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What´s up? Tote Hose? Operation gelungen, Patient tot?
Hab´´n bißchen im Net geschnüffelt....
und folgendes entdeckt...
EGO-NET.de
Ausgabe 12/2000
Wer anderen hilft, hilft sich selbst
Für Mitmenschen da sein stärkt das Ego
Engstirniger Eigennutz macht mürrisch, großzügiges Geben glücklich. Das ist das Ergebnis einer Studie von Allan Luks an dreitausend ehrenamtlichen Helfern in den USA. Uneigennütziges Verhalten wird trotz aller Klagen über die Ellenbogengesellschaft nicht aussterben, weil es dem Gebenden mindestens ebenso nützt wie dem Nehmenden. Helfen ja - wüßten Sie aber auch im Notfall wie?
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Unser Titelthema:
Zwischen Fremdheit und Geborgenheit
Psychologie der kulturellen Identität
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#8222;Typisch Frau #8211; Typisch Mann#8220;
Teil 11:
S. oder Liebe
Warum Männer trennen, was für Frauen zusammengehört
Börsenpsychologie
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Psychofalle Geld
Wer anderen hilft, hilft sich selbst
Für Mitmenschen da sein stärkt das Ego
Was wissen wir vom Weihnachtsmann?
Der 24. Dezember #8211; streng wissenschaftlich betrachtet
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Stellen Sie sich vor, eines Abends ruft Ihre beste Freundin bei Ihnen an und sagt: Also, ich wollte dir nur Adieu sagen. Es hat keinen Sinn mehr. Ich werde mich jetzt aus dem Fenster stürzen. Bitte, versuch nicht, mich zurückzuhalten. Hab Dank für alles und laß es dir gut gehen. Tschüs.
Ihre Freundin ist bereits im Begriff den Hörer aufzulegen. Sie kennen sie gut genug, um zu wissen, daß sie durchaus imstande ist, ihren Worten Taten folgen zu lassen. Ihnen bleiben höchstens zwei Sekunden, um den entscheidenden, magischen Satz zu sagen, der sie im letzten Moment von ihrem fatalen Entschluß abbringt. Wie werden Sie antworten?
Bevor Sie weiterlesen, überlegen Sie sich in Ruhe, wie Sie in dieser Situation reagieren würden. Da es sich um eine Übung und nicht um den Ernstfall handelt, können Sie sich ruhig mehr Zeit als zwei Sekunden lassen. Schreiben Sie Ihre Antwort auf einen Zettel und lesen Sie dann weiter.
Fertig? Dann überprüfen Sie jetzt, welcher der folgenden Varianten Ihre Antwort am ehesten ähnelt. Die meisten Menschen neigen dazu, ihr Entsetzen über dieses tödliche Vorhaben der Freundin unmittelbar zurückzumelden und dabei kundzutun, was sie davon halten, zum Beispiel: Halt, warte einen Moment! Hör zu, was auch passiert sein mag, es muß doch noch eine andere Lösung geben! Ist dir dieser Schuft tatsächlich davon gelaufen? Glaub mir, kein Mann ist es wert, daß man seinetwegen .... Bist du noch dran?
Bei dieser Reaktion suchen Sie nach einer Erklärung für die Selbstmordabsicht. In unserem Beispiel ist es die Vermutung, der Lebensgefährte könnte davongelaufen sein. Ein anderer würde vielleicht Ärger mit der Arbeitsstelle, Vereinsamung oder einfach Lebensüberdruß vermuten. Auf jeden Fall folgt der Interpretation der Suiziddrohung sofort die Wertung, daß #8211; was auch immer der Grund für den beabsichtigten Fenstersprung sein mag #8211; dieser Grund eine so extreme Reaktion auf keinen Fall rechtfertigt.
