Hallo (nennen wir sie mal .... Angelika)!
11 Jahre lebten wir zusammen. Wir wurden bereits in der Schule ein Paar, machten Abitur, zogen gemeinsam zunächst nach Marburg, dann nach Hamburg und studierten gemeinsam. In dir sah ich meine Ehefrau und die zukünftige Mutter meiner Kinder. Ich war glücklich, mit dir zusammen zu sein. Natürlich war nicht alles perfekt an dir, aber andere Frauen konnten dich nicht überholen. Ein grosser Teil meines Selbstwertgefühls beruhte auf dem stolzen Gefühl, dass wir beide ein Paar waren und ich mich voll und ganz auf dich verlassen konnte. Mit dir gemeinsam fühlte ich mich unangreifbar!
Nach einigen Jahren begannst du, mich zurückzuweisen und zurückzusetzen. Immer gab es irgendeine vordergründig einleuchtende Begründung für dein Verhalten. Es summierte sich. Unsere letzten 3 bis 4 Jahre waren wie eine chinesische Wasserfolter für mich. Die einzelne Zurückweisung und Zurücksetzung waren nicht weiter schlimm, aber sie nahmen zu und auf die Dauer verunsicherte und verletzte mich das immer mehr.
Du versichertest mir zwar stets deine uneingeschränkte Liebe; nie stellten deine Worte in Zweifel, dass wir eine gemeinsame Zukunft hätten, aber dein Verhalten sprach eine ganz andere Sprache. Du wurdest immer kälter zu mir, im Bett lief nur noch selten etwas und mein Stellenwert kam deutlich nach dem deiner Freunde. Das ließ mich zunehmend verzweifeln und die Diskrepanz zwischen deinen Worten und deinen Taten machte mich wahnsinnig.
Ich verlor immer mehr den Halt, drehte langsam durch. Versuche, mit dir zu reden, scheiterten, denn du erzähltest mir gerade das, von dem du annahmst, dass es mich am raschesten beruhigen würde. Es waren schlichtweg Lügen und wie bei allen Lügen taten sich dabei Widersprüche auf. Die aber wurden damit ausgeräumt, dass ich dich zuvor angeblich vollkommen falsch verstanden hätte. Aus “rot” wurde “grün” und wenn das auch nicht mehr hinhaute, dann hattest du eben eigentlich “gelb” gemeint. Es war, als ob man versuchte einen Pudding an die Wand zu nageln. Kein Wort von dir hatte wirklich Gültigkeit. Ich liebte dich, aber mit der Zeit wurde mir mit immer klarer, dass ich SOO nicht mit dir mein Leben verbringen kann.
Schliesslich sprach ich die Trennung aus. Du warst empört, schimpftest auf mich, drohtest, dass würde mir bitter leid tun. Du weintest aber nicht. Du machtest auch keinerlei Anstalten, mich umzustimmen. Du fragtest noch nicht einmal nach den Gründen der Trennung! Als ich sie dir einige Tage später ungefragt dennoch nannte, weil es sich einfach so gehört, war dein einziger Kommentar, dass das eben so sei und daran könne man auch nichts ändern. Es war, als ob du nur darauf gewartet hättest, dass ich die Trennung aussprach, und nun diese –meine- Entscheidung auf keinen Fall zurückgenommen haben wolltest. Du hieltest mich an der einmal ausgesprochenen Trennung fest!
Vier Wochen später warst du bereits von einem anderen Mann schwanger. Nach den jahrelangen Zurückweisungen und Lügen war das die ultimative Demütigung für mich und, als ich schließlich dahinter kam, bin ich ausgerastet und habe dich aus unserer gemeinsamen Wohnung rausgeworfen. Keine Sekunde länger konnte ich dich um mich haben! Ich wusste ja, dass du nicht ohne Dach über dem Kopf dastehen würdest. Weitere Bilder wollte ich lieber nicht im Kopf haben .....
Einige Wochen später telefoniertest du mich an und sagtet, du wärst in den letzten Jahren nicht aus Liebe, sondern nur noch aus Gewohnheit bei mir geblieben. “Gewohnheit”, das klingt nach “Nachlässigkeit”, nach “unreflektiertem Handeln”. Das war es sicher nicht. Du bliebst, weil ich dir nützlich war, weil es praktisch für dich war, bei mir zu sein. Ich habe dich durch das Studium getragen. Ohne mich hättest du es nicht gepackt. Ich kam mir missbraucht vor. Missbraucht und gedemütigt. “Dein Köpfchen hätte ich gerne”, sagtest Du oft zu mir. Du hattest es –und das Herz dazu. Wie hätte ich wissen können, dass es dir in Wirklichkeit nur auf den Kopf ankam?!
Später hast du keine Gelegenheit ausgelassen, um vor gemeinsamen Bekannten über mich herzuziehen, mich schlecht zu machen. Du hast sogar mir unbekannten Personen, von denen du annahmst, sie würde mir beruflich in Zukunft begegnen können, eine exakte Beschreibung von mir gegeben, verbunden natürlich mit einer Hasstirade auf mich. Ich war ziemlich überrascht, als mir jemand sagte “Ach, SIE sind das!”.
Zwei Jahre nach unserer Trennung hast Du mir über meine Schwester die Botschaft zukommen lassen, wie gut der S. mit deinem neuen Mann sei, dem Vater deines Kindes, und das du nun Sachen mit ihm machen würdest, die dich mit mir nie getraut hättest. Ich habe dir niemals nachgestellt, dich mit Anrufen oder Briefen belästigt, niemals über dich geredet (außer später mit meiner Ehefrau) und niemals jemanden nach dir gefragt. Du hattest doch längst bekommen, was du wolltest. Du ahntest zu recht, dass ich dich immer noch liebte und begehrte. War dieser weitere Tritt in die Weichteile wirklich nötig? Vielleicht macht es dich glücklich zu erfahren, er zeigte Wirkung ....
