Liebe alle,
manche kennen mich (m, 36) und meine Geschichte vielleicht noch aus dem Liebeskummer-Forum. Auch wenn ich es leider nie so wirklich explizit gesagt hab, hat mir Euer Feedback damals sehr geholfen, um letztlich mit der damaligen Geschichte abzuschließen. Ein großes Dankeschön dafür an dieser Stelle!
Mittlerweile hat es die Zeit sehr gut mit mir gemeint und ich spüre eine tiefe Zufriedenheit. Trotzdem liegt mir eine Sache gerade ziemlich auf dem Herzen und ich fühle mich unsicher. Kurz gesagt, ich habe ein wundervolle Person kennengelernt. Mitte Dezember letzten Jahres sprach sie (27) mich an. Unverhofft. Sie nahm an einem meiner Workshops teil und sprach mich danach darauf an, ob wir nicht mal einen Kaffee zusammen haben wollen. Ich war damals gedanklich noch ganz woanders, legte ihre Kontaktdaten beiseite und verabschiedete mich von der Arbeit erst mal in den Weihnachtsurlaub. Erst fünf Wochen später, im Januar, fielen mir ihre Kontaktdaten wieder in die Hände - und ich dachte mir: warum eigentlich nicht? Sie arbeitet ja quasi ums Eck. Also schrieb ich ihr und wir trafen uns gleich am nächsten Tag in unserer Pause. Und es war einfach wow! Mit ihr fand ich es einfach nur toll - wir haben viel voneinander erzählt, viel gemeinsam gelacht und am Ende war klar, wir wollen uns wiedersehen.
Also tauschten wir Nummern, blieben in Kontakt und schlugen uns immer wieder gegenseitig Termine vor. Doch erst war ich auf Dienstreisen, dann war sie krank (und nicht vor Ort), danach war ich wieder unterwegs - und schließlich begann die Coronazeit. Stattdessen wurden Nachrichten unser Medium. Während wir uns anfangs nur austauschten um Treffen auszumachen, begannen wir nun, uns per Sprach- und Textnachrichten mehr voneinander zu erzählen. Von Dingen, die sie und ich mögen, von dem, was wir in unseren jeweiligen Alltagen erleben und eben Dinge, die uns bewegen. Es hatte eine Lockerheit - und je mehr wir uns kennenlernten, umso mehr hatte ich den Eindruck, wir haben vieles gemeinsam. Ich merkte, dass ich mich mit jeder Nachricht immer mehr darauf freute, ihre Stimme zu hören und mehr von ihr zu erfahren. Ich freute mich schon, sie wiederzusehen, sobald sie wieder in der Gegend ist.
Nur jetzt bin ich mir gar nicht mehr sicher, ob das überhaupt noch passiert. Letzte Woche ging die Lockerheit etwas verloren. Sie lenkte unseren Dialog auf den Punkt, dass wir noch nie darüber gesprochen hätten, ob wir gerade jemanden treffen oder ob es wen in unserem Leben gibt. Sie wirkte unsicher und äußerte auch Zweifel, ob sie das jetzt überhaupt sagen sollte, denn vielleicht wär das alles auch gar nichts. Jedenfalls erzählte sie dann, dass sie gerade wieder jemanden aus ihrer Heimat trifft, mit dem es wohl vorher schon nicht geklappt hatte, da sie an verschiedenen Punkten im Leben stehen und sie nicht nur in ihrer dörflichen Heimat bleiben wolle, sondern sich eben auch in der Stadt zuhause fühlt (was wohl ein Konfliktpunkt war). Durch die Corona-Situation merke sie aber, dass sie sich wieder wohler fühlt in ihrer Heimat und dass die beiden sich gerade wieder näher kommen. Sie denke aber, dass das wieder vorbei ist, sobald auch die Situation wieder in die gewohnte Normalität übergeht - und würde gerne wissen, wie es denn bei mir aussieht. Ich hätte ja schon von Freundinnen erzählt, aber sie ging bis jetzt mal davon aus, dass das normale Freundinnen sind - wenn dem nicht so sei, solle ich sie bitte eines besseren belehren.
