Liebe @Ex-Mitglied ,
vielen Dank für deinen Post. Du hast in vielen Dingen so recht. Mich plagen seit der Trennung Schuldgefühle. Schuldgefühle, die ich einfach nicht loswerde. Ich habe es vermasselt, ja. Und dafür hasse ich mich derzeit. All die negativen Gefühle, die ich ihm entgegenbringe, richten sich im Grunde gegen mich selbst.
Er war von Anfang an unserer Beziehung immer größer als ich. Ich hatte das Gefühl ihm nicht zu genügen. Es stimmt, ich konnte seine Liebe nicht annehmen, weil ich immer dachte, ich habe sie nicht verdient. Es fühlte sich nicht echt an. Es hat mich nicht abgestoßen, wenn er mir täglich mehrmals sagte, dass er mich liebt. Es hat sich nur nicht echt angefühlt. Wie kann jemand so tolles wie er mich kleines Ding so lieben? Ich wollte oder konnte es nie so nah an mich heran lassen, da ich immer Angst vor dem hatte, was jetzt passiert ist. Dass er erkennt, dass ich wirklich nicht genüge und mich verlässt.
Ich habe mich in dieser Beziehung entwickelt und mich geborgen gefühlt, ja. Er gab mir Sicherheit. Ich bin daran gewachsen. Während ich größer und größer geworden bin, ist er immer kleiner geworden. Bis er dann zum Schluss verschwunden ist. Das tut sehr weh. Ich sehe meinen Anteil am Scheitern der Beziehung. Und dafür sollte ich ihn wahrscheinlich wirklich um Verzeihung bitten. Aber ich muss auch mir verzeihen. Ich habe nicht nur ihn verloren, sondern auch mich.
Ich habe ihn gesehen, seine Traurigkeit, seinen Kummer, seine Existenzängste. Ich habe es aber nie mit mir in Verbindung gebracht. Zu oft habe ich ihn darauf angesprochen. Zu oft hat er andere Dinge vorgeschoben. Wenn du fragst, wann ich ihm meine Liebe, mein Wachstum etc. entgegenbegracht habe, kann ich darauf nur antworten: täglich. Immer und immer wieder. Ich war sehr auf ihn bedacht. Ich wollte immer, dass es ihm gut geht. Ich habe auch versucht es ihm zu zeigen, was mir wohl nicht gelungen ist. Er war immer der wichtigste Mensch in meinem Leben und ist es immer noch. Er war mir wichtiger als ich mir war. Auch wenn ich es nicht zeigen konnte. Glaub mir, ich wünschte, ich hätte ihm das mehr zeigen können. Auch ich habe ihn unendlich geliebt und tu es noch immer. Ich vermisse ihn so sehr.
Sein Schmerz tut mir weh. Ich weiß, dass er unendlich gelitten hat. Aber ich muss dazu auch sagen, dass das in seiner Verantwortung lag. Es lag in seiner Verantwortung offen seine Gefühle auszusprechen oder sich zu verkriechen und alles mit sich selbst auszumachen. Ich habe sein Leid nicht gesehen, zumindest habe ich nicht gesehen, dass er unseretwegen leidet. Später in der Beziehung habe ich seine Liebe als Selbstverständlich hingenommen. Es ging so weit, dass ich nie gedacht hätte, dass er mich verlassen könnte. Ich war nachher sicher, dass ich diejenige sein würde, die irgendwann geht. Allerdings wäre ich nie gegangen.
Auch ich habe vieles an ihm vermisst. Er hat mir zwar immer wieder gesagt, wie sehr er mich liebt, wie toll er mich findet und dass ich die einzige in seinem Leben bin, aber es kam emotional nie bei mir an. Ich habe es vermisst einfach mal in den Arm genommen zu werden. Einfach mal nur ganz fest drücken ohne weitere Hintergedanken. Ich hatte auch Sorgen und Nöte, für die er nicht offen war. Auch da hätte ich mir gewünscht, er hätte mich einfach mal in den Arm genommen und mir gesagt, dass alles gut wird, dass wir das zusammen packen. Das hat mir sehr gefehlt. Denn das war meine Rolle in all der Zeit. Ich war die Optimistin. Ich war die, die immer an das Gute geglaubt hat. Ich war die, die immer wusste, dass alles gut werden wird. Ich war die, die ihm immer gut zugeredet hat, während er alles schwarz gesehen hat.
