Liebe @Agapia
Da hatte ich eine Menge Text nachzulesen.
Inzwischen scheint ja ein bißchen Ruhe eingekehrt, vielleicht ist der thread ja dann doch schon geschlossen.
Habe ich weltbewegend Neues beizutragen? Vermutlich nicht.
Ich würde Dir folgende Dinge noch einmal ans Herz legen wollen:
1) der Glaube
Man kann es drehen und wenden, wie man will, aber statistisch gesehen halten die Partnerschaften am längsten, in denen beide Partner das gleiche Weltmodell und die gleichen Zukunftsvorstellungen teilen. An diesen Schrauben lässt sich natürlich immer ein wenig drehen und auch der Gegensatz von Gleich und Gleich gesellt sich gern, aka Gegensätze ziehen sich an, kann ab und zu zum Erfolg führen, aber es gilt im Grundsatz zu verstehen, daß es durchaus wichtig ist, die Werte, Vorstellungen und Ideen des Partners zu teilen.
An der Stelle sind wir dann doch beim Glauben. So wenig ich Deine Auffassung teilen mag:
Zitat von Agapia:Im übrigen, ich sehe auch keinen großen Unterschied zu einem Guru. Der Guru glaubt ja auch an seine Ideen. Wir teilen halt den Glauben zum Teil. Wenn es eine Sekte wäre hätte ich das auch so geschrieben.
So nachvollziehbar ist sie natürlich.
Was Du völlig richtig erkennst, ist die vermeintliche Intensität, an welcher Stelle Du nicht vom Fleck kommst, ist die Problematik die allen Monotheistischen Religionen innewohnt, die Doktrin des Einzig Wahren.
Du scheinst zu glauben, daß es halt viele Situationen gibt, in denen sich Menschen, diesem oder jenem mit vollem Herzen verschreiben.
Wiederum ist das eine sehr menschliche Einstellung, diese wird aber theologisch nicht getragen. Ohne wieder in die theologischen Untiefen absteigen zu wollen, der Mann, den Du liebst, der ist kein Guru, er ist auch niemand, der sich einer Philosophie verschrieben hat.
Sein gesamtes Dasein, seine Existenz, Berufung auch Berechtigung fußen auf der absoluten Überzeugung, daß seine Überzeugung, seine Anschauung, mithin sein Glauben, der einzig richtige, der überlegende, der wahre ist.
Dies ist unabhängig von dem, was er andere oder Dich spüren lässt, womöglich manchmal selbst spürt. Dies ist die Basis dessen, was er ist.
Das bedeutet eben auch, daß in jeder Eurer Interaktion, in jedem Kontakt, der mehr als nur reine klassische Seelsorge ist, eine völlige Ambivalenz zu Grunde liegt.
Hier im Forum ist sehr viel von Geliebten und deren verheirateter Partner zu lesen.
Klassisch gesehen, ist Dein Mann mit Gott verheiratet, insofern wäre es sicher sinnvoll mal in diese Threads hineinzuschauen.
Allerdings: verlieren Ehemänner Zuhause, Geld, Kindern und Ansehen, manchmal auch den Glauben (kurzzeitig), daran, daß sie die Guten seien, so steht für den Mann, den Du liebst etwas völlig anderes auf dem Spiel. Lebenswerk und Weltbild.
Bekennt er sich zu dir, wird alles, was er jemals jemandem (auch in Zeiten der Not) gesagt hat, Makulatur.
Insbesondere ja auch, weil die, von Dir beschriebenen, um ihn herum, dies so verstanden wissen wollen.
Das mag wenig mit Gott aber sehr, sehr viel mit Kirche zu tun haben.
Dementsprechend:
Zitat von Agapia:Das wirre Zeug kann ja auch einfach ignoriert werden, das war wohl eher Smalltalk. nichts Wichtiges. Die Frage ist ja beantwortet, widerspricht Liebe meinem Glauben? Nein.
Deine Liebe mag vielleicht nicht DEINEM Glauben widersprechen, aber sie widerspricht SEINEM.
2) dein Glaube an Dich
Zitat von Agapia:Ich habe einpaar Bezugspersonen aber nicht viele. Das möchte ich nicht so gerne öffentlich schreiben.
