Liebe Caprice, das was du durchmachst, tut mir sehr sehr leid. Ich schreibe dir mal aus der Perspektive einer (bereuenden und zurück gekehrten) Betrügerin. Ja, ich habe meinen Mann betrogen und wollte damals sogar den Warmwechsel. Es wurde nichts daraus und ich bin zu meinem Mann zurück. Der wollte das so, obwohl er alles wusste. Heute bin ich dafür sehr dankbar und ich gucke auf mich, als wäre ich damals eine andere Person gewesen. So wie ich damals agierte, das bin ich nicht. Was mich da geritten hat, verstehe ich heute nicht mehr.
Auch ich habe meinem Mann nie gesagt, wie sehr ich in den anderen verliebt war. Ich habe das nie getan, denn ich wollte meinen Mann trotz allem doch noch irgendwie schonen. Schon verrückt, das alles. Statt dessen habe ich ihm vor den Kopf geschmissen, wie unerträglich unsere Ehe für mich war und habe es mir dann schließlich selbst geglaubt. Obwohl wir eigentlich immer eine gute Ehe hatte. Verdrehte Welt war das irgendwie. Aber scheinbar reden alle Betrüger ihre Ehe schlecht, um den Betrug vor sich selbst zu rechtfertigen. Schuldumkehr nennt man das und ja, ich habe das auch so gemacht.
Als dann schließlich doch zu mir durchgedrungen war, wie sehr ich meinen Mann verletzt hatte und wie schlecht es ihm wirklich ging, habe ich seine Schmerzen irgendwie mitgefühlt. Es war mir unerträglich ihn weinen zu sehen. Ich wollte das nicht. In meiner Euphorie und meinem Liebestaumel hatte ich das zuerst gar nicht wahrgenommen. Also bin ich weiter mit zu Familienfeiern gegangen. Es war ja irgendwie auch meine Familie und es war für mich ganz normal, während mein Mann Höllenqualen durchlitten haben muss. So unempathisch, wie ich damals war bin ich eigentlich auch nicht. Es war so, als hätte dieser Liebesrausch mein Gehirn ummantelt. Irgendwie will man selbst noch gar nicht wahr haben, dass man mit seiner Tat auch das eigene Leben, so wie man es kannte, verlassen hat. Das wird einem erst langsam klar und tut auch einem Betrüger sehr sehr weh.
Der Betrüger befindet sich in der akuten Affäre irgendwie in einem Glücksnebel und nimmt nichts anderes wahr, als seine Verliebtheit und seine vermeindlich rosige Zukunft mit dem neuen Partner. Ich war damals für nichts und niemanden erreichbar auf meiner Wolke 7. Noch nicht einmal für meinen Sohn. Das werfe ich mir unter anderem immernoch vor. Er war damals gerade in der Pubertät und hätte mich gebraucht. Ich aber war mit mir selbst beschäftigt.
Aber auch das war eine Erkenntnis. Diese Affäre hatte ihre Ursache nicht in meiner Ehe oder meiner Familie. Die Gründe für meinen Ausbruch lagen einzig und allein in mir selbst. Midlifecrisis nennt man das. Bei mir kamen noch die Wechseljahre und Probleme in der Familie hinzu. Du schreibst, dein Mann wäre in Rente? Vielleicht war das ja der Auslöser? Nicht daß du für ihn Verständnis aufbringen sollst, das sicher nicht. Aber vielleicht hilft dir diese Erkenntnis ja:
Du hast nichts falsch gemacht! Du hättest es nicht verhindern können! Es ist nicht so, daß dein Mann dich verletzten wollte. Es ist einfach so, daß er nach einer Möglichkeit sucht, selbst zu heilen. Das wird dich nicht trösten aber vielleicht hilft es dir, zu verstehen.
Heute tut mir das alles unsagbar leid und ich verstehe mich selbst nicht mehr. Hinter mir liegt der Absturz von der Wolke 7 und einem heftiger Aufschlag in der Realität. Als ich dann am Boden war, nahm mich mein Mann zurück. Dennoch dauerte es Jahre, bis die Affäre so einigermaßen verarbeitet war. Es war ein zähes Ringen für uns beide. Ich bin heute dankbar, daß alles doch noch so gekommen ist, aber mir ist bewusst, daß ich riesiges Glück und einen einzigartigen Mann habe. Ich hoffe, ich konnte dir mit diesem kurzen Bericht ein wenig helfen, klarer zu sehen. Was ich aber nicht will, ist dir Hoffnung zu machen. Mein Fall ist sehr sehr selten und wäre unter geringfügig anderen Bedingungen sicher nicht möglich gewesen . Wäre ich damals z.B. finanziell besser gestellt gewesen, hätte es für mich kein Zurück gegeben. Das muss ich leider so sagen. Ich bin zurück ins gemachte Nest, als ich keinen Ausweg mehr sah. Darauf bin ich nicht sonderlich stolz. Mein Mann war zuerst nur ein Notnagel in einer ausweglosen Situation. Es war ein langer Weg zurück in eine harmonische Ehe zurück, die nun wieder auf Augenhöhe verläuft. Viele Fallstricke mussten wir überspringen. Endlose tränenreiche Gespräche mussten wir führen. Schlaflose Nächte und sehr trostlose Tage mussten wir durchleben. Dass wir das geschafft haben, ist ein Wunder!
Mach dir also bitte nicht Zuviel Hoffnung sondern sorge für dich selbst. Gestehe dir deine Gefühle ein und zeige sie. Zeige sie auch deinem Mann, denn er soll zumindest sehen, was er angerichtet hat. Sofern er dazu überhaupt in der Lage ist. Zeige deiner Familie, wie schlecht es dir geht. Sie werden dich auffangen, denn dazu ist Familie da. Du musst nicht alles mit dir alleine ausmachen. Du darfst schwach sein!
Und wenn es dir möglich ist, geh in eine Klinik. Am besten, du fährst dazu weit weg, um wirklich zu dir kommen zu können. Ich habe selbst eine Therapie und Psychiatrische Behandlung machen müssen, weil ich unter meinem eigenen Betrug und dem dramatischen Scheitern der Affäre seelisch kaputt gegangen bin. Ohne das wäre ich heute wahrscheinlich nicht mehr am Leben. Ich kann dir nur empfehlen, deinen Suizidversuch sehr ernst zu nehmen. Du hörst dich in deinen letzten Posts zwar schon etwas besser an, aber das kann auch täuschen. Deshalb sorge gut für dich selbst und nimm bitte jede Hilfe an, die du bekommen kannst. Suizid-Gedanken und Todessehnsucht sind zwar normal in einer so schwierigen Situation, sie sind aber ein ernstes Alarmsignal!
Alles Gute!