347

Aus der Sicht einer, die sich getrennt hat

Philinea
Nachdem ich zuletzt hier sehr viel mitgelesen habe, habe ich mich entschlossen, diesen Faden zu eröffnen, um mal die Sicht einer darzustellen, die sich getrennt hat. Sowas fehlt mir hier ein bisschen. Es gibt viele Threads, die vom Schmerz derjenigen handeln, die verlassen wurden, die betrogen und unfreiwillig aus ihrem gewohnten Leben herausgerissen wurden. Und die haben auch ohne Frage alle ihre Berechtigung, der ganze Schmerz, der daraus entspringt, muss raus, und der Trost und und die Hilfe und vielen guten Ratschläge, die man hier bekommen kann, sind sehr wertvoll. Aber es gibt da ja auch noch die andere Seite, von der hier eher selten erzählt wird.

Und auch, um mir die Dinge von der Seele zu schreiben, die mich umtreiben. Da es hier in diesem Forum ja offenbar eher nicht so gern gesehen wird, wenn man verschiedene Themen in verschiedenen Threads behandelt, bei mir aber doch immer wieder so viele Fragen und Probleme auftauchen, die letztlich alle mit der Trennungssituation zu tun haben, werde ich nun versuchen, in diesem Faden davon zu erzählen. Und ich erhoffe mir natürlich auch Rat und Hilfe, und vielleicht auch mal Trost, und vielleicht kann ich ja auch anderen in meiner Situation damit weiterhelfen, und wenn es nur das ist, dass sie sehen, dass sie damit nicht allein sind. Und ganz vielleicht können ja sogar auch die Verlassenen etwas daraus ziehen, vielleicht ist ja auch ein Austausch möglich (mit einigen hier hatte ich den auch schon, auf sehr respektvolle und für mich sehr wertvolle Weise).

Um es euch zu ersparen, euch Informationen aus meinen früheren Threads zusammensuchen zu müssen, versuche ich nochmal, so konzentriert wie möglich, meine Geschichte zusammenzufassen:

Nach über 20 gemeinsamen Jahren, davon über 15 Jahre verheiratet, drei Kindern zwischen Grundschule und Pubertät, habe ich mich letztes Jahr von meinem Mann getrennt. Dem vorangegangen sind einige Jahre, in denen ich immer mal wieder den Gedanken an Trennung hatte - ohne ihn wirklich zuzulassen, vor mir selbst, und schon gar nicht gegenüber meinem Mann. Ich versuche gerade immer wieder, zu ergründen, wo unsere Probleme eigentlich angefangen haben - die keine offensichtlichen, keine konkret greifbaren waren, aber ich war schon lange nicht mehr wirklich glücklich und erfüllt in dieser Beziehung. Irgendwie hat alles angefangen, als wir Kinder bekommen haben. Wir waren da ca. 10 Jahre zusammen, haben schon einiges durchgemacht, Studium, Berufsanfang, Schicksalsschläge, aber ich habe mich immer sehr geborgen gefühlt, hatte das Gefühl, in dieser Beziehung sehr viel Halt und Sicherheit zu haben, mit meinen ganzen Unzulänglichkeiten bei diesem scheinbar perfekten Traummann gut aufgehoben zu sein.

Die Kinder waren absolute Wunschkinder. Und doch hab ich mich bereits mit der ersten Schwangerschaft nicht mehr richtig angenommen gefühlt. Jegliche Körperlichkeit, von liebevoller Zuwendung im Alltag bis hin zuS.nahm immer mehr ab bzw. war kaum noch vorhanden. Es gab Aufs und Abs - aber immer hatte ich das Gefühl, die Gebende, die Zuwendende zu sein. Ich war diejenige, die das Fehlen ansprechen musste, von ihm kam so gut wie nichts. Er fand das normal nach Geburt und längerer Beziehungsdauer. Wir hatten eine mehr oder weniger klassische Rollenverteilung - er machte Karriere, und zwar so richtig, ich hielt ihm den Rücken frei und übernahm die Kinderbetreuung. Ich habe aber nach der Elternzeit immer noch Teilzeit 50 % gearbeitet, ich liebe meinen Job und ein Stück Unabhängigkeit war mir immer sehr wichtig, auch wenn er es am liebsten gesehen hätte, wenn ich mich Vollzeit um Haus, Garten, Kinder gekümmert hätte. Sein Interesse an meinem Beruf ging zunehmend gegen Null.

