Hallo!
Nachdem ich hier die ganzen Seiten gelesen habe, möchte ich auch noch eine (meine) Geschichte beisteuern. Und wenn es nur dafür ist, daß sie irgendwo niedergeschrieben ist
Ich hoffe, sie paßt in den Strang, aber es geht ja tatsächlich "weiter", zumindest glaube ich das mittlerweile.
Vielleicht nicht ganz so spektakulär, weil es nicht zum klassischen Ehebruch kam, es war nur nahe dran. Aber es reichte, um mein Leben komplett in Schieflage zu bringen. Ich entschuldige mich für den langen Text, aber ich kann es kaum kürzen.
Vorgeschichte. Seit ich 16 war, war ich mit einem Mädchen befreundet, nicht liiert. Nennen wir sie Simone. Sie ist ein Jahr jünger. Weil ich damals zu unerfahren war und sie wahrscheinlich in mir wirklich nur einen guten Freund sah, kamen wir nicht zusammen, obwohl ich in das Mädel verliebt war. Irgendwann so mit 19 Jahren kam das auch raus, sie war aber anderweitig gebunden, und es kam zu einer Aussprache. Sie gab mir damals mit: "warum hast Du nie etwas gesagt? Dann wärst Du heute vielleicht viel glücklicher".
Danach hielten wir etwas Abstand, blieben aber eng befreundet. Wir hielten 30 Jahre Kontakt, Anrufe zu den Geburtstagen, an Neujahr und bei sonstigen Ereignissen und verschiedene Briefe von ihr. Aber ihr "warum hast du nicht?" ging mir nie mehr aus dem Kopf.
Wir heirateten in etwa zeitgleich, Ende der 90er Jahre. Sie zog nach Norddeutschland, etwa 350km weit weg. Simone bekam eine Tochter, ich wurde Vater zweier Söhne (einer mittlerweile erwachsen, aber noch Schüler). Meine Frau ist zwei Jahre jünger als ich.
Simone und ich hielten immer Kontakt, sahen uns aber nur noch selten. Ihre Ehe zerbrach, eine zweite auch und sie zog wieder in meine Ecke, vielleicht 15km entfernt.
Meine Ehe verlief harmonisch, es gab niemals Streit, wir ergänzten uns und hatten und haben viele gemeinsame Interessen.
Nur die Schmetterlinge waren irgendwann nach ca. 15 Jahren ausgeflogen, die Ero_tik irgendwann eingeschlafen. Da das schleichend kam, war ich mir dessen nicht so bewußt, auch steckte ich viel Energie in verschiedene Hobbys. Leider ist meine Frau ein Genußmensch und auch ein Frustesser. Das führte dazu, daß ihr Gewicht von etwa 65kg, als wir uns kennenlernten, irgendwann bis über den dreistelligen Bereich stieg. Wie sehr mich das belastete, wurde mir erst später klar, das konnte ich irgendwie ausblenden.
Außerdem war ich durch Personalabbau zunehmend unter Stress und irgendwann nahe einem Burnout.
Dann kam ein Zeitpunkt im Frühjahr vor drei Jahren, an welchem mich Simone zum Essen einlud - wir hatten uns zwischenzeitlich sechs Jahre lang nicht mehr gesehen. Meine Frau wußte natürlich von dieser Einladung, beide Frauen kannten sich ja seit Mitte der 90er.
War ein netter Abend. Vertraut, als wären wir gestern erst auseinander gegangen. Sie war nicht wirklich gebunden, hatte aber Absichten auf einen Mann von einer Dating-Seite, aber diese Beziehung kam von Seiten des Mannes nicht so recht in Gang.
Beim Abschied nahm man sich in den Arm, wie früher auch immer. Die "Haptik" war für mich sehr ungewohnt, mit ihren 63kg bei 1,78m hatte Simone noch die gleiche Statur wie Ende der 80er Jahre.
Dann begann eine Phase täglicher WA Nachrichten. Es war fast wie ganz früher. Sie lud mich zum Billardspielen ein, ich wollte aber nicht, da ich das zu Hause kaum hätte erklären können, auch war ich etwas eingebunden wegen verschiedener Termine.
Stattdessen schlug ich vor, sie abends auf dem Nachhauseweg von einem Freund, dem ich einige Reparaturen am Haus erledigte, auf eine Tasse Tee zu besuchen. War auch wieder schön, ich hatte ein paar Blumen dabei und wir betrachteten alte Fotos.
