Zitat von JuniMond70:Doch! Habe Hoffnung.
Mir geht es hier gar nicht um Hoffnung, sondern vielmehr um 'Wahrscheinlichkeit.
Ehrlich gesagt, ich kann mir weder das Eine, noch das Andere überhaupt realistisch vorstellen. Das Eine wäre ein Return ihrerseits, das Andere, dass es so bleibt, wie es jetzt ist.
Und dann gibt es da ja auch noch eine weitere Komponente, nämlich, dass ich es auch überhaupt wollen müsste, dass 'unsere eigentlich gute Sache' weiter geht.
Und ehrlich gesagt, sind die Lügen nicht ohne weiteres für mich verzeihbar. Und den Affären-Status könnte und wollte ich auch nicht weiter aufrecht erhalten.
Aber auch von ihrer Seite aus müsste sich viel ändern, was ich mir nicht vorstellen kann. Das, was ihr am meisten bei einer Veränderung der Lebensumstände zu schaffen machte, war der geographische Wechsel. Ich hatte das stets als Heimatverlustangst bezeichnet. Dies machte ihr richtig etwas aus! Ihr soziales Umfeld mitsamt animalischer Logistikleistung und auch ihrer Mutter in der Nähe. Dies aufzugeben war ihre Haupthürde für sie. Ihren Ehemann aufzugeben war dann die zweite Baustelle gewesen. Obwohl sie für den auch schon einen Plan hatte: Er bekäme jeden Monat 1.000 Euro und könne 5 Jahre im gemeinsamen Haus wohnen bleiben und nach 5 Jahren würde eine Neubewertung der Lebensumstände stattfinden. So war ihre selbstbewusste Haltung seinerzeit gewesen.
Aber dann kam ja noch ein Problem, ihre Haupthürde hinzu: Den Verlust des Zugriffs auf ihre emotionale Ebene. Stefanie Stahl sagt, dass dies ein absolut typisches Phänomen bei Bindungsphobikern wäre, dass sie, wenn eine Beziehung zu eng wird, wenn es darum geht Erwartungen erfüllen zu müssen (Ich bin es leid, dauernd Deine und T.s Erwartungen erfüllen zu müssen!) und Verbindlichkeiten (z. B. Umzug) einzugehen sowie Entscheidungen (z. B. Trennung) zu treffen der Bindungsphobiker den Kontakt zu seiner eigenen Emotionalebene verliert.
Und exakt so war es ja bei uns auch gewesen. Und als Ostern der erste OFF-Cut (Beziehungspause) kam, sagte sie, sie brauche dies, um für sich festzustellen, ob sie mich noch vermissen könne. Die Beziehungspause war dann allerdings nur so eine halbherzige Sache gewesen. Wir trafen uns trotzdem, aber nicht mehr so oft. Und als wir dann in Mannheim zusammen im Mai arbeiteten und ich sie bei ihrem Auftraggeber zusammen mit einem Kollegen besuchte küsste sie mich vor Gott und der Welt auf den Mund. Irgendwann kam sie auch einmal zu meinem Auftraggeber, sogar zwei Mal, und tat dort das Gleiche.
Mir hatte dies gefallen, war dies doch in meinen Augen ein Zeichen für mehr Verbindlichkeit darstellte, dass sie auch in der Öffentlichkeit zu unserer Liebe steht. Denn dies hatte ich dieses Jahr EXTREM angemahnt gehabt, nachdem sie sagte, dass meine Wahrnehmung das fünfte Rad am Wagen zu sein nicht zutreffend wäre. Im Nachhinein denke ich allerdings, dass diese Zärtlichkeitsbekundung eher dem Erfüllen einer Erwartungshaltung meinerseits womöglich diente.