Er sagte mir nicht mehr, dass er mich liebt (an das letzte Mal, dass er das gesagt hat, kann ich mich nicht mehr erinnern). Er suchte selten mal körperliche Nähe zu mir. Der selteneS.war mehr oder weniger Pflichtprogramm - irgendwie mussten ja die drei Kinder entstehen, und ich wollte das nicht ganz aufgeben, es irgendwie am laufen halten, hab immer gehofft, dass es schon irgendwann wieder besser würde, wenn wir wieder mehr Zeit für uns hatten. Aber wir waren zunehmend nur noch Eltern, immer weniger Paar. Auch wenn wir immer wieder geschaut haben, dass wir mal ab und an zusammen ausgehen, mal hin und wieder ein Wellnesswochenende zusammen verbringen - da war keine Nähe mehr. Keine echte Verbundenheit. Es war mehr eine gute Freundschaft als echte Partnerschaft. Wir waren ein gutes Team. Wir haben nie gestritten. Aber die Problematik auch nie angesprochen. Ich habe mich nicht getraut. Ich hatte solche Angst, dass, wenn ich es ansprechen würde, ich ein Riesen-Fass aufmachen würde, eine Lawine lostreten würde, an deren Ende er mich verlassen würde. Ich habe ihn geliebt und wollte auf keinen Fall eine Trennung.

Aber ich habe mich in den letzten Jahren immer öfter fremdverliebt. Das waren Spinnereien, nur in meinem Kopf, das jeweilige OdB hat davon nie etwas erfahren, es gab nichtmal Flirts. Ich hab es damit abgetan, dass die Gedanken frei sind und ich ja nichts Böses mache. Diese Verliebtheiten haben mich aber in meinem drögen Alltag zunehmend bei der Stange gehalten. Ich konnte mir wenigstens in kleinen Tagtraum-Inseln mal schöne Gedanken machen. Und kam doch immer wieder darauf zurück, dass es eh keinen tolleren gibt als den Mann an meiner Seite, den ich immer noch sehr geliebt habe. Und ich hatte eine so tolle Familie, ein so tolles Leben, sorgenfrei, unbeschwert, gesunde Kinder, liebe Freunde.

Aber irgendwann ist diese Liebe immer mehr gestorben. Immer mehr beschlich mich das Gefühl, dass auch seinerseits keine wirkliche, keine partnerschaftliche Liebe mehr da war. Freundschaftliche Liebe, ja, auch Dankbarkeit, weil ich die Mutter seiner Kinder bin, Gemeinschaft - aber keine Tiefe, keine Wahrhaftigkeit. Sein Schweigen, wenn er irgendwas mißbilligte. Dazu kam das Gefühl, nicht genug zu sein. Nicht gut genug zu funktionieren. Nicht gesehen zu werden, nicht angenommen zu werden mit den Dingen, die mir wirklich wichtig sind. Sein demonstratives Desinteresse. Nicht nur das - sondern geradezu abgelehnt zu werden, mit dem, was mich ausmacht. Wohlstand und materielle Sicherheit sind es jedenfalls nicht. Ich wurde immer trauriger. Fühlte Beklemmung. Gedanken daran, dass ich mit 80 oder 90 auf dem Sterbebett um mein nicht gelebtes Leben trauern würde. Dass es das so nicht gewesen sein kann. Ich konnte diese Gedanken immer weniger verdrängen, aber sie auch nicht aussprechen. Eine Trennung war undenkbar. Schon allein wegen der Kinder.

Bis ich mich dann ganz real verliebt habe. In einen Mann, zu dem ich wirklich engen Kontakt hatte. Der diese Gefühle erwidert hat. Der sich in einer ähnlichen Situation befand wie ich. Zu dem immer mehr Nähe entstand, Nähe, die ich so mit meinem Mann nie oder jedenfalls schon sehr sehr lange nicht mehr hatte. Und in diesem Moment war der Gedanke ganz klar und laut in meinem Kopf: ich muss mich trennen. Für mich war vollkommen klar: wenn ich solche Gefühle für einen anderen habe, dann wars das.

