Hallo Klaus!
Wegen technischer Schwierigkeiten habe ich Deine Geschichte erst gerade eben ganz gelesen und muss Dir sagen, sie hat mich sehr berührt. Wenn ich nicht falsch interpretiert habe, was Du geschrieben hast, warst Du 10 Jahre lang bemüht, Verantwortung für Deine Frau und Deine Kinder zu übernehmen und hast in dieser Zeit unterlassen, was Du selbst eigentlich wolltest. Das ist eine wirklich respektable Haltung, aber hat sie irgend jemandem genützt? Wohl kaum. Du kannst Deiner Frau nicht helfen und Deinen Kindern anscheinend auch nicht. Und daraus kann man doch wohl nur einen Schluss ziehen: Du bist frei! Auch wenn Deine Familie es gewohnt ist, sich auf Dich zu stützen und sicherlich nicht begeistert sein wird, wenn das nicht mehr möglich ist, solltest Du Dir klar machen, dass Du niemanden glücklich gemacht hast. Es war richtig, dass Du getan hast, was immer Du konntest, um für Deine Familie da zu sein; aber jetzt musst Du erkennen, dass Du nichts weiter tun kannst. Das heißt ja nicht, dass Du Deinen Kindern und auch Deiner Frau nicht Trost spenden solltest, wenn es geht, oder dass Du nicht warm und liebevoll sein sollst, aber es ist offensichtlich, dass Du ihre Probleme nicht lösen kannst. Also ziehe aus und löse Deine eigenen.
Zu Deiner Trennungsangst: Zum einen haben wir alle Angst vor Trennungen. Du vielleicht mehr als die meisten, aber grundsätzlich ist das ein weit verbreitetes Problem. Zum anderen hat Dich Deine familiäre Situation in den letzten Jahren so stark beansprucht, dass Du vermutlich fast vollständig davon ausgefüllt bist. Wie solltest Du Dich nicht davor fürchten zu verlieren, was den größten Teil Deiner selbst besetzt hat? Du hast in einem Beitrag geschrieben, dass die Therapie, die Du seit Jahren (ich glaube, es waren 7) machst, zu einem selbständigen Menschen geworden bist. Wenn es tatsächlich so ist, dass Du große Fortschritte gemacht hast, dann wirst Du auch im Hinblick auf Deine Trennungsangst weitergekommen sein. Vielleicht liegt es gar nicht mehr daran, dass Du Dich mehr fürchtest als andere, sondern einfach an der besonderen Beanspruchung? Deine Situation ist ja wirklich nicht gerade alltäglich.
Zu Deinen Kontaktschwierigkeiten: Auch hier kann ich mir vorstellen, dass Du Fortschritte gemacht hast. Allerdings weiß ich von mir, dass ich in verzweifelten Situationen selbst nicht auf andere zu gehe und vermutlich auch ein Gesicht mache, das niemanden dazu veranlasst, sich mir zu nähern. Liegt also eventuell mehr an Deiner jetzigen Lage als an einem grundsätzlichen Problem.
Zusammenfassend meine ich, dass Du in den letzten Jahren so sehr auf andere fixiert warst, dass Du eigentlich überhaupt nicht mehr weißt, wer D u bist und was Du kannst. Vielleicht wirst Du bald feststellen, dass Du mit dem Leben besser zurecht kommst, als Du für möglich gehalten hast. Also: bleib' ein zuverlässiger, verantwortungsbewusster Mensch, aber wende diese Eigenschaften endlich auch einmal auf Dich selbst an. Auch wenn Du es vielleicht nicht tust: ich glaube an Dich.
Mach's gut
Hannah
07.07.2001 23:00 •
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