Ambivalente Momentaufnahmen der Trennungsbewältigung nach fast 40 Tagen
WUT
Hallo Du,
Du, der mir dauerhaft einen Schmerz zugefügt hast, der so brutal war und ist, dass er mir immer noch die Luft zum Atmen nimmt.
Einen Schmerz, der mich lähmt und diese Lähmung mich umso wütender macht, weil ich nur noch mit hoher Kraftanstrengung fähig bin zu arbeiten.
Einen Schmerz, der mich im freien Fall traf und von dem ich jetzt weiß, wie überaus hart sich der Aufprall auswirkt.
Du, der rücksichtslos darüber hinweg trampelte, als ich schon längst am Boden lag. Du, der meine Vergangenheit kennt und wusste, wie sehr ich an mir arbeiten musste, um ein verhältnismäßig normales und gutes Leben zu führen.
Zum Schluss hast du mich wie einen Hund behandelt, du mieser Gefühlskrüppel. Und ich habe mich dafür gehasst, dass ich mich von dir zu einem Hund degradieren ließ.
Du bestimmtest unsere gemeinsame Zeit, mit der Begründung, deine Arbeit ginge vor, bis ich erfuhr, dass es gar nicht dein Chef war, der dir so viel Zeit abverlangte. Doch du hast mich ständig in dem Glauben gelassen, um dann Dinge zu tun, die du mit mir nicht teilen wolltest. Lügen, nichts als Lügen!
Zum Schluss waren es nur noch wenige Stunden am Wochenende, in denen ich dich zu Gesicht bekam. Und auch in denen hast du keine Nähe mehr zugelassen, mit der du mich zu Beginn überschüttet hast. Wie sehnte ich mich danach, besonders zum Ende unserer Beziehung. Und jedes Mal sagte ich mir, nein, du bettelst nicht darum, doch wenn ich dich ansah, sich meine Liebe in deinen Augen widerspiegelte, konnte ich nicht anders, als dich zu bitten mich in deine Arme zu nehmen. Du tatest dann wie dir geheißen, doch die Mechanik deiner Umarmung tat viel mehr weh, als der Verzicht darauf!
Die Liebe hättest Du bisher nie getroffen, hast Du zu Beginn gesagt. Wüsstest angeblich gar nicht, was das ist, hast mir aber gleichzeitig versichert, mit mir sei alles ganz anders! Dass du das auch meinen Vorgängerinnen sagtest, erfuhr ich erst, als es zu spät war.
Ja, zu Beginn warst du sehr charmant. Hast ALLE Register gezogen, mein bereits verschlossenes Herz aufzuweichen, bis es biegsam und geschmeidig vor dir lag. Hast mir vorgelesen, weil du wusstest, dass ich den Klang deiner Stimme so sehr liebte. Hast dich ins Zeug gelegt, so geschickt und so perfide, bis ich schließlich nachgab, du elender Jäger:
Als ich meinen Kopf auf deine Brust bettete, du Luft geholt hast um mir vorzulesen, ich dem Brummgeräusch deiner Stimme lauschte, intensiv den Duft deiner Achselhöhlen in mich aufsaugte... von da an hattest du mich... dass du mich nun um dieses Gefühl der Nähe und Intimität beraubt hast, werde ich dir nie verzeihen - und dass ich darauf hereinfiel, werde ich MIR nie verzeihen! Du hast gewusst, wie sehr ich es liebte, ich, als Autorin, einer Frau des Wortes. Du geschickter Illusionist, du!
Ich habe erst allmählich erkannt, dass du unfähig bist Liebe zu geben. Hast dich gut getarnt, als unschuldig dreinblickender Magier aus dem Busch, denn anders kann ich dieses Kaff nicht bezeichnen, das du mit diesen verqueren und einseitig gepolten Spießern teilst, die du deine Freunde nennst. Und ich bin dir sogar noch dorthin gefolgt, habe mir eine Wohnung in deiner Nähe gesucht, all das aufgegeben, was das Leben in einer Großstadt für mich bereit hielt. Wie dumm ich war, wie sehr mir meine Liebe zu dir das Hirn verschwurbelte, erkenne ich erst jetzt!
Du, der vor mir angeblich nur noch nicht die Richtige gefunden hatte. Hast mir vorgegaukelt, ich sei diejenige welche. Wie ich dich dafür hasse!
Und umso mehr dafür hasse, weil du jetzt das was wir hatten in den Schmutz ziehst, indem du gegenüber deiner Mutter behauptest, du wüsstest nicht was Liebe sei -ha, die alte Leier!- und sie dir nach dem Mund redet, dann sei ich wohl nicht die Richtige gewesen und du würdest schon merken, wenn die Richtige käme - auch die alte Leier!