Beim Abschied gab sie mir einen Kuss in den Nacken, das legte in mir einen Schalter um. Damit begann eine Zeit der Schlaflosigkeit, über gute 13 Wochen mit maximal 2-3h. Simone ging mir nun nicht mehr aus dem Kopf.
Außerdem wurde mir schlagartig klar, wie eingefahren meine Ehe zwischenzeitlich war. Ich begann zu zweifeln, suchte förmlich die Haare in der Suppe
Unsere Nachrichten wurden intensiver, meine alten Gefühle für sie waren mit voller Macht wieder da, sie waren vielleicht auch nie ganz weg gewesen? Ich machte Simone gegenüber Andeutungen, daß sie mir nicht aus dem Kopf geht.
Etwa eine Woche später schrieb sie mir, daß sie "gerne ausgiebig mit mir frühstücken würde". Dazu kam es dann auch, drei Tage später. Sie empfing mich mit den Worten: "na? Hab' ich Dir den Kopf verdreht?" Sektfrühstück. Sie meinte: "ich habe Dich immer nur als Freund, aber nie als Mann gesehen. Mittlerweile kann ich mir vorstellen, mit Dir zu schlafen". Danach knutschten wir wie zwei Teenager. Mußten dann aber beide zur Arbeit.
Für mich war klar, ich muß zu Hause reinen Tisch machen und schrieb das Simone in der folgenden Nacht, nach der Arbeit. Ihr wurde die Tragweite dadurch wohl erst bewußt. Sie schrieb daraufhin "mir geht es ja so schlecht, weil ich irgendwie Dein Leben zerstört habe". Ich antwortete "Du hast es nicht zerstört, nur verändert". Am gleichen Tag schrieb sie mir aber noch, daß sie jetzt erst einmal runter fahren müßte. Dann, wenig später, daß sie mir wohl sehr weh tun müßte, aber sich vom Kopf- und Bauchgefühl mehr zu dem Mann hingezogen fühlt, den sie vorher schon gerne als Partner gehabt hätte und daß sie hofft, mich als Freund nicht zu verlieren.
Das traf mich sehr. In einer Kurzschlußreaktion kam es zu einer sehr unfairen Aussprache mit meiner Frau. Irgendwie hatte ich den blödsinnigen Gedanken, mir mein bisheriges Leben irgendwie wieder hinzubiegen. Ich glaubte ja zu wissen, warum ich überhaupt in diese Sackgasse kommen konnte. Ich fragte sie, ob sie mit dem Zustand der Ehe eigentlich noch zufrieden wäre. Und wegen ihrem Gewicht machte ich ihr Vorhaltungen. Auch wenn es mich wirklich gestört hat, schäme ich mich heute noch für diese Aktion. Schließlich hätte ich ja beizeiten moderat "eingreifen" können. Aber irgendwie ging mir das vorher nicht auf. Aber diese Holzhammermethode war falsch, ungerecht und überhaupt nicht hilfreich.
Ich blieb mit Simone in Kontakt, schrieb ihr auch von dem "Gespräch" mit meiner Frau.
Etwa drei Tage später schrieb mir Simone "Du schreibst immer so viel und so schön. Ich würde Dich auch gerne sehen, aber es ist gefährlich". Ich fragte irritiert "wieso denn gefährlich?" Sie darauf "für mich gefährlich"
Am nächsten Tag war ich morgens wieder zum Frühstück bei ihr. Schon im Treppenhaus machten wir da weiter, wo wir beim letzten Frühstück aufgehört hatten. Nach dem Frühstück sagte sie "ich bin froh, daß meine Tochter da ist. Sonst wären wir wohl jetzt schon im Bett. Und dann kämen wir ja garnicht mehr von einander los". Da mit dem Auftauchen der 17 jährigen Tochter ständig zu rechnen war, blieb es beim knutschen. Gegen Mittag mußte ich wieder los. Mein Auftreten war bestimmt sehr unsicher. Erstens fühlte es sich falsch an, wegen meiner Frau und Familie, außerdem war ich wegen des Stimmungsumschwungs von Simone noch verwirrt, auch ihr Kommentar, daß wir sonst garnicht mehr voneinander los kämen verunsicherte mich.
