Zitat von Allesneu21: Nachtrag: ich war vermutlich einfach sehr, sehr bedürftig.
Natürlich warst Du bedürftig, was denn sonst? Wären Deine Bedürfnisse wo anders bedient worden, hättest Du Dich nicht in diesen anderen Mann verliebt und das warst Du. Es war ja schon so weit, dass Du ihn als den Mann Deines Lebens eingeordnet hattest.
Ich hatte ja auch eine Affäre und war wegen der Nachwehen nach dem Ende (er hatte sie beendet) bei einem Psychotherapeuten und sagte als erstes: ich hatte eine Affäre.
Der PT sagte, Affären haben immer einen Grund. Mangelnde Aufmerksamkeit, mangelnde Wertschätzung, der Wunsch nach Abwechslung, vielleicht auch der unterschwellige Wunsch nach Rache am Partner.
Es gibt viele denkbare Motive, aber letztendlich lassen sie sich alles auf einen Hintergrund reduzieren. Man kommt mit sich selbst nicht klar, man mag sich selbst nicht, man hat keine gute Einstellung zu sich selbst, man fühlt sich übergangen, kalt gestellt, zu wenig beachtet.
Innere Unzufriedenheit liegt oft nicht am Partner, sondern auch an einem selbst und die schlechte Selbstakzeptanz wird dann gerne auf den Partner projetziert, der nicht ist wie er sein sollte.
Das macht der Mensch gerne so, weil er dann sozusagen einen Schuldigen hat. Dabei wäre es an einem selbst, zu lernen sich selbst zu akzeptieren und vor allem sich selbst wertzuschätzen.
Da diese Fähigkeit bei vielen Menschen unterentwickelt ist, fällt einem oft nichts anderes ein als das in der Umwelt zu suchen und damit zu kompensieren. Man sucht Bestätigung in der äußeren Welt und kommt dann noch einer daher, der diesen Mangel in einem selbst auszufüllen scheint, lässt man sich gerne darauf ein. Denn dieser Andere hat ja dieselben Blessuren, auch er ist unzufrieden, die Partnerin ist nicht so wie sie mal war, auch er bekommt zu Hause nicht mehr zu hören, wie toll er ist und wie sehr man ihn bewundert. Auch er kompensiert einen inneren Mangel mit einer Affäre, die vielleicht sogar zumindest die erste Zeit als der neue Stern am Himmel beurteilt wird, der ja so viel heller strahlt als die trübe Tasse, die man zu Hause hat.
Als mir der PT das kurz und knapp gesagt hatte, dass Affären einen Grund haben, empfand ich es als Entlastung. So weit hatte ich selbst noch nicht gedacht. Aber ja, es stimmte. Ich fühlte mich damals unausgefüllt, war unzufrieden und ich hatte kein gutes und stabiles Selbstgefühl. Ich mochte mich nicht und daher brauchte ich Jemanden, der mir das Gefühl gab, . liebenswert zu sein, damit ich selbst glauben konnte, dass ich liebenswert war.
Meine Ehe dümpelte so vor sich hin, ich hatte keine große Lust mehr auf Zweisamkeit, mir war langweilig und eine innere Leere stellte sich ein. Ich war der Meinung, ich hätte meinen Mann besser nicht geheiratet.
Und dann kam er, die Lichtgestalt und alles wurde anders. Nur auf Zeit natürlich, denn auch der Affärenpartner ist nur ein Mensch mit seinen eigenen Problemen, die man aber erst später erkennt.
Affären sind oft eine Art Therapie für Dinge, die man in sich nicht selbst richten und gerade rücken kann. Die Affäre wird zu einer Art Seelenklemptner und man merkt nicht mal sebst, dass man selbst den Affärenpartner auch für eigene Zwecke benützt. Zur Selbstaufwertung nämlich. Mann, ich bin so toll, dass dieser einzigartige Mensch mit mir Zeit verbringt und mir die Sterne vom Himmel holt.
Es gibt natürlich auch notorische Fremdgeher, aber da geht es im Grund genommen auch nur um Selbstaufwertung. Nur dass ein notorischer Fremdgänger meist kein schlechtes Gewissen hat, denn er ist Affären ja gewohnt.
Du hattest also eine emotionale Affäre und dann erfuhrst Du, dass Dein Mann auch eine gehabt hatte. Eigentlich wärt Ihr damit ja quitt. Wie Du mir, so ich Dir.
Du misst aber mit zweierlei Maß. Du hattest eine Affäre, die Dich abgesägt hat und Du kannst aber Deinem Mann seine Affäre nicht verzeihen. Du musst sie auch gar nicht verzeihen. Warum denn? Verzeihen hört sich immer so großmütig und reif an, aber was steckt dahinter? Verzeihung wirkt oft gönnerhaft. Ich bin so edel und großzügig , dass ich Dir verzeihe, denn ich bin ja der Gute von uns beiden. Und damit wird der Partner dann in eine Ecke gestellt. Er hat gefehlt, er hat Grenzen überschritten, er hat etwas getan, was man ihm nicht nachsehen kann und der muss sich ab jetzt schon sehr anstrengen und untadelig sein, damit man nicht wieder mit dem Aufrechnen anfängt.