Es tut wahnsinnig weh, dass er kein Vertrauen in mich hatte und seine Not und sein Leid mit mir besprochen hat. Es tut wahnsinnig weh, dass er für sich keinen anderen Ausweg gefunden hat, alles mit sich auszumachen, den Kopf in den Sand zu stecken und abzuwarten bis seine Liebe für mich weg ist. Ich weiß nicht, ob wir es geschafft hätten, wenn er sich mir diesbezüglich mitgeteilt hätte. Aber zumindest hätte wir eine Chance gehabt.
Wenn du schreibst, dass ich nicht hingesehen und nur seine Schwächen gefüttert habe, kann ich dazu nur sagen, dass das dann auf unbewusster Ebene passierte. Ich habe versucht ihn mitzunehmen. Ich habe ihn immer und immer wieder an seine Stärken erinnert. Diese wollte oder konnte er allerdings nicht sehen. Es war nicht seine Wahrheit. Wieder mehr für uns, aber auch für sich selbst zu tun. Es lag nicht in meiner Verantwortung, dass er aus seinem Loch nicht mehr herauskam. So wie es jetzt nicht in seiner Verantwortung liegt, dass ich nicht loslassen kann und mich der Schmerz fast umbringt.
Ich habe schon länger gemerkt, dass er nicht mehr glücklich ist. Wollte es nicht sehen und habe es auch beiseite geschoben. Im Nachhinein kommen immer wieder einzelne Anzeichen hoch. So zB sagte er mal, dass ihn ja keine andere nehmen würde. Was sagt das nun über mich aus? Dass ich gerade gut genug bin, damit er nicht alleine ist? Liebe Ex-Mitglied, weißt du wie es sich anfühlt so etwas gesagt zu bekommen?
Wenn du schreibst, dass die Bemerkung in Bezug auf eine erneute Schwangerschaft Bände spricht, so gebe ich dir Recht. Das sehe ich jetzt auch, damals habe ich es nicht ernst genommen. Ich habe mir so sehr Kinder mit ihm gewünscht. Ich wollte so sehr eine Familie mit diesem Mann. Er war das Beste was mir in meinem Leben passieren konnte. Er ist immer noch der tollste Mensch, den ich kenne. Aber er war leider nie der Vater, den ich mir für meine Kinder gewünscht hatte. Ich hatte immer das Gefühl, die Kinder wären ihm eine Last. Wenn ich andere Väter gesehen habe, wie diese mit ihren Kindern umgegangen sind und was sie alles für und mit ihren Kindern getan haben, hat mich das sehr traurig gemacht. Ich hätte mir für meine Kinder mehr Vatersein gewünscht. Und auch das lag und liegt in seiner Verantwortung. Zeitweise habe ich sogar gedacht, dass er sich nur meinetwegen für Kinder entschieden hat.
Liebe Ex-Mitglied, ich kenne meine Schwächen, ich gestehe sie mir ein. Ja, das tut verdammt weh. Ich gebe ihm seine Realität und seinen Frieden. Ich habe nie gegen ihn geschossen oder sein neues Leben torpediert, denn tief in meinem Inneren weiß ich, dass er es verdient hat endlich glücklich zu sein. Auch wenn ich mir natürlich wünsche, dass er mit mir glücklich ist.
Ich werde ihn auch irgendwann um Verzeihung bitten, aber erstmal möchte ich mir gerne selbst verzeihen können. Und daran hakt es schon. Ich wünsche ihm natürlich nur das Beste, aber es macht mich auch unendlich wütend, dass er einfach so gegangen ist. Dass er sich so schnell ein neues Leben aufgebaut hat. Es macht mich wütend, weil es mir vor Augen führt, wie lange er schon mit uns abgeschlossen hat und mir trotzdem vorgegaukelt hat, dass er mich liebt, mich braucht und Angst hat mich zu verlieren. Es macht mich wütend, weil mir das die Chance genommen hat näher hinzusehen. Ja, ich bin wütend auf mich. Und ich weiß nicht, ob ich mir das jemals verzeihen kann. Ich habe Angst vor der Zunkunft. Und ich bin unendlich traurig darüber ihn für immer verloren zu haben. Denn er war meine Liebe, mein Leben. Er war alles was ich hatte.