Ehrlicherweise muss ich zugeben, dass ich nicht schlau draus wurde, was sie mir sagen wollte. Jedenfalls antwortete ich ihr am nächsten Tag, dass ich gerade Single bin, mich am Jahresbeginn auch ein paar Mal mit einer Person getroffen hatte, es für mich aber nicht gepasst hat.Ich erzählte ihr dabei auch von meinen Wünschen, aber ohne explizit zu sagen, dass ich sie gut finde (was ich in den Nachrichten zuvor immer mal wieder einfließen hab lassen) und näher kennenlernen wollte. In ihrer Antwort am Tag danach ging sie leider nicht auf meine Worte ein - dafür erzählte sie umso mehr aus ihrem Alltag und was gerade bei ihr passiert. Auch das fand ich schön - und während meiner Antwort an sie kam mir der Gedanke, sie einfach anzurufen. Das hab ich dann auch getan.
Als sie abhob, merkte ich auf einmal, wie nervös ich eigentlich war. Von einem auf den nächsten Moment war ich total durch den Wind. Jedenfalls schien sie sich über meinen Anruf zu freuen. Wir redeten also über den Tag und sie erzählte mir, dass sie gerade die Stadt und die Museen vermisst. Und na ja, ich meinte cool, da das ja der Grund meines Anrufs sei, denn ich wollte sie gerne fragen, ob wir mal zusammen in ein (bestimmtes) Museum (das uns beide interessiert) gehen. Ihre Antwort war zwar ein ja, allerdings verbunden mit der Aussage, dass sie nicht wisse, wann sie mal wieder in der Gegend sei und das durchaus erst in ein paar Monaten sein könnte. Sowieso wisse sie nicht, ob sie nicht ihre neu-wiederentdeckte Liebe zu ihrer Heimat beibehalte und nur noch selten hier wäre. Daraufhin hab ich etwas (zu viel?) die Karten auf den Tisch gelegt und gemeint, dass ich das verstehen kann, ich sie aber total gern wieder sehen würde und dafür auch zu ihr fahren würde. Damit hatte ich sie wohl ziemlich überrumpelt. Sowieso hatte ich im Gespräch 100000000 Fragen und gefühlt so wenig Zeit, sie zu stellen. was dazu führte, dass ich irgendwann fragte, wo sie sich in ein paar Jahren mal sieht, was irgendwie auch total überfordernd und drüber war. Trotzdem redeten wir bis hin zur Frage von ihr, was ich eigentlich in der aktuellen Zeit vermisse. An der Stelle endete unser Telefonat: sie bekam einen zweiten Anruf von einer Freundin, der es nicht gut ging. Sie fragte noch, ob es okay sei, wenn sie sich um sie kümmert und verabschiedete sich dann. Später schrieb sie noch und bedankte sich (wegen des Anrufs der Freundin) und dass wir beide mal ins Museum gehen werden.
Das war letzten Dienstag und seitdem herrscht Funkstille. Ich komm mir seither vor wie ein Vollidiot und frage mich, ob es das dann jetzt wohl war. Ich kämpfe mit alten Unsicherheiten und verfluche gerade, dass unser lockeres Kennenlernen jetzt in so einem Outing von mir endete. Ich merke dabei, dass sie mir mehr bedeutet, als ich es mir vor ein paar Wochen noch selbst eingestanden hätte. Ich lerne viele Menschen kennen, aber ich begegne nur wenigen, die mich wirklich interessieren. Und sie hat echt was zu sagen - allein ihr zuzuhören fehlt mir bereits jetzt. Dabei weiß sie wahrscheinlich nicht mal, warum ich sie gut finde. Denn das Warum ich sie eigentlich interessant finde ging mir Dienstag nicht über die Lippen.
Mir tut es gut, das gerade runterzuschreiben und ich würde mich freuen, falls es Meinungen dazu gibt. Danke für Euer offenes Ohr!
Wit_and_wisdom
09.05.2020 15:54 •
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