Hallo!
Samsonite, Du schreibst unter anderem, Sucht wird versteckt und Sucht läßt die Menschen lügen.
Das wundert mich sehr, bei dem Verständnis, das die Mitmenschen Süchtigen entgegenbringen ...
Jedenfalls bin ich nicht der Meinung, daß Süchtige die schlimmsten Wesen unter der Sonne wären, sondern üblicherweise sind es gerade oft die sensibelsten, die es trifft. Im Grunde ist es der Versuch, ein tiefsitzendes Problem zu kompensieren oder auch Umstände, mit denen sie nicht zurechtkommen (was eben auch an der Sensibilität bzw. der Häufung der Belastungen liegen kann (nicht umsonst sind z. B. Ärzte stärker suchtgefährdet)).
Für einen Süchtigen ginge es darum, in ein ganz anderes Leben zu finden, vielleicht in ein freieres, kreativeres, dann würde auch der Suchtgrund verschwinden und somit auch die Sucht.
Süchtige sind nicht notwendig schwach und von verwerflicher Natur. Sondern es kann auch an Ursachen liegen, die jenen, die darüber teilweise ziemlich selbstgerecht urteilen, glücklicherweise erspart geblieben sind.
Ich finde es auch ziemlich abwegig - auch wenn das seit einiger Zeit allgemein so gesehen wird -, bei einer Sucht von einer Krankheit zu sprechen (was wohl eine entschuldigende Gnadenansicht sein soll), sondern vielmehr ist Sucht ein Zustand, ein kompensatorischer Zustand, wie es auch viele andere gibt, auch wenn diese unstofflich sind und somit gar nicht als Sucht eingestuft werden. Geldsucht, Geltungssucht, Arbeitssucht, Habensucht etwa, um nur die wesentlichsten und allgemeinsten zu nennen.
Beim Ex der TE scheint es so zu sein, daß er ganz andere Probleme hat, die er eben durch ein Suchtverhalten kompensiert. Eine starke Selbstunsicherheit, wie mir scheint, die ihn überall Konkurrenten sehen läßt, denen er sich nicht gewachsen fühlt. Vielleicht (oder sogar wahrscheinlich) fühlt er sich auch dem Leben insgesamt nicht gewachsen.
Jedenfalls steckt hier mit Sicherheit mehr dahinter als lediglich eine Sucht, so daß es auch nicht viel helfen würde, bekäme er diese Sucht in den Griff.
Wo ich mich allerdings anschließe, ist, daß es unter diesen Umständen nicht möglich ist, eine Beziehung zu führen. Das wäre es aber auch nicht, wenn man sich die Sucht einmal wegdenken würde. Das wäre nur möglich, wenn es zu viel tiefgreifenderen Veränderungen käme, sowohl im Bereich der Persönlichkeit als auch, was die gesamten Lebensumstände betrifft. Eine Sucht ist eigentlich vergeudetes Potential, um das wirklich schade ist. Aber wer einmal dieses Programm fährt, kommt nur schwer wieder los davon. Dazu müßte ihm nicht weniger als eine grundsätzliche Lebensänderung gelingen, es müßte gelingen, das tiefe Loch, das gewohnheitsmäßig mit Sucht gefüllt wird, mit echtem Lebenssinn zu füllen. Allein nur auf die Sucht zu starren und zu meinen, diese sei das Problem, greift jedenfalls viel zu kurz.
Liebe Grüße
12.08.2016 02:09 •
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