Moin Alex,
Du hattest mich angeschrieben. Danke für Dein Echo.
Du wirst mitbekommen haben, dass 'meine Tragödie' nun knapp 2 Jahre her ist, aber genau deshalb kann ich vielleicht einfach kurz reinschneien, Dir ein paar Gedanken hierlassen und am Ende sogar von einem Leben danach berichten...
6 Wochen sind ein Klacks, kein Meilenstein. Aus jedem Deiner Worte lese ich den Schmerz, die Verletzung und das seichte Annähern an den Hass.
Lass Dir bloß nicht einreden, auch nicht hier, dass der Hass böse sei, Dich vergiften wird, etc.
Das trifft sicherlich dann zu, wenn Du ihm die Chance einräumst, sich einzunisten. Aber gerade anfangs, also jetzt bei Dir, gibt es wenig Normaleres als eine Mordswut und einen schicken Hass auf die Frau, die Dir den Boden unter den Füßen entzogen hat.
Geht vorbei, wenn es Dich beruhigt. Echt. Geht wirklich vorbei. Dauert auch keine 2 Jahre.
Du bist an der Schwelle von Überraschung und Unglauben zum Gefühlschaos. Ich persönlich finde Level II, also der Cocktail aus den ganzen sich teilweise übelst widersprechenden Gefühlen, produktiver als seinen Vorgänger. Und raus müssen die ganzen Gefühle eh. Alles andere lässt Dich irgendwann platzen. Das sieht erstens unschön aus, zweitens bringt es Dich nicht einen Trippelschritt weiter.
Du fragtest eine Leidensgenossin nach ihrer aktuellen Hoffnungslage.
Das ist noch ein Relikt aus der Ecke 'es könnte ja vielleicht doch noch wieder werden'.
Hatte ich auch. Schräge Anwandlungen, im Nachhinein betrachtet. Aber zu dem Zeitpunkt damals, quasi dem, den Du jetzt auch hast, absolut logisch.
Mit der Weisheit der letzten 96 Monate (was mich als Hannoveraner und Fußballfan selbstverständlich erfreut) kann ich aber nur auf Dantes Göttliche Komödie verweisen: Lasst, die ihr eintretet, alle Hoffnung fahren!
Abr natürlich nur die Hoffnung auf eine nachhaltige Versöhnung mit der Ex und einem Weiterleben wie vorher.
Dieser Realismus hat den enormen Vorteil, während des Falls nach unten nicht alle paar Stockwerke mit dem Auge am Nagel hängenzubleiben und irgendwelchen Illusionen nachzuhängen. Einmal richtig aufschlagen, berappeln, warten, aufstehen.
Es gibt keine Alternative dazu, die Du hören möchtest.
Und sollte (sollte! - übelste Spekulation! Finger weg!) der Fall eintreten, dass Deine Ex dem Luxus wieder abschwört und sich der Tatsache besinnt, dass sie Familie hat, hast Du das Heft in der Hand, damit so umzugehen, dass Du nicht von der Entwicklung getrieben wirst, sondern sie selber aktiv gestaltest.
Es gibt sicherlich Beispiele von Paaren, die solche Krisen meistern. Ziehe ich meinen Hut vor. Bin ich eindeutig zu blöd für.
Finde einen Weg, mit Freunden und der Arbeit Zeit zu verbringen, denn die Zeit ist jetzt Dein Verbündeter No. 1. Aber sowas von, Alex.
Die Zeit erlaubt Dir in Bälde, Dein Leben neu zu bewerten und auch die ganzen Selbstzweifel zurechtzurücken. Du hast nicht versagt, weil Du mit einem Vorstandsmitglied nicht mitstinken kannst.
An einem Tag wie heute, wo alles grau und voller schwarzer Gedanken scheint, kommen auch die Fragen, was wie wann schiefgelaufen ist, dass es dazu kommen konnte.
Ach, Mann...., ich erinnere mich so gut daran. Und auch nach 2 Jahren ist es nicht so, dass ich nicht noch oft genug an meine Ex denke. Aber mittlerweile auf einer anderen Ebene. Kein Hass mehr, nur noch ein melancholisches Zwicken, wenn mir gemeinsame Unternehmungen oder Momente einfallen. Wie aus einer untergangenen Epoche, wie der süßlich-schmerzhafte Gedanke an etwas Verlorenes.
Diese Tage des Grauens wirst Du noch eine geraume Zeit haben.
Richte Dich drauf ein, lass es zu, verweigere Dich dem nicht. Kommst nicht dran vorbei, nur über den Preis einer herzhaften Vollmacke, falls Du Deine Gefühle unterdrücken solltest.
Ich will hier gar nicht lamentieren, ich hätte meinen Frieden mit meiner Ex gemacht. Aber irgendwas in der Richtung ist es allemal.
Ich habe relativ früh angefangen zu denken, dass jeder nur macht, was er kann (- wer kennt die Textzeile? Welche Band? Welches Lied? ), also die wenigsten Menschen z.B. sich zu jemandem bekennen, mit ihm Kind und Haus regeln, und ihn dann als Krönung des Plans abschießen.
Ergo hat sich Deine Ex verändert.
Klar hat sie Dich geliebt, warum auch nicht? Stell das nicht in Frage.
Und sicher ist es unfair, irgendwie. Aber so ist das bei Trennungen: Der eine trennt sich, der andere fällt ggf. aus allen Wolken. Unfair oder nicht, schei.. Einfach nicht zu ändern, und es passiert jeden Tag Hundertausenden auf diesem Planeten. Du bist nicht auserkoren als der Ar. des Jahres, Du bist in guter Gesellschaft.
Um den Boden zum Praktischen zu bekokmmen:
Spar Dir schleunigst, irgendetwas anzufassen, wenn Du in Deinem Haus (jaja...) bist, es sei denn, Du stehst auf Psychoschmerzen. Dann dreh jeden Brief um, kram in ihren Taschen und lese sämtliche SMS/Mails.
Triff tunlichst eine Regelung für Deine Tochter, denn die kann nun gar nix dafür. Ist aber diejenige, die am wenigsten mit einer solchen Situation anfangen kann, viel schlimmer sogar, glauben könnte, sie sei schuld daran.
Also: Schnell einen Rhythmus finden, der es Dir erlaubt, sie zu Dir zu nehmen und Zeit mit ihr zu verbringen.
Lies Bücher über Trennungen, arbeite Dir den Ar. ab, treibe Sport (- Endorphinausschüttung), rede, rede, REDE, und sieh zu, dass Du Dich auf Dich konzentrierst.
6 Wochen sind in Maßstäben einer Schussverletzung quasi eine Sekunde nach dem Einschlagen des Projektils. Das ist alles noch frisch und offen blutend.
Erwarte nicht zuviel von Dir jetzt! Das dauert...., aber es wird....
Ich kann nur von mir berichten, und mir geht es gut. Wirklich gut.
Ausser der Tatsache, dass ich diesen Januar aus Zeitgründen nicht die für mich üblichen 4 Wochen Ich-verpiss-mich-in-die-Tropen haben konnte, hat sich mein Leben längst(!) wieder in feine Bahnen bewegt.
Frau toll, Kind gesund, Freunde vorhanden, Frühling kommt.
Halt die Ohren steif und komm gut durch den schei. durch.
Ich wünsche Dir alles Gute!
h.
07.03.2013 09:31 •
x 2 #18