Zitat von Gonzolein1: Offensichtlich habe ich mich dieser Hoffnung bis gestern immer noch hingegeben.
Traurig aber wahr.
Diese Haltung kenne ich gut. Sie steht immer für Angst vor dem Partner. Denn man macht sich selbst damit zum Spielball, obwohl man das eigentlich nicht will. Denn wer ist schon gerne der Spielball? Ein beschiss enes Gefühl und doch verhält man sich danach, weil man es so verinnerlicht hat.
Der Mechanismus geht so. Ich werde die Partnerin für Dich, die Du immer halben wolltest. Ich bin liebevoll, friedliebend und schätze ein harmonisches Miteinander und das honoriest Du dann bitte, indem Du mich zu Deiner Königin machst. Du gibst vermeintlich etwas, also Deine Liebe und stellst damit aber gleichzeitig Forderungen nach Beachtung und Bestätigung. Und der Handel funktioniert nicht. Er funktioniert nie, weil Dein Partner unbewusst sehr wohl wahrnimmt, dass Dir Selbstbestimmtheit und Selbstsicherheit und Eigenliebe fehlen. Er fühlt sich dann als eine Art Auftragserfüller. Das nimmt er bewusst vielleicht gar nicht wahr, aber unbewusst durchaus. Er merkt, dass Du unehrlich bist und taktisch vorgehst.
Du hast schlicht und einfach Bindungsängste, wenn Du sagst, die die ich will, die wollen mich nicht, aber die mich wollen, die will ich nicht.
Ich habe das bei mir irgendwann festgestellt, denn kaum ging es mit dem Interesse an Jungs los, zeigte sich das immer wieder.
Zeigte mir einer Interesse, fühlte ich mich kurzzeitig froh und vor allem geschmeichelt, aber das hielt nicht lange und er wurde mir langweilig und ich begann, ihn abzulehnen. Die meisten spürten das irgendwann und verschwanden.
Auf der anderen Seite verliebte ich mich heftig in Jungs, die ich dann glorifizierte. Besonders Gerhard hatte es mir angetan. Damals war ich 16. Er war groß, schlank (das waren damals alle) und gescheit und er hatte einige Talente, die ich nicht hatte. Er konnte gut singen, mindestens ein Instrument spielen und er spielte sogar in einer Band mit. Meine Bewunderung für ihn war grenzenlos. Er erschien mir so nett, so freundlich und dann kamen obendrein noch seine Talente. Ich erfuhr, dass er ein Einserkandidat in der Schule war. Dafür bewunderte ich ihn dann noch mehr.
Ach, wäre es schön, wenn ich mit ihm zusammen sein könnte! Ich verzehrte mich nach ihm und wenn ich ihn sah, klopfte mein Herz zum Zerspringen. Ich interpretierte jeden Gruß, jedes Lächeln von ihm und erörterte das alles mit meiner Freundin, durch die ich diesen wundervollen jungen Mann erst kennengelernt hatte.
Was ich nicht wahrhaben wollte, war, dass er eigentlich kein näheres Interesse an mir zeigte. Ich war halt mit der Gina zusammen und ab und an kamen wir sogar bei ihm vorbei und er spielte uns was auf dem Klavier vor. Aber ein junger Mann, der an mir interessiert gewesen wäre, hätte sich ganz anders verhalten. Jung und dumm wie ich war, kapierte ich es erst Jahre später, dass sich viel Interesse beim Gegenüber zeigt, aber genauso gut Gleichgültigkeit.
Er war zwei Jahre älter als ich und selbstverständlich bekam er mit seinem Einserabitur sofort einen Studienplatz für Medizin. Er verschwand und ich dachte weniger an ihn. Ich sah ihn erst ca. 20 Jahre später auf dem 40. Geburtstag von Gina, die alle Menschen eingeladen hatte, die in ihrem Leben mal eine besondere Rolle gespielt hatten. Und da war er dabei, weil sie später mit ihm zusammen kam.
Ich war gespannt wie er auf mich wirken würde. Keine Ahnung, ob er mich überhaupt erkannt hatte, denn ich suchte keinen Kontakt. Denn ich war enttäuscht. Was war aus dem strahlenden jungen Mann von einst geworden? Ein leicht übergewichtiger, langweilig wirkender, gesetzter Mann, der keinen sehr glücklichen oder fröhlichen Eindruck machte. Völlig reizlos.
Es gab noch andere, bei denen es genauso war. Ich kannte nur die beiden Pole zwischen Ablehnung derjenigen, die was von mir wollten und verzehrender Sehnsucht nach Unerreichbaren, die natürlich allesamit viel besser als ich waren. Aber diese Besseren warfen leider kein Auge auf mich.