Leider habe ich das nicht straight durchgezogen und erstmal eine heimliche Affäre mit diesem anderen Mann angefangen. Ich habe meinen Mann belogen und betrogen. Ich hab zwar ein paar mal das Gespräch zu meinem Mann gesucht, hab mich endlich mal getraut, alle Probleme auf den Tisch zu bringen, alles, was mich schon so lange beschäftigt, auszusprechen - aber es kam sehr wenig von ihm zurück. Auch da konnte er nicht aussprechen, dass bzw. ob er mich noch liebt. Zwei Monate habe ich gebraucht, bis ich mich endlich dazu durchringen konnte, ihm zu sagen, dass ich mich trennen will. Er forderte von mir, es nochmal in einer Paartherapie zu versuchen. Ich lehnte ab. Ich hatte keine Gefühle mehr für ihn in mir, die über das gemeinsame Elternsein hinausgingen. Und doch ist mir eines wichtig zu betonen: ich habe mich nicht für oder wegen des anderen Mannes getrennt. Der war ja gar nicht verfügbar, selbst langjährig verheiratet, und er sagte mir immer wieder, dass er sich nicht trennen würde. Aber für mich war völlig klar: Dann bleibe ich eben allein. Ich konnte nicht ohne Liebe, für die Kinder, für das bequeme, angenehme und sorgenfreie Leben in dieser Ehe bleiben. Ich glaube an die Liebe. Und ich glaube daran, dass es da draußen jemanden gibt, der meine Liebe annehmen kann, nicht in Form einer Leistung oder eines Beitrags zum gemeinsamen Leben, sondern als Gefühl, als Zuwendung, der sich dafür öffnen kann - und mich umgekehrt auch annehmen und lieben kann, einfach, weil es mich gibt. Jedenfalls konnte ich länger in einer Beziehung leben, in der all das nicht stattfand.

Es folgten furchtbare und zugleich wunderschöne Monate. Wir mussten es den Kindern sagen, der schrecklichste Tag meines Lebens. Ich sah, wie mein Mann unter Schock stand, kaum noch gegessen und geschlafen hat, wie für ihn die Welt zusammenbrach. Gleichzeitig hat sich meine Affäre urplötzlich doch von seiner Frau getrennt, um mit mir zusammensein zu können - was wir dann ganz offiziell auch ein paar Monate lang waren, ich war sehr verliebt und konnte mir eine Zukunft mit ihm vorstellen. Ich bin aus unserem Haus ausgezogen, habe mir eine Wohnung gesucht, nachdem wir kurz Eltern-WG versucht und Nestmodell angemacht und wieder verworfen hatten, haben wir uns auf das Wechselmodell (mit etwas höherem Anteil meinerseits) geeinigt. Mein Mann hat für seine Kinder unglaubliche Kräfte entfaltet, wir sind immer im Gespräch geblieben, was das Organisatorische angeht, wir sind Eltern und Familie geblieben, trotz Trennung und obwohl wir uns mit dieser und den Gründen nie wieder auseinandergesetzt haben.

Der andere Mann ist dann doch wieder zu seiner Frau zurück und ich habe schlimmen Liebeskummer durchlitten, gleichzeitig zog ich in meine Wohnung ein und versuchte, einen Alltag mit meinen Kindern zu finden - und nicht zuletzt auch, die Trennung von meinem Mann irgendwie zu verarbeiten.

Nun ist es ca 1 Jahr her, dass ich erstmals diese Trennungsgedanken klar vor Augen hatte. Den Liebeskummer wegen des anderen habe ich mittlerweile überwunden - es gab noch eine kurze Zeit, in der er mich nicht in Ruhe gelassen und versucht hat, wieder eine heimliche Affäre mit mir anzufangen. Aber er ist dann (im Nachhinein: zum Glück für mich) aufgeflogen und hat eine Kontaktsperre eingeleitet. Die haben wir beide (ohne Blockieren und obwohl wir uns beruflich früher oder später wieder über den Weg laufen werden) bisher konsequent durchgehalten, was für mich eigentlich gar nicht schwer und auch sehr wohltuend und befreiend war. Jeder Tag, an dem ich nichts von ihm höre oder sehe, ist ein Tag auf dem haben-Konto und bringt mich ein Stückchen weiter von ihm weg.

Ich versuche, das Scheitern meiner Ehe aufzuarbeiten - vor allem, wie es so weit kommen konnte. Warum meine Liebe so unwiderbringlich gestorben ist. Warum es keine Nähe (mehr) zwischen uns gab. Keine Kommunikation. Warum ich so lange so viel verdrängt habe. Ich versuche, meinen Kindern durch die schwere Zeit zu helfen. An mir zu arbeiten. Meine eigenen Anteile zu erkennen. In mir selbst aufzuräumen. Ich sehe, es ist ein langer Weg. Aber ich will ihn unbedingt gehen.

Bereut habe ich bisher nichts. Auf den Betrug und die Lügen bin ich nicht stolz, das war falsch, es ist durch nichts zu rechtfertigen - und doch kann ich nicht sagen, dass ich wünschte, es wäre nie passiert, denn es war für mich auch sehr schön, das gebe ich ehrlich zu.
Und es tut mir unendlich leid, dass ich meinen Mann und meine Kinder so verletzt habe. Aber ich kann es nicht rückgängig machen. Die Trennung war alternativlos. Welche Entscheidung auch immer ich treffen konnte - sie war sch..

