und ich merkte, ich musste ihm Zeit lassen.
Es war die Zeit, ein Wochenende, in der er die Beziehung klar machte. Die Trennung kam, denn die Bedrohung war zu groß. Eine Begonie, die Wünsche äußerte, die Ansprüche stellte. Wo kämen wir dahin?
Die Panik stieg in ihm auf und er schrieb mit die Mail. Meinen Todesstoß.
Ich bot ihm die Freundschaft. Was sollte das? Ich wollte ihn nicht ganz verlieren, ganz einfach. Auf eine Rückkehr hoffte ich nicht. Ich wusste, das war es. Aber die Freundschaft klappte nicht. Eifersucht und Lügen und Verschweigen gingen irgendwie weiter. Er sagte nicht alles, ich konnte nicht alles fragen und so weiter.
Trauer bestimmte mein Leben, bis auch diese Freundschaft, die nur noch aus Mails und ab und zu Telefonaten bestand , ein Ende fand.
Eine verschwurbelte Mail traf ein. Er habe spontan beschlossen (spontan war eines seiner Lieblingsworte!), Claudia S. beim Umzug zu helfen. Es ist zwar ekelhaft nasskalt und er fühlt aufkommenden Schnupfen, aber egal, es wird schon gehen. Am Montag käme er wieder und einige freie Tage würden ihm gut tun.
Es war Freitag und er sprach von einigen Tagen? Da wurde es mir klar. Er blieb die ganze Woche dort, einige Hundert Kilometer entfernt bei ihr.
Ich rutschte in ungeahnte Tiefen! Er hatte eine Neue!
Ich hatte ihn endgültig verloren, aber der Sturz war nicht mehr ganz so tief wie einige Monate vorher. Die Wut kam, auf ihn und auf mich. Die Wut quälte mich. Da ging ich zum Therapeuten und hinterher war ich zwar immer noch wütend, aber ich sah klarer auf die Beziehung und das Scheitern.
Die Mechanismen klärten sich auf und lagen offen da, die wir abgespult hatten. Jeder war nur der Gefangene seiner eigenen Defizite und Sehnsüchte gewesen. Schuld relativierte sich, denn mein Verhalten bedingte auch seines und umgekehrt. Eine Art Läuterungsprozess setzte ein. Er war schuldig und auch unschuldig und ich auch.
Was ich ihm nie vergaß, war dann der endgültige Abschied. Ich rechnete nicht damit, dass er sich nochmals melden würde. Wozu auch? Er war ja beschäftigt und ich endgültig überflüssig.
Ich fragte per Mail, ob er den Kontakt abbrechen wolle. Und ich foderte eine klare Antwort ein.
Die bekam ich auch. Er wolle den Kontakt beenden, es sei besser so. Er habe zweimal angerufen und ich nicht abgehoben. (das stimmte definitiv nicht!) und seine letzte Mail hatte ich nicht beantwortet.
Ich dachte mir nur, was hätte ich denn darauf schreiben wollten. Ach Du armer verschnupfter, aber ach so hilsbereiter Mann, ich wünsche Dir viel Spaß beim Betten aufbauen.
Das war typisch. Am Schluss drehte er die Schuldfrage um. Ich war die Gemeine, die Schuldige und seine Weste blieb rein.
Sein Mittel zur Selbsthilfe!
Ich bin mir sicher, dass ich damit zur schwarzen Fee bei ihm mutierte. Wenn wir uns mal sehen, grüßen wir uns und gehen weiter. Kein privates Wort mehr! Kein blödes Geschwafel! Ich kam mit ihm nichts mehr anfangen und der Reiz, den er ausübte, ist längst verschwunden. Er würde mich langweilen und außerdem würde ich sämtliche Äußerungen von ihm sofort durchschauen.
Wie gut man doch manche Menschen innerhalb einiger Monate kennenlernt.
Gott sei Dank, ich bin clean. Ich habe meine Zeit gebraucht, aber ich habe wieder zu mir gefunden. Ich habe etliche Defizite entdeckt, die mich dorthin geführt haben und ich habe an mir gearbeitet. Ich bin kein anderer Mensch geworden, aber ich kenne mich jetzt besser. Und ich habe begriffen, wenn ich mich nicht um mich kümmere, tut es keiner. Jeder ist seines Glückes Schmied, das kann kein anderer erledigen. Ein unzufriedenes Leben wird durch eine Beziehung nicht zufriedener, aber man kann eine zufriedenstellende Beziehung führen, wenn man lernt, sich selbst anzunehmen.
Es liegt alles an einem selbst.
Solche Menschen wie er sind gute Lehrmeister. Sie bringen einen an Grenzen und eröffnen letztendlich auch Chancen. Und dafür bin ich ihm sogar dankbar. Wäre er nicht gewesen, hätte ich nicht so viel gelernt.
Begonie