Als sie das letzte Mal bei mir war, hatten wir wirklich gute Gespräche geführt. Sie sagte, dass die zunehmenden Verbindlichkeiten zwischen uns bei ihr manchmal Panikattacken (= typisches Stahl-Symptom!) freisetzen würden und dass sie das Gefühl habe, ich würde sie ganz haben wollen, was bei ihr ein Gefühl von Vereinnahmung (= typisches Stahl-Symptom!) auslösen würde. Aber auch so vieles andere sind typische Stahl-Symptome für Bindungsphobiker, nicht nur das Flüchten in Affären, nicht nur das Eingehen von Fernbeziehungen, nicht nur der Zick-Zack-Kurs zwischen Nahe und Distanz, nicht nur das Flüchten in zeitintensive Hobbies (ihre Tiere), nicht nur das Arbeiten in Selbständigkeit, nicht nur die zunehmenden einseitigen Machtverhältnisse, wo der Bindungsängstliche das Pensum aus Nähe und Distanz zu bestimmen versucht, nicht nur das abrupte Beenden einer Beziehung genau dann, wenn es am schönsten war und, und, und.
Wenn sie zurückkame könnte ich die alte A. aber gar nicht mehr annehmen. Denn die war ja ein 'Lügen-Mädchen' gewesen. Und jenes 'Lügen-Mädchen' könnte ich nicht mehr akzeptieren. Und eine geläuterte A. wird es wohl auch nicht in Kürze geben. Eine reflektierte A., nach Absolvierung einer Therapie mit Einsicht eigener Fehler, mit wieder entdeckter Liebesfähigkeit, mit der Konsequenz sich von ihrem Mann unabhängig von uns beiden zu trennen wäre da wohl schon etwas anderes. Aber wie lange würde so etwas wohl dauern? Sicherlich ein bis zwei Jahre. Und ob sie die Kraft hat ihre ihr Schutz und Halt gebenden Lebensverhältnisse (= animalische Grundversorgung mitsamt der dafür notwendigen Logistikleistung) abzuändern wage ich nach dem, was ich die letzten Jahre gesehen habe, zu bezweifeln.
Insofern möchte ich innerlich nicht auf sie warten, obwohl ich sie unsagbar vermisse. Und dieses Vermissen ist von meiner Seite aus keine 'Eier-Angelegenheit', sondern eine Herzensangelegenheit, welche meine Seele aufs Extremste tangiert.
Also werde ich mich auf ein Leben ohne sie zu konzentrieren versuchen. Denn das, was ich nicht mehr brauche, ist die alte A. Eine neue A. würde ich wahrscheinlich zurücknehmen, eine geläuterte, eine, die sich für ihre Lügenbereitschaft aufrichtig entschuldigen könnte.
Und auch das geographische Dilemma wäre ja lösbar, wenn man es wirklich wollte. Irgendeine Lösung würde sich schon realisieren lassen.
Ich darf aber während all dem, was jetzt kommt, mein Leben nicht vergessen. Ich sollte versuchen innerlich wieder gelassener zu werden, was Zukunftswünsche anbelangt.
Nein, ich möchte NICHT auf sie warten. Und sie wird auch insgeheim selber ganz genau wissen, dass sie nicht einfach so ohne eine Verhaltensänderung ihrerseits zurückkommen könnte.
Ihre seelische Hauptstütze sind ihre Tiere, die halten ihre Seele im Gleichgewicht. Und dies bedeutet für sie Ablenkung, Beschäftigung, das Empfinden von Liebesgefühlen, das Annehmen von Liebe.
Und nun wird sie sich auch damit auseinander zu setzen haben, ob sie für den Rest ihrer Tage sich mit jenem Kompromiss-Status-Quo zufrieden geben möchte oder ob sie echte menschliche Prioritäten setzen möchte. Denn als wir uns kennenlernten sagte sie ja, dass das für sie nicht alles eines Tages im Leben gewesen sein sollte, nämlich mit einem Mann zusammengelebt haben, den sie nicht liebt und Tiere gehabt zu haben, die irgendwann gestorben sein werden.