Nun versetzen Sie sich für einen Moment gedanklich in die Situation der Freundin, die so verzweifelt ist, daß sie ihrem Leben ein Ende setzen möchte. Wie würde sie den Appell aufnehmen? Falls die Interpretation und Wertung zutreffen, daß es der Kerl eigentlich nicht wert ist und man so etwas nicht tut, dann hat sie sich das selbst bestimmt schon einige hundert Mal gesagt. Aber sie ist so verzweifelt und ohne ihn weiterzumachen, erscheint so sinnlos! Bloß nicht mehr daran denken zu müssen! Und der Partner am Telefon hat auch nur Appelle an die Vernunft zu bieten. Der kann eben nicht verstehen, was wirklich abgrundtiefe Verzweiflung bedeutet. Also sagt sie: Ich wünsche dir, daß du nie derart gemein behandelt wirst. Mach's gut.
Vielleicht haben Sie auf die Selbstmorddrohung aber so reagiert: Moment mal, bleib ganz ruhig: Ich weiß, es gibt Situationen, da möchte man am liebsten mit allem Schluß machen. Das kann jedem mal passieren. Aber das vergeht wieder, glaub mir. Ich kenn' dich doch, du hast dich bis jetzt immer aus deinen Schwierigkeiten herausgewunden. Paß auf, du setzt dich jetzt hin, in zehn Minuten bin ich bei dir, und dann reden wir über alles in Ruhe. Du wirst sehen, schon morgen lachst du darüber.
In diesem Fall versuchen Sie, Ihre Freundin zu ermutigen und zu beruhigen. Wie wird sie diese Worte aufnehmen? Versetzen Sie sich wieder gedanklich in Ihre Lage. Mit der Selbstmordankündigung hat sie Ihnen offenbart, daß sie sich vollkommen hilflos fühlt. Sie aber haben bestritten, daß sie einen Grund hat, so niedergeschmettert zu sein. Sie haben das Problem bagatellisiert, seine Schwere in bester Absicht heruntergespielt und versucht zu trösten. Ihre Freundin muß den Eindruck gewinnen, daß Sie ihr nicht glauben, daß es ihr tödlich ernst ist. Also wird sie sagen Ich danke dir für deine netten Worte, aber diesmal kann mir niemand mehr helfen. Um nach Auflegen des Hörers zu beweisen, wie ernst es ihr ist.
Wie wäre es, wenn Sie die Ankündigung Ihrer Freundin mit einer Art Galgenhumor nehmen? Etwa: Leg bitte noch deinen Wohnungsschlüssel unter die Matte, damit wir nachher nicht die Tür aufbrechen müssen. Oder: Spring bitte hinten 'raus, sonst verletzt du noch jemanden, der unten vorbei geht.
Bei einer Blitzumfrage unter Bekannten wurden solche paradoxen Antworten ziemlich oft genannt. (Im tatsächlichen Leben benutzt sie kaum jemand.) Der Versuch, einem Verzweifelten auf diese Weise einen Realitätsschock zu versetzen, kann in Ausnahmefällen erfolgreich sein. Der bekannte Psychologe Paul Watzlawick erzählt im Vorwort zu einem Lehrbuch von Everstine (Krisentherapie, Stuttgart 1992) folgende Begebenheit, die sich in seiner Kindheit in Österreich zutrug: Ein Gendarm sah, wie ein Mann in der Absicht, sich das Leben zu nehmen, in die Donau sprang. Er richtete das Gewehr auf den Selbstmörder und rief: Kommen Sie augenblicklich heraus, oder ich schieße! Der Mann schwamm ans Ufer.
Ein solches Vorgehen sollte jedoch einem professionelle Therapeuten vorbehalten bleiben, denn es setzt voraus, daß er die seelische Verfassung seines Patienten genau einschätzen kann und weiß, was zu tun ist, wenn sich der Betreffende anders verhält als erwartet. Wenn sie mit ihrer Freundin so reden, ist die Wahrscheinlichkeit groß, daß sie dies nur als Beweis Ihrer Gefühllosigkeit nimmt und sich in der Absicht bestätigt sieht, von der feindlichen Welt Abschied zu nehmen. Tatsächlich gibt fast niemand im Ernstfall paradoxe Antworten, so interessant sie sich im Gedankenexperiment auch ausnehmen.
