15 Monate ist es nun her, dass ich verlassen wurde. Eine schwere Zeit des Schmerzes, der Trauer, der Wut, der Ohnmacht, der Hoffnungslosigkeit, der Dunkelheit mit sehr sehr schlimmen Gedanken. So lange habe ich gelitten wie ein Hund. Bin immer wieder in tiefe Löcher gestürzt. Ja, es gab auch lichte Momente, aber immer wieder der tiefe Fall ins Nichts. Ich hatte unheimliche Angst vor der Zukunft, wusste nicht wohin ich mit mir sollte. Habe der Vergangenheit nachgetrauert und die Chance und den Sinn dieser Trennung nicht gesehen. Ich habe immer wieder nach dem Wieso, Weshalb, Warum gefragt. Ich konnte einfach nicht verstehen, dass er mir so etwas angetan hat. Ich wollte es so gerne verstehen, aber ich konnte nicht. Wie konnte er mich einfach verlassen? Aus der Tür rausspazieren ohne sich umzudrehen und weg Das hat mich über lange lange Zeit sehr beschäftigt und an mir zweifeln lassen. Als er ging, war es als hätte er alles Gute, alles was mich ausmacht, mitgenommen und mich als Nichts zurückgelassen. Mein ganzer Optimismus, meine Lebensfreude alles weg. Und natürlich habe ich die Schuld bei mir gesucht. Ich dachte, ich hätte versagt. Versagt als Ehefrau, Mutter und Freundin. Ich dachte tatsächlich, dass ich als Ehefrau die Pflicht gehabt hätte, diese Beziehung zu halten. Alles in meiner Macht stehende dafür zu tun, dass es läuft. In allen Bereichen. Ich habe mir sogar Vorwürfe gemacht, nicht oft genug die Beine breit gemacht zu haben. Als wenn das etwas geändert hätte. Dass es mir nicht gelungen ist, dass mich der Mann, mit dem ich mein halbes Leben verbracht habe, weiterhin liebt, dass er einfach aufgehört hat, mich zu lieben, dessen dachte ich, wäre ich schuldig. Gut 13 Monate lief ich mit dieser Schuld herum. Aber seit gut 2 Monaten geht es mir gut. Sicher, es gab noch ein kurzes Intermezzo mit dem bekannten Loch und ich fing wieder an zu zweifeln. Aber ich konnte mich selbst da herausholen.
Natürlich geschah das nicht ganz ohne Grund. Während dieser Tiefphasen kamen immer wieder Gedanken hoch wie: Was soll bloß aus mir werden? Wie schaffe ich das alles allein mit zwei Kindern in diesem Haus? Wer wird mich noch nehmen wollen? Alleinerziehend mit zwei Kindern, mittleren Alters, zeitlich auch sehr eingespannt? Wer würde so etwas mitmachen? Werde ich es nochmal erleben, dass mich jemand gut findet? Das jemand Interesse an mir hat? Ihr seht, ich war schon wieder dabei die Verantwortung für mein Wohlbefinden nach außen zu lenken, anstatt mal auf mich zu schauen und zu sehen wer ich bin, was mich ausmacht. Aber dann passierte es. Ich lernte jemanden kennen. Ein netter, gutaussehender Mann. Mein Alter, meine Hobbies, auch getrennt mit zwei Kindern. Das war am 1. Juli. Ich habe wieder gespürt, dass das Leben nicht zu Ende ist, egal was daraus wird. Es gibt noch jemanden auf dieser Welt, der sich für mich interessiert. Diese Begegnung (es läuft nichts weiter, er ist für mich nicht interessant) hat mir einen großen Aufschwung verliehen. Denn am Freitag nach dieser Begegnung war im Kindergarten meiner Tochter Abschiedsparty und ich wusste, dass mein Ex natürlich auch dort sein wird. Insgeheim hatte ich gehofft ihn erst zur Einschulung unserer Tochter zu sehen. Seit November 2017 haben wir uns nicht mehr gesehen. Nur noch sporadischen Kontakt der Kinder wegen per SMS. Aber ich war durch diese Begegnung mit diesem Mann so beschwingt (ja, so muss ich es einfach nennen), dass das erste Treffen mit dem Ex nach so langer Zeit kein Problem war. Es war merkwürdig, ja. Und wir sind auch kurz aneinander gerasselt. Aber es war in Ordnung. Und das war ein neues Gefühl. Ich habe ihn mir näher angeschaut und mir wurde bewusst, dass ich ihn nicht mehr wollte. Ich kann euch gar nicht sagen wie befreiend dieser Moment war. Dann am Dienstag drauf sollte meine 5wöchige Reha starten. Ich hatte tatsächlich überlegt, diese um 1-2 Wochen zu verkürzen, denn ich merkte ja, dass es aufwärts ging. Außerdem wollte ich diesen Mann näher kennenlernen und 5 Wochen weg, so kurz nach dem Kennenlernen.