Ich wollte nie zurück. Vor ein paar Wochen hatte ich mal eine kurze Krise, hab mir schwere Vorwürfe gemacht, nie eine Paartherapie versucht zu haben, so kampflos aufgegeben zu haben. Das Schiff einfach so auf Grund laufen gelassen zu haben. Hab mich gefragt , was wäre gewesen wenn. Was, wenn er mich doch noch geliebt hat. Ich habe auch mein bisheriges Leben vermisst, die Familie, die Geborgenheit. Die Einfachheit. Aber es war einfach schon zu spät. Eine Liebesbeziehung zu meinem Mann ist für mich nicht mehr vorstellbar. Ich würde eingehen wie eine Primel.

Ich fühle Schuld, große Schuld. Aber von der erzähle ich ein andermal.

Und abschließend eins noch: mir ist schon klar, dass sich hier einige allein durch die Erwähnung des Wortes Affäre getriggert fühlen und womöglich hier wieder die ewiggleichen Diskussionen losbrechen. Das kann ich nicht verbieten oder verhindern, aber ich hoffe, dass es nicht nur darum gehen wird, denn das ist nicht mein Thema. Für mich ist die Sache abgeschlossen. Sie war ein Nebenschauplatz, ein Auslöser, ein Symptom, aber nicht die Ursache für das Scheitern meiner Ehe, aber auch nicht im Geringsten. Das ist vorbei, der Mann ist ein unreifes A. und ich bin letztlich froh, ihn los zu sein. Und ich habe daraus gelernt, never ever werde ich mich je wieder auf einen gebundenen Mann einlassen. Da bleibe ich wirklich lieber allein. Was ich ja jetzt auch schon eine ganze Weile und tatsächlich erstmals im Leben bin, und es ist nicht alles Ponyhof, aber es geht erstaunlich gut.

03.05.2024 07:56 • x 48 #1


H
Zitat von Philinea:
Aber ich habe mich in den letzten Jahren immer öfter fremdverliebt. Das waren Spinnereien, nur in meinem Kopf, das jeweilige OdB hat davon nie etwas erfahren, es gab nichtmal Flirts. Ich hab es damit abgetan, dass die Gedanken frei sind und ich ja nichts Böses mache. Diese Verliebtheiten haben mich aber in meinem drögen Alltag zunehmend bei der Stange gehalten.

Guten Morgen!
Herzlich Willkommen!
Die von Dir geschilderten Spinnereien erlebt, denke ich, ein Großteil der Menschheit täglich.
Liebe Grüße und einen netten Austausch wünsche ich Dir.

03.05.2024 08:42 • x 3 #2


A


Aus der Sicht einer, die sich getrennt hat

x 3


Sliderman
@Philinea
Sehr reflektiert und ungeschönt beschrieben.
Das bestätigt meine Meinung, dass in eine intakte Beziehung niemand reingrätschen kann.

03.05.2024 08:43 • x 5 #3


H
Zitat von Philinea:
Warum meine Liebe so unwiderbringlich gestorben ist.


Zitat von Philinea:
Sein demonstratives Desinteresse


Zitat von Philinea:
Sein Interesse an meinem Beruf ging zunehmend gegen Null.

Zitat von Philinea:
und ein Stück Unabhängigkeit war mir immer sehr wichtig, auch wenn er es am liebsten gesehen hätte, wenn ich mich Vollzeit um Haus, Garten, Kinder gekümmert hätte.

Das war sehr weitsichtig von Dir.
Zitat von Philinea:
Sein Schweigen, wenn er irgendwas mißbilligte.

.. kennen viele, die nicht wirklich Teil eines Teams sind. Schade eigentlich, denn es raubt einem Kraft und Energie.

03.05.2024 08:51 • x 3 #4


DieSeherin
ich lasse mal ein kurzes hallo hier und lese weiter mit

03.05.2024 08:52 • x 3 #5


Q
... die Problematik nie angesprochen. Ich habe mich nicht getraut.

DAS war der Anfang vom Ende. Reden ist das A und O in einer Beziehung.

03.05.2024 09:09 • x 6 #6


brokenforever
Danke, dass du deine Geschichte mit uns teilst.
Ich konnte beim Lesen irgendwie vieles, was du da beschreibst, gut nachempfinden.
Das nicht gehört oder gesehen werden, keine Nähe, sich nicht gut genug fühlen, nicht für das geliebt werden, was einen ausmacht.
Das tut irre weh, ja es kommt verhungern gleich. Leiden.

