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Alleine zufrieden sein?

H
Liebes Forum,
nachdem ich - frisch im Liebeskummer - seit vorgestern hier mitlese, hätte ich gerne euren Input zu diesem so gerne hingeworfenen Satz Du musst alleine zufrieden sein.

Wenn damit gemeint ist zufrieden sein mit Dir selbst im Sinne von Selbstachtung, Selbstwert, sich um sich selbst kümmern, Zeit alleine verbringen können und insbesondere keine Kontakte pflegen, die einem nicht gut tun - geschenkt. Das ist sicherlich oft schwerer zu erreichen als es sollte, aber es sollte selbstverständlich sein.

Wenn damit aber wirklich gemeint ist zufrieden sein alleine, dann kapiere ich es einfach nicht.

Denn der Mensch ist wohl unstreitig ein soziales Wesen und zu seinen Grundbedürfnissen gehören auch Zuneigung, Zuwendung, Berührung. Bei aller Selbstliebe - diese Befürnisse können per defitionem nur von außen erfüllt werden. Das muss nicht unbedingt eine Partnerschaft sein, für Berührung mag der ONS herhalten, Zuwendung und Zuneigung finden die meisten auch bei Familie und Freunden - dann aber in einer anderen Form als die partnerschaftliche Zuneigung.

Zufrieden sein alleine (nicht: zufrieden sein mit sich selbst) bedeutet dann also, dass bestimmte Grundbedürfnisse nicht erfüllt werden, also ein Verzicht. Sicher kann man mit Verzicht leben, sich daran gewöhnen, kompensieren durch andere Dinge oder vielleicht hat man im Einzelfall das Bedürfnis nach z.B. partnerschaftlicher Zuneigung auch nicht. Ich habe das aber - und von mir zu fordern sei alleine zufrieden bedeutet finde Dich mit dem Verzicht ab. Gerne von Menschen, die selbst in Beziehungen leben, und die frage ich ja auch nicht: Oh, Du lebst in einer Beziehung? Dann kommst Du mit Dir selbst vielleicht nicht klar, denn sonst wärst Du alleine zufrieden. Die freundschaftliche Zuneigung stellt ja auch niemand in Frage. Jemandem, der darüber klagt, keine Freunde zu haben, wird nicht geraten, alleine zufrieden zu sein, sondern rauszugehen und welche zu finden.

Deshalb macht mich dieser Satz mittlerweile einfach nur noch unglaublich wütend. Und ich empfinde ihn kein bisschen als Hilfestellung, sondern als eine ziemlich herablassende Missachtung dessen, was ich mir wünsche.

Habe ich da irgend wo einen Denkfehler? Oder ist mit alleine zufrieden sein tatsächlich gemeint mit sich selbst zufrieden sein (wie oben schon gesagt, letzteres kaufe und verstehe ich)?

Wie empfindet ihr das?

26.06.2021 13:32 • #1


Nicoletta_2
Hallo @Hennessy

Für mich persönlich heißt das nicht, dass man keine private Kontakte haben darf oder ähnliches. Es bedeutet für mich einfach nur, dass man im Außen nichts findet, was einem im Inneren fehlt. Es heißt für mich, dass man mit seinem Leben als solches zufrieden ist und eine Partnerschaft nur das i-Tüpfelchen wäre. Nur so kann eine gesunde Beziehung geführt werden. Es heißt für mich, dass ich mich selbst so liebe wie ich bin und mich auf allen Ebenen (charakterlich, körperlich, etc) mag.

26.06.2021 13:39 • x 2 #2


A


Alleine zufrieden sein?

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L
Zitat von Hennessy:
Deshalb macht mich dieser Satz mittlerweile einfach nur noch unglaublich wütend. Und ich empfinde ihn kein bisschen als Hilfestellung, sondern als eine ziemlich herablassende Missachtung dessen, was ich mir wünsche.

Kann ich sehr gut nachvollziehen, zumal eine Liebesbeziehung zu führen (selbst eine gute) nicht heißt, dass man irgendwie besser, weiter oder sonstwas wäre...

Menschen sind nie perfekt, schon gar nicht in Liebesdingen.

Es braucht jemanden dessen Knacks zum eigenen passt, das ist es eigentlich schon.

Trotzdem bin ich ein sehr großer Fan davon sich von anderen Menschen und deren Meinung nicht abhängig zu machen.

26.06.2021 13:44 • x 1 #3


Urmel_
Zitat von Hennessy:

Habe ich da irgend wo einen Denkfehler?

Möglich.

Ein Beispiel, die Zusammenhänge an sich sind natürlich komplexer.