Habe natürlich meine Eltern, aber nicht in meiner Stadt, und eine Freundin, Großeltern. Nicht viel.
Ich arbeite zur Zeit nicht. Plane vielleicht eine Umschulung zu machen.
Zitat von Agapia:Man möchte ja so gerne geliebt sein. Erst wenn man einsieht es ist nicht so, kann man loslassen.
Zitat von Agapia:Ich will aber durchaus eine ernste Beziehung! Ja und wie, erst durch die Beziehung mit ihm, habe ich Bindungsängste. Ich möchte dem nicht mehr so ausgeliefert sein, dass er nach Lust und Laune mir den Tag vermiesen kann. nur kann ich es nicht austricksen. Ist dann trotzdem so.
Liebes, Du hast nicht erst Bindungsängste SEIT ihm. Deine Bindungsängste sind der Grund dafür, daß Du nicht loslassen kannst. Ein realer Mensch, ein nicht göttlicher wäre ja nicht in der Lage über die nicht so tolle Wohnung, das etwas kurviger Aussehen, das Nichterreichte hinwegzusehen.
Erlösung.
Ich behaupte ein realer Mensch, nicht überhöht, ein Mensch, ganz normal und mittelmäßig, wie Gott diesen schuf, könnte all dies auch, weil die Hindernisse nicht so groß sind. Keiner hat eine perfekte Wohnung, den perfekten Körper oder das perfekte Leben. Wir alle wollen angenommen und geliebt werden. So wie wir sind.
Nur aus irgendeinem Grund reicht dir ein normaler Mensch nicht.
Vielleicht weil Du nicht glauben kannst, daß ein normaler Mensch, dazu fähig wäre Dich zu lieben. Vielleicht aber auch weil diese Liebe anzunehmen, Dir nicht gelingt.
Vielleicht würde diese Dir Angst machen, vielleicht wäre sie nicht gut genug.
Ich habe es schon mal geschrieben, die göttliche Liebe ist eine Elternliebe, sie ist keine partnerschaftliche.
Womit wir bei
3) der Liebe
wären.
Das Loslassen dieser Liebe (zu ihm) fällt so schwer, weil niemand so einfach die Elternliebe loslassen kann. Die meisten von uns, haben bis heute das eine oder andere Päckchen zu tragen.
Anders als bei partnerschaftlichen Lieben, geht es aber bei der Elternliebe (oder dem Fehlen dieser) auch weniger um das Loslassen. Denn zumeist gilt es eben nicht, den anderen Gehenzulassen, sondern Frieden damit zu finden, daß es Dinge gibt, die nicht ungeschehen zu machen sind. Die Vergangenheit ist unwiederbringlich vergangen, die Verletzungen für immer geschehen.
Was bleibt ist, diese sichtbar zu machen (im zumeist beschützen Raum) und Umgang mit diesen zu finden. Danach gilt es, die Differenzierung der Liebe in allen ihren Facetten kennen zu lernen und schließlich die Unterscheidungen zu treffen.
Wir lieben Eltern. Wir lieben (eigene oder nicht) Kindern. wir lieben Geschwister (manchmal mehr manchmal weniger) Wir lieben Großeltern, Tanten, Nichten und Neffen. Wir lieben Freunde. Wir lieben Tiere. Wir lieben das Leben. Wir leben den Job. Und wir lieben Handtaschen, Fußball, filme, die Natur etc.
Trotzdem kommen wir alle dann doch recht schnell darüber hinweg, daß der Film traurig war, diese Handtasche kaputt oder zu teuer, oder es heute regnet und deshalb der Spaziergang nicht so schön.
Weil wir differenzieren.
Wir wissen, daß es morgen vielleicht nicht regnet. Und wir wissen, daß dies keinen Einfluss auf unseren Kern hat.
Du liebst ihn, weil er Dich so vollständig annimmt, wie es nur ein Vater tun könnte.
Damit erübrigt sich aber jede Frage nach einer Beziehung, aber eben auch die Frage nach dem Loslassen.
Nimm an, was er Dir zeigen möchte, nämlich, daß Du es aus Dir selbst heraus wert bist.
Selbstliebe ist eben auch eine Form davon.
Alles Gute Dir.