Liebe Puschel8
Ich führe seit mittlerweile 24 Jahren die Ehe 2.0. Mein Mann hatte aus verschiedenen Gründen nach 7 Jahren Bekanntschaft, davon 5 Jahre verheiratet, eine Aussenbeziehung zu seiner Sekretärin. Diese begann einige Monate, nachdem ich erstmals schwanger wurde und dauerte im Endeffekt 5 1/2 Jahre. Dass etwas laufen könnte, ahnte ich einige Monate, nachdem es begonnen hatte, wirklich wissen tat ich es erst nach 1 1/2 Jahren. Ich habe damals immer wieder alle Varianten des wie weiter? durchgedacht und kam immer wieder zum gleichen Schluss: ich ertrage es nicht, mein ganzes Leben auf den Kopf zu stellen. Ich hatte neben unserer kleinen Familie einen Job, den ich nur mit einem Mann an meiner Seite machen konnte, da er mit tagelangen Abwesenheiten am Stück verbunden war. Zudem war ich selber ein Scheidungskind und das wollte ich meinem Sohn wenn immer möglich ersparen. Ich wollte meinem Mann so lange wie möglich keinen Druck machen, die Aussenbeziehung zu beenden, weil ich nicht wollte, dass er uns aufgrund meiner Reaktion auf seine Aussenbeziehung verlässt, sondern weil er grundsätzlich nicht mehr mit uns leben wollte.
Ich lasse jetzt einiges aus.. Im Laufe der 5 1/2 Jahre spürte ich, dass ich erst dann einen Entscheid fällen konnte, wenn meine Gefühle für ihn auf der 0-Linie waren. Das heisst, wenn gehen oder bleiben die gleiche Wirkung auf mich haben. Nach 5 Jahren war es aufgrund eines tragischen Ereignisses soweit: die Tochter einer sehr guten Freundin verunglückte mit 16 Jahren tödlich und ich war am Tag des Geschehens vom Moment der Todesnachricht bis zum Heimkommen nach dem Besuch in der Aufbahrungshalle bei ihr und ihrem Partner. Als ich spätnachts nach Hause kam interessierte sich mein Mann 0 dafür, was ich tagsüber erlebt hatte. Da wusste ich: jetzt ist genug, jetzt bin ich auf der 0-Linie. Noch in der gleichen Nacht stellte ich ihm das Ultimatum. Die Unfallnacht war Ende Januar und ich sagte ihm, dass sein Entscheid für sie oder mich bis zu den Sommerferien vollzogen sein müsste.
Im April hatte er sich entschieden, er blieb bei uns und seither ist es dabei geblieben.
Rückblick: ich habe in den 24 Jahren seit jenem April immer wieder überlegt, ob es gut war, so lange zu warten, oder ob ich hätte mutiger sein sollen und die Beziehung beenden. Es ging mir wie dir, mein Umfeld war einhellig der Meinung, ich solle ihn rausschmeissen. Was gewesen wäre, wenn weiss ich nicht, aber ich weiss, was in diesen 24 Jahren war. Die Geschichte kam mir immer wieder hoch und nachdem ich 5 1/2 Jahre viel Geduld mit meinem Mann brauchte, brauchte er diese nachher mit mir.
Was ich heute bedaure ist die Tatsache, dass nach dem Entscheid meines Mannes für meinen Sohn und mich der Zauber aus unserer Beziehung raus war. Ich liebte ihn noch als Menschen, aber das Spezielle, das uns vor seiner Aussenbeziehung verband, war weg und kam nie wieder.
Heute liebe ich meinen Mann immer noch und das nochmals auf eine andere Weise. Er ist mittlerweile schwer krank und ich könnte ihn momentan nicht im Stich lassen. Ich schreibe momentan, weil ich selber topfit bin und nicht weiss, was passieren würde, wenn mir der topfite Mann mit dem Wow-Effekt begegnen würde. Das hat wohl mit dem vor mehr als 20 Jahren verlorenen Beziehungs-Zauber zu tun. Ich würde meinen Mann nicht verarschen und ihm ein X für ein U vormachen. Aber ich würde wohl einen Weg suchen, um zu ihm schauen und den Mann mit Wow-Effekt geniessen zu können. Selbstverständlich in aller Offenheit gegenüber meinem Mann und dem Wow-Mann.
Fazit: ob man sich trennt oder bleibt, hängt von sooooo vielen Faktoren ab und man weiss NIE, was gewesen wäre, wenn Für mich war und ist mittlerweile das Wichtigste, genau auf meine Gefühle zu achten und so zu handeln, dass ich am Morgen nicht mit einem Knopf im Bauch erwache, sondern mich auf den Tag freue.
Wie heute!
Ganz liebe Grüsse, ich wünsche dir nur das Beste
Thekla
17.08.2021 07:39 •
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