Zitat von Philinea:
Ich habe mich nicht getraut. Ich hatte solche Angst, dass, wenn ich es ansprechen würde, ich ein Riesen-Fass aufmachen würde, eine Lawine lostreten würde, an deren Ende er mich verlassen würde. Ich habe ihn geliebt und wollte auf keinen Fall eine Trennung.

Angst ist der allerschlechteste Begleiter. Größter Treiber von Miskommunikation. Hättest du wirklich gedacht, dein Mann trennt sich von dir, wenn du dich ihm öffnest? Hattest du gar kein Vertrauen mehr in eure Liebe?

Zitat von Philinea:
Auch da konnte er nicht aussprechen, dass bzw. ob er mich noch liebt.

Das ist sehr traurig.
Wie sah es denn in seinem Innersten aus? Fehlende Gefühle? Psychische Gesundheit? Oder war er eben einer von der Sorte, die niemalsnie über seine emotionalen Befindlichkeiten gesprochen hat?

Es muss seltsam sein, gar nicht zu wissen, ob dieser Mann dich überhaupt jemals geliebt hat. Wie kommt er denn zurecht, denkst du, er hat Liebeskummer empfunden - oder bloß die Not plötzlich alleine dazustehen? Leidet er noch sehr? Oder sieht er die Trennung mittlerweile auch als Chance, sich neu zu verwirklichen?

Zitat von Philinea:
Was, wenn er mich doch noch geliebt hat.

..dann konnte oder kann er es dir wohl niemals so zeigen, sodass du dich auch geliebt fühlst.

03.05.2024 09:33 • x 1 #7


aequum
@Philinea
Für mich sind in Deinem EP sehr viele nachvollziebare Gründe oder Begründungen aufgeführt.

Leider lese ich auch heraus, dass mehr oder weniger andere, vorwiegend Dein Ex-Mann die Schuld daran hat, dass Du diesen Weg gehen musstest.

Sorry aber mir fehlt da dann doch die Selbstreflektion. Was hast Du denn getan um herauszufinden, was Du verkehrt gemacht hast, um in eine solche Gefühlslage zu geraten?

Letztendlich war es allein Deine Entscheidung aufgrund Deiner ganz persönlichen Gefühle, Deine Familie (Ehemann und Kinder) in eine extreme Krise zu führen.

Das sind lediglich meine Gedanken zu dem von Dir geschriebenen EP.
Es kann durchaus sein, dass es von mir einfach nur falsch verstanden, bzw. aufgefasst wurde.

03.05.2024 09:55 • x 9 #8


H
Zitat von Philinea:
Aber für mich war völlig klar: Dann bleibe ich eben allein.


Frau, Du bist jemand, der folgerichtig handelt, Affäre hin oder her.
Als deine Affäre zu Ende ging, bist du NICHT zu deinem Ehemann zurück, sondern stehst auf eigenen Beinen .
Derartiges Verhalten ist zu schätzen, deine Ehe lief nicht, du bist nicht hocken geblieben..... .

Ich kann dich nur beglückwünschen,

Nichts rechtfertigt jahrelangen Kummer, dem man durch folgerichtiges Verhalten.... wie du es unter Beweis stellst, eine lange Nase machen kann. Gut gemacht

03.05.2024 10:02 • x 4 #9


W
@Philinea
Hey, danke für deinen Beitrag.

Zitat von Philinea:
Und es tut mir unendlich leid, dass ich meinen Mann und meine Kinder so verletzt habe

Wie haben deine Kinder es verkraftet?
Ich stehe vor einer ähnlichen Situation, nur auf der anderen Seite.
Meiner NF ist nicht bewusst, dass ich von ihrer Affäre Kenntnis habe.
Dadurch wird eine entspannte Trennung unmöglich für mich und habe Angst davor wie mein Sohn das verkraften wird.

Hast du da vielleicht einen Tipp?

03.05.2024 10:19 • #10


H
Hallo,
zuerst einmal möchte ich dir mitteilen, dass ich von meiner Frau verlassen wurde. Ähnliche Worte: Die Liebe war weg, die Neue war nicht der Auslöser aber das i-Tüpfelchen usw.
Wenn ich deines so lese, dann denke ich, dass es ihr mit mir ähnlich ging. Dass sie sich nicht mehr geliebt gefühlt hat von mir und unsere Streitereien (die ich großteils vom Zaun gebrochen habe) dazu führten, dass sie sich entliebt hatte. Und das über Monate, über einen von mir nicht zu fassenden Zeitraum, bis nichts mehr an Zuneigung für mich übrig war.
Ich versuche tatsächlich so gut es geht ihre und deine Sicht anzunehmen, zu verstehen, dass man zu jung ist, um unglücklich weiterzuleben. Das man ggf. anders empfindet füreinander, sich etwas anderes vorgestellt hat. Und/oder sich einfach in andere Richtungen entwickelt hat.