Es dauerte eigentlich Jahrzehnte, bis ich mir klar wurde, wie ich vorging. Dennoch heiratete ich irgendwann, stand aber nicht so richtig dahinter.
Dahinter stecken Bindungsängste, die sich in vermeidenden Strategien zeigten. Desinteresse, Abwertung, mangelnder Zeit für den Partner (obwohl ich Zeit im Überfluss gehabt hätte), die Verweigerung, dem Partner Aufmerksamkeit zu schenken und zuzuhören. Stattdessen rannte ich lieber hierhin und dorthin, um der gefühlte Enge zu entfliehen.
Mein Mann hielt es nur mit mir aus, weil er ähnlich tickte, sich aber besser kannte. Er ließ mich sozusagen an der langen Leine laufen und lebte damit, dass ich ein Unruheherd war.
Die Begeisterung für manche Männer blieb nicht aus, aber es waren meist solche, die sowieso kein Interesse an mir hatten. Klar, Jemand, der erreihbar gewesen wäre, juckte mich doch nicht. Das wäre ja zu einfach gewesen.
Jahre später hielt ich Rückschau auf mein Leben, bedingt durch eine Krise. Wir tun das nur in Krisensituationen und manches fiel mir wie Schuppen von den Augen. Wie rücksichtslos ich oft vorgegangen war, wie gefühllos, aber auch wie egoistisch und wollend ich sein konnte. Keine schönen Eigenschaften, sondern solche, die man bei anderen ablehnt.
Diese Selbsterkenntnis war der Schlüssel zu mehr Erkenntnis, die aber auch verdammt weh tat und auch zu mehr Rücksichtnahme. So konnte ich nicht weiter vorgehen, entweder gescheit oder gar nicht. Und das betraf meine Ehe. Wolle ich so weiter machen, weiterhin rigoros mein Ding durchzuziehen? War das fair? Nein, war es nicht, es war genau das Gegenteil.
Entweder ich bin verheiratet und verhalte mich dann auch so oder ich lass es bleiben, aber dieses Durchlavieren ging nicht mehr.
Ich traf eine Entscheidung, die eigentlich leicht war. Ich gab die Ehe nicht auf, die zahlreiche Phasen durchgehalten hatte und wurde zu einer besseren Partnerin, die nicht mehr nur sich sieht und ihre Wünsche und Begierden. Eine, die zwar nach wie vor etwas will, aber auch bereit ist, dafür etwas zu geben. Unser Miteinander verbesserte sich und der Zusammenhalt auch.
Durchgängig gelingt es mir nicht, aber im Großen und Ganzen betrachtet durchaus schon. Eine Beziehung braucht Pflege, Aufmerksamkeit und auch Beobachtung der eigenen Person. Was gebe ich und was bekomme ich? Wenn das in der Waage ist, fühlen sich beide wohl. Geht aber auch nur, wenn Liebe da ist.
Aber das Taktieren hintenrum bringt nie was, Ich verhalte mich so, wie Du mich vermeintlich haben willst und dafür lieferst Du dann. Das ist eigentlich schäbig und verlogen. Oder siehst Du das anders? Es ist Manipulation, um eigene Wünsche zu erfüllen. Gut, dass das Leben so etwas meistens bestraft, denn sonst lernt der Mensch ja nichts.
Du kannst auf dem Weg der Selbsterkenntnis bleiben. Das solltest Du sogar, denn nur wer sich besser kennenlernt, der sieht auch die Fallstricke besser.
Bindungsängste sind fies, denn sie sind tief verankert. Irgendwann hat der junge Mensch erfahren, dass Bindungen problematisch sind, nicht beständig sind und keine innere Sicherheit geben. Das äußert sich im Erwachsenenleben dann in der Vermeidung von Bindungen oder aber in der Sehnsucht nach unerreichbaren Personen, die man innerlich glorifiziert. Wahrscheinlch in der Hoffnung, dass dann ein wenig Glanz auf uns selbst fallen wird.
Man kann das nicht ablegen wie einen alten Mantel, aber man kann damit umgehen, fairer sein und nicht in der kindlichen Haltung stecken bleiben, ich bin jetzt mal ganz lieb, das siehst Du doch und dann bist Du auch gaaaanz lieb zu mir, damit ich mich endlich mal gut fühlen kann.
Das ist eine Instrumentalisierung des Partners, der dafür sorgen soll, damit wir uns gut und sicher fühlen, beständig geliebt und geschätzt.
Fange bei Dir an und werde zu dem liebenswerten Menschen, der Du eigentlich bist. Verstelle Dich nicht (mehr), sei authentisch, aber auch versöhnlich zu Dir selbst. Und dann findest Du auch einen Partner, mit dem es klappen kann.
Wenn du die Bindungänste weiterhin ihr Werk tun lässt, werden sie Dir alles kaputt machen.
.