Hallo liebe Community,
vor ein paar Tagen bin ich auf dieses Forum gestoßen und lese seitdem in diversen Threads. Da ich dadurch schon so viele positive Denkanstöße gewonnen habe, möchte ich mich mit meiner Geschichte um Hilfe bittend an euch wenden. Die Situation ist sehr verzwickt, weshalb der Text länger werden wird.
Seit meiner Trennung Ende Oktober letzten Jahres habe ich sehr viel Selbstreflektion betrieben und arbeite stark an mir. Aktuell beschäftige ich mich u.a. mit dem Buch Das Kind in dir muss Heimat finden und werde Ende des Jahres, wenn ich wieder arbeiten gehe und mein Kind einen KITA-Platz hat, auch psychologische Hilfe in Anspruch nehmen.
Ich habe bisher so viel erkannt, dass ich starke Probleme habe, meine Grenzen zu definieren. Da mir dies fehlt, kann ich auch nicht für diese einstehen und war bisher extrem selbstzurücknehmend und konfliktscheu. Ich habe das starke Bedürfnis von allein gemocht zu werden und zudem einen kompletten Helferkomplex. Nach außen hin trage ich die Maske der selbstständigen, starken und taffen Frau, die ihr Leben vorbildlich meistert. Für manche Menschen zähle ich sogar zu den stärksten Menschen die sie kennen. Diverse Kindheitserfahrungen konnte ich diesem Verhaltensmuster bereits zuordnen.
Als Teenager habe ich meinen heutigen Ehemann online kennen gelernt. Wir haben extrem viel miteinander geschrieben, irgendwann Fotos ausgetauscht, telefoniert und uns getroffen. Als ich 16 und er 22 Jahre alt war sind wir dann zusammengekommen. Wir zogen zusammen und heirateten 8 Jahre später 2017.
Er hatte eine schreckliche Kindheit und daraus resultierend überhaupt kein Selbstwertgefühl. Sein Vater ist Alk., seine Mutter hat sich immer vor ihren Mann gestellt, damit er nicht abstürze und um die Familie zusammen zu halten. Handgreiflichkeiten gegenüber der Mutter sollen vorgekommen sein, bis mein Ehemann sich als Jugendlicher vor sie stellte. Psychisch wurden und werden sowohl die Mutter als auch die Kinder und nun auch die Enkelkinder von ihm misshandelt. Die Mutter stellt sich jedoch auch heute noch komplett schützend vor ihn und ist absolut coabhängig. Sie nimmt ihn permanent in Schutz, alles dreht sich nur um ihn.
Um eines vorweg zu erwähnen: Mein Mann ist mir gegenüber NIE handgreiflich oder laut geworden. Auch trinkt er gar keinen Alk. oder konsumiert andere Dro.. Er ist ein sehr verletzlicher Mann, der Konflikten drastisch aus dem Weg geht. Er zieht sich ständig zurück und hat keine Freunde oder Vertraute, außer den Ehemann seiner Schwester. Ihm fehlt jegliches Urvertrauen und er ist durch ständiges Misstrauen geprägt. Er hatte Probleme eine Ausbildung zu finden, später dann einen Job. Startschwierigkeiten gab es beruflich regelmäßig. Er hat ständig Probleme, etwas selbstständig zu meistern. Ich ging also immer vorweg. War immer die Starke. Half ihm wo ich nur konnte und versuchte, dass er nach der schrecklichen Kindheit nun eine glückliche und heilende Gegenwart vorfand. Wie ich mich dabei selbst verleugnete, werde ich im Folgenden noch schildern.
Im August dieses Jahrs ist unser erstes Kind auf die Welt gekommen. Der Kleine ist ein absolutes Wunschbaby. Wir lieben ihn abgöttisch und er kümmert sich extrem liebevoll um unseren Sohn. Bis kurz nach der Geburt dachte ich auch, wir würden eine glückliche Beziehung führen, bis ich dann ganz klischeemäßig aufwachte.