Natürlich fühlen wir uns nicht gut, wenn Nähe fehlt. Du hast ja korrekt geschrieben, dass wir soziale Wesen sind. Jedoch sollte eine Phase mit weniger Zuspruch nicht zur Manipulation der Umwelt führen, um diesen Umstand zu beheben.

Ein Mädchen hat in der prägenden Phase der Kindheit zu wenig Nähe/Sicherheit erfahren. Sie hat also einen Mangel in sich, der aus ihr selber entspringt und sie wird ihr ganzes Leben darunter leiden, wenn sie diese Wunde in sich nicht angeht. Man muss sich diesen Mangel als Angstzustand vorstellen, der aus der kindlichen Welt entspringt. Wie die Angst vor dem Monster im Keller. Emotional, nicht rational.

Nun ist das Mädchen eine Frau geworden und es gibt Probleme in der Partnerschaft, weil sie vom Partner zu viel Nähe fordert. Und der Ursprung ist das kindliche Ich, also nix mit Ratio. Und das zu viel an Nähe, vielleicht auch Misstrauen, geboren aus der kindlichen Angst, belastet die Beziehung.

Oft spürt ein gesunder Partner diese kindliche Wunde, die ihn selber in Mitleidenschaft zieht, hat aber zu wenig Wissen oder nur eine Ahnung und wünscht dem Partner, dass er aus sich selbst glücklich werden soll. Weil er spürt, dass das Fass ohne Boden (Angst) nicht von außen gefüllt werden kann.

Also meint man oft, dass man in sich selbst suchen soll und sich der kindlichen Angst stellen soll, weil kein Glück von außen diese Wunde schließen kann.

26.06.2021 14:13 • x 6 #4


H
@Hennessy Mich hat dieser Satz auch immer unglaublich wütend gemacht. Trotzdem habe ich ein paar solo Jahre gebraucht, um Wunden zu *beep* und mein Koordinatensystem neu zu ordnen.
So ganz alleine war ich nicht, Kinder, Freunde, Beruf. Tiere.....trotzdem war es nicht immer einfach. Was heisst, es war nicht immer einfach, es war oft richtig grausam und schwer. Irgendwann zeigen sich dann aber auch Vorteile, die für eine neue Beziehung oft sogar gewinnbringend sind

26.06.2021 14:19 • x 1 #5


Plentysweet
Zitat von Urmel_:
Also meint man oft, dass man in sich selbst suchen soll und sich der kindlichen Angst stellen soll, weil kein Glück von außen diese Wunde schließen kann

Das ist ja auch größtenteils so. Ein Partner kann Dich nicht reparieren oder heilen. Er kann nur mit Dir zusammen den Lebensmist durchstehen, erdulden. Und wenn Du so jemanden hast, der das tut und dazu noch Freude in Dein Herz bringt, mach es diesem Menschen in Deinem Leben so schön, daß er nie wieder gehen möchte

Zum Thema: Dauerhaft allein sein ist sogar schädlich. Man kommt dann komisch drauf, der Mensch ist ein soziales Wesen. Aber das soziale Zusammensein kann ja viele Facetten haben. Es braucht nicht immer und unbedingt einen Partner.

26.06.2021 14:24 • x 3 #6


Hola15
Ich glaube es ist entscheidend das innerliche Wissen zu haben, dass (auch mal) alleine zu sein nicht schrecklich, nicht defizitär, sondern auch ok oder vielleicht ganz gut sein kann.

Eine Partnerschaft sollte ein Kann darstellen aber kein Muss. Damit erlangst du die innere Freiheit zu wählen und nicht auf Teufel komm raus das Nächstbeste zu nehmen oder in etwas Destruktivem auszuharren.

Ich kann dir sagen, dass es mich nun fast ein Jahr beschäftigt hat mit dem allein-sein zurechtzukommen. Irgendwie war da immer der Drang nach Ersatz, nach irgendwem der die Lücke füllt, obwohl ich genau wusste, dass das nach hinten losgeht und ich deshalb auch die Füße stillgehalten habe.
Und siehe da, seit ein paar Wochen geht es mir soooo gut alleine und ich bin so zufrieden, dass ich hoffe, dass mein Traummann nicht (jetzt) um die Ecke kommt.

26.06.2021 14:46 • x 3 #7


Jane_1
Zitat von Hennessy:
Oder ist mit alleine zufrieden sein tatsächlich gemeint mit sich selbst zufrieden sein ?

Ich würde sagen, tatsächlich beides.
Es gibt viele Menschen, die nicht alleine sein können, die einen Partner regelrecht brauchen. Die nach einer Trennung denken, sie werden wahnsinnig vor Schmerz und sich als Medikation jemand anderen suchen. Ich weiß das so genau, weil ich selber so war.