Am liebsten würde ich ihr all deine schwülstigen Liebes-Emails ausdrucken und zuschicken, all die liebevoll ausgesuchten Karten, die Briefe, die von deiner Liebe erzählen - doch einen Teufel werde ich tun! All das wird bei mir bleiben, denn es soll mich daran erinnern, zu welchen Lügen du fähig bist.
Obwohl ich mir mehrfach eine Kontaktsperre ausgebeten habe, hast mir dennoch vor ein paar Tagen schriftlich deine Wünsche mitgeteilt. Einer davon lautet, dass ich bald einen Mann treffen möge, der mich so liebt, wie ich dich geliebt habe.
Du Drecksack, was soll dieses Kopfgetätschel? Nur, weil du unfähig bist zu lieben, darfst du dir dennoch nicht das Recht heraus nehmen, mir indirekt Ratschläge zu erteilen, so ganz nach der Devise, such dir 'nen anderen Kerl, das wird schon!
Ein anderer Wunsch lautet, du hoffst, dass wir -losgelöst vom Beziehungskontext- noch viele schöne Dinge miteinander erleben werden.
Welch eine Good-will-Geste, die du da heroisch über mich ausschüttest, was für eine Anmaßung!
Glaubst du etwa tatsächlich, ich könne mich wie früher mit dir auf ein schönes Konzert begeben und es neben dir genießen, ohne meine Hand in deiner zu spüren? Glaubst du wirklich, ich könne mit dir lange und wundervolle Spaziergänge wie einst unternehmen, so, als sei nichts gewesen? Wie gefühlsblind muss man sein, um so etwas zu äußern, gegenüber einer Frau, die dich liebt?
Dein Mitleid kannst du dir schenken. Das ist die schlimmste Form der Verachtung, die du mir antun kannst!
Das Wissen darüber, dass es dir jetzt nach wie vor gut geht, du all das behalten hast, was ich für unsere Beziehung aufgegeben und verlassen habe, wie mein soziales Netz und meine Freunde, lässt mich so wütend auf mich selbst werden, dass ich es nur mit diesem Smiley ausdrücken kann!
ENT-TÄUSCHUNG
Ich bin dabei, mich von den Täuschungen zu lösen, denen ich mich hingegeben habe:
Der Täuschung, dass ich wichtig in deinem Leben gewesen bin.
Der Täuschung, dass du für mich da warst, wenn es mir nicht gut ging.
Der Täuschung, dass du respektvoll mit mir umgegangen bist.
Der Täuschung, dass du mich umfassend geschätzt hast.
Der Täuschung, dass du dir Mühe gegeben hast mich wirklich kennen zu lernen.
Der Täuschung, dass du bereit warst, unser Pflänzchen gedeihen zu lassen.
Der Täuschung, dass du kein Lügner seist.
Der Täuschung, dass du mich GELIEBT hast!
VERZWEIFLUNG
Ich zermartere mir das Hirn, was ich falsch gemacht habe.
Gehe in Gedanken unsere Gespräche immer wieder durch, visualisiere, wie du gemauert und dicht gemacht hast, wenn es um deine Gefühle ging, lasse in meinen Ohren dein verzweifeltes weiß ich nicht nachklingen, spüre dabei meiner Hilflosigkeit nach, fühle meine Ohnmacht, nehme mein sukzessives Verstummen erneut wahr, das sich während unserer Zeit steigerte, weil ich nicht mehr weiter wusste.
Es gipfelte darin, dass ich in den vergangenen Monaten -aber insbesondere in den letzten Wochen- während ich die Stufen zu dir in den dritten Stock erklomm, zwischendrin immer wieder stehen bleiben musste. Und das nicht etwa, weil ich außer Atem war, sondern weil mein Herz sich vor lauter Stress und Aufregung überschlug!
Ich hatte richtiggehend Angst vor unseren Begegnungen, weil ich nie wusste, was mich dann an Distanz und Unnahbarkeit erwartete.
Ich wollte dir so gern nahe sein, habe mich so unendlich nach dir gesehnt, nach deinem Arm, deiner Nähe, deinem liebevollen Blick.
Aber da gab es nichts mehr. Es war so, als ob alle deine Gefühle oder die Fragmente, die einstmals vorhanden waren, für immer für mich erloschen waren - all das stürzte mich in eine tiefe Verzweiflung. Ich kann dir gar nicht sagen, wie mich das fertig gemacht hat und immer noch macht.