Sollten Sie eine energische Persönlichkeit sein, neigen Sie eventuell dazu, die Dinge sofort in die eigene Regie zu nehmen. Sie geben Ihrer Freundin Anweisungen, wie sie handeln soll. Zum Beispiel: Ich verstehe. Paß auf, sobald wir aufgelegt haben, gehst du in die Küche und machst dir erst mal einen starken Tee. Hörst du? Dann setzt du dich an deinen Küchentisch und trinkst ihn in Ruhe, bis ich eintreffe. Versprich mir, daß du bis dahin keine Dummheiten machst. In Ordnung? Wir gehen dann zusammen zu 'Johnny's Pinte' und werden uns so richtig einen ansaufen. Wie in alten Zeiten. Okay? Also leg jetzt schön den Hörer auf und bleib bloß vom Fenster weg, ja? Du gehst geradewegs zur Küche ...
Sollten Sie einen großen Einfluß auf Ihre Freundin haben und sie in diesem Moment so willenlos sein, daß sie ohne nachzudenken Ihren Anweisungen folgt, haben Sie mit diesem Vorgehen möglicherweise Erfolg. Jedoch das Risiko ist sehr groß, daß sie zwar den Hörer auflegt, aber danach sofort durch das Fenster geht. Sie geben der Freundin Ihre Lösung vor, ohne zu fragen, ob sie in ihrer verzweifelten Situation für Ihre Vorschläge überhaupt empfänglich ist. In der Psychotherapie bezeichnet man ein solches Verhalten als direktiv. Therapeuten werden darin ausgebildet, direktive Vorgehensweisen zu vermeiden, weil Menschen mit Problemen dazu neigen, direkten Anweisungen Widerstand entgegenzusetzen - selbst dann, wenn sie scheinbar den Anordnungen folgen. Dann tun sie es so widerwillig, daß ein Mißerfolg eintritt, womit dann bewiesen wäre, daß die Anordnung falsch war.
Eine fünfte Reaktionsmöglichkeit bestände darin, daß Sie fragen: Du willst dich aus dem Fenster stürzen? Aber warum denn nur, um Himmels willen?
Sie halten sich mit Bewertungen zurück und versuchen zunächst, die Gründe zu erforschen. Diese Variante ist besser als die vorigen. Sie haben erkannt, daß es zunächst darauf ankommt, das Gespräch in Gang zu halten. Sie müssen erreichen, daß Ihre Freundin am Telefon bleibt. Solange sie redet, kann sie nicht springen. Möglicherweise ist sie aber so durcheinander, daß sie gar nicht in der Lage ist, einen Grund für Ihr Vorhaben anzugeben. Viele Kleinigkeiten haben sich summiert und sie zu ihrer Verzweiflungstat getrieben. Oder sie will einfach nicht über die Gründe reden, weil sie weiß, daß Sie nur versuchen würden, Ihr das Vorhaben auszureden. Dann bekommen Sie keine Antwort auf Ihre Frage, sondern sie sagt: Was soll's. Du würdest es doch nicht verstehen. Mach's gut.
Die sechste Möglichkeit wäre, daß Sie sagen: Um Gottes willen, was ist passiert? Du klingst sehr verzweifelt. Sie befragen und interpretieren nicht die Gründe, sondern reagieren auf der Gefühlsebene. Sie sagen nicht, wie Ihre Freundin sich Ihrer Meinung nach verhalten sollte, sondern zeigen zunächst, daß Sie von Ihrer Mitteilung sehr betroffen sind und ihre Gefühle verstanden haben. Wohlgemerkt: Sie sagen damit nicht, daß Sie sich ebenfalls umbringen würden, wenn Sie in der Lage Ihrer Freundin wären. Sie ermutigen sie nicht, ihrem Leben ein Ende zu bereiten. Aber indem Sie ihre Verzweiflung ansprechen, teilen Sie ihr mit, daß Sie versuchen, Ihre Lage zu verstehen.
