Hallo zusammen,
Der Text ist länger geworden als gedacht. Es geht um meine Beziehung, die wegen einer Kombination aus Auslandsaufenthalt und Depressionen zu Ende ging. Um die Hintergründe besser zu verstehen, sollte der ganze Text gelesen werden. Es ist allerdings ein besonderer Fall, daher vielleicht besonders für Leute interessant, die sich mit Depressionen auskennen.
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Eine Zeit lang habe ich nur mitgelesen aber mich nun dazu entschieden meine Geschichte zu teilen.
Zu den Hintergründen:
Meine inzwischen Exfreundin und ich sind über vier Jahre zusammen gewesen. Es war jeweils unsere zweite Beziehung. Es war mit kleineren Aufs und Abs immer eine sehr schöne Beziehung. Wir konnten immer über alles Reden, wissen alles voneinander, haben den gleichen Humor und und und. Wir haben seit eineinhalb Jahren inzwischen zusammen gewohnt.
Während Ihres Studiums hat von einem Stipendium im Ausland Wind bekommen. Das ginge über 8 Monate und ließe sich außerdem als Auslandsaufenthalt anrechnen, den sie für ihr Studium so oder so brauchen würde (min. 3 Monate). Ich war natürlich anfangs skeptisch wegen der Dauer, habe sie dann aber nach etwas Grübeln unterstützt. Sie hat bei den Anforderungen schon einen Rückzieher machen wollen, weil sie eigentlich unterqualifiziert war, aber ich habe ihr den Rücken gestärkt, ihr Mut gemacht und für sie/mit ihr die Bewerbung geschrieben. Siehe da, im Juni kam dann die Einladung, man hätte sie verspätet doch noch berücksichtigen können und bot ihr das Stipendium an.
Auch hier habe ich sie nach kurzer Bedenkzeit wieder unterstützt und bestärkt, denn sie wollte immer ins Ausland, einfach die Erfahrung nicht irgendwann missen müssen und diese Chance mit dem Stipendium ist wirklich etwas ganz besonderes. Also stand ich hinter ihr und habe ihr die Zweifel genommen, denn wenn sie meinetwegen nicht gehen würde, würde das immer zwischen uns stehen.
Auch die Monate vor der Abreise hätte unsere Beziehung nicht besser laufen können. Wir waren uns unglaublich nah, immer sehr angezogen voneinander. Auf Fragen von Freundinnen, wie es denn bei uns so laufen würde sagte sie ihnen, dass es einfach immer nur besser laufen würde und sie mich über alles liebe und sich null Sorgen wegen der kommenden Zeit mache.
Es kam zum Tag der Abreise. Die Abende vorher sind traurig gewesen, wohl wissend sich lang nicht zu sehen. Nach einem tränenreichen Abschied ist sie dann geflogen. Anfang Oktober war das. Wir haben geplant, dass sie über Weihnachten/Neujahr nach Deutschland kommt. Der erste Monat war sehr gut, täglich geskypt, auch sehr gern. Anfang November an unserem Jahrestag bekam ich eine unglaublich liebevolle Nachricht, wie sehr sie mich wertschätzt, dass ich immer für sie da bin, der tollste Freund auf der Welt bin, sie unglaublich glücklich mache, sie sooo dankbar für mich ist und und und. Ich war sehr gerührt.
Die Wochen danach schlich sich laaangsam etwas Beunruhigendes ein. Sie schrieb weniger zurück, ihre Antworten waren kürzer, weniger herzlich. Beim Skypen ein anderer Gesichtsausdruck, ein Ich liebe dich am Ende des Gesprächs kam nun immer zuerst von mir. Es ging so weiter, wurde schlechter, bis ich irgendwann eine Erklärung einforderte, wo sie vorher immer sagte, alles gut, es ist nichts, dieses typische eben. Darauf schrieb sie, sichtlich genervt von meinem Stochern, dass sie nicht weiß ob unsere Beziehung noch Sinn macht, ob sie sie noch will und ob sie mich noch will.
Ich war geschockt, bekam von ihr keine Antwort mehr. Am Morgen zwei Tage später wollte ich ein Gespräch, sie ging darauf ein. Sie erklärte mir nüchtern, dass ihre Gefühle weg seien, es ihr alleine gut geht und sie denkt, dass unsere Beziehung keinen Sinn mehr macht. Ich war innerlich sehr aufgewühlt, sagte wegen einer Mischung aus Trotz und Verzweiflung dann aber, dass wir es besser lassen sollten. Das war der 1. Dezember.