Gleichzeitig habe ich mich dafür gehasst, dich darum zu bitten, mich in Deine Arme zu nehmen, aber ich konnte nicht anders! Mein Verstand sagte ständig, tue es nicht, sonst macht er noch mehr dicht, doch wenn ich dich ansah quoll meine Liebe einfach über zu dir. Meine Sehnsucht nach dir gewann jedes Mal, nahm dabei stets Überhand.
Jedes andere Thema war zwischen uns okay, wir konnten uns so gut wie über alles Mögliche austauschen - nur eben über deine Gefühlswelt war ein Austausch nicht möglich.
Ich vermutete jahrelang, es läge an mir, dich nicht erreichen zu können!
Habe alles, wirklich ALLES versucht - und bin letztendlich daran gescheitert.
Am Abend unseres letzten Spaziergangs wurde mir das alles plötzlich SO deutlich bewusst!
Auf der Bank blickte ich auf das Fußballfeld, dachte mit Wehmut an unser erstes Osterfeuererlebnis und all die anderen Situationen, in denen ich deine Liebe (oder Schwärmerei, oder Hormonausschüttungen wie du es nennst, oder was immer?) dachte.
Und dort reifte in mir der Entschluss, dass ich es zuende bringen muss.
Auch schon vorher hatte ich diese Gedanken, doch nie den Mut, sie letztendlich in die Tat umzusetzen. Immer wenn ich dich ansah spürte ich meine tiefe Liebe zu dir, die verhinderte, den Abschied einzuläuten, doch an diesem Tag, an dem du mich nicht ein einziges Mal angelächelt hast, als ich deutlich spürte, dass du die Nase voll hast von meinen Blicken und Gesten, die Dich darum baten dich mir zuzuwenden, wusste ich, dass ich gehen muss.
Es zog sich alles in mir zusammen und als wir uns im Auto auf dem Heimweg befanden, ging mir durch den Kopf, dass ich noch einmal darauf zu sprechen kommen muss, bevor ich es beende. Noch ein letztes Mal, von der irrationalen Hoffnung begleitet, dass du anhältst und sagst, ich sehe es ein, so kriegen wir das nicht hin, lass uns Hilfe suchen, wir schaffen es nicht alleine...
Doch stattdessen hast du etwas anderes gesagt. Im Grunde genommen hatte ich auch nichts anderes erwartet, was meinen Entschluss nur noch mehr festigte, dennoch klomm da immer noch ein kleines Fünkchen Hoffnung in mir...
Das wurde durch deine Worte jäh gelöscht. Und so musste ich gehen. Du hast mir gar keine andere Wahl gelassen, keine Chance signalisiert, sie mir im Grunde genommen nie und zu keiner Zeit gegeben.
Die Erkenntnis zog mir den Boden unter den Füßen weg. Zuhause sackte ich förmlich zusammen, habe laut und verzweifelt geweint und mir Vorwürfe gemacht, mich selbst bezichtigt... ach Mensch, das war so schlimm - und ist es noch! Noch keinen Deut besser.
Wie soll ich es nur schaffen, mein zukünftiges Leben ohne dich zu gestalten? Wie soll ich meinem Herzen sagen, dass es aufhören soll, für dich zu empfinden? Wie soll ich auf deinen Geruch verzichten, auf den Blick deiner wundervollen Augen, deinen Humor, deine Klugheit?
Warum zum Teufel habe ich mir jemanden gesucht, dessen Liebe ich hinter herlaufen musste und sie zum Ende doch nicht bekam?
Zu Hilfe - was fange ich nur an, ohne Dich?
PLÄNE
Ich muss hier weg.
Weg aus diesem Kaff, das von Anfang an nichts Gutes für mich bereit hielt. Dich eingeschlossen.
In der Nachschau hätte ich auf diese Erfahrung gerne verzichtet. Wirklich!
Ich zwinge mich, es anzupacken.
Telefoniere, maile, schreibe Bewerbungen... versuche mir einen neuen Lebensraum zu schaffen in der Nähe meiner Tochter und ihrer kleinen Familie, der ich willkommen bin und die mich schon seit langer Zeit fragten, warum ich mir all das so lange von dir gefallen ließ.
Und das ist die Kernfrage, der ich mich stellen muss:
Was veranlasste mich, mich erneut einem Menschen zuzuwenden, der nicht ehrlich zu mir war und mich belog?
Im Grunde genommen kenne ich die Antwort.
Jede/r von uns kennt sie - es ist nur so schwer, sie sich einzugestehen.
Wenn Ihr bis hierhin gekommen seid, habt Ihr wahrlich Geduld bewiesen!
Ich danke Euch für's Lesen
Abby
26.06.2012 19:28 •
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