Du hast es oberflächlich bei deinem Mann angesprochen, meine Frau auch. Was haben dein Ex und ich geändert? Nicht so viel offenbar. Ich für meinen Teil kann sagen, dass ich zu dem Zeitpunkt nichtmal gewusst hätte, wie ich was ändern muss. (Sei doch mal nett und fröhlich und nicht so ein Griesgram) Das ist wie, als wenn dir jemand sagt: Denk nicht an einen rosa Elefanten.
Ich hätte viel viel früher eine Therapie (oder auch Coaching) machen müssen, um nicht so festgefahren zu sein. Um zu sehen, was ich anrichte bei meiner Exfrau. Was ich damit auch mit mir anrichte.

Erst jetzt, nach 7 Monaten mit Therapie, Abstand und viel viel Reflexion kann ich gewisse Mechanismen ändern, wenn ich merke, ich bin gestresst und neige zu impulsivem Verhalten. Und nach wie vor Arbeite ich an mir und meinen Verhaltensweisen, denn ich möchte eine Partnerin auf Augenhöhe sein, kein empfundener Ballast.

Ich vermisse sie nach wie vor, das dauert und vermutlich wird es deinem Mann ebenso gehen. Denn eigentlich ist von heute auf Morgen der Mensch, mit dem man sehr sehr lange alles geteilt hat wie tot. Ihr, die Verlasser, hattet euch darauf vorbereitet. Wie du schreibst hast du dich schon sehr sehr lange innerlich darauf vorbereitet. Das konnten oder haben wir als Verlassene eben nicht. Der sichere Hafen bricht von einem Tag auf den anderen weg. Die Frau, beste Freundin, Lebensgefährtin usw.

Es gibt immer zwei Seiten der Medaille, ich versuche aus meiner Sicht beide zu betrachten und festzustellen, dass zu Trennungen immer zwei gehören. Dass nicht eine/r alleine Schuld ist, sondern auf beiden Seiten Verletzungen und Enttäuschungen sind.

Ich wünsche dir und deinem Exmann sowie den Kindern alles Gute, möget ihr alle heilen.

03.05.2024 10:28 • x 10 #11


K
Ich finde mich in deiner Geschichte wieder, danke dir, für deine offenen Worte, auch ich bin diesen Weg gegangen, war nicht immer einfach, aber jetzt, bin ich angekommen, die Vergangenheit ist ein Teil von mir und der andere Teil ist jetzt glücklich und angekommen. DANKE

03.05.2024 10:35 • x 2 #12


Joeyjo
Zitat von Qwert0987:
... die Problematik nie angesprochen. Ich habe mich nicht getraut. DAS war der Anfang vom Ende. Reden ist das A und O in einer Beziehung.

Ganz wichtig was hier steht.
Am Ende gehören eben zwei zu einer intakten Beziehung.

Jeder bringt seinen Teil mit ein.

03.05.2024 10:47 • #13


S
Hallo Philinea,

Vielen Dank für deine Geschichte und Respekt vor deinem Mut und deine Geradlinigkeit. In vielen Bereichen ähnelt sie meiner sehr stark, nur dass ich damals nicht die Kraft hatte, die Trennung durchzuziehen. Auch bei mir war der AM der Auslöser und wie du dachte ich, wenn ich für jemand anderen so empfinden kann, dann ist die Liebe zu meinem EM wohl tot. Ich zog dann ebenfalls die Trennung sehr schnell durch, suchte mir eine Wohnung und zog aus. Nur bekam mein AM dann sehr schnell kalte Füße. Er war eigentlich offiziell Singel bzw. frisch verwitwet und somit dachte ich, stünde ihm einer Beziehung mit mir nichts im Weg. Wie sich sehr viel später heraus stellte, war er aber bereits zu diesem Zeitpunkt wieder gebunden. Nur machte er dies wegen des Trauerjahres nicht öffentlich und nutzte die Übergangszeit für zahlreiche Flirts und Affären. U.A. mit mir.

Der Zustand unserer Ehe war damals auch nicht gerade der beste und ich fühlte mich so wie du von meinem Mann schon lange nicht mehr gesehen oder wertgeschätzt. Ich wusste aber, dass er mich noch liebt, nur war diese Liebe und meine Präsenz zu Hause für ihn wohl zu selbstverständlich geworden. Ich fühlte mich daher manchmal eher wie ein liebgewonnenes Möbelstück und nicht wie eine begehrenswerte Frau.

