Lieber Donald,
du sprichst mir sooo aus der Seele. Wenn Du Daisy wärst würde ich Dich sofort heiraten, ungeachtet Deiner eventuell vorhandenen Glatze und Deines eventuell vorhandenen Bauches;-)
Ich habe tatsächlich vor Monaten eine Frau kennengelernt, die wie wir Dinge hinterfragt und gesellschaftliche Zusammenhänge erkennt. Aber auch sie kann sich nicht so einfach von dem Druck, der auf ihr als Frau liegt, lösen. Wir werden wohl damit leben müssen, daß die Menschen bei uns so sind wie sie von den äußeren Einflüssen geschaffen wurden. Ich finde diese Entwicklung, nach all den positiven Impulsen der 60er und 70er Jahre, sehr sehr schade. Aber gerade diese Zeit, in der die feministische Weltanschauung ihren Höhepunkt hatte, hat uns getäuscht. Unbewußt, in ehrlicher, aufklärender Absicht, aber trotzdem fatal. Den Frauen wurde suggeriert, daß sie ihr Heil im Kampf gegen das Männliche suchen sollen, den Männern, daß sie einfach nur Schweine sind. Auch ich glaubte, trotz anerzogen kritischer Sichtweise, an die Notwendigkeit der Befreiung der Frau. Ein Blick auf unsere heutige Situation zeigt aber, daß sowohl die Frauen als auch die Männer völlig überfordert sind in ihrer ihnen von den Feministen zugedachten Rolle und daß statt Befreiung eher eine Versklavung durch völlig imaginäre Ansprüche erreicht wurde. Sicherlich war die Gleichberechtigung der Frauen schon lange überfällig, aber sie schoß weit über das Ziel hinaus in ihrem Anspruch an die Gleichmacherei der Geschlechter.
Alice Schwarzer und co tragen für diese Entwicklung die Hauptverantwortung, denn sie haben den Grundstein gelegt für Unsicherheit, Verständnislosigkeit und Kampf zwischen den Geschlechtern, mal ganz abgesehen von der Förderung des überall anzutreffenden gesellschaftlich schädlichen Egoismus der Frauen, und als Gegenreaktion auch dem der Männer heutzutage.
Sie sind fast verstummt, die Stimmen des Feminismus, weil sie ein schlechtes Gewissen zu haben. Mit Recht wie ich meine. Der Gedanke war edel, die Ausführung war zu radikal und zu schnell und wurde der langsamen geistigen Entwicklung der Menschen nicht gerecht. Es wird noch viele Jahre dauern, bis die Emanzipation, auch durch die Versäumnisse der vergangenen Jahrhunderte seitens der Männer, soweit sein kann, wirklich begriffen, akzeptiert, gelebt werden zu können.
Die Altlasten sind einfach zu groß um in einer einzigen Generation weggewischt werden zu können.
Ich denke, wir kommen da nur raus indem wir radikale Änderungen an unserem Denken vornehmen. Wir müssen akzeptieren, daß Männer und Frauen sehr unterschiedlich sind und daß wir gemeinsam daran arbeiten müssen, um glücklich werden zu können. Miteinander statt gegeneinander. Energien bündeln statt sie gegeneinander zu verwenden.
Wir Männer sollten durch Mut, verantwortliche Taten und Konsequenz den Frauen die Ängste und Unsicherheiten nehmen, und die Frauen sollten es zulassen, daß Mann ihnen hilft, und nicht zwanghaft ihr künstlich erschaffenes Selbstbewußtsein, das oft in Selbstschutz und Verhärtung endet, in den Himmel heben.
Leider sind wir durch mangelhafte Erziehung und mangels Persönlichkeit oft nicht mehr fähig zur Konsequenz. Daran müssen wir arbeiten. Und wer damit Schwierigkeiten hat sollte lernen, seine Gefühle, die ihn immer wieder zur Inkosequenz treiben, zu kontrollieren. Und wer glaubt, daß man Gefühle nicht steuern kann sollte sich eines Besseren belehren lassen.
Bei allem Denken, daß man selbst angeblich über sein Leben planerisch bestimmen kann und muß, bleibt die Frage, warum Gefühle ganz anders, unkritisch und selbstverständlich, als völlig unvorhersehbar, unbestimmbar betrachtet werden. Das ist ein Widerspruch. Die Natur hat uns bisher die Fähigkeit gegeben, uns zu schützen vor der Gefahr. Wenn uns Gefühle in Gefahr bringen dürfen diese nicht einfach hingenommen, sondern sollten reflektiert, den offensichtlichen Tatsachen entgegengestellt werden. Durch etwas Distanz zu sich selbst und dem Partner ist das sehr einfach möglich. Das Problem ist nur, diese Distanz auch wirklich herzustellen, was den meisten sehr schwerfallen dürfte. Distanz erreicht man nur durch den Kopf, den man einschalten muß. Und den Kopf kann man nur einschalten, wenn man bewußt denkt.
Es ist also, meiner Schlußfolgerung nach, alles eine Frage des kritischen Bewußtseins. Und es ist eines der Hauptprobleme in unserem Land, daß wir dieses nicht haben, was ja auch an der unverantwortlichen Meinungsmache der Medien und der meist selbstherrlichen Theoretiker und Bürokraten zu sehen ist. Und an unserer Unfähigkeit zur kritischen Reflektion von äußeren Einflüssen und Informationen.
cu
23.03.2003 04:02 •
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