Wir haben geklärt, dass wir erstmal keinen Kontakt haben, außer es gäbe etwas wichtiges, bis sie dann am 20.Dezember zurückkommt. Wir haben beschlossen erstmal niemanden einzuweihen.
Ich habe sie dann vom Flughafen abgeholt, wir haben locker geredet. Bei uns Zuhause angekommen, ging das Gespräch dann in Richtung unserer Beziehung, was jetzt wäre etc. Es kam zu Tränen auf beiden Seiten, S. und einer schönen Nacht. Die Wochen, die sie hier war, waren sehr turbulent, wegen Weihnachten und Allem. Jeder wollte sie sehen. Es war zwischen uns ein ständiges Auf und Ab. Ein Tag gut, ein Tag sch***. Keiner, außer wenigen engen Freunden wusste bescheid, wir wollten sehen, was die Zeit bringt. Ich kann die Tage nicht mehr so gut einzeln zuordnen aber bei einem unserer tiefen Gespräche, brach sie in Tränen aus, dass sie nicht wisse, was mit ihr los ist, dass sie mich schrecklich vermisst, um genau zu sein, vermisst wie sie für mich gefühlt hat, unsere enge Verbindung, und sich überhaupt nicht erklären kann was los ist.
Ich wäre der wichtigste und tollste Mensch in ihrem Leben und niemand könne mich ersetzen, aber sie fühlt momentan einfach nichts für mich und weiß nicht warum.
Zwei Tage bevor sie wieder abreiste, waren wir getrennt unterwegs feiern. Ich war relativ früh am Abend zuhause, sie kam spät nachts an. Sie schlief vom Alk. übermannt schnell ein. Ich war wach, stand auf, trank ein Glas Wasser, wollte zurück ins Bett. Da sah ich auf ihrem Handy eine Nachricht aufpoppen, die darauf schließen ließ, dass sie etwas mit jemand anders hatte (streng genommen war das ihr gutes Recht. Wir waren nicht zusammen, aber jeder wird sich in mich reinversetzen können) . Ich war direkt innerlich auf 180, konnte mich nicht beruhigen, weckte sie auf und stellte sie zur Rede.
Sie gab es nach zögern zu, der Kerl brachte sie wohl auch nach Hause (sie sagte mir zuvor ein Freund würde das machen). Ich machte ihr Vorwürfe, fragte nach dem Wieso und Warum. Sie brach wieder komplett in Tränen aus, sagte sie wollte das alles nicht (sie hat mit ihm rumgemacht). Sie betrinkt sich ständig, um nicht diese Leere zu fühlen, damit es ihr mal gut geht.
Da hat es bei mir Klick gemacht. Das kannte ich bereits, deshalb fragte ich gezielt weiter, wies es ihr geht, und endlich endlich sagte sie die Wahrheit.
Es geht ihr schon lange, eine zeitlang bevor wir uns getrennt haben einfach nicht mehr gut. Sie fühlt einfach nichts mehr, nicht für mich, nicht für ihre Eltern, für niemanden. Sie hat an nichts mehr Freude, was ihr mal Spaß gemacht hat. Sie hat sich nicht auf Deutschland gefreut, wollte einfach allein bleiben. Sie hat es mit dem rummachen herausgefordert, um einfach mal wieder etwas zu fühlen. nichts.
/// Kurzer Einschub. Ich habe mich bereits intensiv mit Depressionen auseinandergesetzt.
Zum einen hatte sie schon einmal eine beschissene depressive Phase. Das war ein halbes Jahr bevor wir zusammengezogen sind. Das lag, das dachten wir damals zumindest, an ihren schlechten Blutwerten ( nicht erkannte Schilddrüsenunterfunktion). Ich war immer für sie da, sie wurde mit L-Thyrox eingestellt. Nach und nach wurde sie wieder die Alte .
