Zitat von Butterblume63: , wie hast du es erlebt,dass dein Mann dich auf Grund der Affäre nicht verlassen hat. Ist man dankbar,erlebt man tiefe Scham,Erleichterung?
Mein Mann wusste nach den ersten hochfliegenden Wochen von der Affäre. Ich habe gesagt, ich hätte Jemanden kennengelernt.
Er blieb ruhig und sagte: ein Wunder, dass es jetzt erst passiert.
Heißt, auch er hatte unsere Ehe mittlerweile als nicht mehr sehr tauglich eingestuft und er wusste, dass ich unglücklich und unzufrieden war, was mich in die Affäre trieb. Denn hier fühlte ich mich endlich verstanden, geliebt, umworben - aber eben nur die ersten Monate, ehe der Abstieg begann. Und zwar genau zu dem Zeitpunkt, als ich begann, die Affäre als Absprungbrett in ein neues Glück zu sehen. Heißt, ich band mich stärker an den AM und der ging allmählich auf Rückzug.
Wer Distanz erfährt, versucht immer, die Distanz zu verringern und greift zu diversen Taktiken, die alle nichts bringen. Denn kaum rückte ich wieder an, zog er sich zurück. Er sorgte also dafür, dass die Distanz in der Affäre immer die gleiche blieb, so dass er damit umgehen konnte. Er war ein Bindungsphobiker, was ich wusste. Seine Biografie sprach Bände, aber ich dachte mir, was sich Frauen gerne denken: er ist ehrlich, er hat die Richtige noch nicht getroffen und die werde sicher ich sein.
Meine Ehe bestand weiter, denn mit dem AM führte ich nur eine Fernbeziehung. Wir sahen uns ungefähr alle zwei Wochenenden. Mein Mann machte keinen Terror. Es war, als hätte er die Affäre akzeptiert. Er stellte keine Ultimanten, forderte nichts ein, weil wohl ziemlich klar war, dass ich bei Druck von seiner Seite noch mehr abspringen würde.
Er wollte mich halten und ich denke, er sah die Affäre als etwas, was vorüber geht und was nicht viele Worte wert ist. Und genau diese Art von ihm, keine Fragen zu stellen, mich einfach zu lassen wie ein Kind, das seinen Weg schon finden wird, hielt mich. Ich begann ihn dafür zu bewundern. Er hatte Format und innere Größe, die ich beim AM vermisste, der wie ein Segel im Wind war, nur dass es keinen Steuermann gab außer seinen inneren Impulsen.
Auf längere Sicht zerreisst einen das. Man ist zwar eigentlich ehrlich, wenn man den EP nicht im Ungewissen lässt, aber weiß doch, dass es so nicht gehen kann. Wie lange soll das funktionieren?
Ich wusste innerlich schon lange, dass die Affäre niemals in eine Beziehung übergehen würde, aber da kamen auch meine bindungsvermeidenden Tendenzen zu Tage. Lauf von mir weg und ich jage Dir nach. Hätte mein AM Druck gemacht, hätte ich mich vermutlich zurück gezogen, auf Zeit gespielt und gesagt, diese Entscheidung müsse reiflich überlegt werden.
Ich hatte mich emotional in eine Abhängigkeit begeben, die mich wider besseres Wissen unfähig machte, die Affäre zu beenden. Alles, nur das nicht! Ich wusste irgendwann, dass Ängste und Ungewissheit mich plagten und dass ich mit Angstgefühl im Gepäck wieder zur Affäre fuhr und hoffte, dass es dieses Mal gut laufen würde und ich mir wieder meinen Stoff abholen würde (Zuwendung von einem, der sich nicht groß für mich interessierte, körperliche Zuwendung, Bestätigung von einem, dem ich irgendwie doch egal blieb).
Heute würde ich mich rückblickend aus Süchtige bezeichnen, die schlichtweg realitätsfremd zu leben versuchte und doch immer wieder eingeholt wurde und neue Verletzungen davon trug. Eigentlich ein Fall für eine Therapie! Ich kann es heute nicht mehr verstehen, wie ich damals vorging. Feige, klammend, unfähig zu einer Entscheidung, sich durchlavierend, ängstlich und kleinmütig, was ich tapfer zu verbergen suchte. Aber auch die Ängste die ich unbewusst in der Affäre zeigte, schafften Distanz zum AM. Er blieb für sich - immer. Er entschied über sein Leben und ich war ein Zaungast, der mehr Anteil gewollt hätte.