Kurz nach der Entlassung aus dem Krankenhaus wegen der Geburt ging es mir gar nicht gut. Meine Hebamme schickte mich zurück in die Klinik, wo eine Gebärmutterentzündung festgestellt wurde, die sofort stationär behandelt werden musste. Unser Baby war 6 Tage alt und zur Untersuchung ließ ich es bei meinen sehr liebevollen und fürsorglichen Eltern, die wegen der Geburt zu Besuch waren (beruflich habe ich knapp 600km weit vom Heimatort entfernt meine Wahlheimat gefunden). Gegen 20.00 Uhr stellte sich heraus, dass ich im Krankenhaus bleiben müsse. Ich flehte meinen Mann an, dass er mit unserem Baby so früh wie möglich zu mir käme, da der Kleine seine Mutter bräuchte und ich ihn auch stillte. Damit es für meinen Mann nicht zu stressig werden würde, äußerte ich den Wunsch, dass er bitte gegen 8.00 Uhr in der Klinik sein solle. Ich heulte mir die Augen aus dem Körper, schlief die ganze Nacht nicht und tigerte ab 4.00 Uhr morgens auf den Fluren der Station umher. Da wir vorher ein Familienzimmer hatten, wusste er, dass ab 6.00 Uhr auf der Station Betrieb sei. Ab 9.30 Uhr reagierte er auf meine WhatsApps. Gegen 11.30 Uhr kam er mit unserem Baby, um das sich ausschließlich meine Mutter gekümmert hat, endlich. Für ihn waren die letzten Tage schließlich auch anstrengend, er wollte auch mal wieder ausschlafen und in ruhe frühstücken.
Ich musste noch weitere 4 Tage auf der Station bleiben, bei denen ich aber mein Baby bei mir behalten durfte. Da ich es ja stillte und die Mutter-Kind-Bindung so wichtig ist, ermöglichten die ganz lieben Schwestern uns beiden ein Einzelzimmer auf der Station und kümmerten sich trotz totaler Unterbesetzung rührend um uns. Im Gegensatz zu meinem Mann. Dieser wollte am liebsten gegen 12.00 Uhr zum Besuch kommen, um gegen 16.00 Uhr wieder gehen zu können. Obwohl jeden Tag erneut eine weitere Ausschabung im Raum stand und ich zu diversen Untersuchungen musste. Anstelle mich zu trösten, als ich heulend auf dem Bett saß, studierte er am Tisch die Orangensaftflasche ob sie zum Wegschmeißen sei oder noch Pfand ergebe. Ich musste ihn 2 Stunden lang anbetteln, mir eine Brezel aus der Kantine zu holen, weil er sie lieber im LIDL besorgen wolle da sei sie 10ct günstiger. Der LIDL war jedoch recht weit entfernt und ich hing am Tropfer und hätte deshalb unser Baby nicht alleine zum Stillen anlegen können. So zog sich dann der ganze Klinikaufenthalt dahin. Seine Bedürfnisse standen dabei immer im Vordergrund. Einmal warf er mir sogar vor, ich habe mir eine Kliniktasche packen müssen obwohl sogar das meine Mutter zum größten Teil für ihn übernahm!
Und in diesen einsamen Kliniknächten bin ich sprichwörtlich aufgewacht und habe erst dort erkannt, wie gebend (ich) und nehmend (er) unsere Beziehung die letzten 10 Jahre eigentlich war. Wenn er noch nicht einmal in der Lage war, nach der Geburt unseres Babys für mich, die mit einer beginnenden Sepsis (damals war es das Kindsbettfieber) auf Station lag, da zu sein. Wenn 10ct mehr wert waren, als mich und das Baby weitere dreißig Minuten lang zu unterstützen (die Zeit hätte er bis zum LIDL und zurück gebraucht).
Zu Hause habe ich sehr oft mit ihm dann das Gespräch gesucht. Ihm mitgeteilt, wie sehr mich sein Verhalten in der Klinik verletzt hat. Für mich erkannt, was in den Jahren zuvor alles schieflief und was in den Jahren vorher auch immer wieder Konfliktpunkt war, jedoch nach kurzer Zeit der Besserung direkt nach einem Streit sofort mit aller Kraft zurück zum Alltag kam.