Wir sahen uns dann erst knappe zwei Wochen später. Zwei Tage vor meinem Geburtstag. Das "Geschenk" dazu sah so aus, daß sie die Sache beendete. Sie sagte "ich hab Dich wirklich sehr gern" ich vervollständigte "aber es reicht nicht?" Sie verzog das Gesicht und schwieg. Daraufhin ging ich, einen klaren Gedanken zu fassen gelang mir nicht. Auf eine WA Nachricht von mir erläuterte sie noch: "damit Du etwas Klarheit bekommst in Deinen Kopf - ja, da war mehr in den Tagen vor Ostern. Aber danach wurde mir klar, daß ich Dich als Freund, aber nicht als Partner möchte".
Dann folgten drei furchtbare Jahre. Ich kam gedanklich einfach nicht mehr von Simone los. Wir trafen uns noch öfter, schrieben weiter fast täglich, obwohl sie zeitnah mit ihrem damaligen "Traumprinz" zusammenkam, diese Liaison ging etwa ein Jahr. Zwischenzeitlich legte ich ein halbes Jahr Kontaktpause ein, sollte eigentlich für immer sein, wie ich ihr in einem mehrseitigen Brief schrieb, weil mich die Nähe zu ihr zunehmend kaputt machte und ich irgendwie doch hoffte, zu meiner Frau zurückzufinden. Ich hielt nicht durch und wir trafen uns dann wieder.
Neben der Belastung am Arbeitsplatz entwickelte ich durch das Vergangene eine Depression, alle Hobbys und alles, was mir früher mal wichtig war, brach weg, wurde bedeutungslos. Ein Selbstmordversuch. Psychosomatisch kam ein Hörsturz mit anschließender Hörminderung und ein Magengeschwür mit Magendurchbruch dazu. Auch mit Nebenwirkungen der Antidepressiva hatte ich weitere Last, innerhalb dreier Wochen wurde ich dadurch weitsichtig.
Ich machte täglich und ausufernd Sport bis zur Erschöpfung - um überhaupt ein Ziel zu haben und um nicht ganz verrückt zu werden.
Hatte sich also "gelohnt", diese Verirrung in die Jugend.
Zuhause entwickelte sich eine Art Wohngemeinschaft. Dazu muß ich ausführen, daß in meiner Familie eine Ausprägung aus dem Autismusspektrum vorherrscht. Ich bin betroffen, beide Söhne in unterschiedlicher Variation auch. Das hat zur Folge, daß besonders der eine Sohn nur schwer mit plötzlichen Veränderungen klar kommt. Da das Abitur in Sichtweite ist, fürchtete ich sehr um das Weiterkommen der Beiden, hätte ich den Schlußstrich gezogen. Daß wollte ich nicht auch noch kaputt machen
Dann, ich war gerade in einer Klinik, brach der Kontakt zu Simone plötzlich ab. Sie schrieb am letzten Tag, daß es ihr gerade nicht gut geht und sie sich morgen oder die Tage wieder meldet. Ich meinte "das tut mir Leid, es liegt hoffentlich nicht an mir?", sie antwortete "ich denke schon, zumindest zum Teil".
Dann war Schluß, keine weitere Erklärung. Wenige Tage später zeigte ihr WA Profilbild sie zusammen mit einem mir unbekannten Mann, aber aus vorherigen Erzählungen wußte ich aber, daß es ein "guter Freund" (wohl älter und verheiratet) war, den sie im Fitnessstudio kennenlernte. Ich hatte ihr Krafttraining empfohlen, wegen Problemen an ihrer Hüfte. Daraufhin spürte ich deutlich, daß ich wohl überflüssig geworden war und Tage danach löschte ich ihre Kontaktdaten und alle Nachrichten.
Fast genau ein Jahr war Sendepause. Bis zu meinem Geburtstag. Sie wünschte mir alles Gute - von ihr und ihrem Freund. Das traf mich wie ein Blitz. Ich merkte schlagartig, daß ich bislang überhaupt nichts verarbeitet hatte.
Im vergangenen Jahr wurden meine Gedanken, Simone gegenüber, immer negativer. Jeden Tag, vor allem beim Sport, verfolgten mich die Gedanken in die Richtung "hätte sie mich doch damals einfach in Ruhe gelassen. Wir könnten heute noch eine Freundschaft haben wie 30 Jahre zuvor. Hätte sie ernsthafte Gefühle gehabt, ok, kann ja passieren. Aber so hatte sie einfach kein Recht, mir mein Leben an die Wand zu fahren und aus mir ein Wrack zu machen."
