ich wohne im Wald. na ja, nicht so richtig. Genau genommen wohne ich in der Verlängerung von Weinbergen in Stuttgart, beste Südhanglage, aber vor, hinter und neben meinem Garten mit Häusern ist überall Wald. Von Stuttgart sehe ich eigentlich nur den Fernsehturm und einige Häuser vom Südrand Sillenbuchs, und meine Nachbarschaft besteht eher so aus Rehen, *beep* (jetzt hatte ich Sinnvögel geschrieben!), Waschbären, Eidechsen, Blindschleichen und Waldmäusen. Die mag ich sehr, und den *beep* sei Dank bekommen hier auch die Mäuse was zu essen, weil die Meisen und Rotkelchen ihr Futter sehr großzügig verteilen. Auch Salamander bekomme ich in kühlen und feuchten Nächten häufig zu sehen, und rund um den kleinen Waldsee hier ganz in der Nähe fahre ich morgens gerade Slalom um jede Menge Frösche. Und Bäume natürlich und Sträucher, blühendes Leben, und obgleich ich wünschte ich hätte mehr Zeit und Geld meinen Garten und mein Haus neu zu gestalten fühle ich mich hier sehr wohl und die viele Natur tut mir gut.
ich denke nach wie vor, dass man seine eigentliche Heimat nur in den Herzen anderer Menschen findet, aber an diesem Garten habe ich das Gefühl wurzeln zu können und zu dürfen. es ist klein und ein wenig herunter gekommen, mir selbst vielleicht gar nicht unähnlich - manchmal denke ich, dass mein Garten mein Spiegel sein könnte, aber es ist meins. und an Garten und Haus kann man noch arbeiten, so wie ich an mir.
in meiner Phantasie entwickle ich den Neubau meines Hauses, und vor einigen Monaten wurde mir deutlich, dass ich das für zwei Menschen denken will und muss. Und dieses Projekt wird eine spannende Sache, weil ich das Haus ökologisch sinnvoll und möglichst unauffällig in diese Wildnis hier integrieren will. Na ja… man soll ja nicht aufhören zu träumen.
meinen anderen ganz großen und viel wichtigeren Traum, den eine erfüllte und erfüllende Liebesbeziehung zu führen würde ich begraben, tendierte er nicht dazu, immer wieder neu auszutreiben, wie Efeu oder Brombeeren, aber im Gegensatz zu den Brombeeren glaube ich nicht mehr daran. Anbei… vielleicht spiegeln auch die Brombeeren mein Wesen? jedenfalls habe ich noch nie eine derart resiliente Pflanze beobachten können…
Ja, dieser Garten, dieses Haus, die ganze Natur um mich herum. Das alles demonstriert mir auch das Fließen und die Vergänglichkeit von allem. So wie es sich für mich jetzt darstellt, werde ich kaum wirklich alt werden, wozu auch? ich will nicht als einsamer und verschrobener Grantler enden. ich arbeite in der Pflege und vermutlich werde ich damit so lange weiter machen wie es geht, und wie man mich lässt, und dann werde ich mein Bündel auf einen geländefähigen Rollator packen, und mir einen schönen Platz in den Bergen suchen und solange in die Sonne blinzeln bis das Licht ausgeht, und hey… ich bin schon so‘n Spiri. vielleicht bekomme ich diesen coolen Jedi-Move hin, und disappariere und nur mein Mantel bleibt übrig? und mein Garten und mein Haus, und beides hätte ich dann gerne als einen Ort an dem Menschen und das Leben sich wohl fühlen und geborgen, einen Ort von Schönheit, der einlädt ganz man selbst sein zu dürfen, frei von Zwängen und Konventionen, verpflichtet nur dem Leben und seiner Schönheit.
und wenn ich diese meine Worte so lese, dann denke ich, dass das der Steckbrief eines Spinners sein könnte, aber nevermind: ich bin gut so wie ich bin.