Alles auszuführen wäre zu lang. Nur ein paar Beispiele:
- Er ist total technikbegeistert. Irgendwann hatte er Überwachungskameras bestellt und war total von denen begeistert. Erst wurden die nur nach außen ausgerichtet. Auf den Parkplatz wo sein Auto stand. Auf die Haustür ect. Da ihm seine Eltern als Kind oft nichts vergönnten, habe ich das akzeptiert. Ich wollte ihm dieses Hobby nicht kaputt machen. Schlussendlich hatten wir auch im Wohnzimmer und in der Küche, zeitweilen sogar im Schlafzimmer, diese Überwachungskameras, auf die nur er Zugriff hatte.
- Da ich weitaus mehr verdiene als er, er jedoch während meines Studiums finanziell für mich ein halbes Jahr lang aufkam, habe ich den größten Teil der Alltagskosten der letzten Jahre bezahlt. Miete vollständig. Lebensmittel so gut wie vollständig. Selten zahlte er auch mal einen Einkauf. Vor Restaurantbesuchen musste ich ihm das Geld Bar geben, da Restaurantbesuche ja ein nur von mir gewollter Luxus seien. Genau wie mit Urlauben, die ich vollständig selber trug. Strom und Heizöl sowie Internet zahlte er. Da mir aber ständig kalt ist und ich sein ganzes Heizöl verschleuderte, gab es computergesteuerte Regler an den Heizkörpern, die er vom PC aus regulierte. Ich habe das als sein Technikhobby angesehen und da mein Kälteempfinden wirklich nicht normal ist, sah ich ihn auch hierbei im Recht. Immerhin wolle er das damit eingesparte Geld ja für unsere Zukunft sparen. Grundsätzlich zahlte ich beinahe alles, damit er für unsere Zukunft sparen konnte. Während mein Konto immer auf null zum Monatsende lief, prahlte er einmal damit, dass er locker 400 Euro im Monat weglegen könne. Ich hatte jedoch gar keine Ersparnisse.
- Ich sollte mich in seiner Gegenwart aufreizend anziehen, während er genaustens selektierte, welche Kleidungsstücke auf Arbeit und für die Zeit ohne ihn angemessen waren. Zeigte ich ihm nach dem Einkaufen stolz ein neues Tope oder einen neuen BH, kam es öfters vor, dass er diese aufgrund einer Zierspitze oder allein schon aufgrund der Farbe als zu ero. für die Arbeit einstufte und mir nahe legte, diese Kleidung nur in seinem Beisein zu tragen. Da ihm das so viel bedeutete und mir ja eeeeeigentlich (das Problem meine eigenen Grenzen zu definieren) nicht so wichtig war, bin ich sogar da rauf eingegangen. Schlussendlich bestimmte er sogar indirekt, wie ich meine Haare trug etc.
- In den 10 Jahren Beziehung durfte ich lediglich 3x einen Film aussuchen, den wir gemeinsam anschauten, was er mir monatelang noch nachhielt.
- Aktivitäten mit mir waren Zeitverschwendung, sofern sie nicht auf der Couch vor dem Fernseher stattfanden. Weihnachtsmarktbesuche, Kunsthandwerksmärkte, Theaterbesuche ect. waren Geldrausschmeißerei und reinste Zeitverschwendung, das zwanzigste Mal Star Wars gucken war jedoch toll.
- Da er im Haushalt rein gar nichts auf die Reihe bekam, gehörte zu meinem Aufgabenbereich alles. Einkaufen, Haushalt, Garten, Wertstoffhof, Mülltonne, Kochen. Seine einzige Aufgabe bestand darin, den sauberen Geschirrspüler leer zu räumen, was ich ihm auch oft abnahm. Legitimiert wurde das damit, dass er zu seiner Arbeitsstelle je 40 Minuten hin und 40 Minuten zurückmusste. Ich zu meiner nur 10 Minuten. Und dass ich eine Stunde die Woche (39) weniger als er arbeitete. Somit hatte ich ja viel mehr Zeit, das alles zu erledigen. Selbst hochschwanger mähte ich noch die 2.000m2 Garten, weil er es seit über einem Jahr nicht schaffte, den Rasenmäherroboter zu verlegen. Als mir in der Anfangszeit der Schwangerschaft übel war und ich zwei Wochen lang mit starken Kreislaufproblemen nur auf der Couch oder im Bett lag, war das für ihn ganz toll. Er hatte nun eine Legitimation gefunden GAR nichts mehr im Haushalt zu machen, da ich ja schließlich auch nur auf der Couch liegen würde.