Im Grund genommen gehst Du ja mit Deinem Mann so um. Du prüfst, Du überwachst, Du kontrollierst, Du wertest (ihn ab), denn bei jeder kleinen Abweichung schrillen Deine Alarmglocken. Dabei warst Du keinen Deut besser, das mal nebenbei. Und er muss sich jetzt ins Zeug legen, Dir ständig seine Liebe gestehen, er darf sich keinen Fehler, keine Abweichung erlauben, ohne dass Du am Rad drehst. Er soll sehen dass Du Bedürfnisse nach Sicherheit hast, nach Liebe. Er soll Dich in den Arm nehmen und Dir sagen, es ist alles gut zwischen uns.
Und was tust Du für ihn? Nicht allzu viel, außer Erwartungen zu haben, von denen ich mich frage, wie ein Mensch diese auf Dauer erfüllen kann und vor allem will. Und statt ihm zu trauen, überprüfst Du sein Verhalten stets aufs Neue. Und damit boykottierst Du die Zukunft Euerer Beziehung und stellst Dich quasi über ihn. Dabei warst Du selbst eine von der Sorte. Dass es nicht zum körperlichen Vollzug kam, lag ja nur daran, dass der Affärenmann sich vorher zurück zog.
Die Schuld, die Du auf Dich geladen hast, soll Dir Dein Mann verzeihen. Er tut es vielleicht auch oder es ist einfach nicht mehr wichtig für ihn, weil Du ihm eben doch wichtiger bist als die Affäre. Aber das reicht Dir ja nicht.
Denn Du hast einen inneren Mangel, der beständig nach Kompensation ruft und sie nicht in ausreichendem Maße bekommt. Das liegt aber an Dir selbst. Was Du nicht selbst für Dich tun kannst, das kann auch kein anderer tun.
Du hast falsche Erwartungen an den Partner. Er ist nicht dafür da, dich glücklich zu machen und dafür zu sorgen, dass Du Dich gut und sicher fühlst, wenn Du nicht gut mit Dir sein kannst.
Er kann das auch gar nicht erfüllen.
Fang bei Dir an und lerne mit Dir selbst glücklich zu sein. Lerne Dich anzunehmen mit allen Fehlern und Vergehen. Du bist Mensch und Du hast Fehler. Und wenn Du Dir selbst verzeihen könntest (um wieder dieses blöde Wort zu gebrauchen, das ich nicht sonderlich mag), dann könntest Du auch Deinem Mann diese Affäre nachsehen. Noch dazu, weil Du ja auch nicht besser warst.
Aber Du siehst Dich als diejenige, die verzeihen muss und es nicht kann, weil der Verrat von ihm an Dir schwerer wiegt als der Verrat, den Du an ihm begangen hast.
Wie Du dieses Dilemma für Dich lösen kannst, kann ich Dir nicht sagen. Aber Du rechnest auf und trägst ihm das nach und bist meilenweit davon entfernt, diese Affäre als das zu sehen was sie war. Ein Bedürfnis nach Bestätigung, nach Zuneigung, nach Interesse, das man in der Alltagsehe nicht mehr fand und sich zeitweise woanders erfüllte, ehe man erkannte, dass das nicht der richtige Weg ist um das zu richten, was im Argen liegt.
Dein Mann scheint da weiter zu sein, aber er ist in der Rolle eines Erfüllungsgehilfen, in die Du ihn gesteckt hast. Gib mir keinen Anlass zu Misstrauen, gib mir keinen Grund, dass ich Angst haben muss, dass Du Dich wieder einer anderen zuwendest, so die Botschaft an ihn. Bitte nimm mich in den Arm, gib mir Sicherheit und hilf mir Dir zu vertrauen.
Denn ich vertraue Dir nicht. Ich bin so klein und so schwach, dass ich das nicht kann und daher musst Du das jetzt leisten.
Sag mal, wie siehst Du denn Eure Beziehung in einigen Jahren, falls sie denn überhaupt hält? Soll das ewig so weiter gehen mit Terminkalender und wenn er mal vergisst oder aus anderen Gründen einen Termin nicht einträgt, kriegst Du Schnappatmung und Panik? Ist das ein Modell für die Zukunft?.
Du wirkst auf mich wie ein Kreisel, der sich beständig um sich selbst dreht. Ich will, ich fühle, ich wünsche mir, ich , ich, ich und Du, Du musst liefern.
Du kannst Dich trennen, klar, geht ganz einfach heutzutage. Ist normal. Aber ich bezweifle ehrlich gesagt, dass es Dir dann tatsächlich besser geht. Denn wer soll denn dann Deine inneren Abgründe auffüllen?
Verzeih Dir selbst und Du kannst auch einem anderen verzeihen.Es gibt Menschen, die sogar dem Mörder ihres Sohnes verzeihen können, weil sie erkannt haben dass man nur dadurch zu innerem Frieden finden kann.