Ob jetzt eine ruhigere Phase kommt, liegt in erster Linie an Dir.
Ihm fällt was Neues ein, womit er Dich tangieren kann? Achseln zucken, ignorieren und weiter gehen und den Fokus konsequent auf Dich und Dein Leben legen. Die positiven Dinge sehen und die sind auch da, aber oft würdigt man sie nicht, weil man es sich im Kummer eingerichtet hat.
Der Typ ist langweilig und uninteressant. Er hat Dir vielleicht materiell ein angenehmes Leben verschafft, aber was hilft das, wenn Du sonst nichts hast. Du hast nicht auf Dein Bauchgefühl gehört und das fällt Dir jetzt auf die Füße. Tut weh, ist so.
Daher kommt jetzt die Wut und die solltest Du eigentlich begrüßen. Denn es ist eine wichtige Phase der Ablösung. Nach der anfänglichen Verzweiflung und der Gewissheit, das man nie und niemals mehr jemals glücklich werden wird, kommt oft eine Phase der inneren Aggression. Die richtet sich gegen ihn aber auch gegen Dich. Selbstvorwürfe, ja Scham sind die Folge. Warum habe ich das hingenommen, warum nicht gesehen, was ist und was nicht ist, warum habe ich nicht gut auf mich aufgepasst? Warum habe ich mich demütigen und ausnützen lassen?
Das sind berechtigte Fragen und die Antworten darauf kennst Du mittlerweile auch. Du bist eine Kümmerin und daher in Gefahr, ein Opfer zu werden.
Was Du jetzt daraus lernen kannst, ist auch glasklar. Du musst Deine inneren Grenzen enger ziehen und Deine Hilfe dort einsetzen, wo sie etwas bewirkt. Aber nicht dort, wo sie benützt und ausgelutscht wird.
Wenn Du all das weißt, ist es schon ein großer Vorteil. Denn Du hast Deine eigenen Schattenseiten durchlebt, aber auch erkannt. Du kannst nichts ablegen, was Du nicht erkannt hast. Insofern sind gescheiterte Beziehungen oft ein großer Nutzen.
Es ging mir wie Dir. Erst das heulende Elend, keine Aussicht auf irgend etwas, noch dazu keine Hilfe von Irgend Jemand. Ich war allein und musste allein durch. Keinem hätte ich frewillig davon erzählt, zu groß war die Scham. Danach kam eine Phase der Wut, die einige Wochen dauerte. Damals ging ich zu einem Psychotherapeuten und das fand ich hilfreich. Ich begriff umgehend, dass es hier nur um mich ging und dass es an mir lag, diese Art Beziehung zuzulassen. Und dem PT gelang es umgehend, mir die Schuld zu nehmen. Freilich war es meine Verantwortung gewesen, sämtliche Warnhinweise abzutun und schön zu reden. Aber ich war nicht schuldig im eigentlichen Sinn. Er aber auch nicht. Er war wie er war, aber das betraf mich nicht mehr.
Irgendwie ahnte ich, dass das Thema Schuld und Seltbstschuld sich quasi aufhob. Jeder hat mit seinen Verhaltensweisen letztendlich zum Scheitern geführt.
Es relatvivierte sich manches.
Und dann ging es mir wieder gut? Nein, die Phasen brauchen ihre Zeit. Auf die Wut folgte eher eine Schamphase. Ich schämte mich, dass ich mich als Frau in meinem Alter auf so kindische Dinge einließ, wie ihn mit meiner Opferbereitschaft, Nachsicht quasi zu entschuldigen. Er war ein Miststück, aber ich war auch eines.
Weder Wut noch Scham können ewig andauern. Sie vergehen, weil keiner ständig damit leben kann und man irgendwann merkt, dass man damit nur sich selbst schadet. Die aggressiven Gedanken gegen ihn wurden weniger und ich konnte vor mir sebst wieder bestehen. Ja, das war ich und so war ich, aber so musste ich nicht bleiben. Ich kann trotzdem etwas aus meinem Leben machen und brauche ihn nicht dazu. Abgesehen davon, dass er mein Leben ja in summa nicht schöner gemacht hatte, sondern mir Ängste und Zweifel beschert hatte.