Und dann kreuzten sich unsere Wege. Und ich kann schon sagen, dass ich ihr mit extremem Verständnis entgegen gekommen bin. In gewisser Weise habe ich ihr auch die Welt zu Füßen gelegt, ohne dabei als Weichei aufgetreten zu sein. Ich habe immer gesagt, wenn mir etwas nicht passt und wenn dies berechtigt war. Wir haben darüber diskutiert und es, was auch immer, dann fair gelöst. Außer dieses Jahr, da wollte sie zunehmend keine Lösungen mehr, die sich erst einmal an Sinn und Verstand anlehnen. Denn ihre Seele fühlte sich dieses Jahr zunehmend gestresster. Ich hatte ein mögliches Zeitfenster genannt (bis Ende Juni Trennung vom Ehemann), ich hatte ihr ihre eigenen Widersprüchlichkeiten vor Augen geführt, ich hatte sie auf ihre Lügen angesprochen.
Und all dies hat, wie ich glaube, dermaßen auf ihren Organismus eingewirkt, dass zum einen die psychosomatisch bedingten Ohrenschmerzen aufkamen, zum anderen der Verlust zur emotionalen Ebene.
Heute in einem Monat soll(te) ja die Therapie für sie bei einer Bindungsangstexpertin, die nach Stahl-Methode arbeitet (davon gibt es übrigens nur ganz wenige in der Republik) beginnen und wir wollten dies als Paar-Therapie aufziehen, da sie ja sagte Ich will für uns als partnerschaftliches Paar ein Happy End. Nun, nachdem sie mich aus ihrem Leben hinausgeworfen hat, kann die die Therapie jetzt entweder ausfallen lassen oder auch alleine wahrnehmen.
Ja, und dies ist der Status Quo meines aktuellen Dilemmas. Ich denke, in der Therapie hätte man wieder zusammen finden können. Und jeder vernünftige Therapeut würde bei einer Dreiecksbeziehung wohl erst einmal dazu auffordern 'zu Hause' für klare Verhältnisse zu sorgen, sprich Trennung von dem Part, den frau vorgibt nicht mehr zu lieben. Falls sie jetzt tatsächlich auch solo zur Therapie gehen sollte, was will sie dann vorbringen: Hallo, ich glaube, ich leide unter Bindungsangst. Helfen sie mir bitte schnell einmal. wird wohl nicht tatsächlich funktionieren. Ich denke, als paar-therapeutische Sitzungen hatte man da jede Menge konstruktiven Output generieren können. Aber jetzt? Jetzt ist der Status Quo auch nichts anderes als Hätte, hätte, Fahrradkette.
Ja, und so werde ich versuchen meinen Alltag zu gestalten - ohne sie. Und so werde ich versuchen mein Leben auf die Reihe zu kriegen - ohne sie. Und so werde ich versuchen wieder zu lachen - ohne sie. Und so werde ich wieder versuchen glücklich zu werden - ohne sie.
Wir sagten einmal, dass der Umstand, dass sich unsere Lebenswege gekreuzt haben, vergleichbar mit der sogenannten Nadel im Heuhaufen ist. Und nun wurde jede Nadel einfach für 'unwürdig' und überflüssig deklariert.
Und so frage ich mich, was manche Menschen eigentlich vom Leben erwarten?!? Wenn ich an meinen 'Ex-Liebkingsmenschen' in diesem Zusammenhang z. B. denke, lebt sie ja permanent mit irgend einer für sie nicht weiter erklärbaren diffusen Angst, wie sie es selbst nennt, welche evtl. bis wahrscheinlich eine Bindungs- (Angst, dass 'unsere eigentlich gute Sache zu eng und verbindlich werden könnte) und Verlustangst ist (Angst vor Heimatverlust, Angst ihre Tiere zu verlieren, Angst, mich zu verlieren usw ). Und so denke ich, dass sie mental eigentlich eher auf einem kurzfristigen Zeitfokus unterwegs ist, denn sie muss JETZT ihre diffuse Angst im Griff behalten, damit sie JETZT keinen Episoden depressiver Art ausgesetzt ist, was sie wiederum dadurch erreicht, dass sie sich JETZT mit ihren Tieren beschäftigen kann und auch dadurch, dass sie sich nicht JETZT mit einem solch unangenehmem Thema wie etwa Scheidung beschäftigen muss. D. h. das Leben im Hier und Jetzt ermöglicht es ihr ihre eine Leben lang sorgsam eingerichtete Komfortzone nicht verlassen zu müssen. Denn jene Komfortzone ist ja nicht nur bequem, nein, mehr als dies stellt sie auch den besten Garanten für ihr seelisches Gleichgewicht dar. So, wie das auch bei einem Kettenraucher, der sie ja auch ist, der Fall sein dürfte: Warum denn heute über den Lungenkrebs von morgen nachdenken, wenn es so doch viel einfacher ist, das Jetzt und Hier so besser auszuhalten, indem man alles so belässt, wie es auch schon immer, oder zumindest schon sehr lange, war und den Rest einfach verdrängt, nicht wahr?!?
