Liebe Fetzenflug,
Deinen Beitrag habe ich jetzt mehrmals gelesen. Du stehst zwischen zwei Männern und weißt nicht, wie Du entscheiden sollst. Bist hin- und hergerissen.
Ja, ich kenne diese Ambivalenzen. Und ich weiss, wie sehr das zehrt. Es zehrt an Dir, raubt Dir Deine Kraft und Du hast das Gefühl, immer unfähiger zu werden, immer weniger zu wissen, was richtig ist. Und vor allem hast Du das Gefühl, ALLES kaputtzumachen. Es ist zum Verzweifeln. Du bist auch verzweifelt, weil Du mit Dir selbst in einer Sackgasse steckst. Im Moment bist Du Dir eigentlich selbst im Weg. Es könnte alles so einfach sein, so klar, wenn Du nur wüsstest wohin. DU bist DEIN Problem. Wenn Du nur wüsstest worauf Du Dich konzentrieren willst. Deine Kräfte, Deine Energie, Deine Liebe, Deine Wärme, Deine Aufmerksamkeit, Deine Fürsorge, Deine Ziele ... das alles zersplittert im Moment wie ein Glas, was zu Boden fällt ... ich nehme mal an, das meintest Du mit dem Ausdruck *Chaos* in Deinem Leben?!? So kannst Du Dich einfach nicht wohlfühlen in Deiner Haut.
Diese Gefühle habe ich in meinem Leben schon öfter gehabt. In meiner Ehe, auf die ich mich nicht zu 100% konzentrieren konnte, in der folgenden 7-jährigen Beziehung war es auch noch da ... und schliesslich hatte ich (oder mittlerweile sollte ich sagen glaubte ich) den Traummann zu haben ... und auch in dieser Beziehung gab es sie wieder – Ambivalenzen. Sie können verschiedene Ursachen haben. Bei mir war die Ursache einfach die zu schnell und abprubt abgebrochene vorhergehende Beziehung und das zu schnelle Zusammenziehen mit dem **Traummann** der die letzten Monate zu meinem **Albtraummann** wurde dazu kam das durch nicht erwartungsgemässe Reaktionen und Verhaltensweise entstandene Fehl-Vertrauen in Diskrepanz zur (vermeintlichen?) größten Liebe derer ich zu dem Zeitpunkt fähig war. Bei Dir liegen die Ursachen der Ambivalenzen woanders ... wo genau, das würde sich für Dich vielleicht lohnen, herauszufinden...
Ich weiss von Dir und Deiner Geschichte zu wenig, mit dem was ich weiss könnte ich vermuten, die Ambivalenzen Deinerseits liegen in der Erkenntnis, dass Du Tom mehr oder sagen wir besser anders liebst als er Dich. Damit, dass er jetzt dem Reisen den Vorrang gibt, hemmt er auch Deine 100%ige Entscheidung für ihn ...
Seine Ambivalenzen liegen möglicherweise darin, dass er Dich liebt, aber auch ein Kind möchte, und auch darin, dass er sich Deiner **trautes-Heim-Sehnsucht** nicht aus vollem Herzen anschliessen kann.
Dein Neuer erscheint ambivalent, weil Du auch gleichzeitig gefangen bist in Deinen Gefühlen zu Tom ... wie sollte er Dir jetzt auch anders erscheinen? Was wäre eigentlich, wenn es Tom nicht gäbe? Könnte es sein, dass Du dann so richtig glücklich mit ihm sein könntest?
Was ich für mich mittlerweile festgestellt habe ist, dass Ambivalenzen kein gutes Zeichen sind. Spüre ich sie in mir, dann weiss ich eins recht genau, irgendwas tut mir da nicht gut, irgendwas ist da nicht richtig und ich sollte mich erst mal wieder befreien, die Sicht muss klar sein. Ambivalenzen bedeutet für mich dieses Hin- und Hergerissen sein. Und hin- und hergerissen ist man, wenn die äusseren Einflüsse durch andere Personen auf mich selbst zu stark sind, man nichts oder nicht allzu viel dagegenzusetzen hat, so lässt man sich dann treiben ... irgendwie wird es sich schon lösen... das stimmt auch. Aber damit bist DU der Spielball geworden.
Beim Lesen Deiner Geschichte ist mir ein Bild entstanden, was ich selbst sehr gut kenne, Du stehst da, um Deinen Körper ist ein Seil, das eine Ende hält Tom und das andere Dein Neuer. Beide ziehen sie daran und Du, Du spürst, Dir geht manchmal die Luft aus, aber Du kommst nicht aus der Schlinge, weil Du auf gar keinen Fall den Kontakt zu dem Seil verlieren willst.
Es ist nicht leicht, Dir einen Rat zu geben, nur DU allein kannst die richtige Entscheidung treffen, und das sobald Du sehen kannst, was DU wirklich willst. Für mich war das auch immer ein Buch mit sieben Siegeln. Nach der Trennung von P. im Juli und den ganzen Tränen und den ganzen besch... Downs. Wenn was an mir zieht, so dass mir die Luft wegbleibt ... ich für mich weiss, dass ich mich dann auf mich selbst stellen muss und in mich hineinhören. Ach Mensch, ich weiss doch, wie schwer das ist... und ich habe auch gemerkt, dass das einmal erkannt haben nicht unbedingt heisst, dass es von nun an immer klappt, dass man immun ist ... nein. leider nicht. Ich finde das alles auch gerade recht ungeschmeidig.
Höre in Dich hinein, Fetzenflug. Vielleicht – wenn es möglich ist – verreise doch mal ein paar Tage, allein – oder wenn das zu hart ist – mit einer Freundin oder jemandem, den Du vielleicht schon lange kennst und dem Du vertraust.
Lass die beiden Männer erst mal sein. Wenn sie Dich lieben, dann werden sie Dich deshalb nicht gleich fallen lassen. Sie werden es respektieren und sollten Dich eigentlich dafür noch mehr achten und lieben.
Nimm ein bisschen Abstand von der Welt, die da in Deiner nächsten Nähe pulsiert und die Dir den Blick dafür nimmt, was Du eigentlich selber willst, was eigentlich alles sonst noch sein könnte.
Du musst ja nicht mit Beiden brechen ... nimm Dir Zeit und zwar genauso viel wie Du brauchst, ohne darüber nachzudenken, ob das angemessen ist oder nicht, ob das gut oder schlecht sein könnte, was die Reaktionen der Anderen anbelangt. NIMM DIR DEINE ZEIT FÜR DICH und denk nicht drüber nach, was Du damit auslöst...
So würde ich es wohl machen. Was für Dich ok. Ist, das weißt Du selbst am Besten, vertrau darauf ... Du weißt es, manchmal siehst Du es nur nicht.
Alles Liebe,
Gia
28.01.2003 23:09 •
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