Auch ich hatte so eine Phase, ich habe stark an meinen Gefühlen gezweifelt, dachte ich liebe sie nicht mehr, war Antriebslos auf der Arbeit, wollte nicht berührt werden, hatte keinen Spaß an irgendwas und und und . alle Symptome. Ließ mich testen, beschissene Blutwerte, auch nicht erkannte Schilddrüsenunterfunktion. Ich war heilfroh einen Grund für meine Lage zu haben und hatte wieder Hoffnung. Es ging also bei mir auch wieder bergauf. Ich habe die Gleiche Gefühlslage also auch erlebt und weiß, wie beschissen das ist. Und man kann einfach nichts dagegen tun. ///
Da war sie also wieder, die Depression. An der Schilddrüse konnte es nicht liegen, die Tabletten waren bei ihr gut eingestellt und die nimmt sie auch. Ich bin kein Arzt aber alles, was sie beschreibt, spricht 1zu1 für eine Depression. Sie hat das in unserem Gespräch dann auch eingesehen. Ihre Mutter ist auch rezessiv depressiv, das spricht zusätzlich dafür.
Sie hat vehement verweigert, die Diagnose stellen zu lassen oder sich gar in Deutschland behandeln zu lassen, da sie in zwei Tagen ja schon wieder zurück fliegt. Ich musste ihr versprechen, niemandem etwas davon zu sagen. Das tat ich auch damals nicht. Wenn es ihr schlecht ginge, würde sie mit mir darüber reden versprach sie.
Und was blieb mir auch übrig, alles andere hätte alles nur verschlimmert. Ich konnte es niemandem sagen. Ihre Eltern hätten einen unglaublichen Druck auf sie ausgeübt, sie sind immer überbesorgt, fragen 3 mal täglich, wie es ihr geht und was sie macht. Und ich wäre in ihren Augen eine Art Verräter , der sie damit verraten hat.
Lange Rede kurzer Sinn, sie flog zurück, der Abschied war wieder unter Tränen, wir waren die letzten Tage nah beieinander, wollten einfach sehen, was die Zeit bringt. Haben seitdem täglich Kontakt, oft geskypt, bis vor 10 Tagen war sie meinen Besuch bei sich am planen. Haben uns aber ständig gesagt, dass wir uns zu nichts verpflichtet sind. Einmal spät abends hat sie mir sogar gesagt, sie würde mich lieben. Wir sind kein Paar und keiner macht dem anderen Vorwürfe wegen irgendwas. Ich konnte sie dazu überreden, Johanniskraut Tee zu testen, denn sie hatte starke Probleme einzuschlafen. Das hat sie getan und es war besser. Dieser hilft auch bei Depressionen und das habe ich ihr auch gesagt.
Seit knapp über einer Woche nun ist es wieder schlechter, sie schreibt weniger und sagte beim skypen, dass sie das Gefühl hat, dass es wieder so wird, wie es war kurz bevor wir uns getrennt haben vom Gefühl her. Auf meine Frage ob sie denn noch möchte, dass ich sie besuche sagte sie, sie wisse es nicht. Sie möchte, dass wir weniger skypen, ich ließe ihr gar nicht die Möglichkeit mich zu vermissen. Sie hat noch immer schlechte, und etwas bessere Tage.
Naja da bin ich nun also aktuell. Schreibe ihr von Tag zu Tag ein wenig, um ihr zu zeigen, dass ich an sie denke und möchte sie auch an meinem Leben in Deutschland teilhaben lassen. Ich liebe sie wirklich von ganzem Herzen und weiß, was für eine wundervolle Beziehung wir hatten, daher werde ich um sie kämpfen und ihr das auch zeigen, dass ich immer für sie da bin.
Ich denke in einem normalen Fall wäre eine Kontaktsperre angebracht aber das hier ist eben ein ganz besonderer Fall, wie es ihn nicht oft gibt. Daher bin ich der Meinung, mit dem bisschen Kontakt ganz gut zu fahren und hoffe, dass es sich wieder bessert.
So, sorry. Das war ein langer Text aber der war nötig um ein gutes Verständnis für die Lage zu vermitteln. Gibt es jemanden der Ähnliches erlebt hat oder hat einen besonderen Tipp, sollte ich etwas anders machen?
Ich weiß, dass das beste für sie wäre sich behandeln zu lassen. Das wird sie aber nicht machen, solang sie im Ausland ist (übrigens 5000km weg von Deutschland). Und man kann niemandem helfen, der sich nicht helfen lassen will.
13.02.2019 11:05 •
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