Als wir uns kennen lernten sagte sie, dass sie einen Mann wolle, der sein Leben auf die Reihe kriegt. Ich denke, dass es ihr eigentlich nicht gelungen ist, ihr eigenes Leben auf besagte Reihe zu bekommen, auch, wenn sie nach außen geerdet erscheint mit ihrer scheinbar funktionierenden Welt ohne vorhandene Liebe zum eigenen Ehepartner. Aber das ist es wohl, was viele Menschen im eigenen Leben als Kompromisslösung bereit sind hinzunehmen. Und ihre Frau-kann-nicht-alles-haben-Kompromisslösung sieht eben so aus. Durch ihren Schlussstrich 'unserer eigentlich guten Sache' gegenüber muss sie sich nun nicht mehr mit dem für sie wichtigsten Thema Heimatverlustangst auseinandersetzen, da ihre Heimat mit ihrem sozialen Umfeld und ihren dort vorhandenen animalischen Möglichkeiten ihr den gesellschaftlichen Schutz und die sellische Balance bieten, die sie so dringend benötigt. Ihren Mann zieht sie dann als 'Hundesitter' mit durch und so muss frau zu Hause auch nicht gänzlich alleine sein (Stahl-Symtom!) und die liebe bürgerliche Fassade bleibt so auch noch gewahrt. Ihre subjektive Summenbilanz: positiv trotz Verlust 'unserer eigentlich guten Sache'.
Und irgendwann werde ich dann bei ihr am Krankenbett sitzen, weil sie dann vielleicht mit Lungenkrebs im Endstadium auf irgendeiner Intensivstation liegt, um mir ihre Entschuldigung abzuholen und ihr Bedauern darüber anzuhören, dass sie dann damals nicht mutiger gewesen ist. Ich werde ihr ihre Tränen wegwischen und ihr einen Kuss auf die Stirn geben und mich von ihr verabschieden. Dann nach dem Verlassen des Zimmers werden meine eigenen Tränen laufen. Aber nicht bei ihr, ich bin doch ein Leben lang auf Funktionieren konditioniert worden. Und dass dieser Absatz eines Tages Realität werden könnte, macht mir derzeit eine Riesenangst.
Der Kuss auf die Stirn ist für mich übrigens der ero. aller Küsse. Und so fing bei uns damals auch alles an, im mittleren Fahrstuhl des Atlanta-Hotels in Leipzig, wo ich ihren Kopf zärtlich in meine Hände nahm und ihr einen verabschiedenden Gute-Nacht-Kuss auf ihre Stirn gab. Wir haben die darauf folgende Nacht übrigens jeder auf seinem eigenen Zimmer verbracht, aber danach war es um uns geschehen gewesen. Und der Kuss auf die Stirn stellt für mich auch den respektvollsten aller Küsse überhaupt dar.
So, und wie komme ich jetzt einmal zu einem passenden Schluss. Sicherlich ist jedem Heinz Rühmanns Feuerzangenbowle ein Begriff. Und jener Epilog passt jetzt, wie ich finde, recht gut: Wahr ist nur der Anfang. Wahr sind nur die Erinnerungen, die wir mit uns tragen, die Träume, die wir spinnen und die Sehnsüchte, die uns treiben, damit wollen wir uns bescheiden …