Natürlich habe ich nicht verkürzt. Ich hatte sogar überlegt noch eine Woche dranzuhängen, was aber aufgrund der Einschulung nicht ging. Ich war mir vor der Reha schon über meine eigentlichen Themen bewusst. Ich wusste nur nicht, wie ich diese lösen konnte. Ich habe mich dort auf alles eingelassen. Viele neue Menschen kennengelernt. Auch zwei Freundschaften haben sich entwickelt.
Ich habe viele Gespräche mit mir völlig fremden Menschen geführt. Abseits aller Therapien und Behandlungen. Ich fing langsam an mich selbst zu hinterfragen. Und habe mich dabei immer mehr in die Tiefe begeben. Auch die Blickwinkel der anderen haben mich nochmal nachdenklich gestimmt und ein gutes Stück dazu beigetragen, dass ich jetzt bin wo ich bin. Nicht der Ex war mein Thema, sondern das Verlassenwerden an sich. Ich habe immer Anerkennung im Außen gesucht. Nie gesehen, wer ich bin. Mich immer verurteilt nicht gut genug zu sein und mich für Menschen verbogen. Das will ich nicht mehr. Das brauche ich nicht mehr.
Ich habe angefangen meine Freiheiten zu genießen. Ja, ich bin allein (also ohne Partner) und manchmal auch recht einsam. Aber ich fange an, mich mit dem Leben als Single anzufreunden. Es macht mir sogar Spaß. Ich kann tun und lassen was ich will. Ich bin niemandem Rechenschaft schuldig. Ich habe kein schlechtes Gewissen mehr, wenn ich meinem Hobby, meiner Leidenschaft nachgehe. Ich gehe wieder aus. Treffe mich mit Freunden. Auch spontan. Und das macht Spaß. Ich fange endlich an zu leben!
Es geht sogar so weit, dass ich den Ex bei der Einschulung unserer Tochter zur Begrüßung umarmt habe. Irgendwie war mir danach. Für ihn völlig unerwartet, aber es war gut. Ich konnte mir endlich zeigen, dass es mir ohne ihn gut geht und das ich auf dem richtigen Weg bin. Ich bin noch lange nicht am Ende. Das werde ich vielleicht auch niemals sein. Es werden sicherlich noch schwere Tage auf mich zukommen, an denen ich alles wieder in Zweifel stelle. Aber Fakt ist, ich bin wieder da! Ich bin endlich bei mir. Ich habe sogar zum 1.11.18 eine Wohnung für mich und die Kinder. Darauf freue ich mich. Der Hausverkauf liegt hoffentlich in den letzten Zügen und dann fällt auch diese große Last von mir ab. Ich fühle mich schon lange nicht mehr wohl in diesem Haus. Mit der Wohnung kann ich endlich mein neues Leben starten. Auch die Scheidung läuft. Es geht alles seinen Gang. Es geht sogar soweit, dass ich dem Ex dankbar bin. Ja, tatsächlich. Ich bin ihm dankbar dafür, dass er gegangen ist. Denn ich empfinde sein Gehen nicht mehr als Verlassen werden. Vielmehr hat er mich frei gelassen. Denn ich wäre nie gegangen.
Diejenigen, die mich hier im Forum über die gesamte Zeit begleitet haben, wissen wie sehr ich gelitten habe. Wie streng ich auch mit mir umgegangen bin. Ihr habt mir immer wieder Mut gemacht und dafür bin ich euch sehr dankbar. Nun ist es an der Zeit auch anderen Mut zu machen. Es geht wieder bergauf. Es gibt ein Licht am Ende des Tunnels. Geht diesen Weg des Schmerzes. Er wird euch wirklich bestärken. Gebt die Hoffnung nicht auf. Gebt euch nicht auf. Habt Geduld (und das sagt euch einer der wahrscheinlich ungeduldigsten Menschen auf diesem Planeten). Ihr werdet es schaffen.
Ich drücke euch alle ganz fest!
05.09.2018 08:39 •
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