Zitat von Hansl:Was ich aber im Prinzip noch nie lesen konnte wäre, ob es auch positive Verläufe gibt..
Bisher scheint es sinnlos zu sein, mit einem Menschen der unter derartiger Problematik leben muss, eine einigermaßen erfüllende und glückliche Beziehung führen zu können .
Was mich auch beschäftigt: Ist sich der Betroffene überhaupt bewusst, wie schmerzhaft seine steten Abweisungen sein können, für den Empfänger?
Ja es gibt positive Verläufe. Bindungssangst, bzw -störung oder von mir bevorzugt -ambivalenz ist ja meistens einfach nur eine Folge von etwas anderem, was dem zugrunde liegt. Kümmert man sich darum, kann und in den meisten Fällen wird das Verhältnis zu Beziehungen auch anders.
Allerdings gibt es bei er Thematik meiner Meinung nach ein paar grundsätzliche Missverständnisse. In meinen Augen das größte und für mich problematischste, Du mußt nur einmal erfahren, was echte Liebe ist. Ähm auf so vielen Ebenen, so unpackbar gedankenlos, um jetzt mal keine Schimpfworte zu verwenden.
Auch ein großes Missverständnis ist, daß Bindungsangst bzw -störung irgendwie immer nur auf partnerschaftliche Bindungen beschränkt wäre. Auch das stimmt überhaupt nicht und ist zudem ein großer Indikator dafür, ob man es mit jemandem zu tun hat, der tatsächlich Schwierigkeiten in diesem Bereich hat oder man sich das gerne selbst einreden möchte, damit ein er/sie hat mich halt nicht so gewollt wie ich sie/ihn, weniger weh tut.
Bindungsschwierigkeiten bestehen eben auch in allen anderen sozialen Beziehungen, da mögen sie weniger offensichtlich sein, aber sie sind in jedem Fall vorhanden.
Ist Betroffenen bewusst, wie schmerzhaft Abweisung sein kann? Puh, mit dieser Frage habe ich ziemliche Schwierigkeiten. Wer sich mit Bindungsambivalenz auseinandersetzt, dem muß doch früher oder später auffallen, daß die irgendwoher kommt oder?
Das bedeutet doch aber auch, daß einem auffallen muß, daß Menschen, die mit dieser Herausforderung zu kämpfen haben, extreme Abweisungserfahrungen gemacht und durchlebt haben.
Bindungsschwierigkeiten stehen immer in der Triade von Verlustangst, Überforderung und Vereinnahmung.
Also natürlich weiß und wußte ich was Ablehnung bedeutet und wie schmerzhaft diese ist. Aber das bedeutet doch nicht, daß ich mich von jemandem vereinnahmen lassen muß, der meint, wenn ich nur einmal erfahre, was echte Liebe sei, alles wieder gut wäre. Das, genau dieser Satz ist im Übrigen, und ich leide nicht mehr mehr an einer Bindungsschwäche, habe aber an und unter dieser sehr lange gelitten, bis heute (!) absoluter Trigger. Wenn ich so etwas höre, dann bin ich weg.
Weil ganz ehrlich, ich hatte echt genug mit der Arbeit an mir selbst zu tun, als Projektionsfläche anderer Leute stehe ich nur noch in einem von mir bestimmten Rahmen zur Verfügung.
Ich kann sehr gut verstehen, daß, wenn ich mich aus einer sehr emotionalen Situation kurzzeitig zurückziehe, weil mir das zu viel wird, ich da kurz aussteige, dies für andere auch schwierig sein kann. Mir ist auch sehr bewusst, daß ich da hin und wieder einen Außenwirkung erzielt habe, die wenig bis gar nichts mit dem zu tun hatte, was in meinem Inneren passierte. Das Ding ist, daß ich schon damals versucht habe, die Dinge zu kommunizieren, aber wenig bis gar kein Gehör fand.
Das lag zum Teil an mir und zum Teil aber auch an meiner Umwelt, die bis heute einen sehr allgemein gültigen Begriff von Bindung als Maßstab ansetzt. Ich weiß nicht, wie es Deiner Freundin ergangen ist, aber mir taten insbesondere im Nachgang natürlich manche Dinge leid, wobei ich sehr häufig insbesondere in romantischen Anbahnungssituationen die Erfahrung machte (Imperfekt), daß denen, die Dinge, die diese gemacht haben, weniger leid taten.
Ja, ich habe auch damals Beziehungen gehabt, die meisten davon würde ich heute nicht mehr so führen. Ja, an Bindungsambivalenz lässt sich sehr gut arbeiten, wenn man das zugrunde liegende angeht. Das muß aber jeder Betroffene für sich individuell wollen und auch das Bedürfnis haben.
Allerdings und ich weiß nicht, ob Du das jetzt so hören möchtest, mit keinem der Männer, die ich während der Hoch-Zeit toll fand, würde ich heute noch etwas anfangen. Denn jede Störung hat große Auswirkung auf das eigene Auswahlverhalten. Bearbeitet man die Störung, ändert sich in der Regel auch das Auswahlverhalten.
Geht Bindungsstörung von alleine weg? Meine aufrichtige Antwort: Die meisten Menschen haben eine gewisse Form von Bindungsstörung, weil daß, was wir uns von partnerschaftlicher Bindung erwarten, doch immer auch Ego-belastet und völlig überfrachtet ist. Viele gehen dennoch Bindungen ein, die zu großen Teilen, semi-erfolgreich sind.
Wenn die Bindungsstörung sehr ausgeprägt ist, dann sind spontane Selbstheilungen eher weniger wahrscheinlich. Natürlich sind die nicht ausgeschlossen, aber wie Oliver ja gut beschrieb, die bio-chemischen Prozesse im Hirn, die fehlerhaften Verbindungen, das grundlegende Verständnis davon, wie Bindung (allgemein) funktioniert etc, sind alles Dinge die in der Regel weder einfach so noch mittels eines Auslösers Veränderung erfahren.
Ich kann Dir als Betroffene sagen, meine Bindungen und zwar alle, haben einen grundlegenden Wandel erfahren. Ich empfinde viel mehr Nähe, kann offen sein für neue Begegnungen, mich aber gut abgrenzen, kann inzwischen Konflikte aushalten, auch wenn das unangenehm ist und drauf vertrauen, dass ein Mensch, der mich mag, mich eben nicht durch einfaches Verlassen in einen Zustand des Nichtüberlebens versetzt. ABER, das war ein langer Weg, hat viel Arbeit an mir selbst erfordert, war für manche Menschen in meiner Umgebung nicht aushaltbar und wird niemals den Umstand wett machen können, dass mein Urvertrauen nicht in dem Maß existent ist, wie das bei Menschen der Fall ist, die eben nicht meine Erfahrungen machen mußten.
Dennoch ist ein Mensch mit recht großer Bindungsfähigkeit aus mir geworden. Allerdings einer mit einem BS-Detektor, der ist Menschen mit Komplementär-Störung ziemlich schwer macht .
Passt das so für Dich? oder hast Du weitere Fragen?