Wenn mein Vater zu Besuch kam, ein gelernter Maurer der schon so viele Häuser gebaut hat, habe ich ihn um die handwerklichen Tätigkeiten im Haus gebeten. Mein Mann hat ihn dabei komplett kontrolliert, das Werkzeug weg gesperrt, wenn er arbeiten oder an den PC ging, damit mein Vater ohne seine Kontrolle keine Gelegenheit hatte, weiter zu arbeiten und hat sich dann noch ständig über ihn lustig gemacht. Mein Vater ist schwer Nierenkrank und mein junger Ehemann hat zugesehen, wie er im Hochsommer das Rasenmäherkabel auf einem Grund von 2.000m2 mit der Spitzhacke eingegraben hat, um sich dann ständig darüber lustig zu machen, dass der Rasen an manchen Stellen nicht anständig genug gekittet sei. Er hat sich ständig über alle emporgehoben, nicht nur über meinen Vater, sondern auch über mich. Er hat nie was auf die Reihe bekommen und an unserer Arbeit nur gemeckert, wie viel besser er das hätte hinbekommen.
Es gäbe noch so viele Beispiele, aber diese müssen erst einmal reichen. Immerhin bin ich bereits auf der dritten A4-Seite angekommen und wir befinden uns immer noch bei der Vorgeschichte.
Ich habe nach den Enttäuschungen im Krankenhaus, unser Baby war 2 Wochen alt, ganz offen und oft mit meinem Mann geredet. Was mich verletzte, wie ich mir eine Lösung vorstelle etc. Es wurde einfach nicht besser. Er hat es nicht einmal eingesehen. Mir gegenüber brachte er immer weniger Wertschätzung entgegen. Alles gipfelte dann Ende Oktober, als unser Baby ca. 9 Wochen alt war. Ich hatte Namenstag, ein Fest, dass bei mir in der Familie gleichrangig wie der Geburtstag gefeiert wird. Nach 10 Jahren wusste das mein Mann auch. Meine Mutter erinnerte ihn tage vorher daran, wenigstens einen kleinen Blumenstrauß zu besorgen. Am Tag des Namenstags hat sie mich dann angerufen und mit mir telefoniert. Mich gratuliert, während er neben mir stand. Und er hat es nicht einmal eingesehen, mich auch zu gratulieren. Von der Haustür aus dem Nebenzimmer rief er mir gegen Mittag dann nur ein gedrücktes Ach von mir auch alles Gute! zu. Das wars. Nicht mal umarmt oder in die Augen hat er mir dabei gesehen. Er konnte sich hier nicht einmal rausreden, er habe es vergessen oder hatte keine Möglichkeit ein Geschenk zu besorgen. Wie bei den Hochzeitstagen. Er bekam zum letzten Hochzeitstag einen Wienurlaub von mir, bei dem er nur vor dem Tablet saß und Netflix schaute .
Wir wurde bewusst, dass ich so eine Zukunft für mein Baby nicht haben wollte. Eine Zukunft, die sich nur um das Wohlergehen des Vaters dreht. Wo das Geld mehr als alles andere wert habe. Ich wollte meinem Sohn keine Beziehung vorleben, die aus ständiger Aufopferung der Mutter bestand, die nur aus einseitigem Geben und einseitigem Nehmen bestand. Eine Zukunft, wo der Vater der Mutter nicht einmal zum Namenstag gratulieren kann. Ich wollte nicht, dass mein Sohn in so einer toxischen Beziehung heranwachsen muss.
Noch an meinem Namenstag forderte ich dann eine Beziehungspause. Ich habe mich so geekelt, mich von meinem Mann anfassen zu lassen oder ihn gar küssten zu müssen. Auch bat ich ihn, in seinem Zimmer zu schlafen und nicht mehr im gemeinsamen Bett.