Entsprechend fiel meine Antwort aus und ich schrieb ihr, was mir ein Jahr lang durch den Kopf ging.
Sie antwortete ein paar Tage später pikiert und meinte sinngemäß, daß ich ihr nicht die Schuld für mein monotones Leben geben könne. Ich solle sie loslassen und Mut zeigen - und einen anderen Weg suchen - sie hätte ihren Weg gefunden. Womit sie wohl meinte, ich solle mich von meiner Frau trennen.
Weiterhin schrieb sie, daß ich respektieren soll, daß wir nur eine freundschaftliche Beziehung haben können und daß sie das schon mehrmals gesagt hätte. Ich antwortete, einigermaßen neutral.
Erst bei mehrfachem Lesen ihrer Zeilen in den Tagen danach stutzte ich.
Hm, mehrfach gesagt? Nein - das hast Du nicht! Nur damals, direkt vor meinem Geburtstag, ja, einmal. Aber in den Jahren darauf, blieb sie stets vage. So meinte sie beispielsweise einmal "das hätte doch nur ein paar Wochen gehalten". Damals dachte ich mir, da wär ich mir nicht so sicher, das müßte sich doch erst noch zeigen. So blieb ich immer hoffend
Aber genau diese absolute Aussage hatte mir wahrscheinlich gefehlt, auch deshalb konnte ich einfach nicht loslassen.
Ich suchte gezielt alle Dinge zusammen, die ich von ihr hatte. Alle Briefe, Fotos, Geschenke der letzten 33 Jahre verbrannte und vernichtete ich. Ich wollte diesen Alptraum endlich irgendwie hinter mir lassen und mußte ein paar Tage um Fassung ringen.
Nach ein paar Tagen ging mir aber auf, daß auch diese negativen Gefühle ein Loslassen unmöglich machen. Man konzentriert ja trotzdem alle Energie auf die Person, die man unbedingt loslassen sollte.
Ich schrieb ihr daher, daß ich seither nachgedacht habe und immer mehr zu dem Schluß gelange, daß Zorn und negative Gedanken nicht alles sein soll, was nach 33 Jahren Freundschaft übrig bleibt und daß ich akzeptiere, daß jeder einen anderen Blickwinkel auf die Sache hat, bzw. haben muß. Und es vielleicht irgendwann möglich ist, an die Zeit vorher anzuknüpfen. Sie braucht darauf nicht zu antworten, kann es einfach mal so stehen lassen.
Seither gelingt es mir tatsächlich besser, Gedanken an sie und diese Episode abzuwürgen, das Gedankenkarussell anzuhalten.
Auch zu Hause ist es seither besser, ich bin für meine Frau wieder erreichbarer. Mittlerweile denke ich sogar, daß ich es vielleicht tatsächlich zurück schaffen kann.
Ich möchte aus schon genannten Gründen keine Trennung. Außerdem war Simone wohl meine große Liebe, sie war aber für mich nicht vorgesehen. Wenn ich jemals eine Chance hatte, habe ich sie vergeigt. Sie ist und bleibt für mich aber nicht austauschbar und ich strebe auch keine weitere Katastrophe mehr an, ich hab genug.
Nachsatz: ja, meine Frau hatte eine Ahnung. Ich hatte ihr aber mit Bestimmtheit und der Wahrheit entsprechend gesagt, daß ich mit keiner anderen Frau im Bett war, niemals. Damit war sie erst einmal zufrieden, seither gab es auch keine weiteren Gespräche diesbezüglich mehr
Stolz bin ich auf meine "Leistung" nicht. Besonders für das Leid, was ich meiner Frau angetan habe und dafür, daß ich ihr gegenüber nicht ehrlich war. Es heißt ja, "die Auslassung ist die hinterhältigste Lüge".
Aber ich konnte einfach nicht anders agieren, es ist wohl ein besonders Beispiel für kognitive Dissonanz.
Im Leben bekommt man aber alles zurück - im Guten wie im Schlechten. Daher nehme ich alles an, was diesem unnötigen tête-à-tête folgte.
Grüße,
Tjaden