Als mein AM mich dann sitzen ließ, brach ich sehr schnell zusammen. Mein Mann nutzte dies und holte mich zurück. Aufgrund einer schweren Depression und tief verletzt durch den Rückzug meines AM war ich nicht in der Lage, den Kampf um ein neues, unabhängiges Leben aufzunehmen. Auch war ich beruflich in einer prekären Situation, hatte gerade erst eine Halbtagsstelle nach der langen Familienpause ergattern können und befand mich noch in der Probezeit. Ich verdiente den Mindestlohn und davon konnte ich nicht alleine leben. Meine Kinder waren im Haus bei meinem Mann geblieben und so blieb mir nur der freie Fall in die Depression.

Heute sind wir immer noch verheiratet. Ich bin über 60 inzwischen und mein Mann fast 70. Leider ist mein Mann schwer erkrankt an Parkinson und einer begleitenden Demenz. Unsere Kinder sind erwachsen und leben ihr eigenes Leben. Die Liebe und die Selbstverständlichkeit unserer Beziehung konnten wir leider nie wieder vollständig zurück gewinnen. Dafür war meine Affäre zu schwerwiegend. Aber uns verbindet eine tiefe Freundschaft und fast 40 Jahre gemeinsames Leben ebenso, wie unsere gemeinsame Familie. Mein Mann braucht mich inzwischen für seinen Alltag und um weiter meinen Beruf ausüben zu können, geht er in eine Tagespflege und wird in den Abendstunden oder am Wochenende von einer Betreuerin oder unserer Tochter versorgt. Ich arbeite als Pflegekraft im Schichtdienst.

Die Liebe ist wie gesagt nie wieder in der Form zurück gekehrt, wie wir sie vor der Affäre erleben durften. Aber inzwischen bezweifele ich, ob das überhaupt irgend jemandem gelingen kann, ein ganzes Leben lang in Liebe zusammen zu bleiben. Ich habe viel Kontakt mit Senioren, die mir oft auch intime Dinge aus ihren Ehen erzählen. Alle reden sehr liebevoll von ihren oftmals schon verstorbenen Partnern. Alle aber geben unumwunden zu, dass dies zu Lebzeiten nicht immer so einfach war und sie ihren Partner häufig erst nach dessen Tod wieder zu schätzen gewusst haben. Daher glaube ich diese Illusion der ewigen Liebe und Romantik ist nicht zielführend. Auch glaube ich nicht mehr daran, dass Glück ein Dauerzustand sein kann. Ich bin eigentlich ganz zufrieden mit unserer Situation, so wie sie jetzt ist. Auch wenn ich meinem Mann natürlich wünschen würde, seinen Lebensabend gesund zu verbringen. Aber auch Gesundheit ist wohl leider nichts, was man ewig haben kann. Gesund ist jedenfalls noch nie jemand gestorben.

Insofern noch einmal meinen Respekt für deinen Weg. Er war für dich bestimmt der richtige. Bitte verzeih mir aber, wenn ich behaupte, dass mein Weg für uns genau so richtig war und ist. Wir haben uns jedenfalls damals dazu entschieden auf Basis der Situation wie sie eben war und nach bestem Wissen und Gewissen. Richtig oder falsch ist in diesem Zusammenhang sicher nicht so einfach zu beurteilen. Ich wünsche dir und deinen Kindern auf jeden Fall für die Zukunft alles erdenklich gute!

Liebe Grüße
Shedia

03.05.2024 10:59 • x 5 #14


Aurelin
@Philinea
ich kann Dich vollständig verstehen.
ich war für eine Frau in vergleichbarer Situation der Absprungmann, und wir hatten zwar mehr eine emotionale Affäre mit Sinnlichkeit, bis sie dann den Ab- und Seitensprung mit einem anderen fortsetzte, aber mir erscheint die Dynamik relativ klar.