In den folgenden Jahren lebte ich in 4 verschiedenen Städten und landete schließlich in Süddeutschland. Mehr als ein Jahrzehnt später begegneten wir uns während meines Sommerurlaubes zufällig in Lübeck. Auch ich hatte zwischenzeitlich geheiratet und hatte Kinder. Ich stand 10 Meter von dir entfernt und starrte dich an. Darauf war ich nicht vorbereitet. Langsam gingen wir aufeinander zu. Ich hatte nur den einen Gedanken im Kopf “Ich will diese Frau!”. Doch dann wand ich mich abrupt von dir ab und ging davon, als ich merkte, dass ich den unwiderstehlichen Impuls verspürte, meine Familie sofort zu verlassen, zu dir zu gehen, dich zu packen und mit dir mein neues, altes Leben zu beginnen. Mit dir, der grossen Liebe meines Lebens! Es wäre in einer Katastrophe geendet. Ich liebte dich immer noch wie vor Jahr und Tag. Aber alles andere, was du einmal für mich ausmachtest, das unbedingte Vertrauen, die Achtung, die einzigartige Gemeinsamkeit war restlos und unwiederbringlich verschwunden. Eine gemeinsame Zukunft kann es ohne das jedoch nicht gegeben. Ganz abgesehen davon, dass ich mir bei dir eine Abfuhr eingehandelt hätte, hätte ich das auch nicht meiner Ehefrau und meinen Kindern antun können. Ich war immer treusorgend und fürsorglich. Ich war es für dich und ich bin es nun für meine Ehefrau und meine Kindern. In diesem Punkt bin ich der alte geblieben.
Ich habe niemanden von dieser Begegnung erzählt. Aber du hast natürlich allen davon berichtet und davon, wie unmöglich und unreif mein Verhalten doch gewesen sei. Mit einigen Jahren Verspätung erreichten mich deine Klagen über diesen Vorfall und ich musste mir Vorhaltungen machen lassen. Übrigens auch von meiner Ehefrau, als sie davon hörte. Wie hätte ich es ihr auch erklären können?
Daran, dass du dich “entliebtest”, bin ich zumindest zu einem Teil, vielleicht sogar gänzlich schuld. Ich habe mich oft nicht richtig verhalten. Das gebe ich hier offen und ohne jeden Entschuldigungsversuch zu. Ich habe mir manches Ding geleistet. Das du aufhörtest mich zu lieben, habe ich mir selbst zuzuschreiben. Basta! Zufrieden?
Für das, was du aber dann daraus gemacht hast, bist allein du verantwortlich! Ich habe dich nicht gezwungen, bei mir zu bleiben, ich habe dich nicht gezwungen, mir eine Liebe vorzugaukeln, die nicht mehr bestand. Ich habe dich nicht gezwungen, mit mir zu schlafen und ich habe dich auch nicht gezwungen, mit dem erstbesten in die Kiste zu springen und dich schwängern zu lassen. Ich habe dich auch nicht gezwungen, diesen Mann zu heiraten, obschon du es im Grunde garnicht wolltest. Woher ich davon weiß? Eine glückliche verheiratete Frau und Mutter eines Säuglings sagt nicht einem Kumpel ihres Exmannes “Wenn ich morgens aufwache, weiß ich manchmal nicht, was ich hier eigentlich zu suchen habe. Manchmal denke ich, es wäre besser, wenn ich den ganzen Shice nicht gemacht hätte.” Männer-kumpels reden. Solche Botschaften kommen irgendwann an, dass muss dir doch klar gewesen sein. Was sollte das? Aber was immer auch der Zweck gewesen sein sollte: Die von mir erwartet Scheidung blieb aus. Du hast dir dann von meinem Nachfolger noch zwei weitere Kinder machen lassen und bist nun seit sehr vielen Jahren mit ihm verheiratet. Es scheint ja zu klappen mit euch.
Meine heutigen Gefühle für dich sind äußerst gemischt. Einerseits liebe ich unverändert die 28-jährige junge Frau, von der ich mich einst trennte. Da hat sich absolut nichts verändert. Anderseits glaube ich, dass ich die Frau, die du heute zu sein scheinst, nicht ausstehen könnte. Du sollst dich sehr stark zum negativen entwickelt haben. So sehr, dass sogar deine ältesten Freundinnen den Kontakt zu dir abgebrochen haben. Sie haben dir von Angesicht zu Angesicht die Freundschaft gekündigt, weil du dich zu einem wenig sympathischen Menschen gewandelt hast. Das ist schon starker Tobak. Und es ist sehr schade!
Eigentlich liebe ich ein Phantom, das nicht mehr existiert und das vielleicht sogar niemals existiert hat. Mittlerweile glaube ich, dass ich mir 11 Jahre lang etwas vormachte und nur die Vorstellung liebte, die ich von dir in meinem Kopf hatte, die wahre Angelika aber niemals sah. Ich liebte eine Frau, die sagte, was sie meinte und meinte, was sie sagte. Die zu mir hielt, wenn andere mich unfair kritisierten oder mich vorführen wollten. Die mir den Rücken freihielt und für mich kämpfte. Eine solche Frau bist du mir aber rückblickend nicht gewesen.
Weißt du was?
Gieb mir mein Herz zurück und dann: Rutsch´ mir den Buckel runter!
Deine Jugendliebe
06.05.2013 16:29 •
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