Zitat von FrauDrachin: Kommt dir vielleicht aus deiner Vergangenheit eine Begebenheit in d
Das kann leicht sein, denn wir leben das nach, was wir kennen. Ob das nun gut oder schlecht für uns und andere ist, macht keinen Unterschied. Wir bleiben im gewohnten Verhalten.
Auch die Gefühle, die Du jetzt so stark verspürst, kennst Du schon lange, sicher Jahre oder Jahrzehnte. Es sind gewohnte Gefühle, die dann auftreten, wenn die emotionale Ebene stark getriggert wird. Z.B. Panikgefühle, wenn man spürt, dass der Partner abdriftet. Das kann zu einer sehr großen inneren Angst führen.
Und da Bindungsängstler praktisch immer unter einem unterentwickelten Selbstwertgefühl leiden, suchen sie dann Bestätigung und Liebe in der Außenwelt, also bei einem anderen Menschen. Der gibt Dir vielleicht das Gefühl aber es ist Dir zu wenig, weil es egal ist, was er oben reinschüttet. Es rinnt durch wie bei einem Faß ohne Boden. Und dann muss augenblicklich die neue Zufuhr her. Und wenn sie ausbleibt - oh, mein Gott, was ist los mit ihm? Was mache ich? Halte ich mich still und leide ruhig vor mich hin oder versuche ich vorsichtig, mit ihm zu reden oder stelle ich Forderungen?
Das ist individuell verschieden, aber die Ursache liegt immer im mangelnden Selbstwert. Mit einem gesunden Selbstwertgefühl würde man sich nicht so leicht aus der Bahn werfen lassen. Man würde vielleicht nachdenken und sich dann sagen, das sollte ich mit ihm besprechen. Aber eben ohne so große Angst und ohne Taktiererei.
Beziehungen zwischen Bindungsängstlern verlaufen immer gleich. Einer ist obenauf, er sitzt gefühlt auf dem Podest. Und was bleibt dann für den Partner? Der Platz unten, zu seinen Füßen. Das ist selbst gemacht, denn keiner hat uns geschafft, ihn auf das Podest zu setzen.
Derjenige, der weniger Bedürfnis nach Nähe hat, hat immer die Hosen an, weil er weniger bedürftig ist. Und der andere hechelt hinterher und denkt und überlegt. Aber vor allem fühlt er Verunsicherung, Angst, Mutlosigkeit, Verzagtheit. Traurigkeit und meist auch Sehnsucht nach einem unkomplizierten Partner, mit dem alles leicht und schön ist. Der kommt aber nicht, weil die Bindungsängste im Weg stehen.
Bindungsängstlich sind immer beide, weil sie sich so gut ergänzen. Der aktive Teil bleibt autark, selbstständig, entscheidungsfähig und angstfrei. Aber er hat jede Menge Mechanismen drauf, um eine Beziehung nicht zu eng werden zu lassen. Keine Zeit, ruhig stellen, damit endlich mal Ruhe einkehrt, Kommunikationsverweigerung, Worte, die alles und nichts sagen und als verschwurbelt empfunden werden und im schlimmsten Fall Abwertung, die vielleicht nicht mitgeteilt wird, die der Adressat aber fühlt. Nicht zu vergessen Lügen oder Notlügen.
Ach die, was hat sie jetzt schon wieder? Dauernd ist irgendwas! Ich will doch nur meine Ruhe, mein Ding machen, aber da ist die umnzufriedene Partnerin. Jetzt schaut sie schon wieder so traurig! Herrgott, wie mich das nervt! Und dann will sie wieder Gespräche und ist dennoch unzufrieden. ich merke es ja, aber ich habe ihr doch alles gesagt, was es zu sagen gibt.
Hilfe, ich will hier weg, ganz schnell, damit ich wieder frei bin und durchatmen kann. Ja, das wäre schön und das hole ich mir auch.
Jedenfalls bin ich nächstes WE unterwegs mit Uli und Markus, die wollen wenigstens nichts von mir. Und dann habe ich diesen und jenen Termin, nicht zu vergessen die Arbeit, die mir wichtig ist. Aber diese Klammertante, die entweder weinerlich oder aggressiv daher kommt, regt mich echt auf. Ja, sie ist auch lieb, das spüre ich auch und hat sie hat durchaus liebenswerte Eigenschaften, aber diese anderen Seiten von ihr ....
Und der passive ist dann der, der quasi hinterher läuft. Der vermeidet enge Bindungen auch, aber er macht es verdeckt. Denn er gerät gesetzmäßig an Partner, mit denen eine enge Beziehung praktisch unmöglich ist. Er sucht und findet unbewusst den aktiven Bindungsvermeider. Das Unterbewusstsein geht da sehr schlau vor. Hach, der gefällt ihr, ja prima, soll er ihr ruhig gefallen. Ich jedenfalls bin safe, denn ich weiß, das wird eh nichts. Klar, sie strampelt sich dann wieder ab, heult oder wird wütend. Pff, soll sie ruhig, interessiert mich nicht. Ich lehne mich bequem zurück und schau mir das Theater an. Hauptsache, keine enge Bindung, dann ist alles in Ordnung für mich.
Dass der passive auf der bewussten Ebene leidet, ist dem Unterbewusstsein ziemlich egal. Denn da sitzen die Bindungsängste.
Und die Krönung ist dann, dass Bindungsängstler Chamäleons sind. Sie können problemlos in einer Beziehung die aktive Rolle einnehmen, in einer anderen aber die passive. Das ist besonders toll und bringt einen echt richtig vorwärts.
Zeit, sich den uralten Blessuren zu stellen in der Hoffnung, dass man die Bindungänste erkennt. Was auf der bewussten Ebene ankommt, quält einen weniger als das Unbewusste. Und wenn man wieder Bindungänste empfindet? Ja, dann empfindet man sie halt, aber man muss schließlich nicht alles ausleben, was man in sich fühlt.
Dann kann man auch mal sagen: liebes Unterbewusstsein, Du hast es immer noch nicht kapiert, aber ich ordne mich Dir nicht mehr unter wie gewohnt. Ich habe einiges entdeckt und erkannt und damit gehe ich jetzt durchs Leben. Du kannst mir die Ängste gerne schicken, ich sehe sie als Bewährungsprobe und werde sie einordnen als das, was sie sind. Nichts weiter als Ängste.
Und wenn er geht? Ja, dann ist es zu Ende. Traurig, er wird mir fehlen. Aber ich habe ja mich und darauf kann mich verlassen.