Nach meiner letzten Trennung wußte ich, ich muss jetzt alleine bleiben. Ich muss durch den Schmerz, durch die Einsamkeit und alles ertragen. Ich wusste, dass alles andere falsch wäre.
Und tatsächlich kann ich sagen: Ich war noch in meinem Leben so lange Single. Und ich war noch nie so oft zufrieden und glücklich.
Wobei ich langfristig gerne wieder einen Partner hätte, aber ich verzehre mich nicht mehr danach und ich glaube, das ist gut und das ist mit diesem Satz gemeint.

26.06.2021 15:02 • x 5 #8


H
Danke für eure Sichtweisen dazu.

Ich war in meinem Leben sehr viele Jahre ohne Partnerschaft, teilweise aufgrund äußerer Umstände, teilweie aufgrund in mir liegender Umstände. Und damit konnte ich sehr lange gut umgehen, ich finde sehr viel Freude und Erfüllung in meiner Arbeit, ich bin jahrelang viel gereist, habe viel Sport gemacht, konnte schon immer gut alleine Zeit verbringen und diese mit Lesen, Ausflügen, Kultur füllen und hatte - das allerdings abhängig von meinem Wohnort, den ich sechs Mal gewechselt habe - nette, gewinnbringende soziale Kontakte um mich.

Ich kann das - aber die Zeiten mit Partnerschaft waren die schönsten. Vielleicht fehlt mir auch einfach nur die Bereitschaft, auf die Dinge zu verzichten, die eine Partnerschaft bieten kann, weil ich oft und lange ohne war. Dass sich das irgend wie aufsummiert hat, und ich deshalb jetzt jeden mit seinem alleine zufrieden sein furchtbar doof finde...

26.06.2021 15:11 • #9


H
Zitat von Hennessy:
Danke für eure Sichtweisen dazu. Ich war in meinem Leben sehr viele Jahre ohne Partnerschaft, teilweise aufgrund äußerer Umstände, teilweie aufgrund in mir liegender Umstände. Und damit konnte ich sehr lange gut umgehen, ich finde sehr viel Freude und Erfüllung in meiner Arbeit, ich bin jahrelang viel gereist, ...

Es ist auch doof. Wie du schon sagtest, wir sind soziale Wesen und Säugetiere, so auf Dauer beziehungslos zu sein kann regelrecht krank machen, vor allem, wenn vorher erfüllende Partnerschaften da waren. Aber das Leben fließt, genau wie die Liebe, da komm noch was. Und bis es soweit ist, macht man es sich selbst gemütlich

26.06.2021 15:16 • x 4 #10


P
Hallo @Hennessy

Der Satz: Du musst alleine zufrieden sein , oder sei zufrieden alleine, ist in meinen Augen derb und hart ausgesprochen.

Müssen tust du erstmal gar nichts, ausser sterben. Das muss jeder Mensch irgendwann.

Viele Leute sind nicht so feinfühlig, hart in ihren Aussagen und können damit so jemand wie dich verletzen.

Ich selber sehe es aber als sinnvoll an, auch mal wirklich alleine bleiben zu sollen um zu lernen, dass man auch gut mit sich selber umgeht und lernt, sich selber auch das zu geben, was man braucht.

Natürlich bleibt das Küssen und die Umarmungen und der S. mit einem Mann auf der Strecke.

Aber es geht wirklich ohne, wenn man mal allein bewusst leben möchte, nicht weil man muss, weil man niemand findet, sondern weil man von sich aus einfach mal bewusst das Single- Leben führen möchte.

So viel Liebe, die ich mir seit zwei Jahren gebe, bekam ich nie wirklich von einem Mann. Ich kann wirklich sagen: Ich liebe mich momentan selber. Und ich möchte diesen Zustand auch in den nächsten zwei-drei Jahren weiterhin ausleben.

Es ist also die Einstellung zum Alleine-Leben

Ich wünsche dir, dass du für dich, das Gute findest, egal wie

L G Pinkstar

26.06.2021 15:23 • x 4 #11


P
Noch zu erwähnen wäre: Die die sagen, du musst alleine zufrieden sein, sind die, die es selber gar nicht können, allein sein

Weil sie es nicht wissen, wie es ist alleine zu sein.

Ich musste mir oft von meinen Eltern anhören: Bleib lieber alleine. Nun, die haben wirklich gut reden. Die haben sich Mal sehen, wenn einer von Beiden stirbt, wie sie sich dann dazu äussern werden, zum allein sein

26.06.2021 15:29 • #12


B
Auch mich macht es wütend, wenn ich höre du must erstmal alleine sein. Es wird schon regelrecht geurteilt, wenn man nicht alleine sein kann. Manch einer kann es, sie sind dazu geboren, während andere dazu gezwungen sind. Es ist wie mit einem Kinderwunsch, manchen wird er erfüllt, andere bleiben kinderlos. Ob ich es wirklich in der Hand habe, eine erfüllende Beziehung zu leben, ist sicherlich vorbestimmt.

