Schau, eigentlich ist es ganz einfach: Es ist nicht so, als könnte eine Histrionikerin keine Gefühle für dich haben. Das sind keine waschechten Narzissten. Sie übertreiben einfach gerne - in die eine wie die andere Richtung. Sie hat mit ihrem Ich liebe dich über alles nach ein paar Mal sehen genauso übertrieben wie mit ihrer Pseudo-Schlussmachaktion. Ob ihnen das selbst überhaupt immer so klar ist, kann man gar nicht so wirklich beurteilen. Ich denke, oftmals eher nicht. Das kommt mehr aus dem Bauch heraus, als dass da kognitive Überlegungen dahinterstehen.
Zitat: Ist es nicht dennoch ungewöhnlich, dass sie es nach der ersten Meinungsverschiedenheit beendet, oder halten Beziehungen zu solchen Menschen immer nur dann länger, wenn sich der Partner nach solchen Aktionen für was auch immer entschuldigt um sie zu besänftigen? Oder hab ich sie durch mein nicht An- und Abmelden an dem Abend so dermaßen verunsichert und verletzt, eben weil sie da nicht die Kontrolle hatte und nicht in meinem Mittelpunkt stand, dass sie so impulsiv reagiert hat?
Ich glaube nicht, dass sie ernsthaft Schluss machen wollte. Sie war verletzt ja, das wird sie schon so empfunden haben. Aber ich denke, das ist eher so wie bei einem Choleriker. Da zieht, ob mit oder ohne konkretem Anlass, eine Gewitterwolke über sie und dann reißt die Hutschnur. Und irgendwo hat sie dich vermutlich einfach auch nur getestet.
Gestern habe ich noch mit meiner diagnostizierten Freundin telefoniert, die seit längerem in Therapie und an sich eine sehr Kluge ist. Sie hat laut ihrer Therapeutin zwar große histrionische Anteile in ihrer Persönlichkeit, aber auch logische. Dh, sie ist sehr wohl in der Lage, sich selbst auch aus einer gewissen Distanz heraus zu analysieren. Ich habe mich also an die Expertin schlechthin gewandt Ich dachte, vielleicht hilft es dir, aber auch uns allen, besser zu verstehen.
Sie meint, was definitiv so ist, dass sie Drama genießt und auch anzieht. Also meine These, eine Dramaqueen sucht die oder den anderen Drama-Experten, hat sie mir sehr deutlich bestätigt. Drama empfindet sie einfach auch als aufregend und hat es sogar mit Schokolade verglichen. Sie meint, es hört sich vielleicht absurd an, aber Drama hat für sie auch irgendwo eine entspannende Komponente, sie baut damit inneren Druck ab.
Mittlerweile gelingt es ihr dank Therapie besser, sich einer Situation zu entziehen, weil der Impuls bei ihr nach 1-2 Stunden auch wieder verschwindet und dann tut es ihr oft leid, eine Szene abgezogen zu haben. Sie hat für sich eine Parkbank gefunden, die für sie ihre stille Treppe zum Runterkommen ist. Ganz gelingt ihr die Impulskontrolle allerdings nicht, als ihr Mann sie kürzlich telefonisch provozierte, ist er in eine Wohnung voll zerdeppertem Geschirr zurückgekehrt ... Wenn man nicht er ist, ist es schon fast wieder lustig.
Sie macht sich da auch nichts vor, das wird auch immer so bleiben, weil Drama für sie ja auch Lustgewinn bedeutet. Die Therapie ist aber dennoch wichtig, damit sie es etwas besser kontrollieren kann und damit sich oder anderen weniger Leid zufügt. Vor allem aber auch, um die Abhängigkeiten aufgrund ihrer Aufmerksamkeitssucht zu Menschen, die ihr nicht gut tun, schneller zu durchschauen und dagegen handeln zu können. So gelingt es ihr auch besser, sich zumindest etwas von der Quasseltante zu distanzieren und nicht immer abzuheben, um als seelischer Mülleimer zu dienen. Als sie dieser übrigens mal sagte, sie könnte ebenfalls eine Histrionikerin sein, was passierte? Sie ist ausgezuckt, hat eine Szene gemacht und ist beleidigt abgerauscht
Zitat:Du warst ein schlechter Mitspieler, so sehe ichs zumindest.
Das ist ein treffendes Zitat, dass du dir aufschreiben solltest. Meine Freundin meinte wiederholt, es ist oft einfach ein Spiel. Um Macht, um Kontrolle, als Solidaritäts-Test - und auch aufregend. Ich kenne ihren Mann schon länger, auch seine vorherige Freundin war eine ziemlich durchgeknallte, rachsüchtige Dramatussi. Er scheint das also irgendwo ebenso zu genießen oder zu brauchen. Vielleicht um selbst eine innere Leere auszutarieren. Keine Ahnung.
Es ist auch nicht so, als würde er sich ununterbrochen bei ihr entschuldigen, im Gegenteil. Die schenken sich schon gegenseitig ein. Und auch, wenn sie sich oft mehrmals die Woche mit Scheidung bedrohen, sagt sie, sie kann darüber eigentlich nur lachen. Weil sie weiß, dass er verlässlich und solidarisch ihr gegenüber ist. Und das ist jemand mit einer histrionischen PS besonders wichtig.
Du siehst, es kann also durchaus funktionieren, sie lieben sich auf ihre Art. Mit Sicherheit. Aber, da braucht es mE schon eine besondere Konstellation in einer Partnerschaft.
HistrionikerInnen lassen sich oft sehr viel gefallen, gerade, wenn von ihrer Seite Gefühle im Spiel sind. Weil sie einfach die Aufmerksamkeit des/der Auserwählten brauchen. Also wenn du das wirklich willst, könntest du sie vermutlich noch immer zurückgewinnen. Aber überlege dir gut, ob du wirklich ein guter Mitspieler wärst und vor allem auch sein möchtest.
Und btw, was ist schon echt oder unecht nach ein paar Mal sehen? Deine Gefühle galten ja auch nicht so sehr ihr als echter Person, die du ja kaum kanntest, sondern dem Lovebombing und dem Gefühl, das sie in dir auslöste. So gesehen warst du mehr in das Spiegelbild deiner selbst verliebt als tatsächlich in sie. Wenn sie tatsächlich für dich die große Liebe sein sollte, dann musst du sie mit allen ihren Anteilen annehmen, und nicht nur als Phantasiegestalt, die du dir rosarot ausgemalt hast. Ich denke aber nicht, dass du ohne diesen Schleier die echte Person tatsächlich noch so anziehend findest wie die Figur, die du dir zusammengebastelt hast. Denk mal darüber nach.