Es war dann doch gut, als er sich trennte. Rückblickend zumindest, denn die Affäre war längst in eine Abwärtsspirale geraten, die sich immer schneller drehte.
Dann saß ich da. Verlassen vom AM und dort der friedliche EM, der einfach wartete, bis meine Eskapaden vorbei waren und ich mich allmählich wieder stabilisierte.
Ein langer Weg, denn vom Rausch der Affäre, den diese mir ja doch bescherte wieder in ein 0815-Leben zu finden, ist nicht einfach. Es fehlt was, es fehlt viel. Aber wo war die Alternative?
Nach dem Ende der Affäre fuhren wir in den Urlaub in die Berge und da sah ich dann ganz deutlich, wie viel mehr Format mein Mann hatte als dieser Larifari von Affärenmann.
Wir unterhielten uns mit anderen Gästen, d.h. er unterhielt sich immer gerne mit einem älteren Ehepaar am Nebentisch, das ganz vernarrt in ihn war. Seine Freundlichkeit, seine Verbindlichkeit, seine Klugheit, seine umfassende Allgemeinbildung und ich dachte mir verwundert: Wow, wieso habe ich das nie früher bemerkt!
Und dann sah ich vor meinem geistigen Auge diesen komplizierten Affärenmann, der ständig Probleme mit sich selbst hatte und diese auch in die Beziehung trug.
Natürlich war ich damit nicht entliebt, das dauerte tatsächlich noch Monate, aber mir war klar, wo ich hingehörte und was zu mir passte. Auch das Sich-Entlieben ist ein Prozess und dauert seine Zeit.
Möglicherweise belebte die Affäre meine Ehe sogar, denn ich sah meinen Mann in einem neuen Licht.
Wir kommen heute gut miteinander aus und haben wieder anders zueinander gefunden. Eine Affäre ist niemals eine Lösung, sondern schafft nur Komplikationen. Wenn ich damals gescheiter gewesen wäre, hätte ich mehr Energie in meine Ehe gesteckt als einfach alles laufen zu lassen bis eines Tages der vermeintliche Retter vor mir stand. Aber damals war ich nicht so weit wie heute. Und ich bin auch gereifter geworden und weniger blauäugig. Man lernt eben doch nur aus Erfahrungen, die man selbst gemacht hat und muss sich manchen harten Haken vom Leben gefallen lassen, aber die bleiben dann auch in Erinnerung.
Geschämt habe ich mich nie und ich kam auch nicht im Büßerhemd wieder zurück in meine Ehe. Das hätte ich nie und nimmer getan. Hätte ich jetzt zu Kreuze kriechen müssen, wäre ich gegangen, das weiß ich. Ich kann es bedauern, ich kann dazu stehen, dass ich mich in etwas verrannt hatte, aber ins Büßerhemd schlüpfe ich nicht. Das hätte auch nur wieder zu Ungleichgewicht in der Ehe geführt. Er der Brave, der alles richtig macht und die abtrünnige Frau gnädig wieder zurücknimmt, wenn sie sich ab jetzt tadellos benimmt. Nein, das kann nicht funktioneren. Man muss erhobenen Hauptes zurück kommen können und das verlangt auch vom EP viel. Beide müssen damit umgehen können.
Wenn ab da Misstrauen und grundlose Eifersucht herrschen, ist die Ehe vorbei.
Ja, ich bin dankbar, dass mir das Leben diesen Irrweg auch gezeigrt hat und dass er nicht mein Leben völlig auf den Kopf gestellt hat. Ich bin dankbar, dass unsere Ehe das ausgehalten hat und wir heute anders miteinander umgehen - liebevoller und achtsamer und auch toleranter.
Und Erleichterung verspüre ich vor allem darüber, dass dieser defizitäre AM aus meinem Leben verschwunden ist und ich praktisch nichts mehr von ihm weiß. Er hat die Puppen tanzen lassen, also mich und mich durchgerüttelt, aber auch wacher gemacht. Er hat ganze Arbeit geleistet, aber so was brauche ich nie mehr und dafür bin ich mir mittlerweile auch zu schade.
Ich bin es mir wert dass ich gut für mich sorge und ich bin es wert gut behandelt zu werden. Und vergangene Dinge sind dazu da zu lernen, aber sich nicht ewig darüber zu grämen.