Zitat von YsaTyto:die großen amoralischen Freiheitskämpfer sind, die sich ohne jeden Zwang eine moralische Scheinwelt aufgebaut haben, sich selbst dann aber kleine Schlupflöcher suchen, die sie ihren Partnern nicht eingestehen würden.
Meiner Erfahrung nach sind es meistens gerade die gut (an die Moral ) angepassten Leutchen mit Scheinleben, die ein Parallelleben führen.
Ich muss und kann dem leider nur zustimmen und zwar aus eigener und frühkindlicher Erfahrung. Im Alter von 15 Jahren fand ich beispielsweise heraus, dass mein Vater (ein höchst eiersüchtiger und selbsternannter Moralapostel), meine Mutter betrügt.
Damals glaubte ich noch, dass ein derartiges Verhalten ein höchst unglücklicher Einzelfall ist, der nur unsere Familie betrifft und nur aus dem Grund passierte, weil meine Eltern zu jener Zeit aus beruflichen Gründen eine Fernbeziehung führten.
Im Nachhinein (knapp 17 Jahre später!) kam dann heraus, dass mein Vater bereits ganze 11 Jahre lang ein Doppelleben mit 21 Jahre jüngeren Geliebten im Schlepptau führte. Also praktisch seit meinen 4 Lebensjahr und nicht erst als ich 15 Jahre alt war!
Und was den unglücklichen Zufall anbelangt, so musste ich im Laufe meines Lebens und am eigenen Leibe erfahren, dass Betrug kein Zufall, sondern für viele Menschen leider eine (wenn auch unbewusste) Art Lebensstandard ist. Selten hat ein Betrug nur ein Gesicht, weil er nicht nur in Liebesbeziehungen und Ehen stattfindet, sondern überall da wo Menschen (aus den unterschiedlichsten Gründen) zusammenkommen bzw. miteinander zutun haben.
Zitat von YsaTyto:Gerade die Leutchen mit Doppelleben sind es meistens, die absolute Sicherheit (von ihrem Partner) brauchen,
Sicherheit! Auch ein gutes Stichwort an dieser Stelle
Interessanterweise habe ich die Erfahrung machen müssen, das gerade die Menschen, die schon bereits seit ihrer Kindheit über ein großes Sicherheitsnetz verfügten, im Grunde die Unsicherheit in Person sind und eben diesen großen Mangel an innerer Sicherheit meist auf den sicheren bzw. authentischeren Partner projizieren, der meist eine weniger trügerischerer Idylle in seiner Kindheit wahrgenommen hat.
Letztich dreht es sich im Leben eines
jeden Menschen nämlich nur um eins und das könnte ich so gut wie in jeden Thread hier schreiben:
Nämlich Autonomie (Selbstbestimmung) UND Bindung (Beziehung) dauerhaft miteinander in Einklang bringen zu können, da beides schon immer überlebenswichtig für den Menschen gewesen ist. Auch wenn es den Säbelzahntiger längst nicht mehr gibt bzw. der Mensch es geschafft hat (nicht alleine, sondern gemeinsam mit vielen anderen) ihn unter Kontrolle zu halten, so ist das Überleben des Menschen auch heute noch und in Anbetracht unserer Gesellschaft, durchaus abhängig von
anderen Menschen! Schließlich ist der größte Feind des Menschen heute, der Mensch selbst bzw. seine eigene Gattung.
Denn nur weil wir es uns in unserer ach so modernen und selbstbestimmten Gesellschaft hierzulande aussuchen können
von wem wir uns abhängig machen
wollen, heißt das noch lange nicht das wir auch
tatsächlich vollkommen unabhängig sind!
Zitat von YsaTyto:Ich sehe es so: diese Leutchen bauen sich ihr Gefängnis, in das sie andere mit einsperren, es dann aber selbst nicht aushalten und statt nur eine winzige Unbequemlichkeit durch eine Lebensveränderung in Kauf zu nehmen, werden sich Geheimgänge gegraben.
Auch das ist aus meiner Sicht trefflich zusammengefasst und zeigt auf, worum es sich bei solchen Menschen wirklich dreht. Nämlich um die größtmögliche und eigene Bequemlichkeit oder besser gesagt diese zu erhalten. Meist um jeden Preis (allerdings nicht der eigene Preis, sondern mit dem Geld bzw. vom Sparbuch des Anderen gezahlt wird)
Ich persönlich vergleiche das immer gerne mit dem Kindergarten. Man möchte unbedingt mit dem Spielzeug des Anderen spielen, aber ums Verrecken nicht das eigene Spielzeug dafür hergeben oder (und das ist noch viel wichtiger) zumindest einen Kompromiss dafür finden müssen. Mit dieser unterschwelligen Grundhaltung verbringen einige Menschen, sogar ihr ganzes Leben und finden dabei immer perfidere Wege, um den Anderen glauben zu machen, dass sie durchaus auch das eigene Spielzeug zu teilen bereit sind.