Ein paar Tage später stand er nachts an meinem Bett und teilte mir mit, er habe mit meiner Hausärztin, die zugleich auch Psychotherapeutin ist, gesprochen und dass sie mich morgen anrufen würde. (Ich hatte anfangs Probleme, mich als Mutter zu definieren. Ich habe unser Baby sofort geliebt, aber ich brauchte einige Zeit, um zu verstehen, dass ich jetzt eine Mutter war. Anders wie damals, als ich mich sofort nach der Hochzeit als Ehefrau definiere konnte. Und das habe ich ihm anvertraut.) Er hat dann zu der Ärztin gesagt, ich könne unser Baby nicht lieben, würde keine Muttergefühle haben und er habe Angst um uns beide. Daraufhin habe ich mich von ihm getrennt und bin zu der Untersuchung gegangen, die mir die Ärztin am Telefon vorgeschlagen hat und es hat sich bestätigt, dass ich unter keiner Wochenbettdepression leide. Anschließend war ich noch bei einer Erziehungsberatung, die vom Jugendamt getragen wird, um mit dem dortigen Psychologen die Gründe der Trennung durch zu sprechen, da ich zu dem Zeitpunkt wegen seinem Gespräch mit meiner Ärztin extreme Angst hatte, mein Mann wolle mir mein Kind wegnehmen. Diesbezüglich habe ich mich dann auch von einer Anwältin beraten lassen, die mir diese Angst nahm.
Während der Beziehungspause hat mein Mann einen Termin bei einer Eheberatung ausgemacht, den ich ihm zuliebe auch wahrnahm. Der Termin fand nach der endgültigen Trennung statt und ich habe bei dem Termin auch ausgesprochen, dass ich nicht an der Rettung der Ehe interessiert sei, sondern nur daran, dass er durch die Selbstreflektion während solchen Gesprächen erkennt, dass er seine Kindheit unbedingt aufarbeiten müsse. Die Eheberaterin hat daraufhin gleich erwähnt, dass es sich nun um eine Trennungstherapie handele. Während dem ersten Termin, einer gemeinsamen Sitzung, habe ich mich mit den Gründen der Trennung vor der Beraterin sehr zurück gehalten. Ich habe keinen Sinn gesehen, ihn vor ihr nochmals über die Gründe aufzuklären, die ich ihm bei unseren Gesprächen zu Hause doch so oft mitgeteilt hatte. Ich fand diese Schuldzuweisungen vor einer dritten Person grotesk und wollte den Termin so anständig wie möglich hinter mich bringen. Nach diesem Termin war ich sehr enttäuscht. Mein Mann war das arme Opfer, klein und zusammengekauert, den Tränen nahe und maßlos enttäuscht von seiner gefühlskalten Ehefrau, die ihn so unverhofft nach der Geburt des gemeinsamen Kindes verlässt. Die Therapeutin sagte mir, für ihn würde alles zu schnell gehen, ich sei ihm eine langsame Trennung schuldig und sie verstehe nicht, warum ich mit ihm überhaupt ein Kind gezeugt habe. Deshalb bin ich noch zu der Einzelsitzung zu ihr und habe ihr die Gründe der Trennung dargelegt. Sie war dann sehr verständnisvoll. Auch mein Mann nahm eine Woche später seinen Einzeltermin bei ihr war. Und hier fängt jetzt mein Problem an:
Nach dem Termin hat er wohl realisiert, dass unsere Ehe wirklich gescheitert ist. Er machte mir starke Vorwürfe, zerfiel komplett in Selbstmitleid und schließlich stand Suizid im Raum. Er drohte nie wörtlich damit, dass wenn ich ihn verlasse, er sich das Leben nehmen würde. Aber er stand mitten in der Nacht an meinem Bett (wir wohnen noch im gemeinsamen Mietshaus, haben aber Tisch und Bett getrennt, da ich trotz intensiver Suche bisher noch keine Wohnung gefunden habe) und wollte das Versprechen, dass ich seinen Eltern regelmäßig Fotos