Was Du beschreibst ist eigentlich eine stille emotionale Entfremdung. Für gar nicht wenige Menschen zählen die Taten mehr als die Gefühle, die ihnen zugrunde liegen, und für erstaunlich viele Menschen funktioniert das auch, aber für sehr viele eben auch nicht, und Taten im Konjunktiv zu vermessen, oder moralische Urteile helfen dann eben auch nicht, wenn es um Gefühle geht. Für Gefühle helfen Urteile leider gar nicht. Weder lassen sie sich steuern dadurch und auch nur sehr bedingt verstehen, aber schon gar nicht erklären.
Zu einer Entfremdung gehören zwei Menschen, die einander sehr nahe waren und sehr nahe sein wollten, aber es nicht geschafft haben. Einfach nicht geschafft haben? Nein. Nicht einfach. Alles andere als einfach.
und ich sehe es auf dieser Ebene als Geschehen mit vielen Faktoren.
Kaum einer möchte irgendjemanden wirklich verletzen, also schweigt man lieber.
Und kaum einer möchte 'Liebe' einfordern. Wie soll das auch funktionieren? He Du, lieb mich mal bitteschön? Nein.
also schweigt man lieber.
Schon gar keiner möchte verletzt werden, dadurch dass man sein Empfinden nicht versteht oder gar verurteilt. von daraus resultierenden Taten ganz zu schweigen.
Außerdem denkt man sich und bekommt es auch dauernd gesagt: hab Dich nicht so! stell Dich nicht so an!
und ist der Mensch, den man mal so geliebt hat nicht auch immer noch in dem Menschen drin, mit dem man zusammen ist, und ist der- oder diejenige nicht doch auch irgendwo ein toller Mensch?
also beißt man die Zähne zusammen und schweigt.
und das ist keine einseitige Dynamik, das handhaben beide so. ein Unterschied besteht vielleicht eher darin, dass Männer so erzogen und gedacht werden, dass sie Macher sein sollen. Versorger. Stark. aber aus Schweigen entsteht keine Stärke und aus Wortlosigkeit auch nicht. Als Mann, wenn man Pech hat, glaubt man sich durch tun beweisen zu können und müssen, durch Handeln. Aber das funktioniert für Gefühle nicht.
und jedes Schweigen von jedem der beiden Partner aus irgendwelchen Ängsten heraus ist innerlich ein kleiner Schritt weg von anderen, raus aus der Nähe, rein ins funktionieren.
Schatz, wie war Dein Tag, ein Küßchen, ich hab Stress auf der Arbeit und das jüngste in der Kita.
und keiner will das, keiner hat die Absicht, aber beide entfernen sich immer weiter voneinander - und von sich selbst.
hab Dich nicht so, uns geht es doch gut. Nein! tut es nicht, es geht keinem gut. keiner fühlt sich gesehen und geliebt sondern nur noch benützt! und irgendwann schwindet die Liebe, Stück für Stück, jeden Tag ein wenig mehr, und auch das Ja! das man dem anderen mal versprochen hat, verwandelt sich im sprachlosen Schweigen in ein ungehörtes Nein.
Spielt es wirklich eine Rolle, wer sich zuerst fremdverliebt oder eine Affäre hat? überhaupt nicht. das sind Randgeschehen, die eigentlich nur eines klar, deutlich und für einen selbst endlich hörbar machen: dass das Nein! bereits groß und erwachsen geworden ist und endlich ausziehen will.

und das ist total tragisch. vor allem ist es tragisch für den, der noch mehr Hoffnung hatte, und mitsamt der Hoffnung die Augen verschlossen hat vor der Wirklichkeit. das kann ebenso der Mann sein, wie die Frau, das spielt eigentlich nur eine untergeordnete Rolle. ohne damit jetzt zu negieren oder nicht sehen zu wollen, dass es den Lebensentwurf und damit das Leben des Verlassenen zerstört. das ist so und das ist furchtbar und grausam. ich weiß das, weil ich's genauso erfahren habe, als Mann der verlassen wurde.
aber an der Zerstörung dieses Lebens trage ich genauso meinen Anteil.
weil ich geschwiegen habe.
ich wollte immerhin nicht weh tun. oder Liebe einfordern.
oder verletzt werden.
weil ich schlichtweg Angst hatte, meine Frau, meine Ehe und meine Familie zu verlieren.
So jetzt habe ich das alles verloren. Aber in sieben Jahren habe ich wenigstens eines geschafft. ich kann meine Angst zu mir an den Tisch bitten und ihr in die Augen sehen. und das tut manchmal so weh, dass mir der Lebensmut ausgeht.
Aber ich lebe immer noch, und mein Herz wird immer weiter und freier.
und ich bin mutiger geworden. heute denke ich mir: schweigen? wozu?
ich habe Angst, aber ich bin nicht die Angst. und ganz tief in mir drin bin ich die Liebe. und rundherum halt der, der ich bin. nicht perfekt aber eigentlich ganz okay.
und ich laufe auch nicht mehr weg, selbst wenn manchmal noch ausweiche.
und wenn's drauf ankommt, dann bleib ich stehen. soll's mich halt umblasen oder an die Wand klatschen. ich steh auch wieder auf, mit unbeschadetem Herzen und voller Liebe, und wenn's nur die fürs Leben oder die Liebe ganz allgemein ist.

03.05.2024 11:37 • x 21 #15


A


x 4




Ähnliche Themen

Hits

Antworten

Letzter Beitrag