Joshu, ich würde auf den Satz der Freundin auch nicht zu viel geben. Es kann so viele Gründe geben, warum sie das schrieb und keiner davon muss mit Dir, Deiner Frau oder Eurer Trennung zu tun haben.
Dir tut es weh, zuzusehen, wie Deine Frau sich ein neues Leben aufbaut. Wie sie scheinbar ganz einfach einen Schritt nach dem anderen ging und jeder dieser Schritte sie von Dir entfernte. Ich kann Dir sagen, wie es mir ging, als ich die Partnerschaft mit dem Mann beendete, mit dem ich vor meinem aktuellen Ex zusammen war: ich war froh, fühlte mich befreit, war voller Neugier und Erwartung auf das vor mir liegende Leben. Da der Mann mich betrogen hatte und das letztendlich (auch wenn es zwei Jahre dauerte) der Grund war, warum ich mich getrennt habe, hat es mich nach der Trennung auch nicht mehr interessiert, wie es ihm geht, was er macht usw. Ich habe ihn nicht gehasst, aber er war eine Altlast und ich wollte mich nicht mehr mit ihm beschäftigen.
Bei Euch sieht es anders aus. Du hast sie nicht betrogen, Eure Trennung verlief reifer, sanfter, verständnisvoller. Nichtsdestotrotz ist es eine Trennung und Deine Frau ist - wie Du selbst weißt - sehr viel weiter als Du. Dein Abschiedsgeschenk hatte mir auch zu denken gegeben. Vielleicht liege ich da völlig falsch, aber für mich kam es wie ein allerletzter Aufschrei herüber. Schau' was wir alles hatten. Geh' nicht, bitte. Aber sie war schon lange vorher gegangen.
Hatte Dein Abschiedsgeschenk denselben Wert für sie, wie für Dich? Mein Mann hatte kein Interesse an vielen Erinnerungsstücken. Ich habe das im Kopf, brauche keine Dinge, um mich zu erinnern. Die Fotos und Videos unseres Urlaubs in Tokyo, den wir uns so sehr gewünscht hatten, wollte er dagegen sehr gern haben. Doch bis heute hat er mich nicht danach gefragt. Die kleine Figur, die an seinem Bettpfosten hing, die ich ihm geschenkt hatte... Ich fragte, ob er sie mitnehmen wollte. Wollte er. Ich sagte noch: Nicht, dass sie in irgendeinem Karton verschwindet. Nein, nichts von Dir wird in einem Karton verschwinden. Als er ging, ließ er die Figur einfach hängen
Dir war es wichtig, bis zum Schluss oder besonders zum Schluss nochmal als Familie zu leben. Dahinter steckt viel Sentimentalität, Wehmut und Trauer. Ging es Deiner Frau auch so? Oder hat sie sich gesagt: 'Ok, das stehe ich noch mit ihm durch. Und danach kann ich endlich weg.' Man kann es nicht wissen. So vieles wird noch gesagt und gemacht - oder auch nicht gesagt oder gemacht - um den anderen Menschen, der einem mal so wichtig war, nicht noch mehr zu verletzen.
Und im 'Danach' werden auch immer wieder Dinge passieren, die alles ganz plötzlich in ein anderes Licht rücken. Plötzlich sind da Erklärungen, für so vieles, was im 'Vorher' nicht erklärbar war. Ich habe gestern z.B. von ihm erfahren, dass er die Frau, mit der er mich vor Jahren betrog, die er als beste Freundin bezeichnet, mit der knapp eine Woche nach seinem Auszug im Bett war, die ca. 900 km entfernt wohnt, als seine neue Freundin sieht. (Was er danach noch über sie sagte (neben der Tatsache, dass er sie optisch als absolute Katastrophe bezeichnet), weiß sie nicht. Aber selbst wenn sie es wüsste, würde sie ihn wohl immer noch mit offenen Armen aufnehmen. Jetzt, nach 20 Jahren mit mir, ist sie endlich am Ziel). Er hat also warm gewechselt. Womit sich also das meiste, was er in den letzten Wochen noch sagte, als Lüge herausgestellt hat. Es erklärt aber auch, warum es seit Mai - da war er das letzte Mal dort - mit uns bergab ging. Wahrscheinlich hatte er, als er dort war, um angeblich Freunde und Mutter zu besuchen, auch was mit ihr.
Und prompt ärgere ich mich wieder über mich selbst. Denn ich dachte, dass er nach all dem Lügen und Betrügen der letzten Jahre, jetzt doch keinen Grund mehr zum Lügen gehabt hätte. Und trotzdem hat er damit weiter gemacht. Und ich war - ja im wahrsten Sinne des Wortes - so blöd, dass ich ihm all das Gesagte der letzten Wochen geglaubt habe. Ich hätte es doch besser wissen müssen. Das Bild, was ich jetzt von meinem Mann bekomme, gibt mir das Gefühl, dass ich um die letzten 20 Jahre meines Lebens betrogen wurde. Und ich kann ihm noch einmal die volle Schuld geben, da die schrecklichen Erlebnisse seiner Kindheit eben diese Borderline-Störung hervorgebracht haben. Doch das Gefühl, mit die besten Jahre meines Lebens an jemanden verschwendet zu haben, bleibt irgendwie
Ich wünsche Dir, dass Dir das nicht passiert. Dass ihr beide den Weg weitergeht, den ihr schon eingeschlagen habt: respektvoll. Wenn was ist, dann melde Dich hier.
13.10.2018 13:05 •
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