Also irgendwo auf den letzten 20 Seiten bin ich angerufen worden und habe pflichtschuldigst nachgelesen, aber so richtig schlau bin ich jetzt nicht geworden.
Zum Thema: Carlos' Frau muß zwei Mal die Woche mit ihm schlafen, tut sie das nicht, sind die Regeln der offenen Beziehung einseitig von ihr verschoben worden und Carlos blind, wenn er das nicht sieht oder ein Weichei, wenn er sich das nicht gefallen lässt. Schläft sie wiederum zwei mal die Woche mit ihm, trotz Schreiner bzw vorübergehendem Schreinerstress dann macht sie das nur, damit sie in Ruhe zum Schreiner darf, ergo erkauft sie sich ihre Freiheit oder bezahlt sie Carlos. Und da Carlos das nicht einsehen will, ist er blind oder ein Weichei.
Carlos, ich habe mehrfach angemerkt, daß Du schnell in die Entwertung rennst und ähnlich Lizzy gab es da auch den einen bestimmten Absatz und ein paar andere Formulierungen, wo ich die Bewertung menschenverachtend mittragen würde. Umgedreht empfinde ich aber die Argumentation Deine Frau würde nur mit Dir zweimal die Woche schlafen, um (!) sich ihre Freiheit zu sichern, genauso menschenverachtend. Da nehmen sich in meinen Augen beide Lager nichts. Vielleicht ließen sich an der Stelle von allen die Wortwahl-Brötchen auch ein bissl kleiner backen.
Zum Thema: The regels sind the regels, um mal meinem Faible für pop-kulturelle Phänomene zu frönen. Die meisten Regeln sind ohne Kontext wenig wert.
Das fängt bei der mehrheitsfähigsten Regel, man tötet keinen anderen Menschen an. Denn diese Regel ohne Kontext, stellt sich schnell als problematisch heraus, so bald man Abwägungen treffen muß. Wir wissen inzwischen alle, daß diese Regel im Grundsatz eine gute ist, aber es auch bei dieser Regel Ausnahmen, wie zB Notwehr, geben muss.
Daher Regeln brauchen Kontext und müssen im Kontext gelesen werden. Zudem sind Regeln je nach Regelungsfindungsmechanismus auch abänderbar und damit variabel. Die Ewigkeitsgarantie des Art 79 Abs 3 im Grundgesetz mag für viele hier etwas sehr gesetztes und normales sein, aber sie ist eigentlich Antwort auf die davor geschehenen Gräueltaten und die wenigstens Länder der Welt kennen diese, h*ll es gibt Länder, die haben nicht mal eine gesetzte Verfassung und diese Länder leben gut damit.
Meine persönliche Interpretation der zwei mal die Woche S., war im Übrigen nicht, daß es eine Regel gibt, die da heißt, Carlos Frau hat zweimal die Woche S. mit ihm zu haben, sondern das die Abmachung war,
so kann es jetzt nicht weitergehen, damit es Dir und damit uns besser geht schnüren wir ein Maßnahmenpaket, welches Dich im Haushalt entlastet (Kinderbetreueung durch Nanny und Sabbatical durch Carlos), so daß Du wieder Raum für professio und purpose (Beruf hat einen gemeinsamen Wortstamm mit Berufung) hast und (sic!) wir öffnen unter Maßgabe, daß unsere Beziehung ungefährdet bleibt, unsere Ehe.
In diesem Kontext sehe ich also keine Regel, die genau festlegt, wie oft der S. zu erfolgen hat, sondern ich sehe eine Form von Kennzahl, eine Art Bewertungshilfe um auszulegen, ob Gefährdung der Ehe gegeben sein könnte.
Würde also Carlos Frau dauerhaft mit dem Schreiner deutlich mehr schlafzimmerliche Turnübungen praktizieren als mit Carlos oder so gar nur noch mit dem Schreiner die Laken durchwühlen, dann wäre das ein starkes Indiz für eine Gefährdung der Ehe und damit mit dem ursprünglich Vereinbarten nicht konform. Da das Ganze, das haben taugliche Regeln häufig so an sich, natürlich noch immer ein bissl abstrakt ist (was genau ist denn deutlich mehr?), hat Carlos sich zu seinen Bedürfnissen Gedanken gemacht und ist bei der Zahl zwei gelandet. Zwei mal die Woche S. sind für ihn Indiz dafür, daß die viel komplexere Absprache mit seiner Frau funktioniert.
Passend eben dazu: Wenn Carlos sich (emotional) verliebt, ist das ein Indiz dafür, daß eine Gefährdung der Ehe vorliegen kann (kann nicht muss, Indiz halt), weil Carlos da deutlich anders tickt als sie. Wenn sie sich verliebt ist das für sich genommen kein Indiz, wenn sie sich verliebt und sich Carlos nicht mehr zuwendet, weil sie selbstbestimmt als erwachsene Frau keinen Bock mehr auf Schäferstündchen mit Carlos hat, dann wird das zu einem Indiz, welches auf eine Gefährdung der Ehe hinweisen kann.