vom Baby schicke, falls ihm etwas passieren sollte. Oder er meldete seine Katzen an denen er sehr hängt, zur Vermittlung im Tierheim an (sie sollten bis zur Vermittlung bei uns wohnen bleiben). Er hatte einen anwaltlichen Beratungstermin, um seinen Nachlass im Falle eines Ablebens zu regeln (er wollte erreichen, dass sämtliches von ihm angespartes Geld bei einem Anwalt hinterlegt werde, damit es unser Baby zu seinem 18. Geburtstag erhalten würde, damit ich dieses gemeinsam gesparte Geld nicht für so einen Luxus wie Familienurlaub etc. ausgeben könne - gestand er mir in einem Streit). Er schrieb mir ständig über Telegramm Nachrichten, dass ich ihn bald los sei, einen besseren Vater für das Baby finden würde etc., die sich nach dem Lesen binnen 30 Sekunden von selber löschten. Er plante nur noch bis Weihnachten. Nach Weihnachten habe er nichts mehr zu planen. So ging es den ganzen Dezember über. Ich habe währenddessen mit der Suizidprävention telefoniert, mich seiner Schwester und ihrem Mann zu dem er ein sehr gutes Verhältnis hat, anvertraut, mit einer Aufnahmeärztin der psychologischen Klinik vor Ort und mit der Trennungstherapeutin gesprochen. Alle außer seiner Familie meinten, ich könne gar nichts tun, so lang es nicht von ihm aus ginge. Ich versuchte ihn ständig zu überzeugen, mit mir in eine Klinik oder zu einem Arzt zu fahren, war selber psychisch komplett am Ende, weil ich nicht wusste, ob er am nächsten Morgen noch aufwachen würde, ob er von der Arbeit käme oder vorher gegen einen Baum fahren würde etc. Das hat mich total zermalmt. Seine Bedingung für den nicht sofortigen Suizid war auch, dass ich mit niemandem darüber reden dürfte, woran ich mich aber nicht halten konnte, da ich darunter selber so sehr litt. Ich bin überzeugt, dass er wirklich mit den Gedanken spielte, aber dann gab es auch so Situationen, dass er umarmt werden wollte, was ich verneinte und er dann antwortete: Ich war ja bis eben kurz davor, in eine Therapie zu gehen. Aber wenn dir meine Rettung nicht einmal eine Umarmung wert ist, sehe ich darin keinen Sinn mehr. Das waren exakt seine Worte. Mit mir würde es ihm ja gut gehen, ich sei für sein Glück verantwortlich (so wie seine Mutter für das seines Vaters) und meine Vorstellungen von einer glücklichen und ausgewogenen Beziehung seien utopisch. Das ein Abhängigkeitsverhältnis in einer Partnerschaft da ist, sei völlig normal, da Liebe immer Abhängigkeit bedeute. Seine Familie, die einzigen mit denen er darüber redet, sehen das genauso. Ich als Frau und starke Person in der Beziehung muss dafür sorgen, dass es ihm gut gehe. Seine Therapeutin spielen.
Anfang Januar nahmen wir noch den letzten Termin bei der Trennungstherapeutin war. Neben seiner Forderung, einen detaillierten Bericht meiner Freizeit oder meinen Haushaltsaktivitäten zu bekommen, wenn er deshalb auf das gemeinsame Baby auspasste, wurden auch die Suizidankündigungen besprochen. Die Beraterin sprach eine Weile mit ihm alleine, sagte aber vor uns beiden, dass es meine Pflicht sei, den Notarzt zu rufen, wenn dieses Thema noch einmal im Raum stünde und die Verantwortung auf diesen zu übertragen. Seitdem war die Situation mit ihm viel besser. Beinahe normal. Wir redeten anständig über die Angelegenheiten des Babys und gingen auch zwei Mal mit dem Kleinen in die Therme zum Baden. Ich dachte echt, dass wir jetzt über den Berg wären.