Fliegt das ganze Schauspiel dann einmal auf und man hätte so zumindest die einmalige Gelegenheit, das Ruder der ganzen Lügen und Täuschungen ein und für alle Male herum zu reissen, siegt am Ende meist doch nur wieder der eigene Komfort bzw. die eigene Bequemlichkeit. Das erkennt man daran, in welchen Stil ein Betrüger die hierzu erforderliche bzw. eher notgedrungene Selbstreflexion und Aufarbeitung betreibt. Meist wird dann auf eine ziemlich perfide und manipulative Art die Opferrolle eingenommen! Die Selbstreflexion ist dann nicht wirklich ausgestattet mit den
wirklich verletzten Gefühlen des Anderen (sprich es wird sich nicht darauf konzentriert, sich darauf einzulassen und diese tatsächlich mitzufühlen) sondern man kreist letztlich wieder nur um die eigenen Gefühle bzw. Selbstwert und das gilt es eben auf Gedeih und Verderb vor möglichen Beschädigungen zu beschützen. Echte Einsicht in die Gefühlswelt eines anderen und einzigartigen Menschen ist eben nicht möglich, wenn die ganze Energie nur in Rechtfertigung fließt und somit letztlich nur dazu dient, nach wie vor etwas behalten zu wollen, was man nicht zu teilen bereit ist.
Zitat von YsaTyto:Du scheinst nicht zu sehen, dass das Moralgefängnis selbst mit erbaut und aufrecht erhalten wird und betrachtest gerade diese Leute dann als freier, unabhängiger von moralischen Zwängen?!
Zitat von YsaTyto:Der brave moralische Bürger mit Doppelleben kann ja nur so leben weil er eine Doppelmoral hat, denn sonst würde er sein Leben nicht in 2 Welten trennen, sondern beide Leben mehr miteinander vereinigen, was durchaus möglich ist! Nur müsste man dazu Konfrontationen aushalten, Ängste, die sich einstellen, wenn man auch dem Partner Freiheiten zugesteht; man müsste auf den schönen Schein verzichten, sich trauen, dem Partner seine ver sauten Seiten zu zeigen (statt, wie so oft, in asäggsuelle Rollen zu schlüpfen und das Ver saute auszulagern) uvm.
Das Problem zeigt sich auch hier wieder in der Rechtfertigung für das eigene Verhalten, indem man den Partner (meist unter dramatischen Krokodilstränen) berichtet, dass man nur deswegen gelogen hat, um den Partner zu schonen und nicht zu verletzten und das gerade weil man ja weiß etwas falsches getan zu haben. Wenn man von solchen Menschen überhaupt irgendeine Art von echter Selbstreflexion erhält, dann nur darüber wie feige man doch war und wie sehr man sich geschämt hat.
Mich persönlich (und ich bin ein durch und durch gefühlsbetonter Mensch) lassen solche Geständnisse inzwischen nur mehr kalt. Die eigene Unzulänglichkeit hinter Sprüchen wie beispielsweise :,, Ich wusste ja wie wichtig DIR Treue ist und das DU mir das niemals verzeihen würdest zu verstecken, erzeugt in mir mittlerweile nur noch Mitleid und das hat, aus meiner Sicht, mit der Moral mal rein gar nichts zu tun! Denn wenn sich zwei tatsächlich authentische und sichere Menschen begegnen und sich gemeinsam für ein bestimmtes Lebenskonzept entscheiden bzw. sich vollkommen ungezwungen und frei darauf verständigen, dann schaffen sie in diesem Moment ihre ganz
eigene bzw. gemeinsame Vorstellung von Moral.
Ich finde es dann äußert erbärmlich die zwar eigens erschaffene, aber nicht eingehaltene Moral auf dem Rücken des Anderen mit solchen Sprüchen abzuwälzen.
Zitat von YsaTyto: Denn diejenigen, die sich eine etwas authentischere Welt aufgebaut haben, haben das in diesem Ausmaß oftmals einfach gar nicht nötig.
Ich kann an dieser Stelle nur für ich sprechen und sagen, dass das einzig authentische im Zusammenleben mit meinen zahlreichen Mitmenschen (angefangen bei meinen Eltern), ihr (wenn auch verschleierter) aber eben doch unbändiger Egoismus gewesen ist, für den ich persönlich nie so wirklich Zeit und Raum hatte. Ich bin unter sehr liebevollen Eltern groß geworden, die zwar stets bemüht waren mir das Händchen oder das Köpfchen zu tätscheln (wenn mal was schief lief), es aber immer wieder wieder verpassten, mir auch den entsprechenden Lösungsweg dazu aufzuzeigen oder mich aktiv darin zu unterstützen.
Daher war ich unweigerlich, von klein auf dazu gezwungen, ständig eigene Lösungswege zu finden und zu begehen.
Und das setzte sich im Erwachsenenalter und in meinen Liebesbeziehungen ununterbrochen fort. Ich mag wohl vieles sein, naiv bin jedoch nicht!
Mein Bedürfnis nach Autonomie ist daher absolut gedeckt, ebenso wie mein hoch psychologisches und damit neutrales Verständnis für menschliche Verfehlungen. Ich selbst habe mich trotz aller Umstände und zu jeder Zeit absolut frei in meinem Leben und auch meinen Entscheidungen gefühlt und das obwohl ich schon so oft betrogen und belogen wurde. Ich gehe daher sogar so weit zu sagen, dass jeder sogar das Recht zu lügen hat...Schließlich ist auch die Lüge eine vollkommen selbstbestimmte und freie Entscheidung... Das einzige was ich nur wünschenswert finden und wahrscheinlich in diesem Leben nicht mehr erleben werde, ist es auch Zeuge dessen zu sein, wenn Menschen das auch ganz klar und öffentlich kund tun und sich also dazu bekennen, anstatt mir zu erzählen ich wäre verbittert, frustriert und paranoid