Meine Strategien waren (ich war früher total gehemmt, wenn ich Gruppen etwas sagen sollte) als ich ungefähr in Deinem Alter war, mich bewusst dem zu stellen. Ich hatte ja zu der Zeit schon Panik, wenn ich in einer Runde nur meinen Namen sagen sollte. Also habe ich mir bewusst einen Job gesucht, in dem ich viel vor Gruppen reden, präsentieren, diese anleiten musste. Ich wollte einfach wissen, ob es mir gelingt, eine gewisse Routine und Souveränität zu erlangen. Ergebnis: Ja, das geht.
Heute gehe ich zum Teil vollkommen unvorbereitet in solche Veranstaltungen. Auch ein Rhetorikseminar war hilfreich, weil ich aus diesem mit der Erkenntnis gegangen bin, dass andere meine extreme Aufregung, meine 1000 Ähs und Hmmms gar nichts so extrem wahrnehmen, wie sie mir selber erscheinen.
Hilfreich war immer, mir zu überlegen, was die 5 bis 10 schlimmsten Dinge sein würden, die bei einer Präsentation passieren könnten. Dafür habe ich mir dann Reaktionen meinerseits überlegt und fühlte mich dann gut gewappnet. Wie würde ich reagieren, wenn mir niemand zuhört? Wie würde ich reagieren, wenn alle über einen Versprecher lachen? Wie würde ich reagieren, wenn mir fachlich der Wind entgegen weht? Usw. usw.
Das funktioniert auch im privaten Umfeld. Du überlegst Dir, was das schlimmste ist, was als Reaktion des Angesprochenen passieren könnte und wie Du damit umgehen willst. Er sagt also zum Beispiel: Sorry, ich habe jetzt keine Zeit. Dann sagst Du meinetwegen Okay, wann passt es dir besser?. Oder er guckt Dich an, als hätte er Dich noch nie im Leben gesehen. Dann ignorierst Du das und stellst trotzdem Deine Frage. Überlege Dir zwei bis drei Aufhänger wie Ich habe neulich gehört, dass du Erfahrung in blabla hast. Kannst du mir einen Tipp geben. oder Interessierst du dich auch für Eisstockschießen. Ich dachte, ich hätte Dich neulich da gesehen. Etwas Schlimmeres als ein Nein kann nicht passieren. Aber selbst bei einem Nein, ist das Gespräch gestartet. Denn normalerweise sagen Menschen Dinge wie Nein, aber Tontaubenschießen ist voll mein Ding. und schon läuft es, weil Dich natürlich in dem Moment nichts mehr interessiert als Tontaubenschießen.
Wenn es Dir grundsätzlich schwer fällt, Menschen anzusprechen, dann übe an welchen, die Dir vollkommen egal sind. Irgendwann hast Du ein dickeres Fell.
Ich war neulich auf einer Veranstaltung, auf der ich außer dem schwer beschäftigten Veranstalter niemanden kannte. Ich fühlte mich etwas verloren und so übernahm ich es, ein paar Fotos zu machen und kam so mit den Leuten ins Gespräch. Später stellte ich mich zu zwei Frauen an einen Tisch, die ich vorher fragte, ob ich mich dazu stellen darf. Sie sagte ja, aber sie ignorierten mich. Ich hatte gehofft, dass sich ein Smalltalk ergibt. Aber das war nicht der Fall. Früher hätte ich mir gedacht, ich wäre denen zu verklemmt, zu schüchtern, zu uninteressant oder würde stören. Heute denke ich mir Wer nicht will, der hat schon! Ich bin hier genau so Gast wie die. Sie hätten ja auch sagen können, dass sie allein bleiben wollen.
Übung macht den Meister.