Nun war ich 2 Wochen mit unserem Baby bei meiner Familie zu Besuch. Da kam noch mal eine Nachricht von ihm, warum er immer noch hoffe, dass zwischen uns wieder alles gut werden würde. Darauf teilte ich ihm nochmals mit, dass es für uns als Ehepaar keine gemeinsame Zukunft geben wird. Er bedankte sich für meine Antwort. Dann erfuhr ich, dass er angeblich wegen Durchfall eine Woche nicht zur Arbeit gegangen war. Wenn ich mit unserem Sohn und ihm Facechat gemacht habe und der Kleine nicht ständig auf ihn schaute oder mit ihm lachte, sondern woanders hinblickte, sagte er ständig so etwas wie: Ja, der interessiert sich eher für das Handy, als für mich., Er hat auch keine Lust mehr auf meine Gesellschaft. oder Er beschäftigt sich lieber mit etwas anderem als mit mir. Immer mit so einem künstlichen Lachen hinter her, was die Aussage als Witz tarnen sollte. Ich sagte ihm sofort, dass ich es nicht akzeptiere, dass er dem Kleinen jetzt bereits seine Depression als Schuldzuweisung zuspiele und verabschiedete mich aus dem Facechat. Als ich gestern nach Hause kam, erfuhr ich, dass er seine Katzen nach der Nachricht von mir, es gäbe keine gemeinsame Zukunft, endgültig ins Tierheim gebracht hat. Hier muss noch erwähnt werden, dass die Katzen, an denen er sehr hing, seit Jahren ein großer Streitpunkt bei uns waren. Er hat sie seit Jahren in einem 15m2 großen Zimmer, seinem Katzenzimmer, eingesperrt, weil sie im Haus nicht frei rumlaufen durften sie hätten etwas kaputt machen können und auch keine Freigänger sein durften sie hätten ja überfahren werden können. Alle Jubeljahre durften sie abends bei uns im Wohnzimmer während des Fernsehens mit auf der Couch sitzen. Ich empfand dieses Einsperren als Tierquälerei und wir stritten uns regelmäßig darüber. Er machte dabei jedoch immer sofort dicht und spielte meine Ansichten als Übertreibung herunter bzw. tat meine Einwände immer sehr herablassend ab.
Meint ihr, dass er jetzt wieder suizidgefährdet ist, da er seine innig geliebten Katzen abgeben hat und wieder anfängt, solche komischen Sätze zu sagen? Kann ich unser Baby überhaupt noch unbeaufsichtigt bei ihm lassen oder ist das viel zu gefährlich?
Aktuell stellt sich mir eine Wohnung in Aussicht. Aber ich habe unendliche Angst vor dem möglichen Auszug. Davor, dass er dann komplett durchdreht. Wie würde ich meinem Sohn erklären, dass sich sein Vater umgebracht hat, weil ich ihn verlassen habe?
Auch bin ich noch nicht so weit, dass ich klar sagen kann, dass ich für unseren Sohn von ihm Unterhalt haben möchte. Ich weiß was er verdient und wenn er Unterhalt zahlen würde, könne er das Mietshaus nicht mehr bezahlen, was er aber unbedingt halten möchte. Ich habe nun Angst, dass wenn ich den Unterhalt fordere, ihm auch noch sein zu Hause wegnehme, da ich so wie so schon ein ganz schlechtes Gewissen habe, ihm seine kleine glückliche Familie weg zu nehmen, in dem ich mit dem Kleinen gehe. Jemand meinte zu mir, unser kleiner Sohn wurde mir geschickt, damit ich endlich die Kraft finde mich aus dieser ungesunden Beziehung zu lösen. So würde ich es nicht ausdrücken, da mir diese Aussage meinem Sohn zu viel Verantwortung auf bürgt. Aber ich glaube auch, dass ich ohne ihn und nur für mich meinen Mann niemals verlassen hätte. Und noch jetzt erwische ich mich dabei, dass ich die Trennung von ihm als überaus egoistisch meinerseits betrachte. Hättet ihr genauso entschieden?
Einige meiner Vertrauten meinen, er sei ein Narzisst. Ich tue mich mit dieser Behauptung sehr schwer, da ich ihn sehr oft als gebrochenen Mann und unglückliches Kind erlebe. Was meint ihr dazu?
Mittlerweile bin ich am Ende meiner sechsten DinA4-Seite angekommen. Ich weiß nicht, ob sich jemand die Zeit nimmt, dies hier zu lesen. Aber es hat bereits gutgetan, sich noch einmal alles von der Seele zu schreiben. Dennoch hoffe ich auf einen Austausch mit euch und auf ebenso gute Denkanstöße, wie ich sie bereits hier unter einigen Threads gefunden habe.
Hoffentlich kann ich nun endlich schlafen. Die letzte Nacht drehte sich wieder alles in meinem Hirn nur um die Angst vor einem möglichen Suizid seinerseits.
Liebe Grüße und vielen Dank!
29.02.2020 02:49 •
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