26.06.2021 15:57 • x 1 #13


L
Ja, ich finde schon, dass es da einen Denkfehler gibt.
Ich verstehe deine Situation natürlich und kann auch deine Sicht nachvollziehen. Jedoch übersiehst du etwas finde ich:

Ich glaube es hilft sich erstmal zu überlegen, was genau einem eine Partnerschaft gibt. Eigentlich hast du deine Frage selbst sehr gut beantwortet. "Das muss nicht unbedingt eine Partnerschaft sein, für Berührung mag der ONS herhalten, Zuwendung und Zuneigung finden die meisten auch bei Familie und Freunden-dann aber in einer anderen Form als die partnerschaftliche Zuneigung".
Und ja, ganz genau so ist es.
Ja der Mensch ist ein soziales Wesen aber das Soziale kann ja ganz vieles sein. Soziales Wesen heißt, dass wir jetzt nicht die besten Überlebenschancen allein im Wald oder allein auf einem Berg, abgeschottet von anderen Menschen, hätten.
Es gibt ganz viele Arten des sozialen Lebens und wenn man verbissen nur eine einzige Form möchte, kreiert das eine Erwartungshaltung die meiner Meinung ja schon fast zum Scheitern verurteilt ist.

Ich WÜNSCHE mir eine Partnerschaft ist ein WUNSCH. Und das sollte es auch sein. Es ist ein Unterschied ob man sich etwas wünscht, oder sein Lebensglück davon abhängig macht.
Ich (übrigens w, 30, single) wünsche mir irgendwann Kinder, aber ich mache mein Lebensglück nicht davon abhängig, dh, wenn ich keine Kinder haben sollte, dann kann ich auch damit leben und werde vielleicht glückliche Tante oder engagiere mich ehrenamtlich für Kinder. Ja, nicht das was ich mir wünsche, aber ich mache jetzt auch nicht mein Lebensglück davon abhängig.

Ein WUNSCH hat auch viel damit zu tun was wir selbst erwarten bzw mit Ideen die wir uns in den Kopf setzen. Der Erste Schritt ist meiner Meinung daher sich einfach mal andere Lebenskonzepte durch den Kopf gehen zu lassen. Am Anfang wird man sich wahrscheinlich unwohl bei dem Gedanken fühlen, eventuell ohne eine tiefe Partnerschaft zu leben, aber mit der Zeit, und vor allem je mehr man sich mit Alternativen die einem eine Partnerschaft gibt beschäftigt, desto eher wird man sich mit dem Gedanken anfreunden können und irgendwann alleine glücklich sein. Du hast absolut recht, wir sollten niemals komplett allein sein müssen, aber wie gesagt, es gibt viele Arten wie man seine Bedürfnisse befriedigen kann.

Wenn man jedoch aus einem Wunsch sein Lebensglück definiert, dann fühlt sich das in der Tat an wie Verzicht und erschwert einem vieles. Ich verstehe dich und deine Wünsche aber ich glaube es würde helfen, wenn du anfängst dir Gedanken zu machen wie du dein Leben ohne eine Partnerschaft gestalten könntest und glücklich wärst. Denn wenn du eben nicht alleine glücklich sein kannst, dann wird das Kennenlernen mit einem potenziellen Partner nicht mehr locker und gelassen sein, und der Andere wird dies spüren bzw man wird selbst nicht mehr "neutraler" Urteilen können ob die Person überhaupt zu einem passt.

26.06.2021 22:01 • x 1 #14


H
Zitat von Lelee:
Wenn man jedoch aus einem Wunsch sein Lebensglück definiert, dann fühlt sich das in der Tat an wie Verzicht und erschwert einem vieles. Ich verstehe dich und deine Wünsche aber ich glaube es würde helfen, wenn du anfängst dir Gedanken zu machen wie du dein Leben ohne eine Partnerschaft gestalten könntest und glücklich wärst.


Ich danke Dir. Denn ich glaube, mit diesen Worten hast Du genau auf den Punkt gebracht, wozu ich nicht / noch nicht / nicht mehr bereit oder in der Lage bin und nach insgesamt vielen, von ein paar wenigen Beziehungen unterbrochenen Jahren des Alleinseins erstmals bis in die Haarspitzen mit dem ohne-Partner-Sein unglücklich bin und leide.

27.06.2021 06:57 • #15


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