Da Kennzahlen, Indizien etc eine notwendige aber keine hinreichende Bedingung für die Gefährdung der Ehe sind, müssen diese Situationen dann genauer betrachtet werden und deshalb gehen die beiden da dann bisher, so sieht es jedenfalls aus, in die erfolgreiche Kommunikation. Stellt sich im Laufe der Kommunikation heraus, daß das Indiz, die Kennzahl zwar gegeben ist, aber die Vereinbarung hält (die Beziehung der beiden rennt, die Ehe ist nicht gefährdet), dann bedeutet das, daß das Indiz entweder in der aktuellen Situation nicht tauglich ist und verändert gehört oder daß das Indiz insgesamt nicht (mehr) tauglich ist und damit dann nicht mehr zum Einsatz kommt.
Zum Thema: lässt sich damit (über Kennzahlen und Indizien) die Vereinbarung zu Gunsten/Ungunsten einseitig verschieben?
Im Grundsatz ist das natürlich möglich, aber es setzt eine Form von Naivität oder Böswilligkeit voraus. Beide Parteien rennen naiv in das Ende der Ehe, weil sie sich auf Kennzahlen verlassen, die letztlich nicht tauglich sind oder wenigstens eine Partei ist böswillig, stimmt also vordergründig der Bedeutung bestimmter Kennzahlen oder Indizien zu, obwohl sie bereits zum Zeitpunkt der Zustimmung weiß, oder danach irgendwann erkennt und dann nicht unverzüglich aufklärt, daß die Kennzahl nicht geeignet ist, die Beziehungserhaltung zu sichern.
Lassen wir mal die Böswilligkeit außen vor, die ja durchaus auch gerne von einigen beschrie(be)n wird und landen bei der Frage sind Carlos und seine Frau naiv, wenn sie an ihr Konzept (sie Ehe plus Schreiner; er Ehe plus Kink) glauben?
Ja, nein, doch!
Nein, denn der momentane Erfolg gibt beiden Recht. Funktioniert doch für die beiden und meistens sind so gar die Dritten, die da von ihr und ihm mit ins Spiel gebracht werden auch noch zufrieden. Carlos und Frau spielen, so weit es ihnen möglich ist, mit offenen Karten, gegenüber einander, gegenüber Dritten.
Es ist jetzt keine besonders gewöhnliche Lösung und sie mag für einige auch mit starken Widerständen behaftet sein, aber mei, es tut doch.
Ja, ich sehe an bestimmten Stellen eine gewisse Form von Naivität. Dabei handelt es sich nicht um die gleiche, also Du Carlos bist an anderen Stellen ein wenig naiv als Deine Frau, die eben aber auch, so scheint es mir, mit einer gewissen Naivität agiert.
Ich glaube nicht, daß es hierarchisches Lieben gibt und ich glaube noch viel weniger, daß eine Beziehung in der der eine diesem Ansatz folgt und der andere nicht, langfristig funktionieren kann.
Ich glaube sehr wohl, daß es viele Arten von Liebe gibt und daß man zu jedem beliebigen Zeitpunkt mehre Arten von Liebe gegenüber mehreren Personen spürt. An den hierarchischen Aspekt im besonderen bei Lieben, die nicht vom sorgenden Aspekt geprägt sind (Kinder, Eltern, Haustiere), glaube ich allerdings nicht. Dadurch daß dies aber für mich Glaubensfrage ist, ist dies eben nicht (wirklich) dem Beweis zugänglich, dann können wir auch noch in 20 Jahren schreiben und Du bist noch immer mit Deiner Holden super happy und ich stelle mich aller Wahrscheinlichkeit nach hin und sage, joah aber ich glaube nicht an hierarchische Liebe. Für eine Auseinandersetzung ist das also ein toter Punkt.
Was ich dem gegenüber schon für Auseinandersetzung geeignet halte, ist die folgende Frage, ich unterstelle, daß hierarchische Liebe existiert (da ich ja an viele verschiedene Formen von Liebe glaube, nur an hierarchische nicht, fällt mir das auch nicht so schwer), ist es möglich, daß einer der hierarchisch liebt und einer der das nicht tut, tatsächlich langfristig glücklich in einer so geführten Beziehung bleiben?
Vielleicht finde ich Zeit, das mal so runter zu brechen, daß ich meine Gedanken dazu in einen einigermaßen lesbaren Text verwandeln kann.
Jetzt gerade muß ich aber mal wieder die Welt retten und Katzenfutter verdienen.
28.08.2024 13:37 •
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