Ich lebte einfach weiter und es fühlte sich gut an. Er war in den Hitnergrund getreten und auch das Wissen, dass er nun längst meine Nachfolgerin beglückte oder auch nicht, tangierte mich nicht länger.
Dann geschah etwas Seltsames. Ich saß beim Frühstück, ein Tag wie jeder Andere. Und auf einmal fiel er mir wieder ein. Merkwüridg, warum? Wollte ich vlt. wieder andocken? Nein, wollte ich nicht. Hätte ich gerne nach zwei Jahren nochmals eine Art Abschlussgespräch gewollt? Nein. Hatte ich innere Sehnsüchte nach ihm, die ich überdeckte. Nein, ich war damals froh, ihn los zu sein.
Was also war das?
Es war eine Botschaft aus meinem Unterbewusstsein, die ans Licht kam. Auf einmal sah ich uns, ihn und mich wie ein Zweipersonenstück auf der Bühne. Zwei Menschen, die sich aneinander abmühten, immer wieder das Falsche taten, bis Misstrauen und Ärger die Oberhand gewonnen hatten. Wir hatten versagt. Beide- er und ich. Zu gleichen Teilen. Die Frage nach Schuld war unwichtig, gegenstandslos. Wir waren beide Täter und Opfer zugleich.
Und dann erkannte ich, dass auch ich inn ausgenützt hatte. Er hatte mir das kurz nach der Trennung mal vorgeworfen. Ich wies es von mir, war gekränkt und konnte es nciht erkennen. Aber dann, aus dem Abstand heraus, sah ich esj, dass auch ich ihn benützt hatte. Er sollte mir das tolle Leben verschaffen, das ich allein nicht hinkriegte. Er sollte mich schätzen und zur Hauptperson in seinem Leben machen, damit ich mich asl etwas Besonderes fühlen konnte. Er sollte mich lieben, damit ich endlich glauben konnte, dass ich liebenswert war.
Ich wollte, dass er Dinge für mich erledigte, die ich selbst nicht schaffte. Gut zu mir zu sein, mich zu akzeptieren, mir zu erlauben, mich gut zu finden.
Auch ich war ein Fass ohne Boden. Egal wie viel Liebe Du oben reinschüttest, es ist nie genug.
Diese Erkenntnis tat weh, war aber auch sehr hilfreich. Denn damit konnte ich mir selbst auch verzeihen. Ja, ich hatte Mist gebaut, aber es war meine eigene Unzlänglichkeit, die mich dazu gebracht hatte. Wer sich selbst nicht liebt, liebt auch andere nicht. Wer sich selbst nicht achtet, wird nicht von Anderen geachtet. Wer sich nicht schätzt, erfährt keine Wertschätzung.
Es lag alles an mir und nur danan.
Es änderte sich dann tatsächlich vieles in meinem Leben. Ich startete beruflich nochmals durch, hatte Erfolge die mir zeigten, dass auch ich etwas konnte und nicht nur immer die Anderen, die doch so viel besser waren als ich. Ich konnte mein Leben wieder annehmen und genießen. Meine Beziehung wurde um Klassen besser und Männer wie er interessieren mich längst nicht mehr.
Er war eine Schule des Lebens und daher war es gut, dass er gekommen war. Ich sagte mir hinterher oft, es war gut, dass er kam und es war besser, dass er wieder ging.
Mein Leben ist zu wertvoll für solche Männer, die mit sich uneins sind und ihr Unvermögen an der Partnerin auslassen, die meint, das auffangen zu müssen, weil sie ansonsten nicht gut genug ist.
Er kam auch nicht umsonst in Dein Leben. Durchlebe die Phasen und eines Tages wirst du vielleicht auch abgeklärt das Zweipersonenstück mit einem leisen Lächeln und einem leisen Bedauern anschauen.
Es ist nichts umsonst, Du kannst aus allem was Lernen. Und dafür braucht es manchmal eben Botschafter, die Dich mit Dir und Deinen Defiziten konfroniteren.
12.04.2021 13:53 •
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