Auf eine solche Rückmeldung der Gefühlslage, die Sie auf der Selbstmorddrohung herausgehört haben, reagiert fast jeder aufgeschlossen. Das heißt, Ihre Freundin wird nicht einfach ja sagen und auflegen, sondern Ihnen erklären, warum sie so verzweifelt ist. Wenn Sie in diesem gefühlsorientierten, nicht-direktiven Stil fortfahren, auf die Erklärungen Ihrer Freundin zu reagieren, können Sie das Gespräch in Gang halten und Ihrer Partnerin helfen, sich ihre Verzweiflung von der Seele zu reden.
Vielleicht werden Sie an dieser Stelle einwenden: Daß jemand, der sich umbringen will, verzweifelt ist, ist doch eine Banalität. Wenn ich sie ausspreche, habe ich nichts gewonnen. Als Außenstehender, der die Dinge versucht, sachlich und ruhigen Gemüts zu betrachten, hätten Sie natürlich recht. Aber ein Mensch in einer seelischen Krise ist alles andere als ruhig und objektiv. Er fühlt sich unverstanden und von gleichgültigen oder sogar feindlichen Zeitgenossen umgeben. Er sucht geradezu nach Verständnis. Deshalb genügt es nicht, daß Sie sagen: Ich verstehe dich. Sie müssen vielmehr beweisen, daß Sie sich in ihr Gegenüber einfühlen können, indem Sie die belastenden Gefühle, die in dem Gesagten mitschwingen, aussprechen.
Haben Sie erkannt, welche der sechs Reaktionsmöglichkeiten Sie bevorzugen? Sollte es eine der erstgenannten Varianten sein - nehmen Sie es nicht als Kritik an Ihren Gesprächsgewohnheiten! Jeder der genannten Stile hat im Alltag seine Berechtigung. Das Leben wäre langweilig, wenn wir alle in jeder Lebenslage auf dieselbe Weise reagieren würden. Eine psychische Erste-Hilfe-Situation ist allerdings kein normaler Alltag. Viele Dinge, die den üblichen Umgang miteinander kennzeichnen #8211; Meinungsstreit, Appelle an die Vernunft, sich wechselseitig über Sachverhalten informieren, einander necken, witzeln, Vorwürfe, Rechtfertigungen, Fragen, #8211; werden dann bedeutungslos oder sind sogar schädlich.
Psychologisch hat Helfen folgende seelische Wirkungen:
Seelenhygiene. Wer anderen beisteht, baut eigene Ängste und Spannungen ab, Die Konzentration auf fremdes elend läßt die eigenen Sorgen an Gewicht verlieren.
Hochgefühle. Wer einer konkreten Person Beistand leistet, weckt in sich Empfindungen wie Wärme, Begeisterung und Tatkraft. Man wird aktiv, läßt ungünstige Umstände nicht passiv auf sich wirken. Wir fühlen uns gut, wenn wir handeln, wenn wir Veränderungen auslösen. Es stärkt unser Selbstwertgefühl, wenn wir Gutes tun.
Innere Gelassenheit. Wer hilft, wird ausgeglichener und gewinnt an Zuversicht. Der Helfende erfährt, daß er gebraucht wird. Das macht stark.
Hilfe benötigt nicht unbedingt das große Engagement, und es muß nicht immer um Leben und Tod gehen. Wem es gelingt, einer Freundin oder einem Freund in einer Beziehungskrise beizustehen, wer die richtigen Worte findet, wenn sie oder er eine katastrophale Nachricht erhielt, hat bereits einen wichtigen Beitrag für eine besseres Miteinander geleistet.
Erfolgreicher Beistand beinhaltet nicht nur Verständnis, sondern auch Hilfe zur Selbsthilfe. In einem bekannten Spruch heißt es: Einem Hungrigen Fische geben, ist gut. Ihm eine Angel schnitzen, ist besser. Ihm beibringen, selbst eine Angel zu schnitzen, ist perfekt.
Dieser Beitrag ist ein gekürztes Kapitel aus dem Buch (siehe auch unseren Beitrag in EGONet 7/8/1998):
03.08.2002 00:12 •
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